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4. ORIENTIERUNG AN DER ANTIKE

4.3. Griechische Götter

4.3.3. Zeus

Umfaßt die Alpha-Omega-Symbolik die gesamte Welt, so trägt Hera in sie ein:

die gegenseitige Erfülltheit in der Liebe, die Rückbindung an die Natur und ihre Kräfte ständiger Erneuerung.

in dem die Trompeten zur Hochzeit riefen, eine Vorausdeutung auf den Schluß des Lustspiels. Der vierte Akt spielt ein Jahr später: Die Mosaiken sind fertig, Ursus hofft auf die Ankunft der Geflohenen. Doch da wird bekannt, daß Kaiser Julian ge-storben ist und Jovian, ein Christ, die Herrschaft im Reich übernehmen wird. Den erneuten Rat, um der Kinder willen die Bilder zu beseitigen, lehnt Ursus entschie-den ab: "Jetzt entschie-denk ich an Zeus! Und Zeus bleibt- oder ich gehe!" Im fünften Akt benutzt der christliche Diakon Paphnutius die Bilder zu Verdächtigungen und Dis-kriminierungen, bis schließlich Justinus und Lucina zurückkehren, die Schurken ver-trieben werden, ein weiteres Paar zusammengegeben und ein großes Hochzeitsfest gefeiert wird. Die Zeusdarstellungen bleiben erhalten, Honoria bekommt das Zuge-ständnis kleiner Veränderungen, die ihr bürgerliches Schamgefühl berücksichtigen.

Mit der Wahl des Ortes der Handlung, Trier, kann Andres wieder an eigene Erinnerungen und Erfahrungen anknüpfen. Als Zeit wählt er das 5. Jahrhundert, den Versuch des Kaisers Julian, die antike Religion wieder zu beleben. Diese Tatsache bildet die Grundlage, ergänzt durch andere historische Daten wie die Einschränkung der Lehrberufe, die erneute Wende nach Julians Tod. Doch bemüht sich Andres darüber hinaus nicht um historisch-individualisierende Darstellung, die Gestalten sind eher typenhaft. Zudem wird das Zeitkolorit an einigen Stellen um der komischen Wir-kung willen bewußt durchbrochen.

Betrachtet man die Figurenkonstellationen, so fällt auf, daß sich auf Seiten der Anhänger der alten Religion glaubwürdige und aufrichtige Personen befinden, während auf christlicher Seite, abgesehen von den Familienmitgliedern des Ursus, die negativen Figuren agieren, sei es der Intrigant Simon oder der Vertreter der Kirche Paphnutius. Auch das Vorgehen Julians wird als Akt der Umerziehung eines Volkes verständlich gemacht, während auf christlicher Seite der Aspekt der Macht dominiert.

Geht man der Frage nach, was das Christentum eigentlich den Menschen vermittelt hat, so wird hier vorgeführt, daß der Umgang der Menschen miteinander dadurch nicht besser und gerechter geworden ist, es hat sich lediglich eine neue Macht etabliert, die Kirche. Welche neuen Orientierungen sich für die Menschen ergeben haben, zeigt sich in Ansätzen bei Lucina und Justinus, die aber auch nicht die Aufgabe haben, das Neue zu erläutern, sondern es mit dem alten zu verbinden. Als Deutung bietet sich an, daß der Wandel von der alten zur neuen christlichen Religion als ein historisches Gesetz anerkannt wird und es jetzt nur darum geht, die Kontinuität und den Zusammenhang aufzuweisen.

Diese Position vertritt vor allem Justinus, der die Tradition achtet, weil er die Vergangenheit für ein rechtmäßiges Erbgut hält, ohne das das Christentum ärmer wäre.

Neben den ethischen Werten der Aufrichtigkeit und der Toleranz, wie sie der Heide

Ursus lebt, ist vor allem der ästhetische Bereich gemeint; die Notwendigkeit der Schönheit muß aus der antiken Vergangenheit gelernt werden.

Der Streit entzündet sich an den Bildern. Dabei sind diese nicht als individueller Ausdruck einer Persönlichkeit gemeint im Sinne modernen Kunstverständnisses, ent-scheidend sind ihre Motive, das, was sie der Anschauung zu bieten haben. Denn Telesphorus ist kein Künstler, sondern ein Dekorateur, der sich den jeweiligen Moden und politischen Gewalten anpaßt. Von ihm stammt auch der Vorschlag,

"zwiegläubige" Bilder zu schaffen, in denen Christen wie Heiden jeweils das ihnen Zuträgliche sehen können. Als Beispiel wird u.a."Leda mit dem Schwan" genannt, wobei der Schwan so zu gestalten wäre, daß er auch für eine Taube gehalten werden kann; Leda wäre dann als Maria zu deuten. Die Zwiegläubigkeit wird als Ausdruck von Charakterlosigkeit bezeichnet.

Die Bilder stehen nicht nur für religiöse Probleme. Andres geht es auch darum aufzuweisen, wie sich Menschen beim Wechsel der politischen Kräfte verhalten, wobei ein Nachgeben um der Liebe willen zulässig erscheint, der egoistische Oppor-tunismus aber demaskiert und kritisiert wird. Wichtig ist auch die Verteidigung des Privaten gegen jeglichen Einfluß äußerer Mächte, auch den der Kirche. Der Bezug zu zeitgenössischen Entwicklungen im politischen Bereich ist unüberhörbar.

Innerhalb der Motivführung, die an Andres' epische Werke erinnert, dominiert das der Hochzeit. Es ist im Hochzeitssaal mit den umstrittenen Bildern gegenwärtig als Ort des Geschehens, in den Bildern als Auslöser der Konflikte, die Hochzeit schließ-lich ist Symbol für die Versöhnung der Religionen. Ursus legt auf die Darstellung der Hochzeiten des Zeus Wert, weil er darin die bewegende, gestaltende und sich verwan-delnde Kraft des höchsten Gottes sieht. Justinus erblickt in Zeus die Vorahnung des Vatergottes und Schöpfers, zugleich den Hinweis auf die von Gott gewollte Geschlechtlichkeit des Menschen. Die Christin Lucina träumt davon, daß sich ihr Vater plötzlich in Zeus verwandelt, sie Tochter nennt, in weiterer Verwandlung und Ausdehnung wird er alles "und lächelt". Der Heide Ursus schließt mit der Vision der großen Hochzeit des Vaters mit der Welt.

Das Hochzeitsmotiv meint also die Bejahung der Geschlechtlichkeit des Men-schen und damit überhaupt des Geschaffenen als Wert; mit ihm verbindet sich die Gottheit immer neu in heiliger Hochzeit, aus der neues Leben erwächst. Dabei ist die Gottesvorstellung abstrakt und konkret zugleich: Allseitige Ausdehnung und Umfas-sung ermöglicht zugleich das gestaltgebundene und aus antiker Vorstellung stammende Lächeln. Freude und Zuwendung als Attribut des Göttlichen und zugleich als innere

Erfahrung werden sichtbar gemacht. Ein undogmatisches Gottesbild steht am Schluß dieses Werkes, im Hochzeitsmotiv verbinden sich christliche und heidnische Elemente, während das Festhalten am Gestalthaften und Sichtbaren eher aus antiker Tradition stammt. Nicht die "Zwiegläubigkeit" erfindet unverfängliche Bilder, sondern an Bil-dern entzünden sich Erfahrungen, und Erfahrungen drängen, damit sie mitteilbar werden, in bildhafte Form.