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Maria Clementine Martin und ihr Immediatgesuch um Einräumung des Alleinverkaufs und Zulassung ihres Carmelitergeistes als Heilmittel (1834)

Für diese Initiative war die ministerielle Verfügung vom 15. März 1834 maßgebend, mit der ihr von der Königlichen Regierung in Köln unterstütztes Gesuch um Einräumung des Alleinverkaufsrechtes und Anerkennung ihres Carmelitergeistes als Arznei abgelehnt wor-den war.

Also schrieb sie an den „Allergütigsten, Großmächtigsten König und Herrscher“:

„Innigst gerührt durch die hohe Güte, mit der Eure Majestät die schwachen Bestre-bungen einer armen Klosterfrau aufzunehmen und zu belohnen geruhten, kennt die-selbe für ihre Dankbarkeitsgefühle kein eifrigeres Bestreben und keine höhere Wonne, als täglich die Heißesten Gebehte für das Wohl Ihres geliebten Königs, und Sein erha-benes Haus zu dem Himmlischen Vater zu senden.

Festbauend auf die unerschöpfliche Güte des nur für der Unterthanen Wohl schlagen-den Herzens Ihres angebeteten Königs, wagt dieselbe es hiermit nochmals eine Bitte an den Stufen Dero Thrones niederzulegen.

Allergnädigster König und Herr!

Eine arme Klosterfrau, deren ganze Existenz von der Fabrikation eines Heilwassers, dessen Bereitung ein Geheimniß ihres ehemaligen Ordens517 gewesen, abhängt, und die außerdem noch zwey armen Personen, die ihr dabei behülflich sind, Nahrung und Unterhalt bereitet, wagt es den hohen Gerechtigkeitssinn Ihres erlauchten Königs, um Schutz gegen die Verfälschung und unbefugte Ausbreitung ihres Fabrikats anzuflehen, wogegen selbst die huldvolle Verleihung Dero Königl. Wappens, die Certifikate der geachtesten Aerzte und Chemiker, selbst nicht einmal die hohe Wohlgewogenheit mehrerer königlicher Prinzen, die mich durch den Gebrauch der von mir bereiteten Fabrikate bisher bewahrten, noch die des Herrn Oberpräsidenten Freyherrn von Vinke und des Herrn Erzbischofs, deren Schutzes ich mich bisher erfreute und stets zu er-freuen hoffen darf, zu schützen vermögen.

Wohin also sollte eine arme Klosterfrau sich wenden, da ihr auch von dem hohen Mi-nisterium der Medicinal=Angelegenheiten, an welches sich für mich die hiesige Königl.

Regierung, so wie der Herr Ober Generalstabsarzt von Wiebel, nach Inhalt des an mich erlassenen gütigen Handschreibens, verwandt haben, keine Hülfe gewesen ist!

517 Anm. d. Verfassers: Es fällt auf, dass Maria Clementine Martin in ihren Äußerungen eine exakte na-mentliche Nennung des Ordens vermied. Neben der o.a. Formulierung flüchtete sie sich in nebulöse Aussagen, so bezeichnete sie sich z.B. als „Mitglied besagter Kongregation“ oder erklärte: „nach Auf-hebung des Ordens“.

Dabei lässt der Kontext nur den Schluss zu, sie habe dem Kloster der Karmelitinnen in Brüssel angehört bzw. sei Mitglied des Ordens der Karmelitinnen gewesen.

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Denn, obschon mir durch ein gütiges Handschreiben des Herrn Ober=Generalstabs-arztes v. Wiebel vom 10. Merz 1834 die Erfreuliche Nachricht geworden, dies Heilmit-tel ausschließlich als Arzney verkaufen zu dürfen, welche freudige Nachricht mir völlig genügte, und der Königl: Hochlöbliche:Regierung hinreichenden Grund mich zu schüt-zen gab, so ward diese meine Freude durch ein Rescript des hohen Ministeriums als Antwortschreiben an die Königl:Hochlöbliche Regierung, vom 15. Merz 1834 wieder völlig getrübt, da mir jener Vorzug des Verkaufs jenes Heilwassers als Heilmittel nicht gestattet wurde, indem es von dem hohen Ministerium unter die Parfümeriemittel gezählt wurde, welches auch jeder andere verkaufen könte.

Da nun aber nach Einsicht fachkundiger Männer, das von mir bereitete ächte Carmeliter Melissen Wasser, von jeher nie als Parfümeriemittel, sondern als Heilmittel gebraucht wurde, wie aus dem hier beigefügten Zettel Sub No. 2 den ich Euer Königli-chen Majestät, gehorsamst vorzulegen wage, zur Genüge hervorgeht, so darf ich der Hoffnung haben, daß Euer Königliche Majestät, meine gehorsamste Bitte zu geneh-migen huldvoll geruhen werden.

Sire, schon in mein 60tes Jahr getreten, durch bittere Anstrengungen frühzeitig geal-tert und geschwächt, kann es gewiß, Gott ist mein Zeuge, mein Wollen nicht sein durch eine unbillige Sorge für zeitliche Gütern mir und die noch wenigen Tage meines Lebens zu verkümmern. Nur die Absicht, der Wunsch, die gute Meinung über die Heil-samkeit meines Fabrikats, dessen Bereitung mein Geheimniß, und das eifrigste Studi-um fast meines ganzen Lebens war, und dessen wahrhafte Güte und Heilkraft durch die Glaubwürdigsten Zeugnisse und Erfolge bewährt sind, mit in das Grab zu nehmen, ist es, was mich hier die Bitte auszusprechen ermutigt, es möge meinem hohen Könige gefallen, mir den Verkauf dieses Heilwassers unter den rechtlichen Namen Carmeliter:

Melissen Wasser, und unter Zugabe des von jeher gebräuchlichen Ordenszettels No. 2 oder dessen Auszuges No: 3 mir das ausschließliche Privilegium für meine noch nach Art des allerhöchsten Privilegiums für die Voglersche oder Rosenbaumsche Zahntink-tur, und nun auf diese Weise das unredliche Verbreiten ähnlich genanter Fabrikate auswärtige Einführungen und Verfälschungen verhindert werden kann.

Denn meine gut bereiten Waaren von gewinnsüchtigen und der Bereitung gänzlich unkundigen einzelnen unbefugten Personen ausgesetzt ist, da ich doch die Erste bin, die nach Aufhebung des Ordens dies Heilmittel bereitete, und im Preussischen Lande bekannt machte.

Eine hochlöbliche hiesige Medizinalbehörde wird Euer Majestät, hinsichtlich meiner Aussage gegnügenste Aufklärung geben können; und der löbliche Apotekerstand, dessen das vorhin genante Rescript des hohen Ministeriums vom 15ten Merz 1834 in edler Sorgfalt dabrig gefährdet wähnt, wird um so weniger etwas dagegen einzuwen-den haben, als diesem Stande eines theils die Bereitung meines Geheimnisses unbekant, andererseits dieselben, so wie die angesehensten Aerzte Deutschlands dieß Fabrikat unmittelbar von mir beziehen. –

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In der festen Überzeugung, daß mein gütiger König, der gerechte und gütigste Herr-scher, diese Bitte seiner armen Magd, die nur an den Stufen des Thrones Hülfe erwar-tet, Gerechtigkeit wiederfahren lassen wird, zeichne ich bis zum letzten Athemzug Ehrfurchtsvoll

Euer Königlichen Majestät Unterthänigst Gehorsamste Magd

Maria Clementine Martin Klosterfrau, zu Cöln am Rhein“518

Auch diese Eingabe zeigt, dass Maria Clementine Martin den Schutz höchster staatlicher und geistlicher Stellen genoss und in dem Zusammenhang überrascht es nicht, dass ihr Generalstabsarzt von Wiebel, einer der Leibärzte König Friedrich Wilhelm III., ein Bestäti-gungsschreiben ausstellte, in dem ihr gestattet wurde, ihren Melissengeist ausschließlich als Arznei verkaufen zu dürfen.

Übrigens war von Wiebel einer der Nachfolger des hochangesehenen Generalstabs-Chirurgen der preußischen Armee Johann Goercke519, der sich u.a. nach der Schlacht bei Waterloo besonders um das Militär-Medizinal- und Lazarettwesen verdient gemacht hat-te, womit sich die These verstärkt, dass sich hohe Militärs, sei es Goercke, von Wiebel oder gar Blücher, bei König Friedrich Wilhelm III. für Maria Clementine Martin aufgrund deren Einsatzes bei der Versorgung und Pflege der vaterländischen Soldaten stark ge-macht haben und sie durch diese Fürsprache in den Genuss der lebenslangen Leibrente gelangte.

Indem jedoch lediglich von einem „gütigen Handschreiben“ die Rede ist, wird es sich hier-bei höchstwahrscheinlich nicht um eine offizielle Erlaubnis gehandelt haben, zu deren Er-teilung der Testator von Wiebel auch kaum befugt gewesen sein dürfte.

Allerdings half ihr, wie sie dann weiter ausführt, diese hochrangige Unterstützung nicht, weil das Ministerium ihr Gesuch abschlägig beschied, was sie dann veranlasste, sich auf direktem Wege an König Friedrich Wilhelm III. zu wenden und ihn um Hilfe zu bitten.

Wie beinahe selbstverständlich diskreditierte sie auch in diesem Gesuch ihre Mitbewer-ber als „gewinnsüchtig und unkundig“.

Überdies führte sie zur Stützung ihres Antrages an, dass nach der Meinung zahlreicher Fachleute, der von ihr hergestellte Melissengeist von Anfang an nie als Parfümeriemittel, sondern als Heilmittel anerkannt worden sei, um hernach zu behaupten, sie sei doch die Erste gewesen, die nach „Aufhebung des Ordens dies Heilmittel bereitete, und im Preussi-schen Lande bekannt machte“.520

518 GStA PK, I.HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 27765, S. 37V.-38R.

519 Die Kriegschirurgen und Feldärzte Preussens und anderer deutscher Staaten in Zeit- und Lebensbildern (1. Hälfte des 19. Jahrhunderts), S. 238; URL:http://archive.org (Aufruf am 09.02.2014).

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Diesen zuletzt aufgeführten Behauptungen ist zu widersprechen, denn Maria Clementine Martin war keineswegs die Erste, die nach Aufhebung des Ordens infolge der Säkularisa-tion den Karmelitengeist herstellte und in Preußen bekannt machte, wobei auffällt, dass sie den Orden nicht nennt und dementsprechend im Ungefähren bleibt.

Vielmehr steht das Prädikat den Karmeliten in Regensburg und ihrem Karmelitengeist zu, die, wie bereits ausgeführt, ihr Destillat in großem Umfang in die Rheinprovinz, insbeson-dere nach Köln, lieferten.

Zu dieser „Immediat-Vorstellung“ der Unternehmerin Martin gaben die Minister von Altenstein und von Rochow am 6. April 1835 ihr umfangreiches Votum ab, auf dessen Grundlage der preußische Monarch schließlich am 2. Mai 1835 seine Entscheidung traf.

Des Königs Ministerien führten aus:

„Das fragliche Wasser, auch Carmeliter Geist genannt, ist ein Destillat aus aromatisch ätherischen Pflanzen, und seiner Beschaffenheit nach zunächst den im allgemeinen Handels.Verkehre mit kosmetischen und Parfümerie Gegenständen verschiedentlich vorkommenden aromatischen Räucherungs. Wasch. und Erfrischungs. Essenzen bei-zuzählen; dasselbe kann außerdem aber auch allerdings als ein zuweilen heilsames Arzneimittel, als solches jedoch selbstredend nur bei einer fachkundigen jedesmaligen Unterscheidung der geeigneten Fälle und angemessenen Gebrauchsart dienen.

Der Debit zu letzterem Zwecke würde streng genommen nur den Apothekern zuste-hen und es wird hierauf auch im Allgemeinen von Seiten der Gewerbe- und Medizinal Polizei in so weit gehalten, daß den Destillateuren und Parfümerie.Chemikern weder Ankündigung noch Verkauf dieses und ähnlicher Fabrikate in der nahmhaften Qualität von Arzneimitteln gestattet wird.

Nur der p. Martin ist aus besonderen Rücksichten, theils der wirklich ansprechenden guten Zubereitung ihrer Essenz, um deren Willen Euer Ew. Königliche Majestät dersel-ben das Vorrecht der Bezeichnung ihrer Fabrikate mit dem Königlichen Wappen Allergnädigst zu bewilligen geruhten, auch der Debit ihres Melissen-Geistes mit dem ihrer Eingabe sub No.1.521 beigefügten Empfehlung-und Gebrauchszettel nachgege-ben worden, in welchem, von der eigentlichen geschäftsmäßigen Regel schon abwei-chend, das Fabrikat zum arzneilichen Gebrauche mit angepriesen wird, und nur den ehemals demselben beigegebenen, die Anpreisung marktschreierisch übertreibenden, und theilweis wirklich gefährliche Unrichtigkeiten enthaltenden Gebrauchs-Vor-schriften eine vorsichtiger gefaßte, nur allgemeine Bezeichnung der medizinischen Nutzbarkeit und Verweisung auf ärztliche nähere Bestimmung der jedesmaligen Ge-brauchsart substituirt worden ist.

520 GStA PK, I. HA Rep. 89, Nr. 27765, S. 38R.

521 Anhänge F u. G.

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Auf diese Art befindet sich die p. Martin bereits in dem wichtigen Vortheile einer im Publikum zur wirklichen Auszeichnung ihrer Essenz vor anderen dergleichen Fabrikan-ten gereichenden arzneilichen Empfehlung und einer gleichermaßen vorzugsweisen Sicherheit gegen etwaige Spekulationen der Nachahmung ihres äußeren Fabrikat-Abzeichens“.522

Festzuhalten ist vor allem, dass die zuständigen Ministerien den „Carmelitergeist“ als kosmetisches Mittel einstuften, ihm aber, wenn auch nur in Ausnahmefällen, den Charak-ter einer Arznei attestierten und dass sie diesen Grundsatz auch auf die UnCharak-ternehmerin Martin anwandten, ungeachtet der Tatsache, dass ihr ob ihrer Verdienste und wegen der guten Zubereitung ihres Wassers ausnahmsweise gestattet wäre, ihrer Ware einen von der Kölner Medizinalbehörde genehmigten Gebrauchszettel beizufügen, der eine zurück-haltende Anpreisung des Fabrikats zum arzneilichen Gebrauch enthalte.

Sodann führte man aus:

„Wenn sie hingegen in ihrem gegenwärtigen Gesuche die weiteren Anträge stellt,

daß ihr ein Exclusiv Privilegium auf die Anfertigung des Melissengeistes verliehen, und

daß ihr der Debit desselben wieder mit Beifügung respective des sub. 2. und sub. 3. vorgelegten älte- ren Gebrauchszettels gestattet werde,

so dürfte, nach unserem allerunterthänigsten Dafürhalten, diesen ihren Anträgen nicht statt zu geben seyn.

Soweit sie behauptetermaßen sich im Besitze besonderer technischer Kenntnisse und Kunstfertigkeit zur Darstellung des Melissengeistes in der anerkannten guten Qualität befindet, liegt aber hierin schon von selbst die Sicherheit gegen fremde Concurrenz, und kommt es nur darauf an, daß sie sich der gewöhnlichen merkantilischen Wege bediene, um die Vorzüge und die Erkennungszeichen ihres Fabrikates beim Publiko in fortwährender Erinnerung zu halten.

Daß aber anderen mit der Anfertigung von dergleichen aromatischen Essenzen sich abgebenden Destillateuren die Fabrikation eines Melissengeistes überhaupt, auch in der Qualität eines bloßen Parfümerie. und Erfrischungs-Mittels, und unter ihrer eige-nen Fabrik. Firma nach dem Ersuchen der p. Martin untersagt werden soll, würde dem allgemeinen Grundsatze der Gewerbe-Freiheit zuwider laufen, und dürfte sich um so weniger durchführen lassen, da eben in der Rheinprovinz, bei Gelegenheit der noch kürzlich vorgekommenen gerichtlichen Verfolgung eines Destillateurs wegen arzneili-chen Debits solcher Melissen-Essenz, dem Fabrikate die etwa geltend zu maarzneili-chende Qualität eines medizinischen Geheim-Mittels ausdrücklich im Erkenntnisse, wegen der in der That auch nicht abzuleugnenden der Hauptsache nach richtigen Zubereitungs-Kenntniß vieler Fabrikanten, abgesprochen worden ist.

522 GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 27765, S. 36V-45V., hier: 37V.-43R.

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Den ferneren Antrag der p. Martin, wegen Wieder Zulassung ihrer älteren Ankündi-gungs. und Gebrauchs-Zettel glauben wir unmaßgeblich eben so wenig zur Genehmi-gung befürworten zu können. Derjenige von diesen Gebrauchszetteln, welcher ihrem Gesuche sub. No. 2.523beiliegt, würde voraussichtlich zu immer mehrfachen und be-deutenden Gefährdung derer gereichen, welche im Vertrauen darauf sich der Melis-sen. Essenz nach den gegebenen Vorschriften bedienen wollten, namentlich in der empfohlenen Art als alleiniges Präservativ. und Heil. Mittel gegen apoplectische An-fälle, wo die Essenz nur einen untergeordneten Nutzen als beiläufiges Stärkungsmit-tel, neben der wesentlichen eigentlichen Hülfeleistung durch andere ärztliche und chi-rurgische Mittel haben, ja unter Umständen deren Beurtheilung in dem speziellen Fal-le alFal-lein dem Arzte überlassen werden muß, selbst nachtheilige Wirkungen hervor-bringen kann, ferner bei Vergiftungen, wo meistens der Gebrauch der Essenz von gar keinem Nutzen, sondern im Gegentheil nur von schädlicher Folge, sowohl in ihrer ei-genen Wirkung, als durch die Anwendung von zeitigen Gebrauche richtiger Gegenmit-tel seyn kann, und bei schweren Entbindungen, wo die Anwendung solcher spirituösen und aromatischer Erregungsmittel überall nicht ohne fachkundige Bestimmung für den einzelnen jedesmaligen Fall empfohlen werden und besonders in der vorliegend angegeben, schon an sich starken, und dabei noch zu öfterer Wiederholung empfoh-len daher einen sehr verderblichen Erfolg haben kann.

Der Ankündigungszettel No. 3.524 einen kürzer gefaßten Extract aus dem vorigen ent-haltend, zeigt zwar nicht so viele speziell hervortretende Unrichtigkeiten; aber fehler-haft, und zu nachtheiligen Mißgriffen eine leicht Veranlaßung gebend, ist auch in ihm die zu allgemein gehaltene Anpreisung der Essenz als Universalmittel, mit einer für al-le benannte Krankheitsfälal-le gal-leichförmig gestellt, daher ebenfalls oft unrichtig tref-fenden Gebrauchs. Bestimmung.

Statt dessen dürfte vielmehr dem allgemeinen Interesse sowohl, als, richtig erwogen, auch dem eigenen commerciellen Vortheile der Supplicantin, weit mehr die Beibehal-tung des jetzigen, ungleich angemessener und zweckdienlicher gefaßten Ankündi-gungs-Zettels zusagen, in welchem ihr Fabrikat durch die sachgemäße und mit den beigedruckten ärztlichen Zeugnissen bekräftigte Anweisung seiner vorzugsweise gu-ten Bereitung, mit übrigens vorzugsweiser Hinweisung auf die ärztliche jedesmalige Gebrauchs-Angabe, in die Reihe der auf ähnliche Weise gangbaren Arznei.

Compositionen stellen und das wirkliche Vertrauen beim Publikum in einem der Wahrheit nach nur desto höherem Maße gewinnen dürfte.

Demgemäß glauben wir bei Ew. Königlichen Majestät nur auf Zurückweisung des An-suchens der Klosterfrau Martin, und Belassung bei den bereits bisher ihr gewährten vorzugsweisen Begünstigungen erfurchtsvollest antragen zu dürfen.“525

Friedrich Wilhelm III. ließ der Antragstellerin Martin am 2. Mai 1835 mitteilen:

„Durch das Vorrecht, das von Ihnen verfertigte Melissenwasser mit dem Königs Wap-pen zu bezeichnen, ist Ihnen bereits vor den übrigen Fabrikanten ähnlicher Essenzen eine Begünstigung zugestanden, welche durch ein in Ihrer Eingabe erbetenes

523 LAV NRW R, BR 9 Nr. 1315, fol. 42r.; siehe dazu Anhang H.

524 GStA PK I. Jüngere Periode, Nr. 27765, S. 40V., siehe dazu Anhang I.

525 GStA PK, I. HA Rep. Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 27765, S. 36-45.

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drückliches Privilegium zum Nachtheile Anderer nach dem Grundsatz der Gewerbe-freiheit nicht erweitert werden kann; auch hat es bey dem unter No 1. von Ihnen ein-gereichten Empfehlungs- und Gebrauchszettel sein Bewenden.

Die beiden anderen können in ihrer zu ausgedehnten und nicht zweckmäßigen Fas-sung nicht gebilligt werden.

Die vom Regierungs und Medizinal-Rath Merrem vorgelegte Empfehlung des Melis-sen. Wassers empfangen Sie zurück.“ 526

Dagegen ist nichts einzuwenden.

Nach alledem steht fest, dass der preußische Staat nicht bereit war, Maria Clementine Martin über die ihr verliehenen Privilegien hinaus weitere Sonderrechte einzuräumen, womit der von ihr hergestellte Melissengeist auch weiterhin als kosmetisches Mittel ein-gestuft blieb und er den Status eines Heilmittels nicht erhielt.

Offensichtlich bewirkte diese „Höchsten Orts“ ausgesprochene Ablehnung des Gesuchs der Geschäftsfrau Martin, sieht man von der Angelegenheit Sturm einmal ab, dass sie kei-ne weiteren Verfahren gegen Konkurrenten bei der Regierungsbehörde in Köln anhängig machte.

Darüber hinaus ließen sich auch keine Folgeanträge auf Ausweitung ihrer Privilegien fest-stellen.

526 GStA PK, I. HA Rep. 89 Geheimes Zivilkabinett, jüngere Periode, Nr. 27765, S. 35.

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KAPITEL 6: Die Entscheidung des Rheinischen Revisions- und Kassationshofes in der

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