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Regierungen: Responsibility und Accountability

Im Dokument Jonas Meckling NETZWERKGOVERNANCE (Seite 93-96)

Inhaltsverzeichnis

5.5 Partnerschaften: Meinungslandschaft

5.5.3 Regierungen: Responsibility und Accountability

In Linie mit der grundsätzlichen UN-Partnerschaftspolitik unter Kofi Annan sieht auch der Plan of Implementation vor:

„[T]he implementation should involve all relevant actors through partnerships, especially Governments of the North and South, on the one hand, and between Governments and major groups, on the other, to achieve the widely shared goals of sustainable development“ (UN 2002, 8).

Während der Ansatz allgemeine Zustimmung genießt, sind die USA und die EU die stärksten Befürworter des Ansatzes. Der Beitrag des Privatsektors liegt der Resolution 56/76 zufolge in

„mobilizing the resources needed to finance their [developing countries] sustainable development, and to the realization of the development goals of the United Nations through, inter alia, financial

139 Gegenwärtig existieren schon 14 Konventionen zur internationalen Haftungspflicht von Unternehmen.

Aber sie werden, so Marcelo Furtado von Greenpeace, kaum in Anspruch genommen (vgl. Hamann/Acutt 2003, 37).

140 Die größte Demonstration während des WSSD wurde von südafrikanischen Aktivisten ins Leben geru-fen und stellt den ersten Protestmarsch gegen die UN selbst und den wirtschaftsfreundlichen Gipfel dar.

141 Utting betont, dass konfrontative und kooperative Strategien komplementär sind. Aus historischer Perspektive, so Utting, seien allerdings staatliche Regulation, Bargaining und NGO-Protest die zentralen Antriebskräfte für die Umsetzung von Sozial- und Umweltstandards gewesen (Utting 2000b, 31,34).

5 Netzwerkgovernance am Beispiel des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung 93 resources, access to technology, management expertise, and support for programmes...“ (UNGA 2002).

Ressourcenmobilisierung und -pooling gelten in der internationalen Debatte als größte Vorteile von Partnerschaften bzw. Netzwerken. Eher unterrepräsentiert ist die Sichtweise, dass Netzwer-ke über Lernprozesse zu neuen sozialen PraktiNetzwer-ken führen können:

„Through continuous interaction these networks permit mutual learning at each step of the process towards implementation, thus broadening the basis of consensual knowledge and opening ways towards far-reaching processes of change“ (2003, 54),

so Hans Peter Schipulle, Abteilungsleiter im deutschen Entwicklungsministerium. Das Gros der Staatengemeinschaft sah zu Beginn des WSSD-Prozesses nicht die Notwendigkeit, eine politi-sche Rahmenordnung für Partnerschaften bereit zu stellen, die die Effektivität und Legitimität verbessern könnte. Auf den erheblichen Druck der NGOs hin wurden informelle Gespräche aufgenommen, die parallel zu den zwischenstaatlichen Verhandlungen und unter Beteiligung der Major Groups „Guiding Principles“ erarbeiteten. Dieses Vorgehen erfuhr Unterstützung durch die Kritik einiger Staaten an dem Versuch der US-geführten JUSCANZ-Gruppe142, mul-tilaterale Ergebnisse durch Type 2-Vereinbarungen in den Hintergrund zu drängen, also das Kohärenzproblem erst gar nicht aufkommen zu lassen. Die norwegische Entwicklungsministe-rin dazu:

„Why are we here if the only tangible results from the Johannesburg process will be type 2 partnership initiatives ... putting „green paint“ on old projects, or launching new ones primarily directed towards show-offs“ (in: Hamann/Acutt 2003, 34).

Auf der PrepCom IV wurden schließlich elf sehr weit gefaßte Kriterien für die Gestaltung von Partnerschaften formuliert, anhand derer die CSD letztendlich Partnerschaften als offizielle erklärte oder ablehnte: (1) Die Ziele der Partnerschaften müssen sich an den intergouvernemen-talen Resultaten des WSSD, der Agenda 21 und den Millennium Development Goals ausrich-ten, (2) Partnerschaften sind freiwilliger Natur und basieren auf Selbstorganisation, gegenseiti-gem Respekt und geteilten Verantwortungen, (3) Partnerschaften müssen in multilateral verhan-delten Ergebnissen verankert sein, (4) alle drei Nachhaltigkeitsdimensionen sollen integriert werden, (5) Partnerschaften sind nach dem Stakeholder-Modell partizipativ zu gestalten, (6) Transparenz und Accountability sollen durch Kontrollmechanismen und freiwillige Berichter-stattung gewährleistet werden, (7) Partnerschaften benötigen klare Zielformulierungen und Rollenverteilungen, (8) die Finanzierung muss gesichert sein, (9) sie müssen Mehrwert schaffen anstatt Ressourcen umzuverteilen, (10) lokale Gemeinschaften müssen beteiligt werden, der Einfluß sollte international sein, (11) die CSD soll als Plattform für Austausch über Erfahrungen und Fortschritte dienen (vgl. Kara/Quarless 2002, 1-3).

142 JUSCANZ umfasst Japan, die USA, Kanada, Australien und Neuseeland.

5 Netzwerkgovernance am Beispiel des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung 94

Dieser Katalog benennt eine Reihe kritischer Größen für Netzwerkgovernance, verfehlte aber schon im WSSD-Prozess aufgrund seiner breiten Kriteriendefinition seine Wirkung. Viele der 228 offiziellen Partnerschaften, die nach eben diesem Katalog ausgesucht worden waren, gelten Beobachtern sowohl aus NGOs als auch aus Regierungen als ineffektiv und/oder illegitim (vgl.

Malloch-Brown 2002).

Neben der Formulierung von Richtlinien nahmen Regierungen indirekt Position zu der Legiti-mität strukturpolitischen Handelns in Netzwerken, indem sie die Themen Corporate Social Re-sponsibility und Corporate Accountability in den Plan of Implementation aufnahmen. Die ge-samten Verhandlungen gestalteten sich höchst strittig und erst in den letzten Stunden wurde ein Kompromiß gefunden. JUSCANZ und die EU befürworteten Corporate Responsibility, die in der G77-Gruppe organisierten Entwicklungsländer und Norwegen forderten hingegen starke Formulierungen hinsichtlich Corporate Accountability. Nachdem jede Zeile, jedes Wort und Komma verhandelt worden war, wurden Referenzen in drei Kapiteln beschlossen.

Aussagen des Plan of Implementation zu Corporate Citizenship:

Chapter III: Changing unsustainable patterns of consumption and production

„18. Enhance corporate environmental and social responsibility and accountability. This would include actions at all levels to:

(a) Encourage industry to improve social and environmental performance through voluntary initiatives, including environmental management systems, codes of conduct, certification and public reporting on environmental and social issues, taking into account such initiatives as the International Organization for Standardization standards and Global Reporting Initiative guidelines on sustainability reporting, bearing in mind principle 11[143] of the Rio Declaration on Environment and Development;

(b) Encourage dialogue between enterprises and the communities in which they operate and other stakeholders;

(c) Encourage financial institutions to incorporate sustainable development considerations into their decision-making processes;

(d) Develop workplace-based partnerships and programmes, including training and education programmes“ (UN 2002).

Chapter V: Sustainable development in a globalizing world

„49. Actively promote corporate responsibility and accountability, based on the Rio principles, including through the full development and effective implementation of intergovernmental agreements and measures, international initiatives and public-private partnerships and appropriate national regulations, and support continuous improvement in corporate practices in all countries“ (UN 2002)

143 Prinzip 11 der Rio-Deklaration verlangt eine effektive Umweltgesetzgebung, die den unterschiedlichen Entwicklungsstand reflektiert.

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Chapter XI: Institutional framework for sustainable development

„140 (f) Promote corporate responsibility and accountability and the exchange of best practices in the context of sustainable development, including, as appropriate, through multi-stakeholder dialogue, such as through the Commission on Sustainable Development, and other initiatives“ (UN 2002).

Die Paragraphen in Kapitel III und XI entsprechen dem Verständnis von Corporate Social Re-sponsibility und fordern die Fortführung und den Ausbau bisheriger Praxis. Paragraph 49 stellt sich anders dar: „This paragraph is considered ‚one of the bright spots in an otherwise disap-pointing WSSD‘“ (2002b), meint Ramaswamy Iyer vom Third World Network stellvertretend für die NGO-Position. Dieser Paragraph deutet einen Kompromiß – wenn auch noch keine Synthese – der Unternehmens- und der NGO-Position an, indem die CSR-Position um einen rechtebasierten Ansatz der Corporate Accountability ergänzt wird. Insbesondere der Terminus

„full development ... of intergovernmental agreements“ öffnet die Tür für eine Konvention zu Corporate Accountability.

Auf den Punkt gebracht, betont die Regierungsposition zur Effektivität und Legitimität von Netzwerken deren Beitrag zur Politikimplementation durch Ressourcenmobilisierung. Die Risi-kodimension sowohl hinsichtlich Wirksamkeit und demokratischen Status wird relativ ver-nachlässigt. Mit den „Guiding Principles“ und vermehrt mit der langfrisitigen Perspektive einer internationalen Konvention zu Corporate Accountability deutet sich ein synthetischer Ansatz der Regierungen in Bezug zu Netzwerkgovernance an. Synthetisch insofern, als konvergierende Rollenverständnisse und Legitimitätskonzeptionen zusammengeführt, die Chancen genutzt und die Risiken reduziert werden könnten.

Im Dokument Jonas Meckling NETZWERKGOVERNANCE (Seite 93-96)