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4. Eigene Untersuchung

4.1 Zielsetzung und methodisches Vorgehen

Ziel meiner Untersuchung ist es, durch eine quantitative Befragung zu prü-fen, ob sich die durch die Schulleitungsforschung herausgearbeiteten füh-rungsrelevanten Handlungsdimensionen in der Selbsteinschätzung der niedersächsischen Schulleiterinnen und Schulleiter wieder finden lassen.

In einem zweiten Untersuchungsteil soll anhand qualitativer Interviews rekonstruiert werden, an welchen Dimensionen die Schulleiterinnen und Schulleiter sich innerhalb ihrer Berufsauffassung orientieren:

• Welches Führungsverständnis ist für die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter bedeutsam? Welche Führungsverständnisse wer-den im empirischen Material deutlich, gibt es ein dominantes Füh-rungsverständnis?

• Auf welches Wissen über die Organisation von Schule greifen die befragten Schulleiterinnen und Schulleiter bei ihrer Tätigkeit zurück bzw. welches Verständnis von Organisation wird in ihren Berufsauf-fassungen sichtbar?

• Welches pädagogische Professionswissen ist für sie handlungs-leitend bzw. auf welches Professionswissen greifen sie zurück?

Die Untersuchung in Form einer quantitativen Befragung orientiert sich an den bereits gewonnenen Erkenntnissen anderer Untersuchungen, so un-tersuchte Wissinger (1996) mit einem standardisierten Fragebogen das Selbstverständnis von 196 Schulleiterinnen und Schulleitern aller Schul-formen in Bayern unter der Perspektive des Führungshandelns. Wichtigs-tes Ergebnis war hier, dass Schulleiterinnen und Schulleitern ihr schuli-sches Führungshandeln auf die Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungsarbeit fokussieren und damit auf der Individualebene verhaftet bleiben, anstatt ihre Schule auf der Systemebene zu lenken.173

Bonsen (2002) untersuchte in Nordrhein-Westfalen die Wirksamkeit von Schulleitung und ermittelte dabei fünf Bedingungsbereiche einer gelunge-nen Führungskonzeption: Zielgerichtete Führung, Innovationsbereitschaft und Organisationskompetenz sowie Management der sozialen Beziehung und Partizipation an Entscheidungsfindungen. Diese ermittelten Dimensi-onen, die auch durch die Schulqualitätsforschung bestätigt worden sind, sollen nun zunächst auf ihre Relevanz in der Selbsteinschätzung der Schulleiterinnen und Schulleiter dieser Stichprobe überprüft werden.174 Daher wurde in einem ersten Schritt eine standardisierte quantitative Schulleiterinnen/ Schulleiter-Befragung durchgeführt. So konnten Hand-lungsdimensionen der Schulleiterinnen und Schulleiter mit Hilfe von Korre-lationsanalysen exploriert werden. Dadurch konnten erste Hinweise auf die Berufsauffassungen gewonnen werden, die dann durch die qualitative Befragung differenziert herausgearbeitet wurden.

Mit dem skizzierten Vorgehen wird eine Verknüpfung eines quantitativen Verfahrens mit einer qualitativen Analyse des Interviewmaterials möglich.

Die Kombination beider Auswertungsstränge sollte vertiefende Erkennt-nismöglichkeiten bieten. Das Ziel war die Rekonstruktion subjektiver Deu-tungsmuster der Schulleiterinnen und Schulleiter. Dagegen sollten nicht die Effekte ihrer Handlungen überprüft werden, wie es sich die Wirksam-keitsforschung zur Aufgabe gemacht hat.

173 Vgl. Wissinger 1996, 169-170.

174 Vgl. Bonsen 2002, 75f

4.1.1 Fragestellung

a. Durch den standardisierten Fragebogen soll geklärt werden, ob sich bei niedersächsischen Schulleiterinnen und Schulleitern die füh-rungsrelevanten Dimensionen: Zielgerichtete Führung, Innovations-bereitschaft, Organisationskompetenz, Management der sozialen Beziehung und Partizipation der Entscheidungsfindung abbilden lassen. Wenn dies nachgewiesen werden kann, dann kann das als ein Hinweis dafür angesehen werden, dass einem „effektiven“ Füh-rungsverständnis zumindest zugestimmt wird. Interessant ist in die-sem Zusammenhang die Beantwortung der

Items, die nicht nur nach Zielen fragen, sondern auch nach der Be-reitschaft, sich für die konkrete Umsetzung dieser Ziele einzuset-zen. Des Weiteren wird der Fragekomplex Schulentwicklung nicht nur Aufschluss über die Befürwortung oder Ablehnung von Innova-tionen geben, sondern auch die Rolle der Schulleiterin/ des Schul-leiters in diesem Prozess aufzeigen. Daneben sollen die Berufszu-friedenheit und das Belastungsempfinden der Schulleiterinnen und Schulleiter erfragt werden.

b. Die leitfadengestützen qualitativen Interviews sollen einerseits ver-tiefenden und differenzierten Aufschluss über die in der Handlungs-praxis zum Tragen kommenden Handlungsdimensionen, wie sie im Fragebogen erfragt wurden, geben. Andererseits soll aufgrund the-oretischer Vorüberlegungen die Berufsauffassung der Schulleiterin-nen und Schulleiter ermittelt werden und geprüft werden, ob sich eine verallgemeinerbare berufsspezifische Berufsauffassung be-schreiben lässt.

4.2 Triangulation

Der Begriff der Triangulation bezeichnet im Kontext der Sozialforschung die Betrachtung eines Forschungsgegenstandes aus zwei unterschiedli-chen Perspektiven. Durch die Triangulation (verschiedener Methoden oder verschiedener Datensorten) soll ein Erkenntniszuwachs möglich werden, also beispielsweise Kenntnisse auf unterschiedlichen Ebenen gewonnen werden, die weiter reichen, als es mit einem Zugang möglich wäre.175

In der Diskussion um qualitative Forschung hat die Triangulation in den 70er Jahren durch die Konzeptualisierung von Denzin (1970) starke Be-achtung gefunden. Denzin (1970) unterscheidet verschiedene Formen der Triangulation: „Data-Triangulation“ bezeichnet die Einbeziehung unter-schiedlicher Datenquellen in Abgrenzung zur Verwendung unterschiedli-cher Methoden der Hervorbringung von Daten.176 Als zweite Form nennt Denzin (1970) die „Investigator Triangulation“, hier werden unterschiedli-che Beobachter oder Interviewer eingesetzt, um Verzerrungen durch die Person des Forschers zu vermeiden. Der dritte Typ ist die „Theorien-Triangulation“. Die Theorien-Triangulation stellt unterschiedliche theoreti-sche Sichtweisen auf den Forschungsgegenstand nebeneinander.

Die vierte Form, die „methodologische Triangulation“ entweder innerhalb einer Methode (within-method) oder von verschiedenen Methoden

175 Vgl. Flick 2004,12.

176 Vgl. Denzin 1970, 301.

ween-method) findet die stärkste Beachtung und soll nachfolgend erläutert werden.

4.2.1 Methodologische-Triangulation

Die Methodologische-Triangulation kann sowohl als Triangulation inner-halb einer Methode (within-method), zum Beispiel die Verwendung ver-schiedener Subskalen in einem Fragebogen, als auch als Triangulation zwischen verschiedenen Methoden (between-method) durchgeführt wer-den.

Mit der zweiten Form, also der Kombination zweier Methoden, wird nach Denzin (1970) Auffassung die Reliabilität der Ergebnisse einer Untersu-chung gesteigert. Gerade an diesem Punkt setzt die Kritik an Denzins Konzeptualisierung an. Silvermann (1985) verweist auf die Reaktivität von Methoden, denn jede Methode konstituiert den Gegenstand, der mit ihr erforscht wird, auf spezifische Weise.177 Bei der Kombination zweier Me-thoden, zum Beispiel qualitativer und quantitativer Verfahren, kann nicht unbedingt davon ausgegangen werden, dass jeweils der eine Ansatz die gleichen Erkenntnisse erbringt wie der andere bzw., dass bei Diskrepan-zen der Ergebnisse das eine oder andere Resultat damit widerlegt wird.

Als Konsequenz dieser Diskussion wird eine eher pragmatischere Umge-hensweise mit der methodologischen Triangultaion praktiziert, so schlägt Lamnek (1988) vor, die Erwartungen an Triangulation realistischer anzu-setzen, da er davon ausgeht, dass übereinstimmende Ergebnisse nicht zu erwarten seien, wenn Methoden von unterschiedlicher Qualität eingesetzt werden. Die Ergebnisse können sich aber gegenseitig ergänzen.178