PRIORISIERUNG
Mit Workshops wollen die Ärztekammern unter ihren Mitgliedern für das Konzept der Priorisie- rung werben (DÄ 44/2014: „Ärzte sollen über- zeugt werden“ von Thomas Gerst).
Markt und Transparenz
Die Führung der deutschen Ärzteschaft hält an der sogenannten „Priorisierung“ fest. Sie nennt sie seit dem letzten Ärztetag euphe- mistisch „ein dickes Brett, an dem es weiter zu bohren gilt“. Nachdem sich bisher alle maßgeblichen politischen Parteien und Bun- desgesundheitsminister gegen Rationierung – in welcher Form auch immer – ausgespro- chen haben, sind es ausgerechnet die Ärzte selbst, die bei der Verteilung von Knappheit
„mitreden“ möchten. Mit dem Argument
„mitreden“ oder „einen Fuß in die Tür be- kommen“ kann man scheinbar jede Ärzte- vertretung zu fast allem rumkriegen. So hof- fen die Priorisierungsbefürworter, an dem eigentlichen Übel so lange „vorbeizureden“, bis die Mehrheit glaubt, es handele sich um
eine moralisch höher stehende Art der Ver- teilung knapper Ressourcen. Priorisie- rung wird auch von den Mitgliedern der ent- sprechenden Arbeitsgruppe gar nicht als Sparinstrument gesehen, sondern als etwas, was im „sympathischen“ Skandinavien be- reits umgesetzt worden sein soll. Dort be- deutet es in Wirklichkeit was ganz anderes:
nämlich Medizin nach Leitlinien. Priorisie- rung ist jedenfalls nicht mehr lustig, wenn sie in der echten Not (s. Griechenland in der Finanzkrise) stattfindet. Es ist nur „schlau“, aber nicht wirklich klug, wenn Ärzte sich jetzt als die „kompetenteren“ Staatsbüttel für Rationierung anzudienen versuchen und sprachlich Rationierung jetzt euphemisch als „Priorisierung“ bezeichnen. Es zeugt nicht von „Verantwortung“, sondern vom Willen politisch mitzumischen. Für die Ver- teilung und Überwindung knapper Ressour- cen hat es immer schon einen viel effizien- teren, eleganteren und humaneren Weg ge- geben als die Planwirtschaft: nämlich ech- ten Markt und Transparenz.
Dr. med. Thomas Kajdi, 66333 Völklingen
um so viel steigen, dass ein Mehr von ge- nau 100 000 Relativgewichten erreicht wird. Das Relativgewicht der Appendek- tomie hat sich im Verhältnis zu den ande- ren Relativgewichten verschlechtert. Aber alle anderen DRGs bringen an Relativge- wichten das Mehr auf, das bei der Ap- pendektomie verloren wurde. Die Summe aller Relativgewichte ist gleich geblieben.
Bis zu diesem Punkt ist von Erlösen noch keine Rede. Jetzt erst kommt der Landes- basisfallwert und erzeugt mit dem jeweili- gen Relativgewicht den Preis der einzel- nen DRG. Das Geld im Topf wird nicht weniger, es wird nur anders verteilt. Eine Abwärtsspirale „im System“ ist nicht möglich . . .
Unter Druck kann nur die Klinik geraten, die ausschließlich Appendektomien macht und zu teuer ist.
Priv.-Doz. Dr. med. Friedrich Heubel, Leiter der Arbeits- gruppe Ökonomisierung der Akademie für Ethik in der Medizin, 35037 Marburg
Dipl.-Ökonom Horst Imdahl, M.A., Mitglied der Arbeits- gruppe Ökonomisierung der Akademie für Ethik in der Medizin, 41239 Mönchengladbach