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Wichtige Komponenten in der Vermögensrechnung

5. H AUSHALTSRECHTSREFORM DER G EMEINDEN

5.3 Wichtige Komponenten in der Vermögensrechnung

Die Vermögensrechnung bietet eine Darstellung des Vermögens (Aktiva), des Nettovermögens, welches auch als Ausgleichposten definiert wird, der Fremdmittel (Passiva) und des Sonderposten für Investitionszuschüsse. Die Differenz aus den Vermögenswerte und den Fremdmitteln mit dem Sonderposten für Investitionszuschüssen ergibt das Nettovermögen, das Eigenkapital, einer Gemeinde. Die Unterteilung der Vermögenswerte als auch der Fremdmittel erfolgt in kurz- und langfristige Bestandteile (vgl. Gneist / Heiss 2016, S. 27). Die nachfolgende Auflistung soll die wichtigsten Komponenten der Vermögensrechnung der VRV 2015 zeigen, welche insbesondere bei der Umsetzung der Verordnung in den Gemeinden unterschiedlich gestaltet beziehungsweise gehandhabt werden.

Haushaltsrechtsreform der Gemeinden

5.3.1 Nettovermögen

Die Differenz in der Vermögensrechnung wird im Ausgleichsposten, dem Nettovermögen, ausgewiesen. Es ist das Resultat der Saldierung der Aktivseite, mit den Vermögenswerten und der Passivseite mit den Fremdmitteln und dem Sonderposten für Investitionszuschüssen (vgl. Gneist / Heiss 2016, S. 38). Der ermittelte Saldo aus der Ergebnisrechnung wird Nettoergebnis genannt und bildet mit dem Saldo der Eröffnungsbilanz, den Haushaltsrücklagen, den Fremdwährungsrücklagen und den Neubewertungsrücklagen das Nettovermögen. Aufgrund von Korrekturen kann es zu Veränderungen des Nettovermögens kommen (vgl. Bogensberger et al. 2018, S. 75).

Die Tatsache, dass ein Großteil des Vermögens der Gemeinden im Bereich der Sachanlagen ausgewiesen wird, zeigt, dass das Nettovermögen keine frei verfügbaren Geldmittel darstellt, sondern langfristige Vermögenswerte, wie beispielsweise Grundstücke, Gebäude und Straßenzüge. Expert*innen sind der Meinung, dass die Werte des Nettovermögens nur in Ausnahmefällen negativ sein werden, beispielsweise bei sehr hohen Rückstellungen für zu erwartende Pensionen. Ein weiterer Grund für ein negatives Nettovermögen können regelmäßige Verluste im Nettoergebnis sein. Gemäß der Vorgaben der Gemeindeverordnungen wird in den Haushalten der Gemeinden ein ausgeglichenes oder positives Nettoergebnis angestrebt. Dies hat eine positive Auswirkung auf das Nettovermögen (vgl. Hödl 2020, S. 20f).

Rücklagen, welche mit Mitteln aus dem Nettoergebnis der Ergebnisrechnung gebildet werden, werden in der VRV 2015 als Haushaltsrücklagen bezeichnet und sind auf der Passivseite gesondert zu erfassen. Werden Rücklagen mit Geldmitteln hinterlegt, so spricht man von Zahlungsmittelreserven, welche auf der Aktivseite der Vermögensrechnung ausgewiesen sind. Bei der Erstellung der Haushaltsrücklagen verringert sich das Nettoergebnis, eine Auflösung der Rücklagen hat eine Erhöhung des Nettoergebnisses zur Folge (vgl. Bogensberger et al. 2018, S. 86).

Sofern eine Veränderung des Eigenkapitals oder Nettovermögens einer Beteiligung der Gemeinde bei einer Folgebewertung festgestellt wurde, muss dies in der dafür vorgesehenen Neubewertungsrücklage ausgewiesen werden. Bei der Veräußerung oder dem Ausscheiden des Vermögensgegenstands ist die Rücklage ergebniswirksam in der Ergebnisrechnung aufzulösen (vgl. Gneist / Heiss 2016, S. 25).

5.3.2 Rückstellungen

Der Umstieg auf die weiterentwickelte VRV 2015 führt zu einer verpflichtenden Erstellung von Rückstellungen, um eine periodengerechte Aufteilung des Aufwandes und die diesbezügliche einwandfreie Darstellung auf der Passivseite. Die gesetzlichen Bestimmungen in der VRV 2015 kommen den privatwirtschaftlichen Vorgaben sehr nahe.

Die Erfüllung der Verpflichtung, für welche die Rückstellung gebildet wird, muss mit einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eintreten (vgl. Kuntner / Meszarits 2019, S. 4). Die Wahrscheinlichkeit des Mittelabflusses, welche einer mindestens 51-prozentigen Eventualität entspricht, muss mit Erfahrungswerten oder mittels Expert*innen ermittelt werden. Aufgrund des Prinzips der Periodenabgrenzung werden Rückstellungen gebildet, um die Erträge und Aufwendungen dem korrekten Finanzjahr zuordnen zu können. Konkret

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bedeutet dies, dass Rückstellungen beispielsweise für ausstehende Rechnungen, Prozesskosten, Haftungen und verpflichtende Zahlungen an Gemeindemitarbeiter*innen gebildet werden müssen. Hierbei handelt es sich um die Bildung von Rückstellungen für Dienstjubiläen, Abfertigungen und nicht konsumierte Urlaubstage (vgl. Dessulemoustier-Bovekercke / Halbedl 2020, S. 26f). Für Pensionsrückstellungen besteht keine Verpflichtung diese zu erstellen. Das Gesetz sieht ein Wahlrecht für die Dotierung vor.

Sollte sich die Gemeinde dazu entschließen, für diese zukünftigen Aufwendungen Rückstellungen zu bilden, sind diese mittels Daten zur Lebenserwartung, welche von der Statistik Austria veröffentlicht werden, zu bilden (vgl. Kuntner / Meszarits 2019, S. 7).

Gemeinden sind gemäß § 28 Abs 1 VRV 2015 angehalten in den folgenden Fällen Rückstellungen zu bilden:

 Bereits vor dem Stichtag vorherrschende Verpflichtungen

 Bereits vor dem Stichtag des Rechnungsabschlusses eingetretenes Verpflichtungsereignis

 Eine mit überwiegende Wahrscheinlichkeit eintretende Verpflichtung, welche zu einem Mittelabfluss führt

 Die Höhe des Mittelabfluss bei Eintritt des Verpflichtungsereignisses verlässlich kalkulierbar ist.

Die Unterteilung der Rückstellung erfolgt analog zu den Verbindlichkeiten und Forderungen in kurz- und langfristig, wobei beispielsweise Rückstellungen für Abfertigungszahlungen als langfristig angesehen werden und hinterlegte Gelder für nicht konsumierte Urlaubstage als kurzfristig (vgl. Bogensberger et al. 2018, S. 76f).

Bei der Dotierung von kurzfristigen Rückstellungen, welche im Zuge der Erstellung des Rechnungsabschlusses stattfindet, ist diese in der Höhe des zur Begleichung der Verpflichtung benötigten Zahlungsbetrags zu erstellen. Bei der Einrichtung einer längerfristigen Rückstellung wird der Betrag für eine mögliche Erfüllung der Verbindlichkeit mittels Barwertmethode auf den Rechnungsabschlussstichtag abgezinst. Für diese Berechnung wird die durch Umlauf gewichtete Durchschnittsrendite für Bundesanleihen, die von der Österreichischen Nationalbank veröffentlicht wird, als Zinssatz herangezogen.

Bis zum Eintritt der Erfüllung kann es jedoch noch zu Änderungen der Bewertung kommen, wie beispielsweise durch Entgelterhöhungen oder Kostensteigerungen. Diese müssen bei der Ermittlung berücksichtigt werden. Neben den bereits genannten Voraussetzungen zur Dotierung von Rückstellungen kommt hinzu, dass die Verpflichtung stets gegenüber Dritter sein muss. Rückstellungen für Reparaturen der Gemeindestraßen sind gemäß der Regeln der VRV 2015 nicht vorgesehen und können daher nicht bilanziert werden (vgl Dessulemoustier-Bovekercke / Halbedl 2020, S. 26).

Die Rückstellungen unterliegen einer jährlichen Neubewertung am Stichtag des Rechnungsabschlusses. Bei unzureichender Deckung der möglichen Verpflichtung kommt es zu einer Erhöhung der Rückstellung bei gleichzeitiger Erhöhung der Passivseite.

Verringerungen der Rückstellungsbeträge haben zur Folge, dass diese ertragswirksam um den dementsprechenden Betrag aufgelöst werden. Wird bei der Neubewertung festgestellt, dass die Rückstellung voraussichtlich nicht in Anspruch genommen wird, so muss diese

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zur Gänze aufgelöst und ausgebucht werden. Diese Handlungen werden über die vordefinierten Konten abgewickelt (vgl. Kuntner / Meszarits 2019, S. 7f).

5.3.3 Sachanlagevermögen

Die Position des Sachanlagevermögens bildet die größte Einheit des langfristigen Vermögens der Gemeinde. Sowohl die Erfassung als auch die anschließende Bewertung der Vermögensgegenstände war notwendig, um die erste Eröffnungsbilanz gemäß der VRV 2015 erstellen zu können. Die Bewertung erfolgte mit Hilfe der Rechtlinien und Leitfäden, welche die Bundesländer den Gemeinden zur Verfügung stellten. Unter dem Begriff des Sachanlagevermögens fasst die VRV 2015 Grundstücke, Gebäude und Bauten, Grundstückseinrichtungen und Infrastrukturanlagen, Amts-, Betriebs- und Geschäftsausstattung und Kulturgüter zusammen (vgl. Meszarits 2018a, S. 112f). Die Aufzählung zeigt, dass das Sachanlagevermögen die Substanz der Gemeinde widerspiegelt, welches erhalten werden muss. Oftmals sind die Vermögenswerte der Gebäude, Grundstücke und Wasser- und Abwasseranlagen von größter Relevanz (vgl. Pichler 2020, S. 10).

Noch vor der Erfassung der Vermögenswerte muss die Eigenschaft des wirtschaftlichen Eigentums nachgewiesen werden. Konkret ist der Vermögensgegenstand als wirtschaftliches Eigentum anzusehen, wenn dieser von der Gemeinde gebraucht oder besessen wird beziehungsweise sie das Risiko des Verlustes und Zerstörung trägt und zum anderen die Verfügungsmacht darüber ausübt. Nach erfolgreicher Feststellung - in den meisten Fällen wird ein wirtschaftliches und zivilrechtliches Eigentum vorliegen - erfolgt im Anschluss das Bewertungsverfahren, um den Vermögensgegenstand erstmalig zu erfassen. Bei diesem Prozess werden grundsätzlich die fortgeschriebenen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten herangezogen, welche die lineare Abschreibung berücksichtigen.

Ist dem Vermögensgestand kein Kaufprozess vorangegangen, so ist das Modell des beizulegenden Zeitwertes, auch „Fair Value“ genannt, zu wählen. Der Wert entspricht dem am freien Markt gehandelten Preis des Gegenstandes zwischen sachverständigen, voneinander unabhängigen und vertragswilligen Personen und wird in der Höhe dessen bilanziert. Diese Methode tritt bei unentgeltlichen Erwerbsvorgängen auf, beispielsweise bei Erbschaften oder Schenkungen (vgl. Meszarits 2018b, S. 100f). Um einen zuverlässigen Preis ermitteln zu können, regelt die VRV 2015 diese Methoden anhand von vier Szenarien. Der beizulegende Zeitwert wird anhand des zugrundeliegenden Preises einer bestehenden Vereinbarung oder des aktuellen Marktpreises ermittelt. Aufgrund von fehlendem Marktvolumen erfolgt die Ermittlung des Vermögenswertes mit Hilfe bereits erzielter Preise, sofern es keine wesentlichen Unterschiede zu zuvor getätigten Transaktionen gibt. Ist die Feststellung eines verlässlichen Preises mit den zuvor genannten Methoden nicht möglich, so ist eine bestmögliche und verlässliche Schätzung durchzuführen. Die Vielzahl an Bewertungsmethoden bietet den Gemeinden einen großen Spielraum bei der erstmaligen Erfassung der Sachanlagen (vgl. Meszarits 2018a, S. 113).

Um ein Ausnutzen dieses Spielraumes entgegenzuwirken, sind Gemeinden angehalten, möglichst reale Werte zu ermitteln. Zu hoch angesetzte Vermögenswerte bieten den Gemeinden zwar einen positiven Effekt auf das Nettovermögen, dem Eigenkapital der Gemeinde, jedoch hat dies zur Folge, dass die Abschreibung einen erhöhten Einfluss auf die Ergebnisrechnung hat. Umgekehrt hat ein zu niedrig angesetzter Wert des

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Vermögensgegenstandes geringe Auswirkungen auf das Nettovermögen, jedoch sind die Abschreibungswerte zu niedrig und der Ressourcenbedarf womöglich falsch kalkuliert.

Dies kann zu falschen Finanzierungsentscheidungen führen (vgl. Meszarits 2018b, S. 101).

Für die Abschreibung bietet die VRV 2015 in der Anlage 7 Angaben zu den Werten der Nutzungsdauer. Die bereits vordefinierten Nutzungsdauern sollen die Kohärenz steigern. In Ausnahmefällen, welche begründet werden müssen, kann von den vorgegebenen Nutzungsdauern Abstand genommen werden. Um den Wertverzehr des Sachanlagevermögens darstellen zu können, werden die Vermögenswerte gemäß der gesetzlichen Regelung abgeschrieben (vgl. Auer / Schleritzko 2018, S. 26).