A 142 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 4|
29. Januar 2010PRIORISIERUNG
Die Einhaltung über- zogener Richtlinien kostet Zeit und Geld, das für die Versor- gung der Patienten fehlt (DÄ 50/2009:
„Gerechte Mittelver- teilung: Ärzte in der Verantwortung“ von Dieter Köhler).
Was vor Gericht zählt
Solange die Rechtsprechung unser ärztliches Handeln gnadenlos am Maßstab des „worst case scenarios“
misst, kann ich jedem Kollegen nur raten, konsequent auf den im Kom- mentar angestoßenen „kollektiv- ethischen Ansatz“ zugunsten einer sinnvolleren Mittelverwendung im Gesundheitswesen zu verzichten.
Kostenbewusstes ärztliches Han- deln interessiert nämlich spätestens dann keinen Richter und auch kei- nen Fachgutachter mehr, wenn sich eine noch so unwahrscheinliche oder seltene Komplikation oder Differenzialdiagnose doch einmal verwirklicht, ohne – egal wie auf- wendig – zuvor ausgeschlossen worden zu sein. Der medizinische
Standard bemisst sich vor Gericht eben nicht an den veranlassten Kos- ten, sondern an den im Lehrbuch beschriebenen Möglichkeiten.
Solange ich mich vor Gericht im Zweifelsfall nicht auf kollegiales Augenmaß und richterliches Kos- tenbewusstsein verlassen kann, werde ich jeden Patienten, der es mitmacht, zur exzessiven fachärztli- chen Ausschlussdiagnostik oder ins Krankenhaus schicken. Hier ist mir inzwischen das eigene Hemd näher als der kollektivethische Rock.
Wir Mediziner können eine sinnvol- le Verteilungsgerechtigkeit erst dann mittragen, wenn die Politik die Vor- gaben erarbeitet hat und die Juristen diese in die entsprechenden Gesetze zu unserem Schutz umgesetzt haben.
Ein Arzt, der dem auf eigene Verant- wortung vorgreift, lebt gefährlich.
Dr. med. Volker Aschoff, 76131 Karlsruhe
Der hippokratische Eid reicht nicht mehr aus
Für den Artikel ist Prof. Köhler zu danken. Es reicht heute nicht mehr, sich auf den hippokratischen Eid zu beziehen. Das ist nicht nur sinnlos, erbringt keine Lösungen für die heu-
tige Problematik in unserem Sys- tem, sondern drückt eine Vorstel- lung über die altgriechische Medizin aus, die einfach in keinster Weise zutrifft. Wer glaubt, dass Hippokra- tes seine Vorstellungen, die er in sei- nem Eid formulierte (wenn er das überhaupt selbst getan hat), als all- gemeingültig ansah, der irrt. Natür- lich galt er für alle seine Patienten, aber das war eben nur zahlende Kundschaft. Es gibt keinerlei Be- richte, dass Hippokrates durch die Armenviertel wandelte, um dort Sprechstunden für Arme abzuhalten.
Denn der Arzt war berühmt und da- mit teuer! Kein Geld – keine Be- handlung durch Hippokrates . . . Wer wirklich etwas für seine Patienten erreichen will, der überlegt einfach mehr, versucht Zusammenhänge zu verstehen, auch wenn sie zu unange- nehmen Schlussfolgerungen führen.
Denn nur wer diese versteht, kann Notwendiges auch tun, ohne andere Patienten zu gefährden, wie es in ei- nigen Beispielen in dem Artikel auf- gezeigt wird.
Dr. Bernhard Reiß, 23898 Sandesneben D
z k d g f
„ teilung: Ärzte in der V handlung von Problempatienten (bzw. Patienten in Problemgebie- ten) herauszudrängen.
Dr. med Reinhard Kennemann, 45327 Essen-Katernberg
Entsetzt
Mit großem Entsetzen habe ich den Artikel über die qualitätsorientierte Vergütung in der oben genannten Ausgabe gelesen.
Die KBV ist zwischenzeitlich Ver- ursacher allen Übels, das über die Ärzte hereinbricht. Das System der Regelleistungsvolumina ist völlig verunglückt, jetzt wird schon wie- der die nächste Sau durchs Dorf ge- trieben mit einer Menge neuer Worthülsen.
Wir sind als Radiologen in Schles- wig-Holstein von massiven Hono- rarverlusten in Höhe von bis zu 50 Prozent bedroht, lediglich durch die Konvergenzphase greifen diese
noch nicht in voller Höhe. Von Ho- norarzuwächsen sind wir meilen- weit entfernt . . . Die qualitätsgesi- cherte Vergütung wird naturgemäß für jeden Laien sofort erkennbar zu massiv manipulierten Werten führen, wenn das Honorar davon abhängig ist. Selbstverständlich werden Hy- pertoniker und auch Diabetiker nur noch tolle Werte haben, alles andere wäre doch eine Selbstbeschädigung der entsprechenden Kollegen und ist naturgemäß nicht zu erwarten.
Insofern ist vor der sogenannten qualitätsorientierten Vergütung er- heblich zu warnen.
Die KBV sollte endlich ihr Augen- merk darauf richten, das völlig misslungene System der Regelleis- tungsvolumina so schnell es geht abzuschaffen und durch eine ver- nünftige transparente nachvollzieh- bare Vergütung zu ersetzen!
Dr. med. Thomas Werlich, Radiologie Elmshorn im Klinikum, 25337 Elmshorn
DEMOGRAFIE
Die Bevölkerungsab- teilung der UN-Wirt- schaftskommission für Europa hilft, evi- denzbasierte Strate- gien zu entwickeln, um die demografi- schen Entwicklungen zu beeinflussen (DÄ 42/2009: „Alternde Gesellschaften:
Wie die Politik der demografischen Ent- wicklung begegnen will“ von Viviane Brunne).
Vorbild Dänemark
Sicher ist die demografische Ent- wicklung eine unserer größten Her - ausforderungen. Gut, dass unser DÄ sich auch damit befasst. Zu Recht wird in dem Artikel darauf hingewie- sen, dass Großeltern ihren Kindern helfen, Beruf und Familie zu verein- baren. Ergänzen möchte ich eine Er- fahrung aus Dänemark. Dort gibt es in praktisch jedem kleinen Städtchen meist mehrere generationenübergrei- fende sogenannte Cohousing-Pro - j ekte. Da wohnen 30 bis 50 oder
OG
D t s f d g u schen Entwicklunge
B R I E F E
mehr Menschen zusammen, ganze Familien ebenso wie Alleinstehende jeglichen Alters. Es ergeben sich viele positive Effekte. So ist es üb- lich, dass die Älteren für die Kinder sorgen, bis die Mütter und Väter von der Arbeit zurück sind. Meist wird im Wechsel von zwei oder drei Per- sonen ein gemeinsames Abendessen vorbereitet, so dass die Einzelnen nur ein- oder zweimal im Monat mit Kochen dran sind. Und die Älteren erfahren Hilfe durch die Jüngeren, wenn ihr Zustand es erfordert. Das verhindert oder verzögert mindes- tens die Notwendigkeit einer Alten- oder Pflegeheimaufnahme. So manche Erfahrung aus Dänemark ließe sich zum Wohle vieler auf Deutschland übertragen . . .
Dr. med. Wieland Walther, 79199 Kirchzarten
MOBILFUNK
Ein Handbuch des Informationszen- trums Mobilfunk (IZMF) richtet sich an Ärzte (DÄ 44/
2009: „Ärztehand- buch: Informationen zu Mobilfunk und Gesundheit“).
Ohne kritische Prüfung
. . . Immer mehr Ärzte können die Richtigkeit der Warnungen vor Schädigungen durch Mobilfunk inzwischen durch Erfahrungen in ihrer ärztlichen Praxis bestätigen.
Ihre Beobachtungen der schädigen- den Wirkung elektromagnetischer Felder reichen bis in die Mitte der 90er Jahre zurück, wurden aber erst in den letzten drei Jahren systema- tischer gesammelt und miteinander verglichen. Immer mehr Beschwer- den und Krankheitssyndrome tra- ten auf, für die es keine der be- kannten medizinischen Erklärun- gen gab. Für Zusammenhänge mit der Einwirkung hochfrequenter elektromagnetischer Felder sprach unter anderem die Tatsache, dass sich die beobachteten Symptome oft zeitgleich mit der Installation solcher Felder in oder außerhalb der Wohnungen eingestellt hatten, und dass sich viele wieder zurück-
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E I t ( a 2 b zu Mobilfunk und Ge
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