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Archiv "Ambulante spezialfachärztliche Versorgung: „Wer kann, der darf“" (26.10.2012)

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A 2120 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 43

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26. Oktober 2012

AMBULANTE SPEZIALFACHÄRZTLICHE VERSORGUNG

„Wer kann, der darf“

Der neue § 116 b SGB V soll die ambulante spezialfachärztliche Versorgung flächendeckend verbessern. Inwieweit Patienten von der Neuregelung profitieren und welche Vorteile sie für die Ärzteschaft bringt, ist allerdings noch offen.

N

iedergelassene Fachärzte und Medizinische Versorgungs- zentren sollen Patienten mit selte- nen, komplexen oder schwer ver- laufenden Erkrankungen wie Muko- viszidose, bestimmte Krebsformen, Tuberkulose, multiple Sklerose oder spezielle rheumatische Erkrankun- gen künftig ebenso versorgen dür- fen wie Krankenhäuser. Das sieht der neue § 116 b des Sozial gesetzbu - ches V vor. Er soll den alten § 116 b ersetzen, mit dem Exbundesge- sundheitsministerin Ulla Schmidt im Jahr 2009 die Öffnung von Kran- kenhäusern für bestimmte ambu- lante spezialfachärztliche Leistun- gen durchgesetzt hatte.

Mit der Neuregelung will der Ge- setzgeber sicherstellen, dass Patien- ten mit bestimmten Krankheiten flächendeckend Zugang zu einer qualitativ hochwertigen Diagnostik und Therapie erhalten. Der derzei - tige § 116 b umfasst 25 Krankheits- bilder und Leistungen, die je nach Verlauf der Erkrankung eine spe- zielle Qualifikation, interdiszipli - näre Zusammenarbeit oder beson- dere Ausstattung erfordern. In der Praxis könnte es künftig so ausse- hen, dass ein Patient mit einer ent- sprechenden Erkrankung für Be- handlungen, die keiner aufwendigen klinischen Technik bedürfen, einen niedergelassenen Facharzt aufsucht und sich nur noch für bestimmte therapeutische Anwendungen in ei- ne stationäre Einrichtung begibt.

Sektorgrenzen überwinden Die Details der Neuregelung stehen bislang allerdings noch nicht fest.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) formuliert derzeit eine Richtlinie, die das Nähere zur am- bulanten spezialfachärztlichen Ver- sorgung regelt. Sie soll bis Ende des Jahres vorliegen.

„Die Neufassung des § 116 b kann nun eine Chance eröffnen, die sektoralen Grenzen zwischen am- bulanter und stationärer medizini- scher Versorgung zum Wohle der Patienten zu überwinden“, erklärte Prof. Dr. med. Elisabeth Märker- Herrmann, Vorsitzende der Deut- schen Gesellschaft für Innere Me - dizin (DGIM), bei deren Herbst- symposium in Wiesbaden. Über- flüssige Krankenhauseinweisungen, Doppeluntersuchungen und vermeid- bare Folgekomplikationen könnten reduziert und Effizienzreserven im Gesundheitswesen gehoben werden, so die Internistin.

Die Leistungserbringer erhalten nach der Neufassung des § 116 b grundsätzlich freien Zugang zum neuen Versorgungsbereich, sofern sie die Anforderungen der G-BA- Richtlinie erfüllen. Eine konkrete Bedarfsermittlung ist nicht vorgese- hen. Dieser Punkt ist aus Sicht von Märker-Herrmann ein Manko der neuen Gesetzgebung. „Der Trend, dass Ballungsregionen durch eine ambulante fachärztliche Überver- sorgung gekennzeichnet sind, wird durch den neuen versorgungspoliti- schen Ansatz eher verstärkt“, laute- te ihre Befürchtung. Das Problem der Unterversorgung in struktur- schwachen Gebieten werde folglich nicht gelöst. Es sei daher dringend erforderlich, eine wissenschaftlich fundierte Versorgungsforschung in diesem Bereich zu betreiben, um Daten für eine künftige patienten- gerechte ärztliche Bedarfsplanung zu erhalten.

Für Dr. med. Hans-Friedrich Spies, Vizepräsident des Berufsver- bands Deutscher Internisten, bedeu- tet die Neuregelung dennoch eine Revolution. Denn der Gesetzgeber habe mit der Neufassung des § 116 b erstmals der Forderung Rechnung

getragen, die budgetbedingte Men- genbegrenzung aufzugeben und da- für zu sorgen, dass eine Leistung, die medizinisch indiziert ist und qualitativ hochwertig erbracht wird, auch voll bezahlt werden muss.

„Die Qualität wird somit zum Aus- löser der Leistung – ohne Rücksicht auf Budget oder finanzielle Engpäs- se.“ Die Vergütung orientiert sich sowohl für niedergelassene Ärzte als auch für stationäre Einrichtun- gen zunächst am Einheitlichen Be- wertungsmaßstab.

Keine Mengenbegrenzung Das Prinzip des „Wer kann, der darf“

stößt bei den Krankenkassen auf wenig Gegenliebe. „Es sind keinerlei Verhandlungen zu Mengen oder Qualität vorgesehen – die Leistun- gen werden einfach zu bezahlen sein.

Es geht kaum noch um eine Öffnung der Krankenhäuser, sondern viel- mehr um ein Ausdeckeln von Leis- tungen niedergelassener Ärzte“, kri- tisierte Dr. Wulf Leber, Abteilungs- leiter Krankenhäuser beim GKV- Spitzenverband. Leber befürchtete außerdem erhebliche Abgrenzungs- probleme, wenn ein Facharzt densel- ben Patienten sowohl spezialärztlich als auch fachärztlich behandelt.

DGIM-Generalsekretär Prof. Dr.

med. Ulrich R. Fölsch machte in Wiesbaden zudem darauf aufmerk- sam, dass die niedergelassenen Fach - ärzte und Krankenhäuser trotz aller Vorteile der Neuregelung künftig direkt um Patienten konkurrieren müssten. Als weitere Schwäche be- zeichnete Ingo Seip, Referent für Krankenhausfinanzierung und Ent- gelte bei der Hessischen Kranken- hausgesellschaft, dass die Einen- gung der Leistungen auf „schwere Verlaufsformen“ nur schwer um-

setzbar sei.

Petra Spielberg

P O L I T I K

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