A2168 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 31–32⏐⏐6. August 2007
P O L I T I K
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alliativmedizin braucht die Lehre und Forschung, um sich noch besser in der deutschen Ge- sundheitslandschaft zu platzieren.Nachdem sich das Fachgebiet im klinischen Alltag etabliert hat, hält es nun Einzug in den universitären Bereich. Hier gibt die Deutsche Krebshilfe wichtige Impulse – bei- spielsweise durch ein Schwerpunkt- förderprogramm, aber auch durch die Förderung eines Verbunds der vier palliativmedizinischen Akade- mien in Köln, Bonn, München und Dresden. Diese haben nach US- amerikanischem Vorbild einen ein- zigartigen Weiterbildungskurs für Palliativmedizin aufgebaut. In diese Aktivitäten mit eingebunden sind alle deutschen Lehrstühle für Pallia- tivmedizin (Köln, Aachen, Bonn, Göttingen und München).
Die derzeitige Situation der stu- dentischen Ausbildung in Palliativ- medizin bietet ein hoffnungsvolles Bild, ist aber weit entfernt von ei- nem einheitlichen Standard: Zwei Drittel der medizinischen Fakultä- ten haben Palliativmedizin in ihr Lehrangebot aufgenommen. Das Spektrum reicht von Einzelvorle- sungen im Rahmen anderer Fachge- biete oder Querschnittsbereichen bis hin zu Blockpraktika, vom Wahl- fach bis zu Pflichtseminaren mit Prü- fung an den Universitäten Aachen, Bonn und München.
Um der universitären Ausbildung in Palliativmedizin einen starken Impuls zu geben, entschloss sich der Verbund, Expertisen zu bündeln und gemeinsam mit Hochschullehrern aus dem Center for Palliative Care der Harvard Medical School in Deutschland einen ersten „Train the Trainer“-Kurs für 50 universitäre
Dozentinnen und Dozenten anzu- bieten. Dieser Pilotkurs wurde durch das Bundesministerium für Gesundheit und die Deutsche Krebshilfe gefördert.
Aus Sicht der Experten ist es vor- dringlich, Standards für die Vermitt- lung der Disziplin Palliativmedizin zu setzen und Verantwortung für den Kompetenzerwerb der Fach- kräfte zu übernehmen. Den hohen Bedarf an einem solchen Training bestätigte die große Nachfrage am ersten Kurs im Sommer 2006 auf der Insel Frauenchiemsee.
Ein Folgekurs wird vom 8. bis 15.
März 2008 stattfinden. 50 Dozentin-
nen und Dozenten aus 20 medizini- schen Fakultäten beziehungsweise Universitätskliniken und Lehrkran- kenhäusern erarbeiteten und erprob- ten gemeinsam mit dem 14-köpfi- gen, multidisziplinären Kursleiter- team acht Tage lang moderne Me- thoden der Vermittlung von Wissen, Fertigkeiten und Haltung im Fach Palliativmedizin, um die erworbene Kompetenz künftig in die studenti- sche Lehre einzubringen: interakti- ves Lernen im Kontext von Vorle- sungen, problem- und fallbasiertes Lernen in Groß- und Kleingruppen, Einsatz von „Standardisierten Pati- enten“, Variationsmöglichkeiten von Rollenspielen, Anleitung von Reflexionsprozessen, Einsatz von Feedback, Voraussetzungen für die Prüfbarkeit durch Lehr- und Lern- ziele sowie der angemessene Ein-
satz unterschiedlicher Medien. Das Training basiert auf einem an der Harvard University entwickelten Kursprogramm. Ebenso wie das
„Harvard-Program in Palliative Care Practice and Education“, des- sen Nachhaltigkeit durch Untersu- chungen erwiesen ist, wurde auch der modifizierte Pilotkurs „German Program in Palliative Care Educa- tion“ in seinem Verlauf durch edu- kationswissenschaftliche Erhebun- gen begleitet.
Inhaltliche Themen waren Grund- lagen der Palliativmedizin: Sym- ptomkontrolle, psychosoziale und spirituelle Begleitung, Trauerbeglei- tung, ethische und kulturelle Fragen und Unterschiede palliativmedizini- scher Betreuung von der Pädiatrie bis zur Geriatrie sowie die Ausge- staltung der Arzt-Patienten-Bezie- hung bei unheilbaren Erkrankungen beziehungsweise am Lebensende.
Dies wurde verbunden mit der Bearbeitung der Besonderheiten palliativmedizinischer Lehre, der Auswirkung von Lern- und Lehr- stilen auf die Ausgestaltung des Unterrichts und der verantwortliche Umgang mit der persönlichen Be-
troffenheit der Studierenden. Das Themenspektrum umfasste weiter die Auseinandersetzung mit Lern- modellen, Gruppendynamik und Kommunikationstrainings durch un- terschiedlich gestaltete Rollenspie- le. Exemplarisch wurden miteinan- der Unterrichtseinheiten mit Lehr- und Lernzielen, Methodik und Me- dien entwickelt sowie die mit einer Implementierung verbundenen Pro- bleme diskutiert. Der Kurskatalog, der allen Teilnehmern ausgehändigt wurde, bietet eine detaillierte Zu- sammenfassung und Dokumentati- on aller Aspekte, gestützt durch eine umfangreiche Literatursammlung.I Bernadette Fittkau-Tönnesmann
Weitere Informationen und Anmeldung zum Folgekurs 2008 unter www.palliativ-training.de
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Zwei Drittel der medizinischen Fakultäten haben Palliativmedizin in ihr Lehrangebot aufgenommen.
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