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3. B ILANZIERUNG VON LATENTEN S TEUERN NACH DEM RÄG 2014

3.7. Behandlung von Verlustvorträgen im Zusammenhang mit

3.7.2. Ausübung des zweiten Wahlrechts

Aufgrund des Vorsichtsprinzips sind zusätzlich strenge Voraussetzungen für die Anwendung des 2. Wahlrechts vorgesehen, wenn nach Schritt 3 des Berechnungsschemas noch weitere Verlustvorträge bestehen, welche aktiviert werden sollen.

Gem § 198 Abs 9 UGB sind diese Verlustvorträge nur dann zu aktivieren „soweit überzeugende substantielle Hinweise vorliegen, dass ein ausreichendes zu versteuerndes Ergebnis in Zukunft zur Verfügung stehen wird“.

198 Eberhartinger/Petutschnig, RWZ 2015, 252 f.

199 Denk/Fritz-Schmied/Mitter/Wohlschlager/Wolfsgruber, Externe Unternehmensrechnung5 (2016) 412.

In der Stellungnahme des AFRAC werden folgende mögliche Umstände genannt, die das Vorhandensein von substantiellen Hinweisen repräsentieren:200

» „es ist wahrscheinlich, dass das Unternehmen zu versteuernde Ergebnisse erzielen wird, bevor die noch nicht genutzten steuerlichen Verluste verfallen;

» die noch nicht genutzten steuerlichen Verluste stammen aus identifizierbaren Ursachen, welche aller Wahrscheinlichkeit nach nicht wieder auftreten; und

» dem Unternehmen stehen Steuergestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung, zu versteuernde Ergebnisse in der Periode zu erzeugen, in der die noch nicht genutzten steuerlichen Verluste verwendet werden können.“

Die oben genannten Umstände, die ein zukünftig ausreichendes Ergebnis darstellen können, wurden aus IAS 12.36 entnommen. Eine entsprechende Angabe betreffend der substantiellen Hinweise hat gem § 238 Abs 1 Z 3 UGB im Anhang zu erfolgen. Demnach sind die Ursachen der Entstehung der Verluste, die in Verbindung mit den Verlustvorträgen stehen, anzuführen, sowie klare Maßnahmen zu nennen, welche diese Ursachen beenden.

Des Weiteren ist zu erläutern, ob die Umsetzung dieser Maßnahmen wahrscheinlich ist.201 Als Richtwert für die Wahrscheinlichkeit der Nutzbarkeit der aktiven latenten Steuern wird lt Kommentaren zu IAS 12 eine Grenze von über 50 % genannt. Gem ErlRV können für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit die Kriterien nach IAS 12.36 herangezogen werden.

Unternehmensrechtlich ist somit keine verpflichtende Beurteilung nach diesem Maßstab gegeben. Dies führt somit schlussendlich zur Darlegung nachvollziehbarer Gründe in Bezug darauf, ob ein zu versteuerndes Ergebnis zur Verfügung stehen wird.202

Die Realisierbarkeit eines zukünftigen zu versteuernden Ergebnisses wird auch vom deutschen Gesetzgeber bzw nach IFRS vorausgesetzt und ist mittels Steuer- und Ergebnisplanung zu belegen. Vor allem bei einer andauernden Verlustsituation sind strenge Anforderungen für die Rechtfertigung des Ansatzes vorgegeben. In diesem Fall ist ein Nachweis von substantiellen Hinweisen für zukünftige Gewinne notwendig. Bei Nichterfüllung der Voraussetzung einer belegbaren Werthaltigkeit zum Stichtag ist eine Aktivierung dieser Verlustvorträge nach IFRS sowie nach dem dHGB nicht möglich. Als

200 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 15.

201 Eberhartinger/Petutschnig, RWZ 2015, 253.

202 Eberhartinger/Petutschnig in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg) 63.

Nachweis ist im deutschen Recht eine aktuelle Planung von annehmbaren steuerlichen Ergebnissen in Zukunft vorzuweisen.203

Während die Regelung in Deutschland wie in Kapitel 1 erwähnt einen Planungshorizont von fünf Jahren gesetzlich vorgibt, ist im österreichischen Gesetz keine Beschränkung für den Zeitraum der Steuerplanung gegeben. Die erforderliche Steuerplanung basiert für gewöhnlich auf der Unternehmensplanung. Betreffend der erforderlichen Anhangangabe zu den substantiellen Hinweisen wird keine Offenlegung von Details zur Planungsrechnung vorgeschrieben, jedoch sind hier die angestellten Bedingungen für die Planungsannahmen zu beschreiben. Eine Angabe, dass substanzielle Hinweise aus der Planungsrechnung anzunehmen sind, ist dabei nicht ausreichend.204

Der in Deutschland festgesetzten Begrenzung von zu erwartenden Verlustvorträgen in einem Zeitraum von fünf Jahren liegt der Vorsichtsgrundsatz zugrunde, da bei Planungszeiträumen von über fünf Jahren die Realisierbarkeit von Unsicherheit geprägt ist. Keine zeitliche Einschränkung gilt jedoch bei vorhandener Deckung mit passiven latenten Steuern.205

Im Gegensatz dazu gibt es nach den IFRS keine Angabe zum Zeithorizont. Vor dem Hintergrund der Verlässlichkeit dieser Prognosen wird jedoch ein Zeitraum von fünf Jahren im Schrifttum als praktikabel empfunden. Dennoch wird eine Begrenzung grundsätzlich vom Großteil nicht anerkannt, da die Beurteilung von unternehmensspezifischen Situationen abhängig ist.206

Durch die Regelung des 5-Jahres-Planungshorizonts in Deutschland kam es zu unterschiedlichen Ansichten bezüglich der Auslegung des Gesetzestextes. Für die Bilanzierung latenter Steuern wurde dazu am 8. Juni 2010 der DRS 18 veröffentlicht. Bei Aktivierung latenter Steuern aus Verlustvorträgen wurde aus Gründen der Nachvollziehbarkeit und Praktikabilität der Annahmen ein Prognosezeitpunkt von 5 Jahren festgesetzt. Im Regierungsentwurf zum BilMoG wurden zu Beginn zu erwartende Verlustvorträge auf fünf Jahre begrenzt. Darüber hinaus wurde klargestellt, dass Verlustvorträge, die erst nach 5 Jahren als verrechnungsfähig angesehen werden, trotz genügend vorhandener passiver latenter Steuern nicht angesetzt werden dürfen. Mit Inkrafttreten des BilMoG wurde vom IDW der Entwurf einer Stellungnahme zum Thema

203 Haaker/Freiberg, PiR 12/2012, 398.

204 Nowotny in Gedlicka/Kerschbaumer/Lehner 51 f.

205 Neubert/Geiler, Controlling & Management 11/2010, 38.

206 Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, Haufe IFRS-Kommentar14 (2016) Rz 128.

„Einzelfragen zur Bilanzierung latenter Steuern nach dem HGB in der Fassung des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetztes“ veröffentlicht. Darin wurden die Begrenzungen für steuerliche Verlustvorträge, mit einer erwarteten Verrechenbarkeit nach 5 Jahren, abgelehnt, wenn die Minderung einer passiven latenten Steuer gegeben ist. Dadurch soll eine künftige Steuerbelastung, die durch mögliche Verlustvorträge nicht zustande kommt, berücksichtigt werden.207

Trotz gegenteiliger Meinung in einem damaligen vom DSR veröffentlichten Standardentwurf E-DRS 24 „Latente Steuern“, befürworteten die Stellungnahmen des IDW und des DSR überwiegend keine Begrenzung des Prognosezeitraums. Schlussendlich wurde in dem bereits erwähnten DRS 18 die Meinung vertreten, dass die im Gesetz geregelte Begrenzung von fünf Jahren für die zu erwartenden Verlustvorträge den Regelfall darstellt. Jedoch sind, bei einem Überhang an passiven latenten Steuern aus temporären Differenzen, Verlustvorträge in einem Zeitraum von mehr als 5 Jahren anzusetzen.208 Gem DRS 18 sind in Deutschland bei Unterschreitung des vorausgesetzten Planungszeitraums die ansatzfähigen Verlustvorträge innerhalb von fünf Jahren zu berücksichtigen. Dabei kann eine sachgerechte und plausible Schätzung ohne Detailplanung vorgenommen werden.209

Als Anforderungen an die Steuerplanungsrechnung sind nach AFRAC eine konsistente und schlüssige Planung von steuerlichen Ergebnissen zu erfüllen. Dabei muss die Steuerplanungsrechnung in Bezug auf die Konsistenz der Unternehmensplanung entsprechen. Darüber hinaus sind bereits umgesetzte sowie hinreichend definierte und beabsichtigte Sachverhalte in der Steuerplanung zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit dem Planungshorizont ist nach Ansicht des AFRAC auf die Umstände im Einzelfall abzustellen. Dieser ist daher von der Abschätzung der Unternehmen abhängig. Vor allem bei schwankenden Ergebnissen sind die Gegebenheiten der Branche, historische Prognosen sowie ähnliche Faktoren zu beachten. Jedoch wird ein Zeitraum von fünf Jahren als plausibel angesehen und deckt sich somit mit dem geregelten Planungshorizont im dHGB. Diesbezüglich ist dennoch eine kürzere oder längere Planungsperiode im Einzelfall

207 Meyer/Ruberg, Bekanntgabe von DRS 18 Latente Steuern – Partielle Aufhebung der Begrenzung des Prognosehorizonts bei Verlustvorträgen, DStR 2010, 2094 f.

208 Meyer/Ruberg, DStR 2010, 2095.

209 DSR 18 Rz 19.

möglich. Weiters besteht durchaus auch die Möglichkeit, eine sachgerechte und plausible Schätzung für Jahre ohne konkrete Planung anzustellen.210

Wesentlich für die Einschätzung der Nutzbarkeit ist darüber hinaus die Berücksichtigung der Höhe der verrechenbaren Verlustvorträge aufgrund der Vortragsgrenze von 75 % gem § 8 Abs 4 Z 2 lit a KStG sowie das Risiko eines Wegfalls von vortragsfähigen Verlusten durch den Mantelkauftatbestand, Umgründungen sowie steuerlicher Außenprüfungen.211 Eine Prüfung der Nutzung von aktivierten Verlustvorträgen als Steuerlatenz hat in jedem Geschäftsjahr zu erfolgen. Bei Wegfall der Voraussetzungen ist die aktive Steuerlatenz demzufolge aufzulösen.212

Mit Annäherung an die IFRS werden somit in diesem Bereich zunehmend zukunftsorientierte Annahmen für die Bilanzierung gefordert. Vor allem die Bilanzierung von latenten Steuern und im weiteren auch die Bilanzierung von aktiven latenten Steuern auf Verlustvorträge wurden in Deutschland durch die DPR als mehrfach auftretende Ursache von Fehlern identifiziert. Dies ist vor allem auf die Notwendigkeit von Einschätzungen zukünftiger Geschäftsentwicklungen und der Beurteilung der Werthaltigkeit und der damit zusammenhängenden Ermessenspielräume zurückzuführen.213

Aus Sicht des Prüfers sind in Bezug auf die Angemessenheit der Aktivierung von Verlustvorträgen grundsätzlich die Verlustursachen zu hinterfragen. In der Praxis ist bei Unternehmen mit einer andauernden Verlusthistorie von über 3 Jahren zu beachten, dass in solchen Fällen grundsätzlich strengere Anforderungen geboten sind, um substanzielle Hinweise in der Zukunft als plausibel rechtfertigen zu können. Als substanzielle Hinweise können unter anderem folgende Sachverhalte eine zukünftige Erzielung von Gewinnen sicherstellen:214

» Verluste in den Vorjahren bestanden aufgrund von Sondereffekten wie bspw außerplanmäßige Abschreibungen,

210 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 16 ff.

211 Eberhartinger/Petutschnig in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg) 64.

212 Egger/Samer/Bertl, Band 116 (2016) 114.

213 Endert/Sepetauz, Latente Steuern auf Verlust- und Zinsvorträge, PIR 1/2013, 1 f.

214 Endert/Sepetauz, PIR 1/2013, 4.

» es wurden Maßnahmen im Rahmen von Sanierungen vorgenommen, welche die Verlustursachen aufgehoben haben,

» konkrete Unternehmensstrategien wurden umgesetzt, wie bspw ein Verkauf oder die Schließung verlustbringender Unternehmensbereiche,

» Steuergestaltungsmöglichkeiten, die tatsächlich durchgeführt werden können,

» durch eine nachhaltige Verbesserung der Auftragslage.

Bei Unternehmen, die in der Vergangenheit über mehrere Jahre Verluste erlitten haben ist somit grundsätzlich durch die Situation des Unternehmens keine Möglichkeit der Verlustnutzung möglich, wenn sich die Verluste in der Vergangenheit nicht durch einmalige Ereignisse ergeben haben. Umso relevanter sind daher überzeugende Belege (convincing evidence) für die Nutzung von Verlustvorträgen in späteren Geschäftsjahren.215

Für die Verifizierung der Planungsrechnung sind Abweichungen mit Prognosen aus der Vergangenheit qualitativ einzuschätzen und zu beurteilen. Um die materielle Richtigkeit und Plausibilität zu gewährleisten sind ua eine ordnungsgemäße Dokumentation und die Vollständigkeit der Prognoserechnung zu überprüfen.216

Aufgrund der durch die Aktivierung von steuerlichen Verlustvorträgen inbegriffenen Darstellung von steuerlichen Ergebnissen in der Zukunft, sind vor allem eine konsistente Berichterstattung im Lagebericht sowie bspw Sachverhalte betreffend Wertminderungstests zu beachten. Hier ist darauf zu achten, dass es zu keinen Widersprüchen kommt und eine Verlässlichkeit der Steuerplanung gegeben ist.217