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A. Einleitung

I. Die Bedeutung der Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen

2. Die wirtschaftliche Bedeutung

Die wirtschaftliche Bedeutung der Zulassung hängt davon ab, inwiefern sie die Nach-frage nach dem Leistungsangebot der Einrichtung beeinflußt. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass der Rehabilitand sich gewöhnlich nur in einer solchen Klinik behan-deln lassen wird, für deren Leistung der zuständige Sozialversicherungsträger die Kosten übernimmt. Andererseits dürfen die Sozialversicherungsträger nur insoweit Leistungen gewähren, als sie im Gesetz vorgesehen sind und die dort genannten Voraussetzungen vorliegen (sog. Vorbehalt des Gesetzes, vgl. § 31 SGB I). Wirtschaft-liche Bedeutung gewinnt der Versorgungsvertrag daher dort, wo er im Gesetz als Voraussetzung einer Leistung genannt ist und dadurch mitbestimmend über den Leistungsanspruch des Versicherten und damit der Nachfrage des zuständigen Lei-stungsträgers wird24.

Nachdem der Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 SGB V ausschließlich mit Wir-kung für die Träger der gesetzlichen Krankenversicherung abgeschlossen wird, kommen nur Leistungsvorschriften des SGB V als nachfragebestimmend in Betracht. So können die Krankenkassen gem. § 40 Abs. 2 SGB V Leistungen stationärer Rehabilitation (nur) in Rehabilitationseinrichtungen erbringen, mit denen ein Vertrag nach § 111 SGB V besteht25. Dies gilt gem. § 40 Abs. 1 SGB V auch für ambulante Rehabilitationsleistun-gen, wobei hier als Alternative grundsätzlich auch „wohnortnahe Einrichtungen“ i. S.

des § 40 Abs. 1 SGB V als Leistungserbringer vorgesehen sind.

Mit diesen Leistungsvorschriften, die sowohl an den Versicherten, als auch an die Krankenkassen gerichtet sind, korreliert § 111 Abs. 1 SGB V, dessen Adressaten

24 Der Behandlungsanspruch – im Sinne eines Sachleistungsanspruchs - kann allerdings auch in einen Kostenerstattungsanspruch umschlagen, wenn mit den Mitteln der Schulmedizin eine Heilung nicht möglich ist. Dies gilt auch für die Behandlung in einer nicht zugelassenen Rehabilitationseinrichtung, vgl.

Fichte, ZfS 1995, 252 ff. (254) m. w. Nachw.

25 Eine Ausnahme gilt sowohl für die ambulante als auch für die stationäre medizinische Rehabilitation für Mütter, welche nach § 41 Abs. 1 SGB V auch in Einrichtungen des Müttergenesungswerks oder in gleichartigen Einrichtungen erbracht werden kann. Aus der Tatsache, dass in Abs. 2 dieser Vo rschrift lediglich § 40 Abs. 3 und 4 SGB V für entsprechend anwendbar erklärt werden, nicht jedoch § 40 Abs. 1 und 2 SGB V, ist zu schließen, dass ein Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V hier nicht erforderlich ist (so auch Breuer in: GK-SGBV, § 41, Rz. 11 m. w. Nachw.; a. A. wohl Klück mann in: Hauck/Haines § 111, Rz. 11).

ausschließlich die Krankenkassen sind26. Wie bereits erwähnt27, dürfen danach medizi-nische Leistungen zur Rehabilitation einschließlich der Anschlußheilbehandlung, die eine stationäre Behandlung, aber keine Krankenhausbehandlung erfordern, nur in Einrichtungen erbracht werden, mit denen ein Versorgungsvertrag nach § 111 Abs. 2 SGB V besteht.

Hinsichtlich dieser eben genannten Leistungen bzw. Ansprüche – und damit auch hinsichtlich der Nachfrage - ist der Versorgungsvertrag eine Art conditio sine qua non, was wiederum seine wirtschaftliche Bedeutung erklärt.

Diese Aussage relativiert sich allerdings unter dem (wesentlichen) Gesichtspunkt der nachrangigen Leistungspflicht der Krankenversicherungsträger bezüglich medizinischer Rehabilitation, welcher sich aus § 40 Abs. 4 SGB V ergibt. Danach werden Leistungen nach § 40 Abs. 1 (ambulante medizinische Rehabilitation) und Abs. 2 (stationäre medizinische Rehabilitation) SGB V nur erbracht, wenn nach den für andere Träger der Sozialversicherung geltenden Vorschriften mit Ausnahme des § 31 SGB VI solche Leistungen nicht erbracht werden können. Für Leistungen der medizinischen Rehabilita-tion ist vorrangig die gesetzliche Rentenversicherung zuständig28. Die gesetzliche Krankenversicherung erbringt Rehabilitationsleistungen grundsätzlich nur dann, wenn

26 Krauskopf/Knittel, § 111, Rz. 1.

27 Siehe A. I. 1.

28 Zum Teil findet sich in den Kommentierungen die Aussage, dass sich die Nachrangigkeit der Kranken-versicherung vom Grundsatz her nur auf die stationäre medizinische Rehabilitation beziehe, nicht jedoch auf die ambulante, was u. a. damit begründet wird, dass sich § 40 Abs. 4 SGB V nur auf Abs. 2 beziehe, nicht jedoch auf Abs. 1, vgl. Boecken in: Schulin HS-RV, § 7 Rz. 21, Pitschas in: Schulin HS-RV § 32 Rz. 18. Nach der Änderung des § 40 Abs. 4 SGB V im Zuge der GKV-Gesundheitsreform 2000 ( Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 vom 22. 12. 1999), wonach die Vorschrift nun ausdrücklich auch auf § 40 Abs. 1 Bezug nimmt, ist nun jedoch fraglich, ob die eben genannte Aussage so noch haltbar ist. In der Gesetzesbegründung (BT -Drs. 14/1245, S. 66, zu Nummer 21 (§ 40)) findet man zum Problem der Subsidiarität keine Ausführungen. Der Wortlaut des § 15 Abs. 2 SGB VI, welcher lediglich die Erbringung stationärer medizinischer Rehabilitation näher konkretisiert und daher ebenfalls als Argument für die vorrangige Zuständigkeit der Rentenversicherung lediglich bezüglich der stationären medizinischen Rehabilitation angeführt wird (vgl. Boecken in Schulin HS-RV a.

a. O.), hat sich allerdings durch die GKV-Gesundheitsreform 2000 nicht geändert, so dass die oben genannte Aussage zwar nicht vom gesetzlichen Grundsatz her, jedoch faktisch wohl nach wie vor ihre Richtigkeit hat. Unabhängig davon wäre der Vorrang der Rentenversicherung auch im Bereich der ambulanten Rehabilitation jedenfalls unter dem Gesichtspunkt des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Leistungserbringung und des generellen Vorrangs der Rentenversicherungsträger nach § 5 Abs. 2 RehaAnglG sinnvoll (so auch Pitschas in: Schulin HS-RV § 32 Rz. 18).

die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der §§ 10, 11 SGB VI nicht erfüllt sind oder der Rehabilitand kein Versicherter i. S. des SGB VI ist29.

Die Statistik macht die Subsidiarität der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der medizinischen Rehabilitation deutlich. So war im Jahr 1995 die gesetzliche Renten-versicherung die Trägerin für 48 % aller Maßnahmen medizinischer Rehabilitation, während die gesetzliche Krankenversicherung lediglich in 22 % der Fälle zuständig war30. Auffallend ist allerdings auch, dass die Anzahl der Maßnahmen, bei denen die gesetzliche Krankenversicherung Trägerin war, von 1992 bis 1995 um rund 5 % zugenommen hat, während die Anzahl der Maßnahmen bei der gesetzlichen Rentenver-sicherung im gleichen Zeitraum um rund 8 % aller Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation abgenommen hat31.

Die Ursachen für diese Entwicklung seien zunächst einmal dahingestellt. Die Zahlen belegen jedoch deutlich, dass die gesetzliche Krankenversicherung bei aller Subsidiari-tät als Träger einen wesentlichen – wenn auch nicht den größten Anteil am Gesamtaufkommen aller medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen hat und damit der Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V ein erheblicher wirtschaftlicher Faktor für die einzelne Einrichtung darstellt, quod erat demonstrandum.

II. Die Schwerpunkte dieser Untersuchung

Ziel der vorliegenden Untersuchung ist es – wie sich bereits aus dem Titel ergibt -, die krankenversicherungsrechtliche Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen im Hinblick auf ihre Übereinstimmung mit dem nationalen und dem europäischen Recht zu untersuchen.

29 Pitschas in: Schulin HS-RV § 32 Rz. 14; zur Schnittstellenproblematik im Bereich der Rehabilitation vgl. Pitschas in Schulin HS-RV § 32 Rz. 15 m. w. Nachw.

30 Das Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), Daten des Gesundheitswesens 1999, S. 71.

31 Siehe Das Bundesministerium für Gesundheit (Hrsg.), a. a. O.

Was die Gesichtspunkte des nationalen Rechts anbelangt, so ist damit freilich nur das deutsche Recht gemeint, schließlich geht es hier nicht um eine rechtsvergleichende Darstellung des Zulassungsrechts, wie es innerhalb verschiedener Staaten besteht.

Vielmehr ist alleiniger Untersuchungsgegenstand die deutsche Regelung des § 111 Abs.

2 SGB V, welche selbstverständlich - neben europäischem Recht, dessen Anwendbar-keit noch zu prüfen sein wird - ausschließlich dem Maßstab der deutschen Rechtsordnung gerecht zu werden braucht.

Innerhalb dieses nationalen Rahmens steht im Mittelpunkt des Gutachtens das Kriterium der Bedarfsgerechtigkeit i. S. des § 111 Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 SGB V. Zentrales Anliegen ist dabei die verfassungsrechtliche Überprüfung dieses Merkmals unter dem Gesichts-punkt der Berufsfreiheit. Vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu diesem Thema soll dabei zunächst die Zulassungspraxis geprüft werden, um anschließend die gesetzliche Regelung als solche einer verfassungs-rechtlichen Untersuchung zu unterziehen. Gleichzeitig sollen dabei - soweit dies sinnvoll ist – Aspekte im Zusammenhang mit vergleichbaren Regelungen aus anderen Bereichen des Rechts der gesetzlichen Krankenversicherung und sonstigen Sozialversi-cherungszweigen mit einfließen.

Der europarechtliche Teil gliedert sich im Wesentlichen in die zwei Bereiche der Dienstleistungsfreiheit und des Kartellrechts. Jeweiliger Gegenstand der Untersuchung ist dabei zum einen die Bedarfszulassung als solche, zum anderen die Praxis der Zulassung unter dem Aspekt der Nichtzulassung ausländischer Einrichtungen. Sowohl im Bereich der Dienstleistungsfreiheit als auch des Kartellrechts geht es neben der Prüfung der inhaltlichen Voraussetzungen der einschlägigen Vorschriften vor allem um das vorrangig zu prüfende Problem der Anwendbarkeit der jeweiligen Regelungen des EG-Vertrags im Bereich der krankenversicherungsrechtlichen Zulassung nach § 111 Abs. 2 SGB V.

B. Die Vereinbarkeit der Bedarfszulassung von Rehabilitationseinrichtungen mit