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Archiv "Priorisierung: Ärzte sollen überzeugt werden" (31.10.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 44

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31. Oktober 2014 A 1893 PRIORISIERUNG

Ärzte sollen überzeugt werden

Mit Workshops wollen die Ärztekammern unter ihren Mitgliedern für das Konzept der Priorisierung werben.

M

it einer Reihe von Work- shops wollen die Bundes- ärztekammer (BÄK) und die Lan- desärztekammern dafür sorgen, dass das Konzept der Priorisierung in der Ärzteschaft weitere Verbrei- tung und Akzeptanz findet. Auftakt- veranstaltung war am 21. Oktober bei der Ärztekammer Nordrhein.

„Wenn es uns gelingt, eine kritische Masse von Ärzten zu erreichen, ist die Möglichkeit da, einen gesell- schaftlichen Prozess anzustoßen.

Dann folgt vielleicht auch die Poli- tik“, meinte Rudolf Henke, der Prä- sident der Ärztekammer Nordrhein.

Politik reagierte hysterisch Auf die Vorschläge des damaligen BÄK-Präsidenten Prof. Dr. med.

Jörg-Dietrich Hoppe beim 112.

Deutschen Ärztetag 2009 in Mainz, sich mit dem Thema Priorisierung zu befassen, habe es überaus hyste- rische Reaktionen aus der Politik gegeben. Inzwischen könnte aber

die Zeit reif sein für eine erneute Befassung mit diesem Thema.

Priorisierung im Gesundheitswe- sen wird verstanden als die Feststel- lung einer Vorrangigkeit von vorab definierten Untersuchungs- und Be- handlungsmethoden vor anderen.

Henke wies auf Umfragen in der Bevölkerung hin, die zeigten, dass vor allem die Ärzte darüber ent- scheiden sollten, welche Leistun- gen von der GKV bezahlt werden.

Das Beispiel Schweden zeige, dass Priorisierung machbar sei – und das nicht allein unter einem Spardiktat.

Henke betonte, dass Priorisierung nicht mit Rationierung verwechselt werden dürfe. Während Rationie- rung die Vorenthaltung nützlicher Maßnahmen bedeute, biete Priori- sierung neue transparente Kriterien für die Mittelverteilung im Gesund- heitswesen.

An einem Fallbeispiel konnten sich die Teilnehmer des Workshops in Düsseldorf schon einmal einen

Eindruck davon verschaffen, wie die Umsetzung des Priorisierungs- konzepts in der Praxis aussehen könnte (Kasten). Prof. Dr. med. Dr.

med. dent. Dr. phil. Dominik Groß, der als Mitglied der BÄK-Arbeits- gruppe Priorisierung die Teilneh- mer durch das Fallbeispiel begleite- te, machte allerdings deutlich, dass bei der Einführung von Priorisie- rung als bestimmendem Faktor der Gesundheitsversorgung etwas kom- plexere Anforderungen zu bewälti- gen seien.

Geordnete Rangfolge

Grundsätzlich führe Priorisierung zu einer mehrstufigen Rangfolge.

Ganz vorne stehe, was nach Maß- gabe gesellschaftlich geklärter Zie- le, Werte und Normen und Kriterien sowie nach Datenlage und fachli- chem Konsens in einem geordneten Verfahren als dringend behand- lungsbedürftig oder unverzichtbar beurteilt wird. Hinten stehe das, was keiner medizinischen Behand- lung bedarf, kaum oder nicht wirkt beziehungsweise mehr schadet als nützt.

Gross sieht als Ausgangspunkt für Priorisierung nicht unbedingt Res- sourcenknappheit, obwohl natürlich eine drohende oder bereits bestehen- de Rationierung den Anstoß zur Um- setzung einer solchen Maßnahme geben könnte. „Was wir jetzt haben, ist eine implizite Rationierung – das ist gewiss die schlechteste Lösung.“

Genauso gute Dienste könne die Priorisierung aber bei der sinnvollen Verteilung von Ressourcenzuwäch- sen oder bei der Re-Distribution von Ressourcen zwischen Über- und Un- terversorgung leisten. Zweifel seien allerdings angebracht, so ein Teil- nehmer des Workshops, ob es jemals gelingen werde, den Begriff positiv

zu besetzen.

Thomas Gerst Was soll bloß mit Herrn Meier geschehen? Da-

mit mussten sich die Teilnehmer des Workshops

„Ärztlich unterstützte Priorisierung“ auseinan- dersetzen. Bei Herrn Meier (55 Jahre, 180 cm, 100 kg, verheiratet, zwei Kinder) wurde vor sechs Monaten ein metabolisches Syndrom (Adipositas, Hypertonie, Dyslipidämie) diagnosti- ziert. Meier, seit 30 Jahren Sachbearbeiter in der öffentlichen Verwaltung, ohne Aufstiegsmög- lichkeit, Freizeit verbringt er mit Fernsehen und kurzen Spaziergängen an Wochenenden, er er- hielt bereits zweimal eine Unterweisung in Le- bensstilmodifikation durch den Hausarzt und ein kombiniertes Abnehm- und Fitnessprogramm der Krankenkasse. Aktuell wird eine leichte Ver- schlechterung des metabolischen Syndroms und das Erstauftreten einer prädiabetischen Stoff- wechsellage erkannt.

Auf der Grundlage dieses Fallbeispiels, zusätz- lich noch Laborwerte, sollten die Workshopteilneh- mer 16 Behandlungsoptionen auf einer Skala (muss, soll, kann, nicht tun) bewerten. Überra- schendes Ergebnis: Es kam fast nirgendwo zu ei- nem eindeutigen Meinungsbild, aber es zeigten sich deutliche Präferenzen für einige Optionen.

Muss- und Soll-Bewertungen bei mehr als 60 Pro- zent der Teilnehmer gab es fünf Mal – und zwar für psychotherapeutische Diagnostik/Therapie, Bera- tung zur Lebensstilmodifikation, Kurse zur Lebens- stilmodifikation, Therapie mit ACE-Hemmern/

AT1-Blockern, strukturiertes Behandlungspro- gramm (DMP). Kann- und Nicht-tun-Bewertungen bei mehr als 80 Prozent gab es für pharmakologi- sche Adipositastherapie, Therapie mit Fibraten oder mit Metformin/Acarbose, Behandlung in einer dia- betologischen Schwerpunktpraxis und Heilfasten.

ABSTIMMUNG EINER THERAPIERANGFOLGE

P O L I T I K

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