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KAPITEL 3: Maria Clementine Martin und die Kölner Zeit (1825–1843)

IV. Der Wappengebrauch der Konkurrenz

Maria Clementine Martin beklagte sich, kaum hatte die Preußische Regierung Ende No-vember 1829 ihr das Privileg zur Wappenführung erteilt, Anfang Januar des Jahres 1830 darüber, dass ihr Nachbar Mommer, Kölnisch Wasserfabrikant337, das in seinem Geschäft Domhof 17 ausgestellte Sortiment von Eau de Cologne ebenfalls mit dem Preußischen Ad-ler versehen habe.

Maria Clementine Martin bat die Behörde, dagegen einzuschreiten und erklärte mit Schreiben von Anfang des Jahres 1830 an die Königliche Regierung:

„rufe ich Wohl Dieselben, um Hülfe an, mir als Frauenzimmer doch Beystand ange-deihen zu lassen.

Mein Nachbar Mommer hat es gewagt die mir durch obige Allerhöchste Kabinets=Ordre, huldvoll verliehene Etikette, gleich nach der ersten Außstellung der Meinigen, an seinem Fenster zu brauchen, und hat dieselbe nachdrücklich ausstehn.

Auf welche Art derselbe dazu gekommen, ist mir und mehreren unbekant, weil der-selbe sein Eau de Cologne doch selbst fabrizirte ich selbst habe daher die meinige sorglich eingezogen, um erstlich meine Noth Euer Hochlöbliche, Königlichen Regie-rung vorzutragen, wozu ich mich genöthgt fühle, weil ich niemanden etwas zu nahe gethan.

336 LAV NRW R, B 2.15, Gesetzessammlung f. Königlich Preußische Staaten, S. 43.

337 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315, fol. 35r.

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Euer Hochlöbliche Königliche Regierung, bitte ich dahero gehorsamst gegen Eingriffe dieser Art in meine[m] Rechte hochgeneigt zu schützen, worauf ich um so mehr ver-trauensvoll rechnen zu dürfen mir schmeicheln, als ich von der strengen Gerechtigkeit, die Euer Königliche Regierung auszuüben gewohnt ist, überzeugt bin.“338

In Ermangelung gewerblicher Schutzrechte vermochte der in seinen Belangen verletzte Unternehmer gegenüber dem Störer selbst keine Unterlassungsansprüche zu realisieren, sondern war auf ein Einschreiten der staatlichen Stellen angewiesen.

Das führte, wie auch der Vorgang Mommer zeigt, nicht immer zu dem gewünschten Er-gebnis.

So sah der Oberprokurator entgegen der Rechtsauffassung der Regierungsbehörden in Köln in der Wappenführung des Konkurrenten der Firma Martin keinen Verstoß gegen Art. 142 und 143 des Strafgesetzbuches, weil es an den tatbestandlichen Voraussetzun-gen fehlte.

Ebensowenig nahm die Oberprokuratur eine Verletzung eines „Fabrikzeichens“ des Un-ternehmens Martin durch Nachahmung und Gebrauch an.

Das ist insofern von Bedeutung, als man zutreffender Weise davon ausging, dass das preußische Wappen auf den Waren der Maria Clementine Martin eben nicht als ein schutzwertes „eigenthümliches Fabrikzeichen“ anzusehen sei.

Allerdings nahm die Kölner Regierungsbehörde diesen Vorgang zum Anlass, eine Geset-zesinitiative zu starten, worauf hin im Oktober des Jahres 1831 in Preußen eine Regelung des Inhalts eingeführt wurde, welche „die Bestrafung des eigenmächtigen Gebrauchs und der Abbildung des königlichen Wappens zur Bezeichnung von Waaren, auf Aushängeschil-dern oder Etiquetten“ vorsah.

Die Anzeige der Maria Clementine Martin löste innerhalb der Behörden einen interessan-ten Schriftwechsel aus.

So wandte sich der Oberprokurator nach Darstellung des Inhalts der „Denunciation“ der Unternehmerin Martin mit seiner Anfrage vom 30. März 1830 an die Königliche Regie-rung:

„Um nun beurteilen zu können, ob ein hinreichender Grund vorhanden sey, dieser Denunciation Folge zu geben, so ersuche eine Hochlöbliche Regierung ich ergebenst mir gefälligst eine Abschrift der Allerhöchsten Cabinetsordre, wodurch die p Martin die erwähnte Bergünstigung erhalten hat, mittheilen und darüber Auskunft geben zu wollen, ob der p Mommer vielleicht die nemliche Befugniß ausgewirkt hat und zu wel-chem Zweck und nach welchen Grundsätzen solche nachgesucht und bewilligt zu

338 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315., fol. 34r.-34v.

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werden pflegt, indem mir keine Verordnung bekannt ist, welche diesen Gegenstand regulirt hat.“339

Dieser Hinweis des Königlichen Oberprokurators ist insofern interessant, als er damit of-fen das Fehlen gesetzlicher Bestimmungen zur Verleihung des der Unternehmerin Martin erteilten Privilegs ansprach.

Die Preußische Regierung in Köln, Abteilung des Inneren, überließ dem Oberprokurator die gewünschten Unterlagen in Abschrift und erklärte darüber hinaus, dem „Carl Mommer hieselbst ist eine ähnliche Erlaubniß nicht zu Theil geworden“, und die Behörde auch nicht wisse, „ob derselbe sich darum beworben habe“.340

Im Übrigen hieß es in dem Schreiben weiter:

„Eine besondere diesen Gegenstand regelnde Verordnung ist uns nicht bekannt, scheint uns aber auch nicht erforderlich, da das Vergehen und der unerlaubte Ge-brauch von Staats=und Privat-Siegeln, Stempeln oder Zeichen in dem Strafgesetzbuch besonders in den Artikeln 142 und 143 vorgesehen ist.“341

Der Vorgang beschäftigte die angerufenen Instanzen mehr als ein Jahr lang und endete im Juni 1831.

Der Oberprokurator teilte der Regierung folgendes Ergebnis mit:

„Einer Hochlöblichen Regierung habe ich die Ehre, auf das gefällige Schreiben vom 29.

v. Monats ergebenst zu erwiedern, daß der Mißbrauch einiger Kaufleute unbefugt das Königl. Wappen als Aushängeschild und auf Etiquetten ihrer Waaren zu führen, keine Verbrechen begründen können, welche in den Artikeln 142 und 143 des B. Gesetzbu-ches vorgesehen ist. Diese gesetzlichen Bestimmungen haben nur Bezug auf das Nachahmen und Verfälschen solcher Staats-Siegel oder Stempel, welche zu besonde-ren Zwecken auf Waabesonde-ren aufgedrückt werden, oder auf den Mißbrauch solcher äch-ten Siegel oder Stempel zum Nachtheile des Staates, einzelner Behörden, und selbst Privatpersonen.

Auch treten noch die Bestimmungen des Dekrets vom 22. Germinal J. 11 und vom 11.

Juni 1809 ein, wenn zum Nachtheile des Besitzers eines eigenthümlichen Fabrikzei-chens, solches von Anderen unbefugt nachgemacht und gebraucht wird, aber zu die-ser Kathegorie eignet sich der gerügte Mißbrauch wieder nicht.

Eine Hochlöbliche Regierung wird es so auch unter diesen Umständen vergebens überlassen sein, durch Bekanntmachung zweckmäßiger polizeilicher Maßregeln die-sen Mißbrauch zu steuern.“342

339 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315, fol. 35r.

340 A.a.O., fol. 35v.

341 A.a.O., fol. 36r.

342 A.a.O., fol. 54r.-54 v.

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Das Resultat wird die Unternehmerin Martin nicht gerade gefreut haben, berührte es doch empfindlich das ihr verliehene Recht der Wappenführung auf ihren Produkten.

Das Verfahren gegen die von Maria Clementine Martin angezeigten Konkurrenten verlief mangels geeigneter Rechtsgrundlage ohne den von ihr gewünschten Erfolg, sieht man von der dadurch ausgelösten Gesetzesinitiative zum Wappenrecht der Regierung in Köln, auf die noch einzugehen ist, einmal ab.

Im Oktober des Jahres 1830 befasste Maria Clementine Martin die Kölner Behörden mit einer weiteren Anzeige, der wiederum eine „unberechtigte“ Wappenführung seitens der Konkurrenz zugrunde lag. Dabei ging es um den Lithographen Mottu, richtiger um seine minderjährigen Erben und deren Vormund Wünsch.

Die ehemalige Ordensfrau teilte den Behörden mit, dass der Nachbar Mommer, „obwohl selbst Fabrikant von Kölnisch Wasser“343, in dem gegen ihn laufenden Verfahren „behaup-tete diese Eau de Cologne Fläschchen und Kisten, mi[t] dem Königlichen Wappen rubrizirt, [in] Commission von dem Lithographen Mottu erhalten zu haben“.344

Weiter hieß es:

„Ob aber letztgedachter Mottu gleich mir Allerhöchsten Orts privilegirt ist, das König-liche Wappen in seinen Fabr[i]caten zum Aushängeschild zu gebrauch[en] liegt außer meiner Wissenschaft und eben so außer meiner positiven Kenntniß, daß der mir ge-genüber wohnen[de]Mommer einseitig sich des Königlichen Wappens bedienen darf.

Es ist mir auch anderweit versicher[t] worden, daß der p. Mottu sowohl als auch sein angeblicher Helfershelfer ih[re] Firma in der üblichen Art und Weise nicht deponirt haben, und ich daher zu der Vermuthung geleitet werde, daß dem p. Mottu gleich dem mir gegenüber wohnenden Mommer die Ber[uehm]ung zum Königlichen Wap-pen keineswegs zustehe.“345

Die Unternehmerin Martin regte eine Untersuchung durch die Behörden an, indem sie verlangte, zu prüfen,

„ob un[d] in wie fern der Mottu und der mir gegenüberwohnende Mommer einen Gewerbeschein zum Commisssions Geschäfte in Eau de Cologne Fabrica[ten] aufzu-weisen vermögen und zugleich das Recht haben, das Königliche Wappen in ihren Eti-ketten führen zu dürfen“.346

Und tatsächlich nahm der Polizei-Kommissar Heylmann bei Mottu eine Ortsbesichtigung vor, deren Ergebnis er in einem Vermerk festhielt:

343 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315, fol. 35r.

344 A.a.O., fol. 48v.

345 A.a.O.

346 A.a.O., fol. 49v.

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„Es wurde von mir von drei Minorennen Mottü, deren Eltern verstorben sind, der auf dem Mühlenbach 59 wohnende Herr Anton Wünsch als Neben Vormund und Ge-schäftsführer der Lythographie und Fabrikation des Kölnischen Wassers vorgestellt, derselbe zeigte mir den Vorrath des Kölnischen Wassers in seinem Waarenzimmer, derselbe bestand in 19 Kistchen a 6 Gläser mit der beiliegenden, das Königlich Preußi-sche allerhöchste Haus=Wappen vorstellende Etiquette versehen, und 13 Kistchen a 4 Gläser mit dem Preußischen Adler und den 2 wilden Männern etiquettirt.

Außerdem fanden sich 48 einzelne Flaschen mit [xxx]: Etiquette vor.

So wenig die Minorennen Mottü als Hr. Wünsch konnten sich über den Gebrauch je-ner Wappen legitimiren und erklärt[e] Hr. Wünsch, daß sich der verstorbene Mottü schon dieser Etiquetten zu seinem Kölnischen Wasser bedient habe, und er bei Fort-setzung dessen Geschäfts für die hinterlassenen Kinder, kein Bedenken gefunden ha-be, sich desselben ebenfalls zu bedienen, übrigens habe er [xxx] dem Modehändler Mommer blos zwei Kistchen Eau de Cologne mit jenen Etiketten verkauft.“347

Während man bei Mottu und Wünsch die inkriminierten Etiketten fand, blieb die bei dem Nachbarn der Firma Martin, dem Kaufmann Mommer, diesbezüglich durchgeführte Un-tersuchung ergebnislos.

Das jedenfalls teilte die Preußische Regierung in Köln, Abteilung des Inneren, der Be-schwerdeführerin Martin in ihrem Schreiben vom 3. November 1830 mit und erklärte weiter,

„daß die Mottuschen Minorennen und zwar für dieselben der auf der Mühlenbach No.

59 wohnende Anton Wünsch, sich unbefugter Weise des Preußischen Wappens auf Eau de Cologne Kistchen und Flaschen Vignetten bedient haben.

Die desfalsigen Verhandlungen sind der gerichtlichen Behörde mit dem Antrage auf Untersuchung und Bestrafung, wovon der Erfolg abzuwarten seyn wird, vorgelegt worden“.348

Ebenso wie bereits der Oberprokurator in Köln keine Verletzung gesetzlicher Bestimmun-gen in der Wappenführung anBestimmun-genommen hatte, vertrat auch das Königliche Landgericht in Köln diese Rechtsauffassung und wies, wie sich aus dem Schreiben der Regierung Köln an die zuständigen Ministerien in Berlin vom 10. Juli 1831 ergibt, die eingereichte Klage über den hier in Rede stehenden Sachverhalt mangels gesetzlicher Grundlagen ab.349

Mit dem angeführten Schreiben unternahm die Königliche Regierung in Köln den Versuch, die Berliner Ministerien auf die bestehende Lücke im Gesetz hinzuweisen und diese zum Handeln zu veranlassen, womit sie wohl auch Erfolg hatte.

347 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315, fol. 50r.-50v.

348 A.a.O., fol. 51r.-51v.

349 A.a.O., fol. 55r.

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Jedenfalls ist der Akte zu entnehmen, dass zum Thema Wappenführung am 16. Oktober 1831 eine „Allerhöchste Kabinets-Ordre“ folgenden Inhalts erging:

„Auf den Antrag der betreffenden Ministerien habe Ich festgesetzt, daß der eigen-mächtige Gebrauch und die Abbildung des Königlichen Wappens zur Bezeichnung von Waaren, auf Aushängeschildern oder Etiquetten, mit einer Geldbuße von 5 bis 50 Tha-lern oder Gefängnißstrafe von acht Tagen bis 6 Wochen belegt werden soll.“350

Diese Regelung fand sowohl auf die Sache des Kaufmanns Mommer als auch auf die Min-derjährigen Mottu und ihren gesetzlichen Vertreter Wünsch keine Anwendung und blie-ben sanktionslos.

Nicht anders ist das Schreiben zu deuten, mit dem sich Maria Clementine Martin noch im April 1832, also mehr als zwei Jahre nach Erstattung ihrer Anzeige, an den Medizinal- und Regierungsrat Merrem in Köln wandte und nochmals darauf hinwies, dass die Erben Mottu weiterhin auf den Etiketten ihres Kölnisch Wassers das Königlich Preußische Wap-pen führten und damit den „Weisungen der Verwaltungs= und Polizeibehörden“ trotzten.

Maria Clementine Martin mutmaßte,

„man sollte glauben, daß bei einer solchen Dreistigkeit eine Recht-Erlaubniß von ho-her Hand sonst unmöglich sey“.351

Und sie forderte, „den Eingriff in ihre Berechtigung auf dem geeigneten Wege“ abzustel-len.352

V. Zum Schutzumfang des Maria Clementine Martin erteilten Privilegs zur

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