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Archiv "Arzt und Schwangerschaftsabbruch: Schlußwort" (02.10.1980)

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Aufsätze • Notizen Arzt und Politik

nen eine möglichst individuelle Ver- sorgung zu sichern.

Fazit: Das Verhältnis der Ärzte zur Politik neu überdenken

FORUM

Arzt und Schwangerschaftsabbruch

Zu dem Aufsatz von Prof. Dr. Peter Stoll ih Heft 10/1980, Seite 607 ff.

Schwarzer Peter

.. . Ihr Vortrag in Meran und seine Veröffentlichung im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT ist eine risikolose Wiederholung bekannter Argumente gegen den Schwangerschaftsab- bruch. Wie allen Ärzten und Kam- merfunktionären verschaffen Ihnen diese Ausführungen den Ruf des idealen und idealistischen Helfers der Menschheit. Den anderen Hel- fern, nämlich den unterbrechenden Ärzten, schieben Sie den Schwarzen Peter zu. Geflissentlich unterlassen Sie die Aufzählung wichtiger Punk- te, die denjenigen Kollegen die schwere Gewissenslast erleichtern könnten, welche sich in irgendeiner Form positiv am gesetzlichen Inter- ruptionsverfahren beteiligen und die durch ein persönliches Opfer ihren Ruf als echte Ärzte wahren müssen.

Meines Erachtens haben Sie, Herr Professor Stoll, die gebotene wis- senschaftliche Objektivität verletzt, indem Sie folgende Argumente für eine Interruptio verschwiegen haben:

1. Allein in der Bundesrepublik Deutschland werden durch eine lege artis durchgeführte Interruptio min- destens 30 000 Frauen jährlich am Leben erhalten, die einen pfuscheri- schen Eingriff mit dem Tode büßen müßten. Die Dunkelziffer ist hoch.

2. Eine unbekannte Anzahl von schwangeren Mädchen und Frauen begeht Selbstmord, weil ihnen mit Geld und schönen Reden nicht ge- holfen werden kann.

3. Mißhandelte, schwer erziehbare und kriminelle Kinder und Jugendli- che sind das Ergebnis einer unge- wollten oder gar verhaßten Schwan- gerschaft. Kinder müssen ersehnt von ihren Eltern sein.

4. Es werden keine Zahlen genannt, wie viele Mütter ihren Entschluß zum Abbruch einer Schwanger- schaft bereuen, dafür aber später

unter besseren Voraussetzungen ei- ne Familie gründen und mehr Kin- dern das Leben schenken, als es nach einem Abbruch der vorgesehe- nen Lebensbahn möglich gewesen wäre.

5. Ein entscheidendes Kriterium für bewußte Tötung wird weithin unter- schlagen: Das Ich-Bewußtsein ist wesentliches Kennzeichen des Men- schen. Die Leibesfrucht ist noch ein vom mütterlichen Kreislauf abhängi- ges, allein nicht lebensfähiges Or- gan ohne reifes Gehirn. Die soge- nannte Markreife und damit Funk- tionsfähigkeit des Großhirns wird erst nach der Geburt erreicht. Nur Vernichtung eines zu irgendeinem Zeitpunkt einmal ichbewußten Le- bens ist wirklich Mord

Dr. med. Kurt Weidner, Internist 8026 Ebenhausen

Lechnerstraße 31

Schlußwort

Ich bin kein Kammerfunktionär und halte mich auch nicht für einen idea- len Helfer der Menschheit. Sie ha- ben als Internist und nicht praktisch mit Schwangerschaftsabbrüchen befaßter Arzt übersehen, daß ich als Frauenarzt zu den unterbrechenden Ärzten gehöre. Eine Statistik der un- ter meiner Leitung stehenden Klinik könnte Ihnen die entsprechenden Zahlenunterlagen liefern, meine bis- herigen Veröffentlichungen zum Problem würden Ihnen zeigen, daß in meinem Arbeitsbereich jeder Schwangerschaftsabbruch unter meiner persönlichen Verantwortung durchgeführt wird. Es ist mir nicht gelungen, Ihnen mit meinem Artikel die Gewissensnot vorzuführen, in denen sich der abbrechende Arzt befindet.

Zu Ihren Argumenten für eine Inter- ruptio ist folgendes zu sagen:

Ich habe in diesen Ausführungen ei- ne Fülle von Gedanken vorgetragen, welche die Beziehungen der Ärzte- schaft zur Politik, insbesondere zur Gesundheitspolitik betreffen. Ich wäre froh, wenn meine Ausführun- gen deutlich gemacht hätten, daß unsere Zeit in vielfacher Weise Anlaß gibt, das Verhältnis der Ärzte zur Po- litik neu zu überdenken.

In einer Zeit, in der man von statisti- schen Wahrheiten und von großen Zahlen fasziniert und überwältigt wird, wird immer deutlicher, wie nichtig und ohnmächtig die Einzel- persönlichkeit, welche keine Mas- senorganisation repräsentiert, ent- personifiziert wird. C. G. Jung fol- gerte aus dieser Situation fol- gendes:

„Widerstand gegen die organisierte Masse kann nur der leisten, der in seiner Individualität ebenso organi- siert ist wie die Masse ..."

Wir sollten dies bei unserem Verhal- ten untereinander und gegenüber unserer Umgebung im Auge behal- ten, denn mögen die sozialen und politischen Umstände unserer Zeit auch von beträchtlicher Bedeutung sein, so sollten wir dennoch nicht zulassen, daß diese Zeitumstände in ihrer Wichtigkeit für das Glück und Unglück des Individuums über- schätzt werden.

(Für den Druck gekürztes und bear- beitetes Referat anläßlich der Eröff- nung des Kongresses der Nordwest- deutschen Gesellschaft für ärztliche Fortbildung, Westerland 1980)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Dietrich Maiwald

Präsident der Landesärztekammer Baden-Württemberg

Jahnstraße 40

7000 Stuttgart-Degerloch

2376 Heft 40 vom 2. Oktober 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Aufsätze -Notizen BRIEFE AN DIE REDAKTION

1. Der Tod einer Frau am Schwan- gerschaftsabbruch wurde und wird heute noch gerichtlich erfaßt, nach der Todesursache wird geforscht.

2. Mord und Selbstmord werden staatsanwaltlich geklärt.

3. Daß ersehnte Kinder gute Kinder und ungewollte Kinder schlechte Kinder seien, ist schlicht falsch. Die kindliche Entwicklung ist in weit hö- herem Maße abhängig von einem in- takten Familienleben und der Ge- borgenheit, die das Kind in den er- sten Jahren seines Lebens findet.

Sei es nun ersehnt oder ungewollt auf die Welt gekommen.

4. Es war nicht meine Absicht, Zah- len zu nennen, ich habe die Notlage eines Frauenarztes vorgetragen.

5. Sie bestätigen mir, daß die Funk- tionsfähigkeit des Großhirns nicht automatisch mit der Geburt erwacht, sondern erst nach einem langen Rei- fungsprozeß in Gang kommt oder auch nicht in Gang kommt. Das Ich- Bewußtsein beginnt nicht mit der Geburt.

Professor Dr. med. Peter Stol I Direktor der Frauenklinik 6800 Mannheim 1

Briefe an die Redaktion

GEBURTSHILFE

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. Hans-Kon- rad Selbmann: „70 Prozent der Geburts- helfer erproben Selbstkontrolle" (Heft 20/

1980):

Unzutreffende Vermutung

Die Vermutung des Verfassers über die Ursache der geringeren Zahl von Sectiones (caes.) an Wochenenden und höheren Frühsterblichkeit der am Sonntag Geborenen ist meines Erachtens unzutreffend. Die beob- achteten Besonderheiten sind min- destens teilweise ganz einfach zu er- klären mit der Mode der „program- mierten" Geburten, bei denen der Termin durch entsprechende arznei-

liche Maßnahmen von den Wochen- enden wegverschoben wird. Dieses geschieht meines Wissens vorwie- gend aufgrund der Besonderheiten des Wochenend- beziehungsweise Feiertagsdienstes, das heißt der schwächeren personellen Beset- zung. Die Überspielung der natürli- chen Regulation und Abläufe dürfte nur bei vordergründiger Betrach- tungsweise als eine bedeutungslose Maßnahme anzusehen sein. Hieran hat Herr Prof. Selbmann offenbar nicht gedacht, jedenfalls diesen Fak- tor nicht erwähnt. Die von ihm er- wähnten ungünstigen Tatsachen sollten jedenfalls Anlaß sein, sie un- ter dem Gesichtspunkt der „pro- grammierten" Geburt unter die Lupe zu nehmen.

Dr. med. Otto von Mauch Wakenitzstraße 50 2400 Lübeck NEWTON

Zum Beitrag „War Newton Opfer einer Bleivergiftung?" Heft 28/1980, Seite 1751:

Beziehung zur Kosmetik

. . . Zu diesem Beitrag erscheint mir eine kritische Anmerkung dringend erforderlich. Herr Newton starb hochbetagt. Dieses spricht eher ge- gen eine allgemeine Blei-Intoxika- tion, wie sie freilich auch durch die Bleirohre der Wasserleitung zu da- maliger Zeit verursacht werden könnte. Hierzu hat Werner Kollath vor einigen Jahrzehnten einen eige- nen Erlebnisbeitrag beigesteuert.

Ökologische Betrachungsweisen sind z. Zt. modern und natürlich auch berechtigt. Wenn man aber die Beziehungen des Herrn Newton dar- über hinaus erweitert und daran denkt, daß er als alter Mann offenbar noch einiges Haar auf dem Kopfe hatte und vielleicht auch ein wenig eitel war, so kommt eine Beziehung zur Kosmetik zustande: Der Blei- kamm! Ich entsinne mich aus der Zeit der dreißiger bzw. dem Ende der zwanziger Jahre eines Mannes, der immer einen Bleikamm bei sich trug, und gelegentlich immer einmal da- mit durch seine bräunlich verfärbten

Haare fuhr. Das ästhetische Resultat war nicht überwältigend, aber er war nun wenigstens nicht mehr weiß- haarig.

Dr. med. Otto von Mauch Wakenitzstraße 50 2400 Lübeck

KRITIK

Beschlüsse haben ihre Gründe; Meinun- gen natürlich auch:

Vox populi?

Es ist für mich völlig unverständlich, daß die Mehrheit der Standesvertre- ter auf dem 83. Ärztetag in Berlin den berechtigten Antrag des Kolle- gen Dr. Manfred Krätschmar, Wie- senfelden, abgelehnt hat, der die Zwangsfinanzierung von Abtreibun- gen mittels Krankenkassengeldern aus nichtmedizinischer Indikation strikte ablehnt. Mit dieser Fehlent- scheidung der Delegierten wurden folgende Überlegungen völlig außer acht gelassen.

Wie stellen sich die Arbeitgeber von abtreibungswilligen Frauen (72%

aus sogenannter sozialer Indikation, davon 2/3 der Mittel- und Ober- schicht angehörend) zur Inkaufnah- me von Arbeitsausfall und Lohnfort- zahlung, was sagen die Krankenkas- sen zu der ihnen aufgebürdeten Fi- nanzlast durch wesensfremde Auf- gaben (Abtreibung als Krankheits- fall!) und vor allem die Millionen pflichtversicherter Mitglieder der ge- setzlichen Krankenkassen, die aus ihrer Lohntüte Abtreibungen mitfi- nanzieren? Ist ihnen bekannt, daß die Masse der Bürger aus Gewis- sensgründen keinen Silberling für Abtreibungen aus „sozialer Indika- tion" zahlen will? In USA werden Abtreibungen aus nichtmedizini- scher Indikation nicht einmal vom Wohlfahrtsamt bezahlt, Israel hat Abtreibungen aus „sozialer Indika- tion" wieder unter Verbot gestellt.

Dr. med. Georg Götz Arzt für Allgemeinmedizin Untere Feldstraße 3 8901 Stadtbergen

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 2. Oktober 1980 2377

Referenzen

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