Die genauen Ursachen der chronisch-entzündlichen Darm- erkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa sind weiterhin unbekannt. Ge- netische und immunologische Faktoren, Ernährung und für akute Schübe psychosoziale Zusammenhänge spielten im multifaktoriellen Zusammen- hang eine Rolle, erinnerte Prof. Stefan Schreiber (Kiel).
Bewährte Medikamente sind 5-Aminosalicylsäure (5-ASA), Corticoide und Immunsup- pressiva. Unter den Immun- suppressiva ist Azathioprin/
6-Mercaptopurin erste Wahl.
Methotrexat ist indiziert bei akutem Morbus-Crohn-Schub (nicht bei Colitis ulcerosa) und Cyclosporin A zum schnel- len Wirkbeginn bei Cortico- idresistenz (da Azathioprin erst später wirkt). Neu ist die Ent- wicklung der Anti-Tumorne- krosefaktor-Alpha-Substan- zen. Infliximab wird bei Mor- bus Crohn als Reservemedi- kament eingesetzt und ist mit Risiken verbunden, etwa er- höhtem Tuberkuloserisiko.
Beim 5-ASA-Präparat Sul- fasalazin ist die Trägersub- stanz Sulfapyridin Hauptaus- löser der Nebenwirkungen.
Unter Mesalazin kam es (sel- ten) zu Mesalazin-induzier- ten interstitiellen Nephriti- den. Olsalazin sei akut so gut wirksam wie die Genannten, und beim Remissionserhalt
„mindestens ebenbürtig“, be- tonte Prof. Manfred V. Singer (Klinikum Mannheim).
Diese Substanz erreiche zu 97 bis 99 Prozent ohne Re- sorption direkt das Kolon und werde dann zu 99 bis 100 Pro- zent im Stuhl ausgeschieden.
Die minimale systemische Ab- sorption der 5-ASA und ihrer Metaboliten erzeuge geringe- re Nephrotoxizität als bei ver- gleichbaren Präparaten. Um Nebenwirkungen zu minimie- ren (zum Beispiel abdominales
Brennen, Diarrhö), sollte Ol- salazin (Dipentum®) während der Mahlzeiten eingenommen werden, weder davor noch da- nach,und nicht zu hoch dosiert, wie vorher geschehen.
Bewährt haben sich an- fangs 2 bis 3 g täglich und zum Remissionserhalt 1,4 g. Selten kommt es zu Steigerungen von Serumkreatinin und Leber- werten. In einer Anwendungs- beobachtung von 240 Patien- ten mit Colitis ulcerosa über sechs Wochen kam es in nur zwei Prozent zum „Abbruch
wegen Nebenwirkungen“. Be- gleitmedikationen (oft orale Steroide) blieben während der Anwendungsbeobachtung erhalten. In wenigen Jahren könnte die Anti-Tumorne- krosefaktor-Alpha(Anti-TNF- alpha)-Substanz CDP 870 als zusätzliche Therapieoption bei chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen zur Ver- fügung stehen, erklärte Schrei- ber und zitierte Ergebnisse ei- ner internationalen Arbeits- gruppe aus Edmonton/Kana- da, Leuven/Belgien, Slough/
England und Kiel. In die Un- tersuchung einbezogen waren 300 vergeblich vorbehandelte Patienten mit aktivem Mor- bus Crohn.
Die Studie lief über zwölf Wochen. In bis zu 45 Pro- zent kam es unter der effek- tiven Dosis von 400 mg in
vierwöchigen Dosierungsin- tervallen zur Remission. Sub- kutane (Selbst-)Anwendung er- möglicht die Abgabe konstan- ter Anti-TNF-Mengen ins Blut.
Eine Bolus-Applikation da- gegen würde „alle vorhande- nen TNF platt machen“, be- tonte Schreiber.
Bei den Teilnehmern kam es zu gleich wenig Nebenwirkun- gen wie unter Placebo (vor allem Kopfschmerz in 13,2 Prozent, Verschlechterung des Morbus Crohn in 11,9 Prozent) und weder zu Lymphomen noch opportunistischen Infek- tionen, Tuberkulose oder gar Todesfällen. Wolfgang Sass
Pressekonferenz „Vom Klassiker Dipen- tum®zur Innovation CDP 870 – Celltech eröffnet neue Horizonte in der Behand- lung der CED“ in Hamburg, Veranstalter:
Celltech Pharma V A R I A
A
A360 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 66. Februar 2004
Morbus Crohn/Colitis ulcerosa
Von Therapie-Klassikern und Innovationen
Unternehmen
Einen Strategiewandel in der Behandlung der Hypertonie hat die Deutsche Hochdruckli- ga vollzogen. Nach vielen Jah- ren wurde das alte Stufensche- ma verlassen: Für die Anfangs-
behandlung der Hypertonie wird jetzt neben der Mono- therapie die niedrig dosierte Kombinationsbehandlung aus ACE-Hemmer plus Diureti- kum oder aus Betablocker
plus Diuretikum empfohlen.
Das Präparat Preterax®(Ser- vier), das 2 mg des ACE- Hemmers Perindopril und 0,625 mg des Thiazidanalo- gons Indapamid enthält, ist der einzige Vertreter dieses neuen Therapieprinzips in Deutschland.
Ein medikamentöser Ein- griff in mehrere Regulations- systeme ist aus physiologi- schen Gründen sinnvoll,da der Blutdruck multifaktoriell re- guliert wird und die mo- notherapeutische Anfangsbe- handlung aufgrund von phy- siologischer Gegenregulation häufig nicht ausreicht. Um neben einer effektiven Blut- drucksenkung auch eine gute Verträglichkeit zu gewährlei- sten, sollten initial die Kom- binationspartner in niedriger Dosierung eingesetzt werden.
Die Zulassung von Preterax erfolgte aufgrund eines welt- weiten Studienprogramms, das die Vorteile der niedrig do- sierten Fixkombination im Vergleich zur Monotherapie belegt. Danach normalisiert sich der Blutdruck bei 83 Pro- zent der Patienten bereits in- nerhalb der ersten drei Mona- te; bei acht von zehn Patienten bleibt der Blutdruck dauer- haft normalisiert – und das bei sehr guter Verträglichkeit. EB
Anfangstherapie der Hypertonie
Auch mit Fixkombination in niedriger Dosierung
Grafik
Antihypertensive Medikamentenbehandlung indiziert
Kombinationstherapie niedrig dosiert* (2 Medikamente) Monotherapie
(ggf. Dosissteigerung)
andere Monotherapie (ggf. Dosissteigerung)
Kombinationstherapie (2 Medikamente, Dosissteigerung)
Kombinationstherapie (3 Medikamente)
B
C A
A: Stufentherapie („stepped care“)
B: primäre niedrig dosierte Kombinationstherapie
C: sequenzielle Monotherapie (Wechsel des Monotherapeutikums bei Ineffizienz und Nebenwirkungen)
*Evidenzbasierte Daten liegen derzeit vor für Diuretikum + ACE-Hemmer und Diuretikum + Betablocker
Quelle:Deutsche Hochdruckliga