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Eine kurze Betrachtung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in der Stadt Köln sowie zur Situation der Kölnisch Wasser

KAPITEL 3: Maria Clementine Martin und die Kölner Zeit (1825–1843)

I. Von der Unternehmensgründung zum Königlichen Privileg durch Friedrich Wilhelm II von Preußen

2. Eine kurze Betrachtung der politischen, wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse in der Stadt Köln sowie zur Situation der Kölnisch Wasser

Hersteller in der Zeit von 1815-1843

Ehe die Situation beschrieben wird, in der sich die Kölnisch Wasser Hersteller befanden, soll zunächst kurz die politische, wirtschaftliche und soziale Lage erwähnt werden, die Maria Clementine Martin vorfand, als sie 1825 in Köln eintraf und hier bis zum Jahre 1843 unternehmerisch tätig war.

Mit dem Besitzergreifungspatent vom 5. April 1815 vereinigte König Friedrich Wilhelm III.

die Rheinländer mit der preußischen Monarchie.

239 PAHH, Bestand Spang, a.a.O.

240 Heinrich Förster, Der Gewerbebetrieb der Branntweinbrennerei und Bierbrauerei, nach seinem ge-genwärtigen Standpunkte dargestellt; mit besonderer Rücksicht auf Steuergesetzgebung in den König-lich Preußischen Staaten, Köln 1831, S. 271.

241 Barbara Becker-Jákli (Hrsg.), Köln um 1825 – ein Arzt sieht seine Stadt, Die medizinische Topographie der Stadt Köln von Dr. Bernard Elkendorf, Köln 1999, S. 70.

242 PAHH, Bestand Apothekerkammer, Schreiben Dr. Constanze Schäfer vom 10.01.2013.

243 Pharmacopoea Wirtenbergica, in duas partes divisia, quarum prior materiam medicam, historico-physico-medice descriptam, posterior composita et praeparata, modum praeparandi et encheireses, exihibt. Jussu serenissimi domini ducis adornata, et pharmacopoeis wirtenbergicis in normam praescripta. Accedunt syllabus medicamentorum compositorum, in classes divisus, et indices necessarii. Editio tertia, revisa et emendata, Stutgardiae, anno MDCCLIV., pars altera, eorumque modum praeparandi exhibens, (Stuttgart 1754), S. 21.

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Eine Liebe zueinander resultierte aus dieser Verbindung nie, wie insbesondere die „cölni-sche Revolution“ von 1830 und das „Kölner Ereignis“ von 1837 zeigen.244

Von 1816 bis 1822, also lediglich sechs Jahre lang, war Köln Sitz der Provinzialregierung ehe Koblenz der Standort des Oberpräsidiums für die beiden rheinischen Provinzen wur-de, die nach Zusammenlegung offiziell den Namen Rheinprovinz trug.245

Während im Jahre 1816 in der Stadt Köln knapp 50.000 Menschen lebten, wuchs die Ein-wohnerzahl bis 1850 auf das Doppelte an.246

Davon waren 1816 fast 96 % katholisch, etwa 4 % evangelisch und 0,3 % gehörten dem jüdischen Glauben an.247

Dieses Übergewicht blieb im Wesentlichen bis 1871 bestehen, wenn auch die Zahl der Bürger mit evangelischer Konfession zunahm. So waren in dem Jahr immer noch 84 % der Kölner Bevölkerung katholisch, 13,5 % evangelisch und 2,5 % waren Juden.248

Was die berufliche und soziale Schichtung angeht, ist es schwierig, ein Bild von der Er-werbstätigkeit der Kölner Bevölkerung zwischen 1815 und 1870 zu gewinnen, da Berufs-zählungen bis 1880 nicht durchgeführt wurden.249

Erst für das Jahr 1849 ist dies aufgrund von zahlreichen bekannten Einzelangaben mög-lich.

Danach waren etwa 35.000 Personen erwerbstätig.250

Demgegenüber geht Aycoberry von einer „Aktivbevölkerung“ von nur 23.399 Personen aus, wobei seinen Angaben zufolge lediglich 1.400 dieser Bürger, also 6 %, der Ober-schicht angehört haben sollen.251

Um sich in etwa ein Bild über die Einkommensverhältnisse machen zu können, lässt sich nur auf die Ermittlungen zur Einführung der städtischen Einkommensteuer zurückgreifen, die durchgeführt wurden.

244 Jürgen Herres, Köln in preußischer Zeit 1815-1871, Geschichte der Stadt Köln im Auftrage der Histori-schen Gesellschaft Köln e.V., hrsg. von Werner Eck, Band 9, Köln 2012, S. 120-125; a.a.O., S. 147-156.

245 Hermann Kellenbenz und Klara van Eyll, Zwei Jahrtausende Kölner Wirtschaft Band 1 und 2, hrsg. im Auftrag des Rheinisch-Westfälischen Wirtschaftsarchivs zu Köln, Köln 1975, S. 164.

246 A.a.O., S. 165; Herres, S. 354; Becker-Jákli, S. 49.

247 Kellenbenz und van Eyll, S. 170; Herres, S. 356.

248 A.a.O.

249 Kellenbenz und van Eyll, S. 244.

250 A.a.O.

251 Pierre Aycoberry, Probleme der Sozialschichtung in Köln im Zeitalter der Frühindustrialisierung, in:

Wolfram Fischer (Hrsg.), Wirtschafts- und sozialgeschichtliche Probleme der frühen Industrialisierung (=Einzelveröffentlichungen der Historischen Kommission zu Berlin beim Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin, Bd. 1. Geschichte der Industrialisierung), Berlin 1968, S. 513-528.

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Diese ergaben bei damals etwa 94.000 Einwohnern knapp 22.000 Steuerpflichtige mit einem jährlichen Einkommen von 80 Talern an aufwärts.

Diese Einkommenshöhe wurde später auf 100 Taler p.a. erhöht.

Von 12.504 Steuerpflichtigen des Jahres 1858 bezogen

2.186 ein Einkommen von 100 Talern,

1.334 ein Einkommen von 101 bis 149 Talern, 1.289 ein Einkommen von 150 bis 199 Talern.252

Kölns Spitzenverdiener lagen bei einem Jahreseinkommen von 12.000 bis 60.000 Ta-lern.253

Sehr wohlhabend waren auch die Ärzte und Apotheker, die mit Einkünften von 6.000 resp. 3.000 Talern jährlich veranlagt wurden.254

Demgegenüber betrug das Jahreseinkommen der erwerbstätigen männlichen Allgemein-bevölkerung zwischen 100 und 350 Talern bei 300 Arbeitstagen.255

Dabei lag die Arbeitszeit in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts bei täglich zwölf Stun-den, in den 50er Jahren wurde bis zu 14 Stunden gearbeitet bei sechs Werktagen.256

Und das Budget eines Kölner Fünf-/Sechs-Personenhaushalts 1850 betrug im Jahr ca. 210 Taler.257

Das zeigt, dass viele Kölner Familien arm waren und unterstützt werden mussten und dass in den meisten Arbeiter- und Gesellenhaushalten Frauen und Kinder zum Broterwerb mitarbeiten mussten.258

Die Kinderarbeit war also äußerst hoch, wie auch der Kölner Oberpräsident Graf Solms-Laubach 1818 in einem Bericht an den preußischen Staatskanzler von Hardenberg fest-stellte.259

Das änderte sich insoweit, als das preußische Regulativ vom März 1839 Kindern unter neun Jahren die Fabrikarbeit verbot.

252 Kellenbenz und van Eyll,S. 247.

253 A.a.O., S. 248; Herres, S. 366-371.

254 A.a.O.

255 Kellenbenz und van Eyll,S. 249 (Tab. 16).

256 A.a.O., S. 248; Becker-Jákli, S. 90.

257 Kellenbenz und van Eyll, S. 253 (Tab. 18).

258 A.a.O., S. 254; Herres, S. 379-381.

259 Kellenbenz und van Eyll, S. 246.

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Jugendliche bis zum Alter von 16 Jahren durften an Werktagen „höchstens“ noch zehn Stunden täglich bei 1 ½-stündigen Pausen arbeiten und das Gesetz vom 16. Mai 1853 wurde schließlich die Kinderarbeit bis zum zwölften Lebensjahr verboten und die Tätigkeit unter 16 Jahren an eine Erlaubnis des Elternhauses oder des Vormundes geknüpft.

Diese Regelung blieb bis zum Jahre 1870 unverändert.260

Obwohl es über die Zahl der Armen in Köln widersprüchliche Angaben gibt, steht fest, dass diese sehr hoch war. Sie soll 1816/17 bei 18.000 bis 19.000 Almosenempfängern ge-legen haben.

Nicht umsonst gab es eine große Zahl von sogenannten Armenvereinen, die unter der Aufsicht der Armenverwaltung standen.261

Zu erwähnen ist an dieser Stelle das von Preußen am 30. September 1821 in Kraft getre-tene Münzgesetz, das verbindlich für alle preußischen Provinzen galt, und mit dem der preußische Taler eingeführt wurde.

Dieses Geldstück war eine Silbermünze, unterteilt in 30 Silbergroschen (Sgr.), wobei der Silbergroschen in zwölf Pfennige unterteilt wurde.262

Ab dem Jahr 1822 gaben die Kölner Bankiers die Kurse in „Thaler und Silbergroschen preußisch Courant“ an.263

Nach dieser kurzen Beschreibung der in Köln herrschenden Verhältnisse nun zur Situation der Kölnisch Wasser Hersteller.

In der Zeit, in der sich Maria Clementine Martin in Köln als Unternehmerin betätigte, fie-len gleichzeitig so markante wirtschaftliche und gesellschaftliche Ereignisse wie die An-fänge der Dampfschifffahrt264, der Beginn des Eisenbahnzeitalters265, das Dombaufest von 1842266 und zuvor die Reorganisation der katholischen Kirche267, nicht zuletzt die bereits erwähnte „cölnische Revolution“ von 1830268 und das „Kölner Ereignis“ von 1837.269

Ausgehend von „den Bestrebungen der französischen Behörden Manufakturen jeder Art einzurichten“, waren in Köln schon im ersten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts „einige fab-rikähnliche Unternehmungen auf verschiedenen Produktionsgebieten“ entstanden.

260 Kellenbenz und van Eyll, S. 246.

261 A.a.O., S. 247.

262 A.a.O., S. 230.

263 A.a.O.

264 Dazu ausführlich Herres, a.a.O., S. 93-97.

265 Ders., a.a.O., S. 156-167.

266 Ders., a.a.O., S. 173-188.

267 Ders., a.a.O., S. 101-108.

268 Ders., a.a.O., S. 120-130.

269 Ders., a.a.O., S. 147-156.

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„Für das Kölnische Wasser hatte dies zunächst nur die Bedeutung, daß sich die Her-stellungsstätten vermehrten, ohne daß auch nur eine einzige den Umfang eines wirk-lichen Fabrikbetriebes annehmen konnte“.270

Selbst die Firma Johann Maria Farina gegenüber dem Jülichs-Platz teilte 1810 der Han-delskammer mit, „zur Fabrik unseres Kölnischen Wassers brauchen wir nur ein Lokal und beschäftigen dabei 4 Menschen, verfertigen jährlich hunderttausend Flaschen unge-fähr“.271

In einem Bericht an die preußische Regierung vom 16. Juni 1819 erwähnte die Handels-kammer zu Köln, dass es neben den bereits etablierten Kölnisch Wasser Herstellern noch

„eine bedeutende Menge hiesiger Einwohner“ gäbe, „welche sich mit der Verfertigung des köllnischen Wassers befassen“ und dass viele davon „dieses Geschäft im stillen“ betrie-ben.272

Im Jahre 1819 gab es im Regierungsbezirk Köln über 60 Kölnisch Wasser Fabrikanten.273

Allerdings hatten davon von 1815 bis 1870 nur zwölf Firmen eine hervorragende Bedeu-tung.274 In jedem Falle traf Maria Clementine Martin auf eine beachtliche Zahl von Kon-kurrenten.

Neben dieser ersten Anzeige, in der Maria Clementine Martin für ein Kölnisches Wasser warb, soll eine Nachricht nicht unerwähnt bleiben, welche die Kölnische Zeitung auf der Titelseite ihrer Ausgabe vom 6. November 1825 abdruckte.

3. Goethe und das Nachdruckprivileg der Stadt Frankfurt – Ein Bericht in der

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