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3. B ILANZIERUNG VON LATENTEN S TEUERN NACH DEM RÄG 2014

3.1. Ansatz latenter Steuern im Einzelabschluss gem § 198 Abs 9 und

3.1.1. Methodenwechsel bei der Ermittlung latenter Steuern

3.1.1.2. Wesentliche Änderungen durch die Neukonzeption

Neben den Änderungen des Konzepts für die Bilanzierung latenter Steuern werden durch das RÄG 2014 Wahlrechte abgeschafft bzw erweitert und betreffen konkret

» die Abschaffung des Wahlrechts mit Einführung einer Ansatzpflicht von aktiven latenten Steuern für mittelgroße und große Gesellschaften und

» das Ansatzwahlrecht für latente Steuern auf Verlustvorträge.

Für aktive latente Steuern ist, wie bereits zu Beginn in Kapitel 3.1 erwähnt, nun eine Ansatzpflicht vorgesehen, welche jedoch von der Größenklasse der Gesellschaft abhängt.

Handelt es sich gem § 221 UGB um eine mittelgroße oder große Gesellschaft, so ist die Aktivierung im Gegensatz zur alten Rechtslage verpflichtend. Weiterhin bestehen bleibt das Wahlrecht für kleine Gesellschaften. Eine weitere Neuerung ergibt sich darüber hinaus bezüglich des Ansatzwahlrechts für aktive latente Steuern auf steuerliche Verlustvorträge unter bestimmten Voraussetzungen. 66 Darauf wird in Kapitel 4 näher eingegangen.

Grund für die Beibehaltung des Wahlrechts für aktive latente Steuern bei kleinen Gesellschaften sowie Kleinstgesellschaften ist das Ziel der Erleichterung und Vereinfachung. Wird ein Aktivposten für die latenten Steuern einer kleinen Gesellschaft

66 Stückler, Behandlung latenter Steuern nach dem RÄG 2014, RdW 4/2015, 259.

gebildet und somit der wahlweise Ansatz gewählt, sind damit Anhangangaben verbunden, die für mittelgroße und große Gesellschaften gelten.67

Im Vergleich dazu wurde in Bezug auf aktive latente Steuern keine idente Regelung aus dem deutschen HGB bzw den IFRS übernommen. Nach dem § 274 Abs 1 HGB unterliegen latente Steueransprüche einem Aktivierungswahlrecht, welches nicht zwischen den Größenklassen unterscheidet.68

Tabellarisch lässt sich die neue Rechtslage nach dem UGB im Vergleich zum dHGB und den IFRS wie folgt darstellen:

Tabelle 2: Übersicht Ansatz aktiver latenter Steuern69

Trotz der Verpflichtung zum Ansatz von aktiven latenten Steuern nach dem RÄG 2014 gelten bedeutende Ansatzvoraussetzungen, die beachtet werden müssen. Latente Steuern sind gem § 198 Abs 10 UGB anhand voraussichtlicher Steuerbe- bzw -entlastungen zukünftiger Geschäftsjahre zu bewerten. Für aktive latente Steuern ist daher

67 Moser, CFOaktuell 3/2016, 102.

68 Grottel/Larenz, Beck’scher Bilanz-Kommentar10 (2016) § 274 Rz 14.

69 Moser, Latente Steuern, CFOaktuell 3/2016, 102.

die Werthaltigkeit zu überprüfen und erfordert für die Steuerentlastung in der Zukunft ein ausreichend steuerliches Ergebnis in den folgenden Geschäftsjahren.70

Nach IAS 12.24 sind aktive latente Steuern dann anzusetzen, wenn die Wahrscheinlichkeit besteht, dass in Zukunft ausreichend vorhandenes Einkommen erwirtschaftet werden kann, um eine Verrechnung von aktiven latenten Steuern zu ermöglichen. Somit muss ein steuerwirksamer Abzug in zukünftigen Geschäftsjahren als Voraussetzung für die Aktivierung möglich sein. In der Literatur herrscht primär die Ansicht vor, dass von einer Eintrittswahrscheinlichkeit von über 50 % auszugehen ist, welche als „more likely than not“ umschrieben wird.71

Der Hintergrund dieser Anforderungen für aktive latente Steuern liegt darin, dass bei dieser Form von temporären Differenzen, die aus einem höheren Ansatz von Vermögensgegenständen bzw niedrigeren Ansatz von Schulden in der Steuerbilanz entstehen, diese ein höheres Aufwandspotenzial in Zukunft in der Steuerbilanz aufweisen. Dadurch ergibt sich ein entsprechendes niedrigeres steuerliches Ergebnis mit ergo geringerer Steuerbelastung zum Zeitpunkt, in dem sich die temporären Differenzen umkehren. Notwendig für die Aktivierung von Steuerlatenzen ist jedoch ein entsprechendes zu versteuerndes Ergebnis in Zukunft, um ein Steuerminderungspotenzial generieren zu können.72

In der AFRAC-Stellungnahme wird auf die Ansatzvoraussetzungen für aktive latente Steuern nur mäßig eingegangen. Bezüglich der Bewertung von latenten Steuern wird die erforderliche durchzuführende Prognose von zukünftigen steuerlichen Ergebnissen für die Beurteilung von voraussichtlichen Steuerbe- und -entlastungen genannt. Als Ausdruck des Vorsichtsprinzips ist ein Überhang an passiven latenten Steuern grundsätzlich zu bilanzieren. Im Bereich der aktiven latenten Steuern wird hingegen auf das Kriterium der Werthaltigkeit hingewiesen, das in zukünftigen Geschäftsjahren steuerliche Ergebnisse mit hinreichender Wahrscheinlichkeit verlangt, um diese mit voraussichtlichen Steuerentlastungen verrechnen zu können. Diese Prognose hat den jeweiligen Situationen der Unternehmen zu entsprechen und weicht in Bezug auf die Ergebnissituation und die Länge des Zeitraums der voraussichtlichen Umkehrung der Differenzen unternehmensspezifisch ab. Gem § 201 Abs 2 Z 3 UGB ist die Höhe der zukünftigen

70 Häusle/Platzgummer, Latente Steuern iSd RÄG 2014: Überblick und ausgewählte Themen, RWZ 5/2016, 160 f.

71 Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar14 (2016) Rz 110.

72 Karrenbrock in Schulze-Osterloh/Hennrichs/Wüstemann (Hrsg) Handbuch des Jahresabschlusses (HdJ)65 (2016) 33.

Steuerbe- bzw -entlastung zu schätzen und mit dem voraussichtlichen Ertragssteuertarif zu bewerten.73

Nach IFRS ist bei Beurteilung der Wahrscheinlichkeit vor allem die Eintrittswahrscheinlichkeit von zukünftig zu versteuernden Ergebnissen bei Unternehmen mit anhaltender Verlustsituation zu beachten, da überzeugende substanzielle Hinweise für positive Ergebnisse bestehen müssen. Nach IAS 12.28 wird die Verrechnungsmöglichkeit mit zukünftigen steuerlichen Ergebnissen angenommen, wenn:74

» die aktiven latenten Steuern gegenläufigen passiven latenten Steuern gegenüberstehen, die dieselbe Steuerbehörde betreffen und zeitkongruent mit den Differenzen der aktiven Steuerlatenz anfallen.

» genügend steuerliches Ergebnis in Zukunft zur Verrechnung erwartet werden kann oder im Falle einer andauernden Verlustsituation in vergangenen Jahren nahezu sicher ist, bzw

» Steuergestaltungsoptionen zur Erzielung von steuerlichen Ergebnissen durch das Unternehmen nachgewiesen werden können.

Nach Ansicht des AFRAC ist der Zeitraum für die erforderliche Prognose von der Ergebnissituation des Unternehmens sowie der Dauer des Differenzenausgleichs abhängig. In der deutschen Literatur75 wird für Prognosezeiträume grundsätzlich ein Zeitraum von maximal fünf Jahren als praktikabel angesehen. Auch nach den IFRS wird ein Zeitraum von maximal fünf Jahren für die Prognose angenommen. Jedoch sprechen sich die Meinungen in der Literatur nicht überwiegend für diesen Zeitraum aus.76

Schließlich ergibt sich somit für die Berücksichtigung eine erforderliche Beurteilung der Wahrscheinlichkeit des Eintritts zukünftiger Steuerentlastungen, welche individuell je nach Unternehmenssituation durchzuführen ist. In der Prognoserechnung sind sämtliche temporären Differenzen auf Grundlage der Umkehrwirkung zu untersuchen und darüber hinaus alle möglichen sonstigen positiven und negativen Einflussfaktoren miteinzubeziehen. Als Reihenfolge ist nach Ermittlung der temporären Differenzen der Aktiv- und Passivseite die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit bezüglich des späteren

73 Austrian Financial Reporting and Auditing Commitee (AFRAC), AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 32 f.

74 Freiberg, Bedeutung der Zeitkongruenz für aktive latente Steuern, PIR 4/2013, 132.

75 Risse, Münchener Kommentar zum Bilanzrecht (2013) § 274 Rz 73.

76 Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar14 (2016) Rz 110.

Abbaus der einzelnen Unterschiedsbeträge von Bedeutung. Als nächster Schritt ist eine Saldierung der aktiven und passiven latenten Steuern vorzunehmen. Bei einem unwahrscheinlichen Abbau der Differenzen ist ein Ansatz der aktiven Steuerlatenz bzw auch passiven Steuerlatenz nicht bzw nur in reduzierter Form erlaubt.77