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3. B ILANZIERUNG VON LATENTEN S TEUERN NACH DEM RÄG 2014

3.2.2. Ausnahme gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB

Der Umkehrschluss der zweiten Ausnahme ergibt, dass iZm dem erstmaligen Ansatz eines Vermögenswerts oder einer Schuld, latente Steuern nur aus Buchwertdifferenzen aufgrund von Umgründungen iSd § 202 Abs 2 UGB oder Übernahmen iSd § 203 Abs 5 UGB angesetzt werden dürfen. In diesem Zusammenhang können Buchwertunterschiede entstehen, da lt UmgrStG die Buchwertfortführung zwingend vorgeschrieben wird.

Unternehmensrechtlich besteht im Unterschied dazu das Wahlrecht zwischen der Buchwertfortführung gem § 202 Abs 2 UGB und der Neubewertung gem § 202 Abs 1 UGB.

Werden unternehmensrechtlich die fortgeführten Buchwerte anstatt der Neubewertung angesetzt, so können ausgenommen vom Ansatz eines Umgründungsmehrwerts keine Differenzen und somit keine latenten Steuern entstehen.98

Diese Bestimmung hat zusammenfassend zur Folge, dass alle temporären Differenzen, die aufgrund erfolgsneutraler Geschäftsvorfälle (§ 198 Abs 10 Z 2 lit b UGB) entstanden sind, zu keiner Berücksichtigung von latenten Steuern führen, wenn es sich um keine Umgründung handelt (§ 198 Abs 10 Z 2 lit a UGB).99

96 Egger/Samer/Bertl, Band 116 (2016) 128 f.

97 Egger/Samer/Bertl, Band 116 (2016) 129 ff.

98 Hirschler/Krainz/Dizdarevic/Höltschl in Institut Österreichischer Wirtschaftsprüfer (Hrsg) 250 f.

99 Egger/Samer/Bertl, Band 116 (2016) 143.

3.2.2.1. Geltungsbereich der Ausnahme

Geltung hat die Ausnahme gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB bspw bei Anschaffungen, bei denen sich die Kosten des Erwerbs unternehmensrechtlich und steuerrechtlich unterscheiden.100

Zu einem Bilanzierungsverbot latenter Steuern kommt es somit auch wenn der angeschaffte Vermögenswert im Steuerrecht nur zum Teil oder gar nicht anerkannt wird.

Dies betrifft zB die Anschaffung eines PKWs über der Luxustangente, da unternehmensrechtlich ein höherer Wert angesetzt wird als steuerrechtlich.101

Hingegen ergibt sich bei folgendem Sachverhalt kein Anwendungsfall für das Bilanzierungsverbot von latenten Steuern: Kommt es im Zuge einer Umgründung aufgrund der unternehmensrechtlichen Neubewertung gem § 202 Abs 1 UGB mit Aufdeckung von stillen Reserven zu temporären Unterschiedsbeträgen, so sind diese als latente Steuern zu berücksichtigen und fallen nicht unter die Ausnahme gem § 198 Abs 10 Z 2 lit a UGB.102

Durch die beiden Ausnahmeregeln im § 198 Abs 10 Z 1 und 2 UGB ist die Behandlung eines Firmenwerts und Umgründungsmehrwerts im Zuge einer Umgründung aufgrund des Zusammenwirkens der beiden Regelungen unklar. Fraglich ist die Bilanzierung bei der modifizierten Buchwertmethode gem § 202 Abs 2 Z 3 UGB, bei welcher der übersteigende Anteil der Gegenleistung in Bezug auf das übernommene Nettoaktivvermögen als aktiver Unterschiedsbetrag berücksichtigt werden kann. Dieser teilt sich in stille Reserven, die als Umgründungsmehrwert angesetzt werden können und einen Firmenwert. Grundsätzlich ist der Umgründungsmehrwert als Bilanzierungshilfe zu klassifizieren, welcher jedoch wie ein Vermögensgegenstand zu bewerten, abzuschreiben bzw zuzuschreiben ist und somit nicht als Firmenwert behandelt wird. Die aus dem erstmaligen Ansatz resultierenden Differenzen führen daher zu latenten Steuern, da diese Art als Bilanzierungshilfe unter dem Begriff des Vermögenswerts iSd § 198 Abs 10 Z 2 UGB subsumiert werden kann. Die in den IFRS verwendete Begriffsdefinition geht über den im UGB verwendeten Begriff des Vermögensgegenstandes hinaus. Weiters ist jener Anteil der Gegenleistung, der den Umgründungsmehrwert übersteigt gem § 202 Abs 2 Z 3 letzter Satz UGB als Firmenwert zu berücksichtigen. Im Vergleich zum UGB unterliegt der Firmenwert nach IFRS keiner planmäßigen Abschreibung und unterscheidet sich deshalb

100 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 27.

101 Egger/Samer/Bertl, Band 116 (2016) 143 f.

102 Hirschler/Krainz/Dizdarevic/Höltschl in Institut Österreichischer Wirtschaftsprüfer (Hrsg) 251.

iZm der Bilanzierung des Firmenwerts nach IFRS. Entgegen der mehrheitlichen Literaturmeinung ist nach Ansicht von Eberhartinger/Petutschnig der Ausnahmebestand gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB als lex specialis zu sehen, wodurch erstmalig angesetzte Firmenwerte aus Umgründungen zu latenten Steuern führen.103

Gegensätzlicher Meinung sind ua Stückler, Dokalik/Hirschler sowie Egger/Samer/Bertl, die das Heranziehen eines erstmals entstandenen Firmenwerts aus einer Umgründung nicht als Tatbestand für die Steuerabgrenzung ansehen.104

In Bezug auf die Behandlung eines Firmenwerts iZm einer Umgründung äußert schließlich auch das AFRAC klar, dass latente Steuern aus dem erstmaligen Ansatz eines Firmenwerts nicht zu berücksichtigen sind.105

3.2.2.2. Umgründungen gem § 202 Abs 2 UGB sowie Übernahmen gem § 203 Abs 5 UGB

Gem § 198 Abs 10 Z 2 lit a UGB sind Umgründungen iSd § 202 Abs 2 UGB sowie Übernahmen iSd § 203 Abs 5 UGB vom zweiten Ausnahmetatbestand nicht betroffen.

Grundsätzlich beschreibt eine Umgründung die Übertragung einer unternehmensrechtlichen Einheit. Als Gegenleistung werden dabei Gesellschafterrechte gewährt oder aufgegeben. Der Vorgang einer Umgründung ist aufgrund der Regelungen im UmgrStG steuerneutral. Nach den Vorschriften des UGB werden hingegen durch Anwendung des Wahlrechts gem § 202 Abs 1 iVm § 203 Abs 5 UGB oder gem § 202 Abs 2 UGB stille Reserven aufgedeckt.106

Bei Übernahmen iSd § 203 Abs 5 UGB handelt es sich um erfolgsneutrale Anschaffungsvorgänge von Betrieben bzw Teilbetrieben.107

Aufgrund dieser Bewertungsunterschiede zwischen UGB und dem UmgrStG ergeben sich Differenzen infolge von Umgründungen bzw Übernahmen. Unterschiedsbeträge, die sich in den folgenden Jahren abbauen, sind gem § 198 Abs 9 UGB zu berücksichtigen und fallen nicht unter die Ausnahme des § 198 Abs 10 Z 2 UGB.108

103 Eberhartinger/Petutschnig, RWZ 2015, 255.

104 Haselsteiner/Reinold/Stückler, Auswirkungen des APRÄG 2016 auf den Einzel- und Konzernabschluss, RWZ 2016, 245.

105 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) zu Rz 27.

106 Nowotny in Gedlicka/Kerschbaumer/Lehner 57.

107 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) zu Rz 72.

108 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) zu Rz 67.

Zu beachten ist jedoch, dass iZm Umgründungen nach Ansicht des AFRAC die Möglichkeit besteht, dass das Ansatzverbot gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB unter bestimmten Voraussetzungen auch bei Umgründungen gem § 202 Abs 2 UGB ohne Betrieb bzw Teilbetrieb zur Anwendung kommt. Grundsätzlich handelt es sich um keine Umgründung iSd § 198 Abs 10 Z 2 lit a UGB, wenn lediglich einzelne Vermögensgegenstände wie Grundstücke oder ein Geschäftsanteil erworben werden, da diese keinen Betrieb oder Teilbetrieb darstellen. Im Gegensatz dazu werden bei Übernahmen iSd § 203 Abs 5 UGB stets Betriebe bzw Teilbetriebe übernommen.109

Das entscheidende Kriterium für die Berücksichtigung von latenten Steuern iZm mit Umgründungen ist somit die Übertragung eines Betriebs oder Teilbetriebes.110

Für Umgründungen iSd § 202 Abs 2 UGB mit Betrieb bzw Teilbetrieb und Übernahmen iSd § 203 Abs 5 UGB sind nur die Ausnahmen gem § 198 Abs 10 Z 1 und 3 UGB möglich, da die Voraussetzungen des zweiten Bilanzierungsverbots lt § 198 Abs 10 Z 2 UGB kumulativ nicht erfüllt werden. Nach Ansicht des AFRAC ist es möglich, dass eine Umgründung iSd § 202 Abs 2 UGB ohne Betrieb bzw Teilbetrieb unter das Bilanzierungsverbot der Z 2 fällt. Dies ist der Fall, wenn weder ein Betrieb bzw Teilbetrieb umgegründet wird, noch das bilanzielle Ergebnis vor Steuern bzw das zu versteuernde Ergebnis beeinflusst wird.111

Konkret bedeutet dies, dass für erfolgsneutrale Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärts-Umgründungen gem § 202 Abs 2 UGB ohne Betrieb bzw Teilbetrieb die Ausnahmebestimmung gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB anwendbar ist und somit in diesem Zusammenhang keine latenten Steuern zu berücksichtigen sind.112

109 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) zu Rz 69 ff.

110 Nowotny in Gedlicka/Kerschbaumer/Lehner 57.

111 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 68 f.

112 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) Rz 92 f.

Folgende Grafik gibt einen Überblick über den erwähnten Sachverhalt bezüglich der Anwendbarkeit der Ausnahme in Zusammenhang mit Umgründungen:

Abbildung 3: Überblick über Anwendung des Bilanzierungsverbots iZm Umgründungen113

3.2.2.3. Beeinflussung des bilanziellen Ergebnisses vor Steuern bzw des zu versteuernden Ergebnisses

Neben den Sonderregelungen für Umgründungen und Übernahmen in lit a des Ausnahmetatbestands gem § 198 Abs 10 Z 2 UGB wird weiters das Vorhandensein eines steuerneutralen Geschäftsvorfalls als Voraussetzung in lit b festgelegt. Ein Einfluss auf

„das bilanzielle Ergebnis vor Steuern noch das zu versteuernde Ergebnis“ darf zum Zeitpunkt des Geschäftsvorfalles nicht vorliegen.

Abhängig von der Beeinflussung einer Umgründung auf das bilanzielle Ergebnis vor Steuern bzw des zu versteuernden Ergebnisses hängt von der Richtung der Umgründung ab.114

113 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) S 56.

114 AFRAC, AFRAC-Stellungnahme 30: Latente Steuern im Jahresabschluss (Dezember 2016) zu Rz 69.

Ausnahme gem § 198 (10) Z 2 lit a UGB

-Umgründung ohne Betrieb bzw Teilbetrieb nach § 202 (2) UGB

JA

§ 198 (10) Z 2 lit b - erfolgsneutral

JA

Ausnahme iSd § 198 (10) Z 2 UGB

NEIN

Prüfung, ob Ausnahme iSd § 198 (10) Z 3 UGB

anwendbar

NEIN, Umgründung mit Betrieb bzw Teilbetrieb

keine Ausnahme iSd § 198 (10) Z 2 UGB

Prüfung, ob Ausnahme iSd § 198 (10) Z 3 UGB

anwendbar