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2. G RUNDLAGEN

2.3. Aktive und passive Steuerabgrenzungen

Entsteht aus den ermittelten temporären und quasi permanenten Differenzen in Summe eine Steuerbelastung oder Steuerentlastung, sind diese im ersten Fall auf der Passivseite als Rückstellung oder auf der Aktivseite als Abgrenzungsposten zu bilanzieren.33

Für die Bilanzierung der passiven latenten Steuern bleibt die Passivierungspflicht unverändert erhalten, während der Ansatz von aktiven latenten Steuern nun für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften verpflichtend vorzunehmen ist und weiters im Anhang zu Erläuterungspflichten führt. Auch für den Konzernabschluss wird die Aktivierungspflicht – ausgenommen für kleine Kapitalgesellschaften – neu geregelt. Unabhängig von der Größenklasse sind nun auch Verlustvorträge unter bestimmen Voraussetzungen als aktive latente Steuern aktivierungsfähig.34

30 Eberhartinger/Petutschnig, RWZ 2015, 251.

31 Grottel/Larenz, Beck’scher Bilanz-Kommentar10 (2016) § 274 Rz 10.

32 Eberhartinger/Petutschnig, Neues von den Latenten Steuern in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg), Reform der Rechnungslegung in Österreich (2015) 67.

33 Denk/Fritz-Schmied/Mitter/Wohlschlager/Wolfsgruber, Externe Unternehmensrechnung5 (2016) 409.

34 Eberhartinger/Petutschnig, in Bertl/Eberhartinger/Egger/Kalss/Lang/Nowotny/Riegler/Schuch/Staringer (Hrsg) (2015) 58.

Die nachfolgende Abbildung zeigt einen Überblick über aktive und passive Unterschiedsbeträge:

Abbildung 2: Überblick über aktive & passive latente Steuern35

2.3.1. Aktive latente Steuern

In der Praxis ergeben sich bei der Ermittlung von latenten Steuern mehrheitlich aktive latente Steuern. Vor dem RÄG 2014 galt ein Wahlrecht zur Bilanzierung aktiver latenter Steuern, welches dazu führte, dass meist kein Aktivposten angesetzt wurde.36

Grundsätzlich ergibt sich ein aktiver Unterschiedsbetrag, wenn der Buchwert eines Vermögensgegenstandes kleiner als der Steuerwert ist. Betrachtet man die Passivseite ergibt ein Buchwert, der größer ist als der Steuerwert einer Schuld, ebenfalls einen aktiven Unterschiedsbetrag.37

Grund für die Entstehung aktiver latenter Steuern bei Vermögenswerten durch den höheren Bilanzansatz nach dem Steuerrecht sind daraus resultierende höhere steuerliche Abschreibungen bzw Aufwendungen aus dem Abgang des steuerlichen Restbuchwerts in zukünftigen Jahren. Daraus entsteht steuerlich eine Entlastung zukünftiger unternehmensrechtlicher Gewinne. Im Vergleich dazu führen Verbindlichkeiten

35 Rohatschek, Sonderfragen der Bilanzierung5 (2016) 112.

36 Wolf, Bilanzierung von latenten Steuern, RWP 2/2016, 43.

37 Wagenhofer, Bilanzierung und Bilanzanalyse12 (2015) 118.

Unterschied zwischen unternehmensrechtlichem und steuerlichem Wertansatz

mit einem niedrigeren steuerlichen Bilanzansatz zu einem aktiven Abgrenzungsposten, da durch die Realisation in der Zukunft ein zusätzlicher steuerlicher Aufwand entsteht. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn eine gebildete Rückstellung nach unternehmensrechtlichen Vorschriften im Steuerrecht nicht erlaubt ist.38

Der steuerrechtlich zu versteuernde Gewinn ist somit höher als das unternehmensrechtliche Ergebnis und führt daher zu einem überhöhten Steueraufwand im Geschäftsjahr. Mittels Ansatz der aktiven latenten Steuern auf der Aktivseite der Bilanz wird der tatsächliche Steueraufwand, dieser sich wieder ausgleichenden Differenzen, periodengerecht abgegrenzt.39

Durch den Aktivposten wird die zukünftige Entlastung an Steuern dargestellt. Tritt die Steuerentlastung ein oder kann mit einem Ausgleich der Steuerentlastung nicht mehr gerechnet werden, so ist die aktive latente Steuer aufzulösen.40

Obwohl es sich bei aktiven latenten Steuern nicht um einen Vermögenswert im herkömmlichen Sinn handelt, welcher die Kriterien der selbstständigen Verkehrsfähigkeit aufweist, gelten diese Art von Steuerlatenzen ebenfalls aufgrund des wirtschaftlichen Vorteils als Vermögenswert. Die Einstufung wird an den Begriff „Asset“

nach den IFRS angelehnt.41

Als Beispiele für aktive latente Steuern zählen ua höhere Abschreibungen bzw eine kürzere Nutzungsdauer im unternehmensrechtlichen Jahresabschluss im Vergleich zur steuerlichen Abschreibung. Dies betrifft vor allem die Abschreibung von PKWs, derivativen Firmenwerten, Gebäuden und Beteiligungen. Weiters ergeben Pauschalwertberichtigungen von Forderungen, pauschal gebildete Rückstellungen sowie Aufwandsrückstellungen aktive Unterschiedsbeträge, da diese steuerlich nicht anerkannt sind. Auch unterschiedliche Wertansätze von Rückstellungen für Abfertigungen, Pensionen und Jubiläumsgelder führen zu aktiven latenten Steuern.42

38 Grünberger, Praxis der Bilanzierung 2015/201613 (2015) 240.

39Denk/Krainer/Reisner/Sixl/Wagner/Brein, Bilanzierung 2016 für den Jahresabschluss 201512 (2015) 210.

40 Denk/Fritz-Schmied/Mitter/Wohlschlager/Wolfsgruber, Externe Unternehmensrechnung5 (2016) 409.

41 Grottel/Larenz, Beck’scher Bilanz-Kommentar10 (2016) § 274 Rz 4.

42 Hilber in Torggler, UGB2 § 198 Rz 98b.

Darüber hinaus führen steuerrechtlich nicht anerkannte Bewertungsverfahren im Bereich der Vorräte wie bspw „Highest In - First Out“ (HIFO) zu aktiven latenten Steuern, wenn daraus ein niedrigerer Wert im UGB-Abschluss resultiert.43

2.3.1.1. Aktive latente Steuern in Verbindung mit Verlustvorträgen

Für die Bilanzierung latenter Steuern haben Verlustvorträge aufgrund eines Aktivierungswahlrechts gem § 198 Abs 9 S 3 UGB als aktive latente Steuern stark an Bedeutung gewonnen. Ganz allgemein spricht man bei Verlustvorträgen von Verlusten, die in folgenden Geschäftsjahren im Rahmen der Einkommensermittlung abgezogen werden können. Als Voraussetzung muss gemäß § 18 Abs 6 EStG eine ordnungsmäßige Buchführung vorliegen. Darüber hinaus dürfen Verluste, welche bereits in früheren Kalenderjahren veranlagt worden sind, nicht vorgetragen werden. Die Höhe des Verlustvortrags ist im Jahr der Entstehung des Verlustes zu bestimmen.44

Trotz Regelung des Verlusts in § 18 Abs 6 EStG unter den Sonderausgaben, handelt es sich gesetzessystematisch nicht um eine Sonderausgabe. Im Gegensatz zu Sonderausgaben ist der Verlustvortrag keine Begünstigung, sondern eine erforderliche Bestimmung zur Gewinnermittlung. Im § 8 Abs 4 Z 2 KStG wird der Verweis auf den Verlustvortrag gem § 18 Abs 6 EStG geregelt.45

Der Ansatz von aktiven latenten Steuern auf steuerliche Verlustvorträge dient ebenfalls dem Zweck, in Zukunft eintretende Steuerwirkungen vorwegzunehmen. In Geschäftsjahren mit einem steuerlichen Verlust kommt es zu keinen Steuererstattungen. Der Verlust wird jedoch in Folgejahre vorgetragen und kann somit bei Geschäftsjahren mit erwirtschaftetem Gewinn verrechnet werden. Infolgedessen fällt durch die Verrechnung keine Steuerbelastung an. Durch einen steuerlichen Verlustvortrag ist somit ein Potenzial zur Steuerminderung gegeben, der als aktive Steuerlatenz angesetzt werden kann.46

2.3.2. Passive latente Steuern

Wie in Abbildung 1 ersichtlich ergibt sich bei einem größeren Buchwert eines Vermögensgegenstandes als dessen Steuerwert ein passiver Unterschiedsbetrag. Dies

43 Denk/Fritz-Schmied/Mitter/Wohlschlager/Wolfsgruber, Externe Unternehmensrechnung5 (2016) 413.

44 Mayr/Blasina/Schwarzinger/Schlager/Titz, Der Verlustvortrag (Verlustabzug) als wichtigste Sonderausgabe, SWK-Spezial Körperschaftssteuer 2014/15, 182.

45 B.R., Wesen und Einschränkungen des Verlustvortrags, SWK 9/2016, 512.

46 Neubert/Geiler, Bilanzierung latenter Steuern: Änderungen, Auswirkungen auf den Jahresabschluss und praktische Umsetzung, Controlling & Management 11/2010, 34 f.

ist auch der Fall, wenn der Buchwert einer Schuld kleiner als der steuerliche Wertansatz ist.47

Diese Umstände ergeben in der Zukunft eine steuerliche Mehrbelastung, welche daraus resultiert, dass die steuerlichen Aufwendungen in Zukunft geringer sind bzw eine höhere Passivierung an Schulden erfolgte.48

Für diese steuerliche Mehrbelastung ist im Jahr der Entstehung der Differenz eine Rückstellung für passive latente Steuern zu bilden. Die Höhe entspricht dabei der voraussichtlichen Steuerbelastung in der Zukunft. Die Rückstellung ist wieder aufzulösen, wenn sich der Unterschiedsbetrag der Wertansätze wieder abbaut. Ist mit keiner Steuerbelastung mehr zu rechnen, ist die Rückstellung ebenfalls aufzulösen.49

Beispiele für die passiven latenten Steuern sind ua Abschreibungsdifferenzen, durch die unterschiedliche Anwendung von Abschreibungsmethoden. Wird unternehmensrechtlich die planmäßige Abschreibung zeitaliquot vorgenommen, ergibt sich im Vergleich zur steuerlichen Vorschrift der Halbjahresabschreibung eine Differenz zwischen den Abschreibungsbeträgen.50

Des Weiteren führen Aufwertungen von Vermögenswerten im Zuge von Umgründungen im Jahresabschluss nach UGB zu einer latenten Steuerschuld, da steuerrechtlich die Buchwerte fortzuführen sind.51

47 Wagenhofer, Bilanzierung und Bilanzanalyse12 (2015) 120.

48 Denk/Fritz-Schmied/Mitter/Wohlschlager/Wolfsgruber, Externe Unternehmensrechnung5 (2016) 410.

49 Bertl/Deutsch-Goldoni/Hirschler, Buchhaltungs- und Bilanzierungshandbuch9 (2015) 554.

50Hilber in Torggler, UGB2 § 198 Rz 97.

51 Rohatschek, Sonderfragen der Bilanzierung5 (2016) 113.