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Inhaltsverzeichnis

3.4 Zwischenfazit

Was wurde mit der bisherigen Analyse der Handlungslogik und der strukturellen Voraussetzun-gen gewonnen, wie lassen sich Corporate Citizenship und Global Governance systematisch verknüpfen?

Ausgehend von der Feststellung, dass Unternehmen in globalen Politiknetzwerken mit anderen gesellschaftlichen Akteuren interagieren (Kap. 2), wurde nach theoretischen Anknüpfungs-punkten für dieses Phänomen auf Seiten der Betriebswirtschaftslehre und der Internationalen Beziehungen gefragt, wobei die Handlungslogik von Unternehmen und das institutionelle Ge-rüst des internationalen Systems im Mittelpunkt standen.

Betriebswirtschaftslehre: Unternehmen suchen nach relationalen Renten – vor allem nach Handlungsspielräumen, die sie aus der Interaktion mit anderen Organisationen gewinnen kön-nen. Im Rahmen ihrer Sozialinvestitionen bzw. der Strukturgestaltung verfolgen sie gemeinsam mit anderen Akteuren kollektive Strategien – z.B. in Netzwerken. Auf diese Weise investieren sie in Sozialkapital und schließlich in soziale Ordnung (vgl. Abb. 4). Als Hypothese wurde for-muliert, dass die Beteiligung von multinationalen Unternehmen an globalen Politiknetzwerken ein empirisch verstärkt auftretendes Phänomen ist (vgl. H 1). Es wird angenommen, dass Netz-werke im Sinne einer „[i]nteractive and ‚[i]nstitutional [p]olicy“ (Elsner 2003, 27) bewußt

ein-3 Corporate Citizenship und Global Governance 40

gegangen und ausgestaltet werden. Windeler spricht in diesem Zusammenhang von „[r]eflexiver Vernetzung“59 (2001, 334). Soweit zur Handlungslogik.

Internationale Beziehungen: In der Perspektive von Global Governance-Ansätzen zeigt sich das internationale System als ein pluralistisches Mehrebenenregelsystem, in dem soziale Ordnung bzw. Regelsysteme polyarchisch errichtet und erhalten werden, und das geteilte Souveränitäten ausbildet (vgl. Abb. 4). Orte der dezentralen Errichtung und des Erhalts von sozialer Ordnung bzw. von Regelsystemen sind neben weiteren Governanceformen globale Politiknetzwerke. Als Hypothese wurde festgehalten, dass das internationale System durch die Herausbildung von Netzwerken zunehmend strukturpolitische Arenen für Unternehmen ausbildet (vgl. H 2), also vermehrt Strukturen der dezentralen Schaffung sozialer Ordnung entwickelt.

Abbildung 4 Corporate Citizenship, Netzwerke und Global Governance.

Corporate Citizenship Netzwerkgovernance Global Governance

Mikro Meso Makro

Unternehmen (Trisektorale)

Netzwerke als Governance-form

Internationales System als polyarchisches

Mehrebenenregelsystem

Sozialinvestition Sozialkapital

Handlungsoption 1. Ebene Handlungsoption 2. Ebene

Soziale Ordnung

Quelle 9 Eigene.

Es wird ersichtlich, dass das funktionale Bindeglied zwischen Corporate Citizenship und Global Governance in dem institutionellen Arrangement des Netzwerks liegt. Netzwerke stellen in die-ser Situation eine Governanceform dar, um jenseits herkömmlicher Rollenteilung qua kollekti-ver Selbstbindung dezentral Steuerungsleistungen zu erbringen.60 Dabei ist ein qualifiziertes Netzwerkverständnis zentral: Netzwerke müssen als Sozialkapital wirksam werden (vgl. Abb.

59 Reflexive Vernetzung meint, dass heute auf Netzwerke als Form sozialer Beziehungen und als Alterna-tive zu Markt und Hierarchie zurückgegriffen wird. Es wird – so Windeler – mit traditionalen Auslegun-gen interorganisationaler BeziehunAuslegun-gen gebrochen. Intersektorale BeziehunAuslegun-gen befinden sich in diesem Sinne noch in den Anfängen reflexiver Vernetzung.

60 Zur systematischen Vermittlung von Corporate Citizenship und Global Governance durch Netzwerke vgl. auch Habisch 2003, 183-185.

EbeneAnalyseeinheitHandlungslogik

Strukturation

3 Corporate Citizenship und Global Governance 41

4), was im weiteren Verlauf der Arbeit verdeutlicht wird (vgl. Kap. 3.4). Nur als solche besitzen sie den entsprechenden Bindungsgrad, um Ordnungsstrukturen zu etablieren und damit Hand-lungsoptionen zu realisieren.

Vor der Folie der sozialtheoretischen Annahme der Dualität von Struktur, können globale Poli-tiknetzwerke als Orte bzw. Mechanismen der Strukturation verstanden werden, da in ihnen durch kollektive Selbstbindung die Strategien einzelner Akteure zu gemeinsamen sozialen Praktiken mit einer gewissen Zeit-Raum-Kontinuität werden. In dieser Hinsicht fungieren Netzwerke als „Mikro-Makro-Scharniere“ und sind demnach auf der Mesoebene angesiedelt.

Auf der Ebene substantieller Theorien wird die Lücke zwischen Management- und Steuerung-stheorien durch die bislang eher multidisziplinäre Netzwerkforschung gefüllt, die zu einem Großteil auf Interorganisationstheorien fußt:

„Interorganization theory is considered to be an important nexus between the institutional arrangements in international relations and the enhanced roles of international organizations [z.B.

multinationale Unternehmen, d.V.]“ (Obser 1999, 99).

Mit der im weiteren Verlauf einzunehmenden „meso-analytical perspective of interorganizatio-nal networks as ‚structures of action‘“ (ebd., 110) wird die Brücke zwischen Corporate Citi-zenship als Sozialinvestition und Global Governance im Sinne polyarchischer Regelsysteme durch ein qualifiziertes Netzwerkverständnis theoretisch weiter fundiert, um ein grundlegendes Verständnis der Funktionsweise von Netzwerken zu gewinnen, auf dessen Basis letztendlich Gestaltungsempfehlungen gegeben werden können.

Netzwerkgovernance:

Strukturmerkmale, Effektivität und Legitimität

Das vorliegende Kapitel fokussiert mit einem „Mesoblick“ auf globale Poli-tiknetzwerke. Diese werden auf der Suche nach Strukturmerkmalen und in Rekurs auf die Netzwerkforschung theoretisch fundiert. Der strukturationstheoretische Netzwerkansatz wird vor dem Hintergrund der oben genannten metatheoretischen Annahmen und in Abgrenzung zu alternativen und weit verbreiteten Ansätzen der Netzwerkforschung als geeignete Netzwerktheorie gewählt. Auf dem Fundament des strukturationstheoretischen Netzwerkansatzes lassen sich Netzwerke als So-zialkapital betrachten, womit die theoretische Brücke zwischen Corporate Citi-zenship und Global Governance geschlagen werden kann und ein qualifiziertes Netzwerkverständnis vorgelegt wird, das die Notwendigkeit von Netzwerkregula-tion verdeutlicht.

Anschließend wird ein Chancen- und Risikoprofil von globalen Politiknetzwerken hinsichtlich Effektivität und Legitimität ermittelt. Dabei bezieht sich das Effekti-vitätskriterium – den bisherigen funktionalen Überlegungen folgend – auf die kol-lektive Handlungsfähigkeit und damit Sozialkapitalintensität von Netzwerken. Die Legitimitätskriterien werden auf der Basis demokratietheoretischer Überlegungen als normative „Nebenbedingungen“ eingeführt. Auf diesem Weg ergeben sich hinsichtlich Effektivität und Legitimität jeweils eine Hypothese zur Chancen- und zur Risikodimension globaler Politiknetzwerke als Instrument von Corporate Citi-zenship-Strategien. Die gewonnenen Hypothesen werden im darauffolgenden Ka-pitel getestet.

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4 Netzwerkgovernance: Strukturmerkmale, Effektivität, Legitimität

Im Dokument Jonas Meckling NETZWERKGOVERNANCE (Seite 40-44)