„Angesichts steigender Beitrags- sätze in der gesetzlichen Kranken- versicherung, eines Defizits der Krankenkassen in Höhe von 3 Mil- liarden DM in 1984 und einer anhal- tend hohen Arbeitslosenzahl sehen sich die Kassenärzte gezwungen, einen sie erheblich belastenden, aber in Anbetracht der schwierigen wirtschaftlichen Lage erneuten Bei- trag zur Konsolidierung in der ge- setzlichen Krankenversicherung zu leisten.
Die Ausgabenentwicklung für am- bulante ärztliche Leistungen soll im Zeitraum vom 1. Juli 1985 bis zum 30. Juni 1986 im Einklang mit dem Zuwachs der Grundlohnsumme lie- gen, wobei die Vertreterversamm- lung die Auffassung vertritt, daß ei- ne Grundlohnbindung den Bedürf- nissen der Bevölkerung nach einer modernen medizinischen Versor- gung nicht Rechnung tragen kann.
Bei steigender Kassenarztzahl und steigenden Praxiskosten bedeutet die für ein Jahr gegebene Zusage ein empfindliches Opfer.
Die Vertreterversammlung der Kas- senärztlichen Bundesvereinigung verknüpft damit die Forderung, daß zur notwendigen Konsolidierung der gesetzlichen Krankenversiche- rung nicht nur die Kassenärzte al- lein, sondern die Beteiligten in allen Bereichen beitragen. Vom Bundes- arbeitsminister und den gesetzge-
benden Organen wird erwartet, daß sie dieses eine Jahr nutzen, um die notwendige Strukturreform in der gesetzlichen Krankenversicherung einzuleiten.
In diesem Zusammenhang begrüßt die Vertreterversammlung die Ab- sicht des Bundesarbeitsministers, in Gemeinschaft mit den Betroffe- nen ein gesundheitspolitisches Ge- samtkonzept zu erarbeiten. Hierbei sollten folgende Grundsätze berück- sichtigt werden:
1. Bei gesundheitspolitischen Ent- scheidungen muß den medizini- schen der gleiche Rang wie den wirtschaftlichen Orientierungsdaten eingeräumt werden. Die Gesund- heitspolitik darf sich nicht aus- schließlich an finanziellen Zielset- zungen orientieren, da moderne Er- kenntnisse der Medizin auch in Zu- kunft den Patienten in der ambulan- ten kassenärztlichen Versorgung zugänglich gemacht werden müs- sen.
2. Einer in allen Bereichen festzu- stellenden Überversorgung auf- grund von Überkapazitäten kann mit vertrags- und vergütungsrecht- lichen Regelungen nicht begegnet werden. Daher sind gesetzgeberi- sche Rahmenbedingungen zu schaffen, um aus Überkapazitäten entstehender Mehrbelastung wirk- sam begegnen zu können. Dabei
muß die Sicherung der Qualität der ärztlichen Versorgung und die Steuerung der Arztzahlentwicklung einen hohen Stellenwert haben.
3. Der solidarische Risikoausgleich als Prinzip der gesetzlichen Kran- kenversicherung ist anzuerkennen.
Bei der Rentnerkrankenversiche- rung müssen jedoch Finanzierungs- möglichkeiten gefunden werden, die diesen überproportional an- wachsenden Ausgabenbereich für die Krankenversicherung auf Dauer finanzierbar machen und die Solida- rität der Versicherten nicht übermä- ßig strapazieren. Deshalb ist zu for- dern, daß die Krankenversiche- rungsbeiträge der Rentner nicht der Rentenversicherung, sondern der Krankenversicherung zufließen.
4. Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung müssen auf das zurückgeführt werden, was so- zial und gesundheitlich notwendig ist. Das bedeutet, daß versiche- rungsfremde Leistungen entweder ausgegliedert oder die entstehen- den Kosten den Krankenkassen vom Staat erstattet werden.
5. Neben dem Prinzip des Solidar- ausgleichs in der gesetzlichen Kran- kenversicherung muß die Eigenver- antwortung stärker in den Vorder- grund treten. Dies kann durch Selbstbeteiligungsregelungen er- reicht werden, die das Inanspruch- nahmeverhalten der Versicherten steuern können. Selbstbeteiligung bietet sich an bei Arzneimitteln und Heil- und Hilfsmitteln durch eine prozentuale Zuzahlung der Versi-
cherten." ❑
Entschließung zur Honorarentwicklung
Gebilligt von der KBV-Vertreterversammlung am 13. Mai 1985
KBV-Vertreterversammlung
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
unmittelbar Kassenarzt werden dürfe. „Wir wissen, daß Milliar- denwerte von einer disziplinierten und wissenschaftlich fundierten Arbeitsweise dieser Ärzte abhän- gen. Die Notwendigkeit, medizi- nisch wirksam und dennoch wirt- schaftlich zu diagnostizieren und zu behandeln, erzwingt geradezu eine allgemeinmedizinische Qua- lifikation. Das war für uns der ei- gentliche Grund, mit einem Junk-
tim in die Konzertierte Aktion zu gehen und die Vergütungsfrage mit einer Regelung der Kassen- arzt-Qualifikation zu verknüpfen."
Professor Häußler bedauerte, daß die Ärzte auch bei Politikern, die die Gefahren sehen, nicht immer Verständnis fänden. „Zu groß ist die Besorgnis, die Ärzteschaft ver- suche durch protektionistische Maßnahmen bestimmte Tätig-
keitsfelder und Einkommen abzu- sichern. Zu nachhaltig ist die seit Jahr und Tag betriebene Propa- ganda, der Honorartopf sei so groß, daß die Suppe darin für alle reiche, man müsse eben nur die Portionen kleiner machen."
Häußler ging danach auf die von der Arbeitsgemeinschaft der bayerischen Krankenkassenver- bände und von den Spitzenver- Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 21 vom 22. Mai 1985 (23) 1587