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Archiv "Die ambulante kassenärztliche Versorgung ist Schwerpunkt der gesundheitlichen Betreuung (Teil 1)" (28.05.1981)

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Die Information:

Bericht und Meinung

Ambulante kassenärztliche Versorgung

Die ambulante kassenärztliche Versorgung ist Schwerpunkt der gesundheitlichen Betreuung

Einhellige Bewertung durch Krankenversicherungen, Klinik, Lehre und Forschung, Praxis

Vortragsveranstaltung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung am 18. Mai 1981 in Trier

Oie Kassenärztliche Bundesver- einigung hatte im Anschluß an die Vormittagssitzung der Vertreter- versammlung zum Nachmittag des 18. Mai in die Europahalle Trier zu einer Vortragsveranstaltung über das Thema "Ambulante kassen- ärztliche Versorgung - Schwer- punkt der gesundheitlichen Be- treuung unserer Bevölkerung"

eingeladen. Das Thema beleuchte- ten aus der Sicht der Vertragspart- ner Dr. Detlef Balzer, Vorsitzender des Vorstandes des Bundesver- bandes der Ortskrankenkassen, und Karl Kaula, Vorsitzender des Vorstandes des Verbandes der An- gestellten-Krankenkassen; für den klinischen Bereich Professor Dr.

med. Rudolf Gross, Direktor der I.

Medizinischen Universitätsklinik zu Köln; für den Bereich Lehre und Forschung Professor Dr. med.

Friedrich Bschor, Vizepräsident für den medizinischen Bereich der Freien Universität Berlin; aus der Sicht des Kassenarztes Dr. med.

Jürgen Bausch, Bad Soden.

ln einer freimütigen, wahrhaft part- nerschaftlichen Diskussion wur- den nicht nur die aktuellen Proble- me der Kostendämpfung, sondern die auch in die Zukunft weisende gemeinsame Strategie der Kassen- ärzte, der Krankenversicherung und der Politik-"Soviel ambulant wie möglich"- erörtert.

Der Ortskrankenkassen-Vorsitzen- de Dr. Detlef Baizer erinnerte dar- an, daß die Kassenärzte und die RVO-Kassen bereits 1976 die Pro- bleme der damaligen Kostenex- plosion vertraglich, also gemein-

sam, gemeistert hätten. Durch ihre Absprachen ist schließlich die Konzertierte Aktion mit ihrer Ver- pflichtung, Empfehlungen zu den Gesamtvergütungen, zu den Arz- neimittel-Höchstbeträgen zu ge- ben, eher eine Einrichtung der Selbstverwaltung geworden als ein Instrument des staatlichen Di- rigismus. Und auf diesem Wege müsse man fortfahren:

..,.. Dr. Balzer: "Wenn wir die Ba- lance zwischen Ausgaben und Einnahmen in der Krankenversi- cherung halten wollen, bleibt uns nur der Weg, gemeinsam stets aufs neue nach Lösungen zu su- chen und sie dann auch umzuset- zen. Den Gesetzgeber sollten wir nur dann anrufen, wenn in dem gegliederten System der gesetzli- chen Krankenversicherung recht- liche Verwerfungen auftreten, die uns in unserem verantwortungs- bewußten Handeln hindern oder ungleiche Handlungsmöglichkei- ten geben."

Baizer brachte durchaus auch Kri- tisches. Unter Hinweis auf Unter- suchungen des Wissenschaftli- chen Instituts der Ortskrankenkas- sen und auch im Zusammenhang mit der befürchteten Ärzte- schwemme und dem zahlenmäßi- gen Verhältnis zwischen Allge- mein- und Gebietsärzten stellte Baizer die Frage, ob nicht der Aus- baustand gesundheitlicher Ein- richtungen bereits die Grenzen der Effektivität erreicht habe und ob eine weitere Expansion nicht sogar zur "Kontra-Produktivität'·

führen kann.

1084 Heft 22 vom 28. Mai 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

Andererseits erhielt Baizer den Beifall der Versammlung für seine Zusagen, daß auch die Kranken- kassen durch entsprechende In- formationen für ihre Versicherten dazu beitragen, den Gedanken der Mitverantwortung aller für das Ganze zu stärken, ebenso für sei- ne Äußerung, daß bei weiteren An- passungen des Bewertungsmaß- stabes die primär "ärztlichen Lei- stungen" gegenüber den techni- schen Leistungen attraktiv gehal- ten werden müssen.

ln ähnlicher Weise stand in dem Referat von Karl Kaula, Vorsitzen- der des Verbandes der Angestell- ten-Krankenkassen (VdAK), die Kooperation, das gemeinsame Be- mühen, deutlich im Vordergrund, wenn auch natürlich der Ersatz- kassensprecher andere Akzente setzte. Kaula ging davon aus, daß bei den Ersatzkassen seit jeher das Ziel im Vordergrund gestan- den habe, den jeweils neuesten Stand medizinisch-wissenschaftli- cher Erkenntnisse in die ärztliche Versorgung einzubringen. ln der heutigen wirtschaftlichen Situa- tion scheine diese Aufgabe aber fast unlösbar zu sein, wenn man gleichzeitig die Kosten in einem vertretbaren Rahmen halten will.

Weiterhin nahm Kaula für die Er- satzkassen in Anspruch, auf vielen Gebieten oft der Vorreiter gewe- sen zu sein, wie zum Beispiel beim Einzelleistungshonorar, zu dem Kaula sich weiterhin bekannte als zu einem gerechten Vergütungs- system, das aber gleichzeitig ein wirksames Instrument der Kosten- dämpfung sein kann, wie die letz- ten Jahre bewiesen haben. Eine

"blinde Plafondierung" der Aus- gaben für ärztliche Behandlung, eine "Deckelpolitik"

a

Ia Kranken- versicherungs-Kostendämpfungs- gesetz (KVKG) sei dagegen nicht nur höchst ungeeignet, sondern bedrohe sogar die Qualität der medizinischen Versorgung. Das vorhandene Instrumentarium sei auch flexibel genug- hier forderte Kaula fast wörtlich das gleiche wie vorher Baizer -, den finanziellen Stellenwert der technischen Lei-

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ZITATE

„Soviel ambulant wie möglich . ist die große Chance für das ambulante Operieren und den Ausbau der belegärztlichen operativen Tätigkeit. Hier wird es noch eine geraume Zeit dau- ern, bis die für ambulante Ope- rationen in Frage kommenden Praxen umgerüstet haben."

(Dr. med. Jürjen Bausch)

„Wenn man bedenkt, in wel- chem Umfang sektenartige Gruppierungen heute wuchern, die mit Heilsbotschaften und Gesundheitsversprechen Men- schen jeden Alters in ihren Bannkreis ziehen und teilweise das exakte Gegenteil von Hilfe und Gesundung bewirken, so meine ich, daß in die Region hinein angelegte Initiativen von Allgemeinmedizinern im Ver- bund mit den vielfältigen Res- sourcen der Gesellschaft als bedeutsame wissenschaftliche

Leistung akzeptiert werden sollten ... und daß auch die Veröffentlichungen über solche Bemühungen nicht den Illu- striertenreportern überlassen werden sollten ...”

(Prof. Dr. med. Friedrich Bschor)

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„Wie können wir helfen, den unausgeschöpften Anteil der niedergelassenen Ärzte zu er- höhen, das kostspielige Kran- kenhaus zu entlasten? Durch organisatorische Maßnahmen, wie verstärkten Ausbau von Al- ters- und Pflegeheimen; Abbau unsinniger administrativer Maßnahmen, die die erhöhten Kosten nur von der einen Ta- sche des Steuerzahlers in seine andere verlagern; durch gedul- dige Aufklärung aller Beteilig- ten."

(Prof. Dr. med. Rudolf Gross) Die Information:

Bericht und Meinung Ambulante kassenärztliche Versorgung

Leistungen zugunsten der „per- sönlichen Leistungen" neu zu be- stimmen, nachdem es in den letz- ten Jahren dazu beigetragen hat.

daß die modernen technischen Möglichkeiten auch in die Alltags- praxis eingeführt worden sind.

Kaula warnte allerdings davor zu glauben, daß die Verschiebungen im Verhältnis der Allgemein- und Gebietsärzte auf die Strukturen der 'Gebührensätze zurückzufüh- ren seien; es handle sich vielmehr um eine nur langfristig zu steuern- de „Grundorientierung" der Me- dizin.

Kaula unterstützte ebenso wie Bal- zer die Bemühungen, wieder eine zweijährige Vorbereitungs- zeit auf die Zulassung zur Kassen- praxis einzuführen. Er äußerte sich aber skeptisch zu Gedanken, die in der letzten Zeit aus dem Umkreis des BdO geäußert wur- den, zum Zwecke der Kostener- sparnis (?) den direkten Zugang des Patienten zum Facharzt zu er- schweren. Man müsse selbstver- ständlich auch darüber diskutie- ren, ob der Krankenschein wieder einen Quartalsaufdruck erhalten soll. Einer Einschränkung der freien Arztwahl werde sich aber der VdAK auf jeden Fall widerset- zen, wenn auch, wie Kaula in sei- ner Schlußbemerkung sagte, die freie Arztwahl nicht bedeuten darf, daß der Patient „innerhalb eines Vierteljahres mit sechs verschie- denen Krankenscheinen sechs verschiedene Ärzte aufsuchen"

kann.

Möglichkeiten und Grenzen des Krankenhauses

Aus der Sicht des Klinikers riet der Direktor der I. Medizinischen Uni- versitätsklinik Köln, Professor Dr.

Rudolf Gross, zunächst dazu, bei dem Begriff „Krankenhaus" im- mer zu differenzieren: Denn das

„typische Krankenhaus" gebe es gar nicht; in Wirklichkeit reiche die Skala von der städtischen Großklinik, nach Ausstattung und Betriebsablauf heute von der Uni-

versitätsklinik kaum noch zu un- terscheiden, bis zu Landkranken- häusern und Belegabteilungen.

Gross betrachtete dann eine Reihe der Kriterien, die man benutzen könnte, um sozusagen die Vorteile und die Nachteile stationärer Be- obachtung und Behandlung ge- geneinander aufzurechnen. Er warnte beide Seiten vor herabset- zenden Schlagworten: Man müsse sich davor hüten, dem Kranken- haus an sich „seelenlose Appara- temedizin" zu unterstellen oder es eine „Gesundheitsfabrik" zu schimpfen; ebenso passe es längst nicht mehr in die Zeit, dem Allgemeinarzt entgegenzuhalten, er betreibe eine „Feld-, Wald- und Wiesenpraxis".

Insgesamt, erklärte Professor Gross, sind die Möglichkeiten und die Grenzen des Krankenhauses klar erkennbar. Trotzdem finde man dort immer wieder Patienten, die gar nicht ins Krankenhaus ge-

hören. Die Analyse der Ursachen hierfür kann nach Gross durchaus dazu beitragen, solche Mißverhält- nisse in Ordnung zu bringen, wo- bei Professor Gross die Schuld an derartigen Fehleinweisungen oder zu langen Krankenhausaufenthal- ten gleichmäßig verteilt wissen wollte auf die Krankenhäuser und ihre Träger, die mit schönen Stati- stiken aufwarten wollen, die nie- dergelassenen Ärzte, die sich manchmal entsprechendem Druck ihrer Patienten nicht genügend wi- dersetzen (oder auch dem Druck der Angehörigen, wenn die Oma einem Spanienurlaub im Wege steht); mancher geht aber auch ins Krankenhaus, weil er dem Hausarzt vieles nicht zutraut und glaubt, die technischen Möglich- keiten des Krankenhauses seien so viel besser.

Dies ist, wie Gross weiter darlegte, nur bedingt richtig: Entgegen frü- heren Voraussagen über die sich immer weiter öffnende Schere DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 22 vom 28. Mai 1981 1085

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Die Information:

Bericht und Meinung

Ambulante kassenärztliche Versorgung

zwischen Klinik und Praxis ist in Wirklichkeit die "technologische Lücke" zwischen Klinik und Praxis geschrumpft, und zwar durch die Einführung moderner Technik in den ambulanten Bereich.

Daher ist auch in der Praxis des niedergelassenen Arztes die Fülle der über einen Patienten anfallen- den Daten nicht mehr geringer- und kann ebenso zur Überfülle werden. Hier bezeichnete Profes- sor Grass es als ein wichtiges Mit- tel, höhere Wirksamkeit zu errei- chen und gleichzeitig Kosten zu sparen, daß man technische Un- tersuchungen grundsätzlich ge- zielt anfordert, statt einen breiten diagnostischen Fächer anzuwen- den. Weiterhin dürfen nicht vor- dergründige Symptome mit den eigentlichen Ursachen verwech- selt werden, und unter den vielen Standardfällen muß der besonde- re Fall erkannt werden - bei aller Wissenschaftlichkeit geht es also nicht ohne Intuition, also die ei- gentliche ärztliche Kunst.

Um Verständnis bat Grass für die ärgerlichen Verzögerungen bei der Abfassung von Krankenbe- richten durch die Klinik- ein Pro- blem das sich durch den vielleicht handgeschriebenen Kurzbericht lösen läßt, den der Patient bei der Entlassung mitbekommt- und für die, falls sie wirklich vermeidbar wären, Doppeluntersuchungen.

Auch hier ein Tip: Die Notizen für den nächstbehandelnden Arzt von der Einweisung trennen, die meist bei der Krankenhausverwaltung verbleibt und gar nicht bis zum behandelnden Arzt gelangt.

~ Sonderbeifall erhielt Professor Grass für zwei Bemerkungen am Rande: Einmal, als er am Kranken- haus kritisierte, daß "in einer ge- wissen Eigengesetzlichkeit des Machbaren" manchmal mit hohen Kosten nur Sterben verlängert wird, statt sich allein "am Zuge- winn von Iebenswertern Leben zu orientieren". Das andere war seine eindeutige Absage an jeden Ge- danken einer Zwangsfortbildung für Ärzte.

Ausbau der Allgemeinmedizin als Universitätsdisziplin

Aus der Sicht von Lehre und For- schung sprach Professor Dr.

Friedrich Bschor, Vizepräsident für den medizinischen Bereich der Freien Universität Berlin. Er ging aus von den Forderungen der Stu- denten an das Ausbildungs- und Prüfungswesen: Sie wünschen, daß das Studium von Anfang an konkreter auf ärztliche Aufgaben und Handlungskompetenz ausge- richtet wird, daß es von Anfang an am Patienten orientiert wird, daß es auch, statt an Befunden und Labordaten, an der ganzen Person mit all ihren beruflichen und sozia- len Bezügen ausgerichtet wird, damit der angehende Arzt auch das präventive Denken und Han- deln lernt; letzten Endes wün- schen sie einen Ausbau der allge- meinmedizinischen Lehre im Stu- dium.

Man müsse davon ausgehen, sag- te Professor Bschor, daß auch in Zukunft das Rückrat der ambulan- ten Grundversorgung der Allge- meinarzt oder der Hausarzt sein wird, während auf der anderen Seite die jetzige Ausbildung gera- de hierfür zu wenige Kenntnisse, Handlungskompetenzen und auch Motivation vermittelt. Der Ausbau der Allgemeinmedizin als Universi- tätsdisziplin sei also dringend nö- tig. Dies dürfe aber nicht so miß- verstanden werden, daß man bei uns - wie in manchen Entwick- lungsländern, und zwar dort durchaus auch aus politischen Gründen - Allgemeinmedizin als eine Art Basisversorgung propa- gieren dürfe.

Gerade für die in jüngster Zeit in den Vordergrund tretende Forde- rung nach besserer psychosozia- ler Betreuung sei ärztliche Mitwir- kung unerläßlich, und sie müsse von Ärzten geleistet werden, die es verstehen, eine präventive und ku- rative Betreuung der Bevölkerung in jenen Bereichen zu leisten, die mit gesundheitsgerechtem und überhaupt menschlichem Verhal- ten zu tun haben: Gefahr des Miß- 1086 Heft 22 vom 28. Mai 1981 DEUTSCHES ARZTEBLATT

brauchs von Alkohol, Drogen, Arz- neimitteln, Ernährung, berufliche Belastung, gesundheitsrelevante Störungen in Familie und Schule.

Die hierfür nötigen Ärzte werde man nur dann in genügender Zahl gewinnen können,wenn die Allge- meinmedizin als wissenschaftli- che Disziplin an den Universitäten etabliert werde urid wenn sie im übrigen auch für den Bereich der Forschung als eigenes wissen- schaftliches Fach anerkannt wird.

~ "Es wäre ein Armutszeugnis

für unseren Berufsstand", sagte Bschor, "wenn sich nur diejenigen Ärzte der Allgemeinmedizin wid- men, denen es - aus welchen Gründen auch immer - nicht ge- glückt ist, die Laufbahn eines Klinikers oder eines niederge- lassenen Gebietsarztes einzu- schlagen."

Notwendig: Intensivierung der Kooperation

Temperamentvoll und mit zum Teil originellen, laut applaudierten An- regungen betrachtete Dr. Jürgen Bausch aus Bad Soden das Thema aus der Sicht eines jüngeren Kas- senarztes, der sich nach 13jähri- ger Krankenhaustätigkeit (und Weiterbildung zum Kinderarzt) in einer großen Landpraxis niederge- lassen hat. Von seiner Klinikzeit zehre er heute noch, sagte Bausch, er wisse aber seitdem auch um den direkten Zusammen- hang zwischen einer qualifizierten klinischen Weiterbildung und dem späteren beruflichen Erfolg; dies war insbesondere an die Adresse jüngerer Ärzte gerichtet, die sich

"jetzt noch schnell niederlassen wollen". (Und im übrigen wisse er, daß auch in den Kliniken nur mit Wasser gekocht wird ... )

~ Dr. Bausch bekannte sich aus- drücklich zu dem neuen Weg der sinnvolleren Aufgabenverteilung zwischen dem stationären und dem ambulanten Sektor. Die Ver- wirklichung des Grundsatzes "so- viel ambulant wie möglich" setze zunächst eine bessere Koopera-

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Die Information:

Bericht und Meinung

tion der niedergelassenen Ärzte untereinander voraus. Bei der Überweisung vom Praktiker zum Gebietsarzt müsse sichergestellt sein, daß der Patient auch wieder zum überweisenden Arzt zurück- kehrt. Nicht der Krankenschein, sondern die fachliche Kapazität der ambulanten Praxis müsse bes- ser genutzt werden, zumal, wie Bausch besonders hervorhob, die erhöhte Facharztdichte bessere personelle Voraussetzungen für eine intensivere ambulante Dia- gnostik und Therapie geschaffen hat als je zuvor.

Zustimmung erhielt Bausch auch für seine Feststellungen, oh- ne mindestens zweijährige Berufs- praxis nach dem derzeitigen Ex- amen sei ein junger Arzt nicht be- fähigt, verantwortungsvoll und ri- sikolos so viel ambulant wie mög- lich zu arbeiten, oder: alle nieder- gelassenen Ärzte müßten bereit sein, bei Nacht und an Sonn- und Feiertagen einen Bereitschafts- dienst zu leisten, der die nicht not- wendigen Krankenhauseinweisun- gen durch die Notfalldienste redu- ziert.

Ebenso notwendig ist nach Kooperation zwischen niederge- lassenen Ärzten und den Kollegen Bausch eine Intensivierung der

am Krankenhaus. Hierdurch kön- ne auch die Verweildauer gesenkt werden, wobei Bausch auch den Krankenhausverwaltungen ziem- lich deutlich die Leviten las: Im Zeitalter des Kostendrucks sei es nicht mehr zu verantworten, wenn der Stationsarzt für schnelles Ent- lassen eines Patienten nicht be- lohnt, sondern „bestraft" wird;

wenn die personelle Ausstattung eines Krankenhauses an der Zahl der jährlich belegten Betten ge- messen wird statt an der geleiste- ten Arbeit. Schließlich sei es be- denklich, daß, wie Bausch berich- tete, bei einem Krankenhausbrand im süddeutschen Raum kürzlich fast 75 Prozent der Patienten ohne weiteres und auf der Stelle in die ambulante Weiterbehandlung ent- lassen werden konnten .. .

• Fortsetzung auf Seite 1090

Hans Wolf Muschallik wird Siebzig

Kurz vor seinem 70. Geburtstag mit noch mehr Stimmen zum Er- sten Vorsitzenden gewählt denn als Fünfundsechzigjähriger, er- weist sich Muschallik als so vital wie eh und je. Seine Persönlich- keit prägt weiterhin die Politik der KBV; seine Zielbewußtheit, aber auch seine Flexibilität; sein Behar- rungsvermögen, aber auch seine Fähigkeit zum Kompromiß; seine mitreißende und ausdauernde Energie. Wenn sich Muschallik überhaupt in den letzten fünf oder zehn Jahren verändert hat, dann nur um ein weiteres Positivum:

Souveränität, nicht nur in der Be- herrschung des Stoffes, aus dem Gesundheits-, Sozial- und ärztli- che Berufspolitik gemacht wer- den, sondern auch im Umgang mit Feind und Freund; eine souveräne Beherrschung auch der Emotio- nen, die hochsteigen könnten bei so manchem Winkelzug der Poli- tik, aber auch bei so mancher At- tacke aus anderen Interessenkrei- sen (man denke nur an eine gewis- se „medizinische" Boulevardpres- se). Er ist gewappnet durch die ihn

Man hat sich daran gewöhnt, daß neuerdings wieder, wie in frühe- ren Epochen der Geschichte, den großen alten Männern die Verant- wortung für Gruppen, Völker, Staaten anvertraut wird. Die Apostrophierung Dr. Hans Wolf Muschalliks als eines großen alten Mannes der kassenärztlichen Be- rufspolitik liegt nahe— aber zu die- sem Mann paßt das Wort „alt"

nicht, jedenfalls nicht in dem heu- te eher mißachtenden Sinne.

Was ein paar Kritikaster zu Anfang dieses Jahres flüsternd gegen die

— am 21. März mit so überwältigen- der Mehrheit erfolgte — Wieder- wahl zum Ersten Vorsitzenden der

Kassenärztlichen Bundesvereini- gung vorzubringen hatten, wird am 4. Juni Faktum: Hans Wolf Mu- schallik vollendet das siebente Le- bensjahrzehnt.

Seit 1946 in Köln als niedergelas- sener Internist in eigener Praxis tätig, wurde er 1948 Vertragsarzt für die Ersatzkassen, und erst 1951 — ein Jahr, nachdem er den

„Verband der Niedergelassenen 1941 wurde er zum Kriegsdienst eingezogen; dreimal verwundet (Eisernes Kreuz II. und I. Klasse), rettete ihm die Abkommandierung auf einen „verlorenen Posten"

vermutlich das Leben, weil er so der Vernichtungsschlacht ent- ging, die um die Stadt Stalingrad entbrannte, in der Muschallik zu- vor monatelang Dienst getan hat- te. Schicksal, Fügung, Zufall? Das fragte sein Freund Friedrich Vo- ges, der inzwischen verstorbene Ehrenvorsitzende der KBV, in sei- ner Laudatio zum 65. Geburtstag Muschalliks (DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT Heft 23/1976). Die Frage mag sich jeder selbst beantwor- ten, der den konsequenten Le- bensweg Muschalliks verfolgt:

Hans Wolf Muschallik wurde am 4. Juni 1911 in Bismarckhütte in Oberschlesien geboren. Er wuchs in Krefeld auf und machte dort das Abitur. Medizin studierte er in Frei- burg, Jena, München und Köln, wo er sein Staatsexamen absol- vierte und promovierte. Muschal- lik, der aus einer Bergmannsfami- lie stammt, begann auch seine be- rufliche Laufbahn bei den „Män- nern unter Tage". In der Klinik

„Bergmannsheil" in Bochum ar- beitete er zunächst als Assistent unter Prof. Bürkle de la Camp auf der internen neurologischen Ab- teilung bei Prof. Reichmann.

tief durchdringende Überzeugung

— von außen beurteilt: in der durch die Fakten gerechtfertigten Ge- wißheit —, das Richtige für die Kas- senärzteschaft und deren Patien- ten nicht nur zu wollen, sondern auch zu tun.

El

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 22 vom 28. Mai 1981 1087

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