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Inhaltsverzeichnis

6.4 Evaluation

Evaluationskriterien und Praktiken deren Umsetzung, Überwachung und Sanktionierung sind elementare Bausteine eines Netzwerkes, geht es doch um „allgemeine Bedingungen der Aneignung der Resultate und des Verhältnisses von Beitrag und Nutzen“ (Windeler 2001, 254).

Evaluation unterstützt die Herausbildung der Reziprozitätsnorm, da Trittbrettfahrer identifiziert werden, kontrolliert die Effektivität des Netzwerkhandelns, trägt zu dessen Transparenz bei und kann, wenn sie mit Sanktionierungsmechanismen ausgerüstet ist, die politische Verantwortlich-keit der Netzwerkakteure erhöhen.

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Evaluationskriterien

Theoretisch wie praktisch noch ganz in den Anfängen172, sind doch zwei Gruppen von Evaluati-onskriterien identifizierbar: Prozess- und Ergebnisindikatoren (vgl. Creech/Willard 2002, 20).

Hinsichtlich der Ergebnisindikatoren werden – vor allem von BPD – Kosten-Nutzen-Analysen vorgeschlagen (vgl. Acutt et al. 2001). Die Online-Konsultation im Rahmen des WSSD ergab weiter, dass gerade auch Verhaltensänderungen (soziale Praktiken, Regeln) Gegenstand der Evaluation seien sollten (vgl. Creech/Willard 2002, 19). In einer ersten Skizze sollte die Eva-luation folgende Bausteine umfassen:

Allgemeines

• Typ und Funktion des Netzwerks

• Repräsentation: Wer ist beteiligt? Wie wurden die Selektionskriterien festgelegt?

Prozedurale Evaluation

• Capacity building: Welche Maßnahmen wurden ergriffen, um ein „equal playing field“ zu schaffen?

• Allokationsregeln: Welche? Wie wurden sie festgelegt?

• Kommunikation und Netzwerkkultur Ergebnisevaluation

• Grad der Zielerreichung

• Kosten/Nutzen-Analyse

• Negative und unerwartete Resultate (Netzwerkeffekte und Netzwerkversagen)

• Verhaltens- und Meinungsänderungen Schlussfolgerungen

• Schlüsselerfolge

• Drängende Probleme

• Nächste Schritte (vgl. Warner 2000, 11; vgl. Witte et al. 2003, 79-80) Monitoringinstanz

Abgesehen von der Bestimmung der Evaluationskriterien muß die Monitoringinstanz definiert werden. Monitoring wird weithin als zumindest funktionale Notwendigkeit von Netzwerken gesehen (vgl. Creech/Willard 2002, 19). Wie sie aber in der Umsetzung auszusehen hat, schei-det die Geister. Idealiter sind auch für das Monitoring drei in der politischen Auseinanderset-zung konfligierende Ansätze in Bezug zur Governance von Netzwerken zu unterscheiden: (1) reine Selbstregulierung (nur Unternehmen), (2) zivile Regulierung173 (Unternehmen-NGO)

172 Vgl. auch die Beiträge zur „4th World Bank Conference on Evaluation and Development: The Part-nership Dimension“, Juli 2001 (http://www.worldbank.org/html/oed/partPart-nershipconference/index.html, 06.05.2003).

173 Zivile Regulierung, also Unternehmen-NGO-Netzwerke, sind auch eine Form der Selbstregulierung.

Die Unterscheidung von Schulz/Held 2001 verschafft im Begriffsdschungel Klarheit: Es werden impera-tive Steuerung (Ordnungspolitik), Selbstregulierung (Unternehmen oder Unternehmen-NGOs) und regulierte Selbstregulierung (Staat-Unternehmen/NGO) unterschieden.

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(Bendell 2000, 18) und (3) regulierte Selbstregulierung (Staat-Unternehmen/NGO) (Schulz/Held 2001). Während sich diese Klassifizierung originär auf die Zusammensetzung des Netzwerks bezieht, lässt sie sich auch auf die Form der Kontrolle übertragen. Der erste Ansatz präferiert die Selbstevaluation und -kontrolle des Netzwerks, ist am weitesten verbreitet und wird meist über ein Steering Committee organisatorisch umgesetzt (vgl. Ivanova 2003, 22).

Zivile Regulierung meint das externe Monitoring durch NGOs174. Regulierte Selbstregulierung sieht schließlich staatliche bzw. zwischenstaatliche Organe als kontrollierende Dritte vor. Am prominentesten sind hier Konzepte, die die CSD als Monitoring-Body einsetzen wollen. Aus legitimatorischen Gründen ist eine externe Evaluation in Form ziviler Regulierung oder regu-lierter Selbstregulierung anzustreben. In der Praxis sind es allerdings nur eine handvoll Netz-werke, wie z.B. die von UNEP gegründete Initiative International Coral Reef Action Network, die externe Evaluation betreiben. Eine Mischung aus interner und externer Evaluation wäre z.B.

ein Multi-Stakeholder Business Example Review Board, wie es vom UN Global Compact Of-fice für den weiteren Ausbau der Governancestruktur vorgesehen ist (vgl. Kell/Levin 2002, 25).

Berichtssystem

Neben der Definition von Kriterien und der Bestimmung einer unabhängigen Monitoringinstanz verlangt der Evaluationsprozess, dass die Ergebnisse der Öffentlichkeit auf dem Wege der Be-richterstattung zugänglich gemacht werden. Dies dient zum einen der Ex-post-Legitimierung (vgl. Benner et al. 2003, 46), aber auch um Netzwerkergebnisse in weitere Kontexte hinein zu transportieren (z.B. Standards). Zum Teil berichten Unternehmen in ihren Umwelt- oder Nach-haltigkeitsberichten über Netzwerkaktivitäten (z.B. Novo Nordisk) (vgl. Nelson/Zadek 2000, 46). Es kristallisiert sich aber auch ein eigener Berichtstyp, nämlich „Netzwerkberichte“, her-aus. Die Ethical Trading Initiative hat sich beispielsweise zu jährlicher Berichterstattung ver-pflichtet. In ihrem Jahresbericht 2001/2002 „Raising the stakes“ legt sie quantifiziert offen, inwieweit es den Mitgliedsunternehmen gelungen ist, minimale Arbeitsstandards in ihren Supply Chains umzusetzen; Prozessindikatoren finden sich hingegen nicht. 175

Sanktionierung

Monitoring – internes allemal – und Berichterstattung treffen weitgehend auf politischen Wil-len. Der potentiell nächste Schritt, Sanktionen, wird aber fast ausschließlich von NGOs befür-wortet. An dieser Thematik entscheidet sich auch die grundsätzlichere Frage, welche Intensität der Bindungen gewollt ist. Lose Netzwerke, wie der UN Global Compact gegenwärtig eines ist, dienen dem Informationsaustausch und der Kommunikation von Best Practice. Dies entspricht dem ursprünglichen Konzept von Annan. Soll ein Netzwerk jedoch über die Funktion des

174 Sascha Müller-Kraenner von der Heinrich-Böll-Stiftung sieht diese Aufgabenzuweisung für NGOs kritisch. So würden Ressourcen eingesetzt, die für die direkte Beeinflussung des politischen Prozesses gebraucht würden (Anwaltschaft statt Kontrolle) (vgl. 2003, 57).

175 Vgl. http://www.ethicaltrade.org/pub/publications/ann-rep/2001_en/eti-annrep01-02.pdf, 05.05.2003.

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nens hinaus zu kollektivem Handeln führen – und viele gegenwärtige Netzwerke leisten dies, muss es sich als soziales Kapital konstituieren. Dies schließt den Untersuchungen Ostroms zu-folge Mechanismen der Sanktionierung ein, um Trittbrettfahrerverhalten zu unterbinden. Nur ein Netzwerk als soziales Kapital, also mit starken Bindungen, kann als Steuer- und Regulie-rungsinstrument fungieren. Die Crux dabei: Das Problem der großen Zahl wird akut. Sollte der UN Global Compact zum Regulierungsinstrument mit Sanktionsmechanismen ausgeweitet wer-den, wäre – so vermutet Habisch – das Etappenziel von 1000 Mitgliedern bis 2003 unrealistisch (vgl. 2003, 189). Am Design der Evaluations- und Sanktionsmechanismen stellt sich folglich die Frage, ob das Netzwerk als Lernforum, sozusagen als Metaebene von Steuerungsinstru-menten der Global Governance, oder als direkter Regulierungsmechanismus wirksam werden soll, in besonders dringender Form.176 Die Online-Konsultation zu Partnerschaften ergab, dass Netzwerke von ihren Akteuren und Theoretikern mehrheitlich als feste Bindungen verstanden werden (vgl. Creech/Willard 2002, 12). Da de facto Verhandlungsnetzwerke Soft Law produzie-ren und sich Implementierungsnetzwerke am realen Politikvollzug beteiligen, also originär öf-fentliche Aufgaben erfüllen, sind Sanktionsmechanismen durchaus in Betracht zu ziehen. Zumal sie helfen könnten, die Problematik der politischen Verantwortlichkeit und des Trittbrettfahrer-verhaltens zu mindern.

Im Dokument Jonas Meckling NETZWERKGOVERNANCE (Seite 110-113)