• Keine Ergebnisse gefunden

B. Die Vereinbarkeit der Bedarfszulassung von Rehabilitationseinrichtungen

III. Die Zulassungspraxis

2. Die Prüfung des Bedarfs

Die Prüfung des Bedarfs hinsichtlich der Zulassung von Rehabilitationseinrichtungen ist eines der Kernprobleme dieser Untersuchung. Von der Bedarfsprüfung im Bereich der Zulassung von Krankenhäusern unterscheidet sich diese in einem ganz wesentlichen Punkt: Bei Krankenhäusern finden sich zum Planungsverfahren mit § 6 KHG und dessen Verweisung auf landesrechtliche Detailregelungen eindeutige gesetzliche Grundlagen, während die Ausfüllung des Begriffs der Bedarfsgerechtigkeit i. S. des § 111 Abs. 2 S. 1 Ziff. 2 SGB V den Kassenverbänden überlassen ist. Wie beim Zulas-sungsverfahren ist es daher auch bezüglich des Planungsverfahrens – oder vorsichtig formuliert: der Prüfung des Bedarfs – entscheidend zu wissen, wie in der Praxis verfahren wird, um eine ausführliche rechtliche Untersuchung vornehmen zu können.

Die Kassenverbände führen die Bedarfsprüfung anhand folgender Kriterien bzw.

Grundsätze durch67:

65 BSG 19.11.1997, NZS 1998, 429 ff. (430); BSGE 29. 5. 1996, Bd. 78, 233 ff. (235) m. w. Nachw.

66 Siehe BSG 19.11.1997, NZS 1998, 429 ff. (430), wonach somit im Wege einer kombinierten Anfech-tungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 54 Abs. 4 SGG gegen die Ablehnung vorgegangen werden kann.

67 Laut Auskunft in der VdAK/AEV-Landesvertretung in Stuttgart (siehe FN. 60).

Der Bedarf wird jeweils nur für einen bestimmten Krankheitstyp, einer sog. Indikati-onsgruppe, geprüft. Die Einteilung der einzelnen Indikationsgruppen richtet sich nach dem sog. einheitlichen Indikationsgruppenverzeichnis der gesetzlichen Krankenversi-cherung. Insgesamt gibt es 21 verschiedene Indikationsgruppen, wobei die Gruppe 21 („Sonstige“) alle Krankheitstypen erfaßt, die den übrigen Bereichen nicht zugeordnet werden können.

Das erste Kriterium ist der Auslastungsgrad der vorhandenen Einrichtungen je Indikationsbereich. Der Auslastungsgrad wird anhand der Bettenbelegung für das zurückliegende Jahr bemessen. Ein Bedarf wird jedenfalls dann verneint, wenn der Auslastungsgrad weniger als 90 % im Durchschnitt aller Einrichtungen des jeweiligen Indikationsbereichs beträgt. Ein höherer Auslastungsgrad ist zumindest ein Anhalts-punkt für eine genauere Bedarfsprüfung.

Eine auf einen bestimmten Indikationsbereich bezogene Feststellung des Auslastungs-grades ist in der Praxis nicht immer möglich, da einzelnen Rehabilitationskliniken entsprechende Zahlen nicht immer vorliegen, so dass in diesen Fällen der Auslastungs-grad der gesamten Einrichtung zugrunde gelegt wird68.

Zweites Kriterium zur Prüfung des Bedarfs ist die Wartezeit, d. h. die Zeit, die ein zu Rehabilitierender einer bestimmten Indikationsgruppe bis zum Antritt der Rehabilitati-onsmaßnahme warten muß. Hinsichtlich des Verhältnisses zum Auslastungsgrad ist zu sagen, dass es teilweise innerhalb eines Indikationsbereichs trotz fehlender Auslastung in diesem Bereich zu Wartezeiten kommt. Dies liegt an den zum Teil sehr speziellen Ausrichtungen einzelner Einrichtungen.

Erfasst werden konsequenterweise nur die Wartezeiten für diejenigen Rehabilitationsmaßnahmen, deren Träger die gesetzliche Krankenversicherung ist.

Allerdings findet – wie bereits erwähnt69 - eine Absprache mit den für das betreffende Bundesland zuständigen Trägern der gesetzlichen Rentenversicherung insofern statt, als diese zur Bedarfslage hinsichtlich der Rehabilitationsmaßnahmen, für die sie als Träger zuständig sind, befragt werden. Nach Auskunft eines der beteiligten Landesverbände

68 Nach Auskunft der zuständigen Stelle beim VdAK am 21.8.00.

sind, befragt werden. Nach Auskunft eines der beteiligten Landesverbände liegt der Sinn dieser Rücksprache darin, zu verhindern, dass Einrichtungen zugelassen werden, denen von Seiten der gesetzlichen Rentenversicherung keinerlei Rehabilitanden zugeführt werden. Solche Kliniken wären wirtschaftlich gänzlich auf diejenigen Patienten angewiesen, deren Reha-Maßnahmen von der gesetzlichen Krankenversiche-rung getragen werden. Es bestehe dann die Gefahr der Unwirtschaftlichkeit der betreffenden Einrichtung, da die gesetzliche Rentenversicherung der Hauptträger von Rehabilitationsmaßnahmen sei70.

Eine nur teilweise Zulassung einer Einrichtung mit erheblich weniger Betten als beantragt, wird nach Möglichkeit vermieden, da grundsätzlich davon ausgegangen wird, dass kleinere Einrichtungen eher unwirtschaftlich sind71. Bei nur geringem Bedarf werden daher tendenziell bereits vorhandene Strukturen (d. h. Einrichtungen) erweitert, als neue zugelassen.

Wartezeit und Auslastungsgrad werden immer nur für den gegenwärtigen Zeitpunkt ermittelt. Eine Berechnung der zukünftigen Entwicklung dieser Kriterien anhand der bisherigen Werte und anderer Faktoren durch wissenschaftlich anerkannte Methoden, wie sie etwa für Prognosen bei der Zulassung von Krankenhäusern angewendet wer-den72, findet nicht statt. Generell werden Prognosen als solche nicht aufgestellt.

Wissenschaftliche Gutachten werden allenfalls dann angefertigt, wenn es zu einem gerichtlichen Verfahren kommt, aber auch dann nur für die gegenwärtige Bedarfslage.

Bei der Bedarfsprüfung gilt der Grundsatz der Regionalisierung, das heißt der Bedarf wird jeweils nur für die einzelnen Bundesländer unter Berücksichtigung der örtlichen

69 Siehe unter B. III. 1.

70 So die Auskunft auf telefonische Anfrage bei der Hauptverwaltung der AOK Baden-Württemberg am 27.07.2000.

71 Anders Quaas NZS 1996, 102 ff. (104).

72 Bezügl. des Krankenhausplans 2000 Baden-Württemberg sei auf die dortigen Ausführungen zum bisherigen Verfahren der Krankenhausplanung verwiesen (siehe Krankenhausplan 2000 Baden-Württemberg –Rahmenplanung-, Teil 1: Grundlagen-Verfahren-Ergebnisse-Medizinische Fachplanungen, Ziff. 6. Aufgrund der außerordentlichen Dynamik in diesem Bereich wurde im aktuellen Krankenhaus-plan von langfristigen Bedarfsprognosen abgesehen (vgl. KrankenhausKrankenhaus-plan, a. a. O.).

und regionalen Versorgungsstrukturen festgestellt73, wie auch der Versorgungsvertrag nach § 111 SGB V – anders als der Versorgungsvertrag mit Krankenhäusern, der nach § 109 Abs. 1 S. 3 SGB V für alle Krankenkassen im Inland unmittelbar verbindlich ist – grundsätzlich nur für den Bereich des jeweiligen Bundeslandes gilt. Die Regionalisie-rung der Bedarfsprüfung ergibt sich ohne weiteres aus § 111 Abs. 2 S. 3 SGB V, wonach Landeskrankenkassenverbände anderer Bundesländer dem Versorgungsvertrag beitreten können, soweit für die Behandlung ihrer Versicherten in der betreffenden Einrichtung ein Bedarf besteht74. Das Problem der Einbeziehung von Zuflüssen und Einwanderungen aus anderen Bundesländern hat sich im Gegensatz zu früheren Jahren durch interne „Landeskinderregelungen“75 und die Veränderung der Strukturen in den einzelnen Bundesländern stark relativiert, so dass eine – wie auch immer geartete – bundesweite Abstimmung der Bedarfslage nicht stattfindet76.