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4. B EHANDLUNG VON V ERLUSTVORTRÄGEN

4.1. Definition und gesetzliche Grundlage des Verlustvortrages

4.1.4. Verlustabzugsbeschränkung im Fall eines Mantelkaufs

4.1.4.3. Nichtvorliegen eines Mantelkaufs

Die Erfüllung des Mantelkauftatbestands ist unter folgenden Umständen nicht in Betracht zu ziehen:311

» Kommt es zu einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur, jedoch zu einer lediglich unwesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen und organisatorischen Struktur einer wirtschaftlichen Einheit, ist kein Mantelkauf anzunehmen.

» Bei Vorliegen wesentlicher Änderungen im Bereich der wirtschaftlichen und organisatorischen Strukturen, jedoch besteht die Änderung der Gesellschafterstruktur auf unentgeltlicher Basis wie bspw durch Vererbung der Anteile. Ebenso gilt dies bei einem entgeltlichen Wechsel der Inhaber von nur 50 % der Anteile.

Darüber hinaus ist von keinem Mantelkauf zu sprechen, wenn es sich gem § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG um wesentliche Änderungen zum Zwecke der Sanierung des Unternehmens handelt. Somit bleibt das Recht zum Vortrag von Verlusten für folgende Fälle im Hinblick auf Sanierungszwecke bestehen, wenn:312

» trotz Änderungen von Strukturen iSd § 8 Abs 4 Z 2 KStG, zum Zwecke der Sanierung der Körperschaft, das Ziel zur Sicherung von Arbeitsplätzen erreicht werden soll, sowie

309 Lassacher, SWK 18/2016, 842.

310 Lassacher, SWK 18/2016, 842.

311 Mayr/Blasina/Schwarzinger/Schlager/Titz, SWK-Spezial Körperschaftssteuer 2014/15, 183.

312 KStR 2013, Rz 1002.

» bei Strukturänderungen iSd § 4 Z 2 UmgrStG, die ebenfalls der Erhaltung von Arbeitsplätzen dient.

Aus standort- und sozialpolitischen Gründen ergibt sich daher trotz Erfüllung der Tatbestände in Bezug auf organisatorische und wirtschaftliche Änderungen sowie Veränderungen der Gesellschafterstruktur keine Rechtsfolge des Mantelkaufs, wenn diese im Wege einer Sanierung erfolgen. Von einer Sanierung kann nur ausgegangen werden, wenn die bestehende Betriebsstruktur sanierungsbedürftig ist. Strukturänderungen einer bereits untergegangenen Betriebsstruktur können nicht unter die „Escape-Klausel“

fallen. Des Weiteren ist auch keine Ausnahme für Sanierungen gegeben, wenn die Maßnahmen für den Erhalt von Arbeitsplätzen nur für kurze Zeit ausgerichtet werden.

Eine nachträgliche Versagung ist nicht vorgesehen, wenn die geplanten Sanierungsmaßnahmen trotzdem zum Abbau von Arbeitsplätzen führen, da der Gesetzeswortlaut lediglich das Ziel der Erhaltung betrieblicher Arbeitsplätze anführt. Zum Nachweis von Sanierungsmaßnahmen können bspw Business-Pläne, Fortbestehungsprognosen oder ähnliche zuverlässige Dokumentationen vorgelegt werden.313

Als Ausmaß für die Erhaltung von Arbeitsplätzen ist nach heutiger Ansicht mindestens ein Viertel der Arbeitsplätze, die vor der Änderung der Strukturen vorhanden waren, aufrechtzuerhalten. In diesem Zusammenhang sind darüber hinaus betriebswirtschaftliche Größen wie bspw der Umsatz, das Anlagevermögen oder das Auftragsvolumen ebenfalls mindestens 25 % nach den Sanierungsmaßnahmen beizubehalten.314

In Verbindung mit Umgründungen ergibt sich des Weiteren neben der Sanierungsklausel eine zusätzliche Ausnahme betreffend Rationalisierungs- und Synergieeffekten. Die Beurteilung des Übergangs von Verlusten im Zusammenhang mit Umgründungen hat gem

§ 4 Z 1 lit c UmgrStG zu erfolgen, wobei diese anhand der qualifizierten Umfangsminderung des Betriebs festzustellen ist. Hier sind vor allem quantitative betriebswirtschaftliche Kriterien zu berücksichtigen. Der genannte Tatbestand zur Beurteilung ist im Vergleich zur Mantelkaufbestimmung des § 8 Abs 4 Z 2 KStG als lex specialis zu betrachten.315

Die oben erwähnte Rationalisierungsklausel bzw Synergieklausel ist im Gegensatz dazu den Sanierungen iSd § 8 Abs 4 Z 2 KStG gleichgestellt. In der allgemeinen

313 Ressler/Stürzlinger in Lang/Rust/Schuch/Staringer (Hrsg), KStG 20162 (2016) § 8 Rz 262 ff.

314 Gruber in Staringer/Schuch/Lang/Marchgarber/Rust (2016) 193 f.

315 Hirschler/Sulz/Oberkleiner, Bei Umwandlung kein Verlustübergang infolge qualifizierter Umfangsminderung des Betriebs, BFGJournal 2016, 136.

Mantelkaufbestimmung des KStG sind jedoch keine Bestimmungen iZm Rationalisierungsmaßnahmen geregelt. Als Folge daraus ergibt sich, dass bei Feststellung eines Mantelkaufs die Verlustvorträge der übertragenden Körperschaft gem § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG untergehen und die Anwendung der Rationalisierungsklausel bei einer nachfolgenden Umwandlung nicht mehr möglich ist.316

Mittels Regelung im § 4 Abs 2 UmgrStG, welche an § 8 Abs 4 Z 2 KStG anknüpft, soll der Mantelkauf verhindert werden, wenn im Rahmen einer Umgründung eine wesentliche Veränderung der Strukturen einerseits bei der übertragenden und andererseits beider übernehmenden Körperschaft vorherrscht.317

Zu unterscheiden ist daher in „vorumgründungsveranlasste“ und

„umgründungsbedingte“ Mantelkäufe. Sind die Kriterien eines Mantelkaufs schon vor einer Umgründung erfüllt, so gilt dafür die Bestimmung gem § 8 Abs 4 Z 2 lit c KStG. Für den Fall eines umgründungsbedingten Mantelkaufs ist § 4 Z 2 UmgrStG anzuwenden und soll somit ein Umgehen vom Mantelkauftatbestand verhindern.318

Wesentliche Strukturänderungen iSd § 8 Abs 4 Z 2 KStG vor der Umgründung sind anzunehmen, wenn diese bereits vor der Beschlussfassung der Einbringungsmaßnahme stattgefunden haben und somit vor dem Einbringungsstichtag eintreten.319

Vom obigen Sachverhalt abgesehen geht jedoch gem § 4 Z 2 UmgrStG das Recht zum Verlustvortrag nicht verloren, wenn die Strukturänderungen aufgrund von Rationalisierungen bei der übernehmenden Körperschaft erfolgen. Bei Rationalisierungsmaßnahmen handelt es sich um Optimierungen von Ergebnissen bspw durch Einsparungen von Kosten und Verbesserungen in Abläufen im Unternehmen. Neben der betrieblichen Organisation ist auch die Unternehmenstätigkeit der übernehmenden Körperschaft zur Beurteilung heranzuziehen. Weiters ist es möglich durch Zusammenschlüsse Synergieeffekte zu erzielen, die schließlich zur Wertsteigerung führen können.320 Durch den Zusammenschluss können ua folgende Verbundeffekte wie Vergrößerungen des Abnehmerkreises, Produktübernahmen, wechselseitige Finanzierungen sowie Größenvorteile im Beschaffungsmarkt entstehen.321

316 Kirchmayr in Achatz/Kirchmayr (Hrsg), Körperschaftsteuergesetz (2011) Rz 596 f.

317 Furherr in Kofler, UmgrStG5 (2016) § 21, Rz 66.

318 Gruber in Staringer/Schuch/Lang/Marchgarber/Rust (2016) 185.

319 Furherr in Kofler, UmgrStG5 (2016) § 21, Rz 67.

320 KStR 2013, Rz 1003.

321 Kofler/Six in Kofler, UmgrStG5 (2016), § 4, Rz 168.

Daraus ergibt sich, dass iZm Umgründungen trotz vorhandener Änderungen der Strukturen kein Mantelkauf vorliegt, wenn entweder die Sanierungsklausel iSd § 8 Abs 4 Z 1 lit c KStG oder die im UmgrStG geregelte Rationalisierungs- bzw Synergieklausel erfüllt wird. Dabei muss gegenüber der Abgabenbehörde erkennbar gemacht werden können, dass ein Motiv zur Rationalisierung bzw Verbesserung besteht. Als Nachweis ist die Darlegung von Planungsrechnungen möglich.322

322 Kofler/Six in Kofler, UmgrStG5 (2016), § 4, Rz 163, 169.