A 1564 Deutsches Ärzteblatt
|
Jg. 110|
Heft 33–34|
19. August 2013Das Leser-Forum
Beiträge im Deutschen Ärzteblatt sollen zur Diskussion anregen. Deshalb freut sich die Redaktion über jeden Leserbrief. Wir müssen aus der Vielzahl der Zuschriften aber auswählen und uns Kürzungen vorbehalten. Leserbriefe geben die Meinung des Autors, nicht die der Redaktion wieder. E-Mails richten Sie bitte an leserbriefe@aerzteblatt.de, Briefe an das Deutsche Ärzteblatt, Ottostraße 12, 50859 Köln.
PRIORI SIERUNG
Beim öffentlich-me- dialen Diskurs kommt es vor allem darauf an, die Ver- bindung Priorisie- rung = Rationierung zu lösen (DÄ 22/
2013: „Medizinische Versorgung: Ärzt- lich unterstützte Priorisierung ist not- wendig und hilfreich“ von Heiner Raspe und Jan Schulze).
Rückbesinnung auf die Versorgungsstufen
Ich danke Herrn Prof. Raspe für sei- ne ausführliche Darstellung des The- mas, für die Abgrenzung zur Ratio- nalisierung und damit letztendlich zur Professionalisierung der Diskus- sion . . .
Ein wichtiger Aspekt fehlt mir aller- dings. Auch ohne die Hinzuziehung zahlreicher fachfremder Spezialisten kann der ärztliche Sachverstand auch jetzt schon wertvolle Dienste leisten, um die sachgerechte Allokation der Mittel voranzutreiben. Wir sollten uns darauf besinnen, dass es in Deutschland sogenannte Versor- gungsstufen gibt. Und dies sollte auch den Patienten klargemacht werden . Jeder kennt die Notarztbrie- fe am Montagmorgen. Wieder muss- te ein banaler Schnupfen unbedingt in einer universitären HNO-Ambu- lanz diagnostiziert werden. Wieder mal ein Blinddarm, der nicht im ei- gentlich zuständigen Kreiskranken- haus operiert wurde, sondern in einer hochspezialisierten Abteilung der höchsten Versorgungsstufe. Es ist an der Universitätsklinik Lübeck in ei- nigen Abteilungen schon lange Usus, dass wir als Hausärzte aus unserer Praxis keinen Patienten einfach zu- weisen können. Sie müssen erst von
einem niedergelassenen Facharzt ge- sehen werden. Nur bei Gefahr im Verzug wird der Patient nach einem persönlichen Gespräch mit dem Diensthabenden auch dort aufge- nommen. Und das ist richtig so. Das spart durch Vermeidung von Fehl- einweisungen wertvolle Mittel, und der Patient wird trotz allem gut und schnell versorgt. Dazu bedarf es na- türlich einer guten Vernetzung der Niedergelassenen untereinander . . . Einen Notfalltermin bekommen wir bei den niedergelassenen Spezialis- ten jederzeit . . .
Wir müssen den Patienten sagen, dass sie an das „kleine“ Haus gehen sollen, wenn ein Krankenhausaufent- halt notfallmäßig geboten erscheint.
Dort wird entschieden, wo die Reise hingeht. Ein erster Schritt dazu war, den Notdienst der Niedergelassenen in ein Krankenhaus einzubinden.
Weiter so. Dann werden unsere Pa- tienten auch in Zukunft versorgt.
Dr. Bernhard Reiß, 23898 Sandesneben
Männlicher Vorname
In dem Beitrag hat sich ein Fehler eingeschlichen. Der norwegische Theologieprofessor Inge Lønning wird dort auf Seite A 1094 im Ab- schnitt 13 fälschlicherweise als
„Professorin für Systematische Theologie der Universität Oslo“
bezeichnet. Allerdings war der am 24. März dieses Jahres verstorbene Inge Johan Lønning eindeutig männlichen Geschlechts. In Nor- wegen ist Inge ein männlicher Vor- name.
Sabine Stumpf, Universität zu Lübeck, Institut für Sozialmedizin, 23538 Lübeck
Anmerkung der Redaktion:
Frau Stumpf hat recht. Die Redaktion bedauert das Versehen.
Das Beispiel Früherkennung
In vornehmer Zurückhaltung vermei- den es die Autoren, nach den Grün- den fehlender ärztlicher Debatten über die Priorisierung zu fragen. Kei- ne Fachgesellschaft möchte ihren Handlungskatalog relativieren – nach dem Motto „Alles unentbehrlich! Al- les wichtig!“ Eventuell bieten inter- disziplinäre Themen eine Chance.
Wählen wir das Versorgungsfeld
„Früherkennung“. Hier werden nur die Fachgesellschaften Widerstand leisten, die in den Leitlinien starke Empfehlungen bei niedriger Evidenz aussprechen. Gerade das ruft nach Überprüfung.
Der früh erkannte Krebs ist eine he- terogene Erkrankung, die vom Pa- thologen zu einem Zeitpunkt be- schrieben wird, der oft keine Vorher- sage des zu erwartenden Verlaufs er- möglicht. Heute ist er weitaus selte- ner eine tödliche Bedrohung. Statt- dessen diagnostizieren wir zu viele Tumoren, die nicht lebensbedrohlich gewesen wären.
Galt es früher, Maßnahmen gegen den fortgeschrittenen Krebs zu maxi- mieren, leben heute Betroffene in friedlicher Koexistenz mit ihrem Krebs, werden aber durch Früher- kennung chronisch krank und verlie- ren durch Übertherapie an Lebens- qualität. Bedingt durch gezielte Kampagnen und Fehlinformationen wird der Nutzen drastisch über- schätzt – er liegt nur im Promille - bereich, der Schaden ist in Prozent zu messen. Es ist an der Zeit, die fundamentale Fehleinschätzung des Nutzens der Krebsfrüherkennung auf dem Wege der Posteriorisierung offenzulegen . . .
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. med. Lothar Weißbach, Stiftung Männer- gesundheit, 10117 Berlin
O S
B d k d b r z 2013: Medizinische