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Die angestrebte Vereinheitlichung durch die VRV 2015

7. E RGEBNISSE DER E XPERT * INNENINTERVIEWS / S TUDIE

7.1 Die angestrebte Vereinheitlichung durch die VRV 2015

Eines der angestrebten Ziele der neuen VRV 2015 ist es, die Darstellung der Finanzdaten der Gemeinde zu vereinheitlichen und so eine Vergleichbarkeit zu schaffen.

Wie die Aussagen in den verschiedensten Fachpublikationen zeigen, ist dies nicht immer der Fall. In dieselbe Kerbe schlagen alle Befragten. Sowohl der*die Vertreter*in Gemeinde A als auch Gemeinde B sehen eine positive Entwicklung der VRV 2015 im Bereich der Vereinheitlichung und Vergleichbarkeit. Jedoch werden die unterschiedlichen Auslegungen der Gemeindeordnungen in den Bundesländern kritisch gesehen (vgl. I3, Z. 6ff; I4, Z. 5ff). Die/Der Vertreter*in der Gemeinde A spricht sich für eine ähnliche Lösung aus, welche die Bundesabgabenordnung zeigt, welche für alle Gemeinden im gesamten Bundesgebiet verbindlich einzuhalten ist. So wären die Regelungen der VRV 2015 einheitlich umsetzbar und benötigen keiner weiteren Landesregelung (vgl. I3, Z. 6ff).

„Vielmehr sehe ich das Problem nicht bei der VRV 2015, sondern eher an den verschiedensten Auslegungen der Gemeindeordnungen. Meiner Meinung nach könnte es eine Vereinheitlichung geben, wenn man analog zu der Möglichkeit wie es jetzt auch die Bundesabgabenordnung vorsieht, das heißt, dass man die Gemeinden aller 9 Bundesländer in ein Gesetz integriert, ohne einzelne Gemeindeordnungen, und es so eine bundesweite Lösung gibt.“ (I3, Z. 6ff).

Jedoch ergibt sich durch die Vielzahl an unterschiedlichen Landesregelungen in Form von Gemeindeordnungen eine ganz spezielle Problematik der Einhaltung des Rechtsgrundsatzes. Die VRV 2015 regelt im Kern die Form und Gliederung des Voranschlags und Rechnungsabschlusses. Die VRV 2015 selbst ist eine verfassungsunmittelbare Verordnung und steht im Stufenbau der Rechtsordnung im Range eines einfachen Bundesgesetzes und verdrängt hier, als Spezialnorm ansonsten gleichrangiges Recht nach dem allgemeinen Rechtsgrundsatz. Daher kann es zu einem Konflikt zwischen der VRV 2015 und den Gemeindeordnungen kommen (vgl. I4, Z. 11f).

„Und die Frage wie weit die Länderregelungen da jetzt eingreifen können oder nicht, weil wir haben tatsächlich den Fall, dass es in einigen Bereichen es Widersprüche gibt zumindest in Niederösterreich. Die Rücklagen sind so ein typisches Beispiel, da gibt es widersprüchliche Regelungen, die der VRV widersprechen. Aber die Frage ist, was ist da anzuwenden. Und da heißt es in der Finanzverfassung, dass es vorrangig um die Gestaltung der Vorschläge und Regelungsabschlüsse geht. Und da ist dann konkret die Frage ob die eine oder andere Regelung diese Gestaltung betrifft oder zu weit darüber hinausgeht und ob dort dann schon die Landesregelung schon eingreift.“ (I4, Z. 15ff).

Die Vertreter*innen der Bundesländer sehen die Vereinheitlichung im Bereich der Buchungen als gegeben an. In der Anlage 3b der VRV 2015 ist ein Kontenplan angefügt.

Ergebnisse der Expert*inneninterviews / Studie

Auf der Grundlage dieses Kontenplans wurde ein Kontierungsleitfaden entwickelt und daher ergibt sich eine Vereinheitlichung bei den Buchungen und Nutzung der Konten. Dies stärkt die Vergleichbarkeit, wenn man eine sehr geringe Anzahl an Gemeinden miteinander vergleicht. Möchte man einen Vergleich von Gemeinden im gesamtstaatlichen anstellen, so zeigt die VRV 2015 mit ihren unterschiedlichsten Landesregelungen Schwächen (vgl. I1, Z. 24ff; I2, Z. 29ff).

„Die Vergleichbarkeit innerhalb der Gemeinden ist immer relativ leicht gegeben.

Der Vergleich im großen gesamtstaatlichen gibt natürlich andere Einblicke aufgrund von anderen Zugangswerten und Bewertungen. Ob das zu hundert Prozent richtig oder falsch ist (…) Naja. Und das ist für mich, dieser Zugang, der zieht sich durch wie ein roter Faden“ (I2, Z. 11ff).

So legten die Entscheidungsträger*innen des Bundeslandes A im Bereich der VRV 2015 für die Gemeinden den Fokus die Vereinheitlichung innerhalb des Bundeslandes. Es erfolgte die Ausarbeitung eines Leitfadens, besonders für die Vermögensbewertung, welcher ein Update im Jahr 2019 erfuhr. Die Inhalte des Leitfadens zur Vermögensbewertung wurden in Kooperation mit einem Softwareanbieter in einer vierteiligen Workshop-Reihe mit insgesamt 150 Terminen vor Ort in den Bezirken vorgetragen. Die Workshops wurden Ende 2017 begonnen und Mitte 2019 abgeschlossen.

Dies sollte eine einheitliche Umsetzung fördern (vgl. I1, Z. 24ff).

„Mit dieser Vorgangsweise soll zumindest eine für unser Bundesland einheitliche Vorgangsweise bei der Vermögensbewertung und -erfassung erfolgen.“ (I1, Z. 30f).

Ein Instrument, welches die Vereinheitlichung der Finanzdaten fördert, ist das eingeführte des Drei-Komponenten-Rechnungssystem. Ein wichtiger Schritt, welcher auch auf Gemeindeebene einen richtungsweisenden Einfluss hatte, war die Erweiterung der Kameralistik um einen Ergebnis- und Vermögenshaushalt. Doch genau dieses neue Rechnungssystem wird von den Vertreter*innen der Gemeinden kritisiert. So fördert die VRV 2015 im Bereich der unwirksamen Gebarung das kameralistische Denken.

„Und man sollte wirklich nicht versuchen kameralistisch zu denken und nur noch sagen: wir buchen nur noch doppisch und kein Mittelding wie jetzt. Und wieso lasse ich die unwirksame Gebarung nicht weg und habe nur noch Verbindlichkeiten und Forderungen.

Und das ist wieder ein Mittelding der Kameralistik. Und es wäre fast beleidigend zu sagen, dass es sich um eine kamerale Doppik handelt.“ (I3, Z. 265ff).

Der*die Vertreter*in aus der Gemeinde B geht konform mit der Aussage der Gemeinde A und zeigt auf, dass die VRV 2015 die Vereinheitlichung fördern kann, die Vorgaben der Länder jedoch diese verhindern. Daher wird eine Reduktion der Landesregelungen gefordert. Speziell der*die Vertreter*in aus den Gemeinden beobachten bei den Landesregelungen eine immer wiederkehrende kamerale Sicht (vgl. I4, Z. 28ff).

„Die VRV sollte selbst diese Vereinheitlichung der Haushaltswesen in Zukunft vorantreiben und die Landesregelungen sollten meines Erachtens eher knappgehalten werden und haben in vielen Fällen sicherlich übers Ziel hinausgeschossen, weil sie vom Geist getrieben sind, das Festhalten an der alten Denkweise der Kameralistik“(I4, Z. 32ff).

Ergebnisse der Expert*inneninterviews / Studie

Die Mehrheit der befragten Fachexperten sieht jedoch in der bundesländerübergreifenden Einführung des Nachweises für Investitionstätigkeiten die Vereinheitlichung als gegeben an.

„Bundesländerübergreifend einheitlich definiert wurden u.a. der Nachweis über die Investitionstätigkeit. Bundesländerübergreifende Arbeitssitzungen der Gemeindeaufsichten führen in vielen Bereichen zu einer harmonisierten Vorgangsweise in der Umsetzung der VRV 2015.“ (I1, Z. 30f).

Auch im Bereich der Verbuchung von Bedarfszuweisungen sind unterschiedliche Handhabungen festzustellen. Die Interviewpartner*innen sehen die differierenden Landesregelungen kritisch und sind der Meinung, dass die Vergleichbarkeit darunter leidet.

Außerdem wurde in jedem Gespräch darauf hingewiesen, dass die Bedarfszuweisungen in der VRV 2015 als Eigenmittel deklariert werden (vgl. I1, Z. 64ff; I2, Z. 54ff; I3, Z. 17ff, I4, Z. 49ff).

Im Bundesland 2 werden diese Finanzmittel im vollen Umfang sowohl im Ergebnishaushalt als auch im Finanzierungshaushalt erfasst. Aufgrund dieser Tatsache erhöht sich das Nettoergebnis sofort. Die Gemeinde hat das Wahlrecht aus diesen Mitteln eine Haushaltsrücklage zu bilden, eine Pflicht besteht jedoch nicht. Dies soll die Autonomie der Gemeinde fördern. In der VRV 1997 war geregelt, dass jede Rücklage auch in derselben Höhe mit Bargeld hinterlegt sein muss. Dieses Faktum änderte sich mit der neuen Verordnung, sollte es zur Bildung von Haushaltsrücklagen kommen, so sind diese nicht zwangsläufig mit Geldmittel, die VRV 2015 bezeichnet diese als Zahlungsmittelreserven, hinterlegt. Der Gemeindebund wies mehrmals auf diese kritische Handhabung hin und forderte eine Rückkehr zur Regelung der VRV 1997, und eine verpflichtende Hinterlegung der Rücklagen mit Bargeld. Der*die Expert*in des Bundeslandes 2 weist jedoch darauf hin, dass Rücklagen ohne Zahlungsmittelreserven in der Buchhaltung separat ausgewiesen werden müssen (vgl. I2, Z. 54ff; I4, Z. 74ff).

„Ich kann nur von Bundesland 2 erzählen, wir haben den Gemeinden keine Pflichtrücklagen auferlegt, hier kann der Gemeinderat autonom entscheiden, wie es verfassungsrechtlich vorgegeben ist, er kann entscheiden was mit den Eigenmittel passiert und bekommt keine Auflagen vom Landesgesetzgeber.“ (I2, Z. 67)

Die Gemeindevertreter*innen sehen hinter der Möglichkeit der Bildung von Haushaltsrücklagen einen großen Verwaltungsaufwand und eine kameralistische Denkweise, „weil so manche mit der kameralistischen Brille darauf geschaut haben.“ (I4, Z. 126). Für das Bundesland 2 ist in den Landesvorgaben geregelt, dass die Haushaltsrücklagen

Von dieser Behandlung der Bedarfszuweisungen wurde im Bundesland 1 abgesehen und die Gemeinden werden verpflichtet die erhaltenen Bedarfszuweisungen zu passivieren. Der*die Expert*in ist der Meinung, dass dies den Vorteil hat, dass die Bilanz und die jährliche Ergebnisrechnung stets ein getreues Bild der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage darstellen. Die gewährten Finanzmittel werden als Investitionszuschuss analog der Nutzungsdauer ertragswirksam aufgelöst und verbessern somit jährlich die Ergebnisrechnung (vgl. I1, Z. 54ff).

Zwei Expert*innen weisen außerdem auf das Wahlrecht zur Bildung von Pensionsrückstellungen hin. Den Gemeinden sind nicht verpflichtet für diese zukünftigen Zahlungen Rückstellungen zu dotieren. Beide fordern eine Verpflichtung zur Dotierung

Ergebnisse der Expert*inneninterviews / Studie

dieser Rückstellungen, um diese zukünftigen Zahlungen transparent darstellen zu können (vgl. I2, Z. 276ff, I3, Z. 240ff).