• Keine Ergebnisse gefunden

2.3 Hypothalamus-Hypophysen-Wachstumshormon-Achse - die Somatotrope Achse

2.3.1 Wachstumshormon; Growth hormone GH

Wie bereits beschrieben spielen in der Transitperiode endokrinologische Regelmechanismen und die individuelle Anpassungsfähigkeit an veränderte metabolische Situationen eine entscheidende Rolle. Der Stoffwechsel von Säugetieren wird von vielen verschiedenen Hormonen über komplexe Feedback- und Kontrollmechanismen reguliert. Dabei spielt laut Renaville et al. (2002) die somatotrope Achse, wesentlich bestehend aus dem Wachstumshormon (engl. growth hormone, GH), dem insulin-ähnlichen Wachstumsfaktor 1 (engl. Insulin-like growth factor, IGF-1), deren zugehörige Transport- und Bindungsproteine sowie deren Rezeptoren, eine wesentliche Rolle bei der Regulation von Stoffwechselvorgängen und physiologischen Abläufen. Innerhalb dieser Achse gibt es andere Hormone wie Insulin, Leptin, Glukokortikoide oder Schilddrüsenhormone, die zum einen direkt, zum anderen aber auch über eine Modulation von GH und/oder der IGF-1-Synthese und deren Verfügbarkeit an der Stoffwechselregulation beteiligt sind (RENAVILLE et al. 2002) Die somatotrope Achse ist für Regulationsmechanismen und Signale des systemischen Wachstums und des Metabolismus von der Fetalperiode an bis in die postnatale Entwicklung wichtig. Bei erwachsenen Tieren sind GH und die IGFs an der Aufrechterhaltung des metabolischen Gleichgewichts, der Zellintegrität und an der Geweberegeneration beteiligt (FRAGO et CHOWEN 2005).

Da die somatotrope Achse ein wesentlicher Bestandteil dieser Arbeit ist, werden im Folgenden ihre Bestandteile, ihre Regulation und die Bedeutung der somatotropen Achse und ihrer Komponenten in der Transitperiode und bei der Entstehung von Produktionserkrankungen genauer erläutert.

2.3.1 Wachstumshormon; Growth hormone (GH)

GH wird fast ausschließlich im Hypophysenvorderlappen gebildet. Es handelt sich um ein aus 191 Aminosäure bestehendes Peptidhormon (FRAGO et CHOWEN 2005). Das Wachstumshormon kann im Mäusefetus schon am Tag 18 nachgewiesen werden, wobei die Konzentration bis zur Geburt zunehmend ansteigt. Im präpuberalen Zeitraum ist die

GH-Literatur

__________________________________________________________________

Konzentration relativ gering, zum Zeitpunkt der Pubertät ist dann eine signifikante Gehaltserhöhung von GH in der Hypophyse messbar. Von diesem Zeitpunkt an steigt die Konzentration kontinuierlich an (FRAGO et CHOWEN 2005).

Die Sekretion von GH aus dem Hypophysenvorderlappen erfolgt pulsatil (GLUCKMAN et al.

1987, FRAGO et CHOWEN 2005), wobei das Muster der Ausschüttung abhängig ist von Alter und Geschlecht. Es konnte nachgewiesen werden, dass die pulsatile Ausschüttung von GH aus der Hypophyse bei Ratten und Menschen ein auffälliges geschlechtsgebundenes Muster aufweist. Die pulsatile Ausschüttung von GH ist grundlegend für seinen physiologischen Effekt im Organismus.

Das Zusammenspiel von GH und IGF-1 ist komplex. Die Wirkung von GH und IGF-1 können im Metabolismus auch einander entgegenwirken (KAPLAN et COHEN 2007). Während z.B. die Lipolyse und Glukoneogenese von GH gefördert wird, fördert das von GH stimulierte IGF-1 die Lipogenese und unterdrückt die Glukogenese. GH kann darüber hinaus sowohl insulin-ähnliche als auch insulin-antagonistische Wirkung entfalten.

2.3.1.2 Sekretion von GH aus dem Hypophysenvorderlappen

Die Synthese und Ausschüttung von GH wird vom Hypothalamus kontrolliert. Dabei stimuliert das Neuropeptid Growth hormone-releasing hormone (GHRH) die Synthese und Ausschüttung, während sie vom Neuropeptid Growth hormone-inhibiting hormone (GHIH, auch Somatostatin) inhibiert wird (MCMAHON et al. 2001). Die Pulsatilität der GH Ausschüttung wird durch ein Zusammenspiel dieser beiden Hormone gesteuert: bei GHRH-Ausschüttung erhöht sich die GH-Konzentration, bei GHIH-GHRH-Ausschüttung erniedrigt sich diese.

Dabei gibt es eine Menge neuroendokriner Faktoren (z.B. Norepinephrin, Leptin oder Dopamin) die die Sekretion von GH über eine Veränderung von GHRH- und/oder GHIH-Sekretion regulieren (MCMAHON et al. 2001)

GH selbst hat einen negativen Feedback Mechanismus auf den Hypothalamus: Bei hohen GH-Werten wird die Ausschüttung von GHIH erhöht und die von GHRH inhibiert.

Darüber hinaus spielen auch andere im Blut zirkulierende Faktoren, wie IGF-1, Leptin, NEFA und Insulin eine Rolle in der Regulation der GH-Sekretion. So konnten Sheppard und Bala

(1986) nachweisen, dass hohe IGF-1 Werte durch einen negativen Feedback-Mechanismus die Ausschüttung und die Bildung von GH im Hypophysenvorderlappen deutlich vermindert.

Daher ist die Konzentrationsmessung von IGF-1 im Serum ein nützlicher Index bei der Untersuchung von GH-Hypersekretion bei Akromegalie und/oder anderen Wachstumsbeeinträchtigungen (DAUGHADAY 2000).

2.3.1.3 Der GH Rezeptor

Der GH-Rezeptor (GHR) ist ein aus 620 Aminosäuren bestehendes Glykoprotein. Die Expression der GHR messenger Ribonukleinsäure (mRNA) konnte bisher in allen untersuchten Geweben nachgewiesen werden, wobei Leber, Fettgewebe, Muskulatur und Niere die höchsten Expressionsraten aufzeigen. Die mRNA des GHR liegt in drei verschiedenen Formen vor: GHR1A, 1B und 1C, wobei GHR1A-mRNA leberspezifisch ist und um den Geburtszeitpunkt vorübergehend vermindert ist (RADCLIFF et al. 2003).

Erhöhte GH-Plasmakonzentrationen fördern die Lipidmobilisation aus dem Fettgewebe, bei gleichzeitig erniedrigten Konzentrationen von IGF-1. Studien von Rhoads et al. (2004) konnten zeigen, dass Insulin (mittels Infusion verabreicht) in der Lage ist, die Plasmakonzentrationen von IGF-1, die hepatischen Level von IGF-1 mRNA und die GHR mRNA-Expression in Leber und auch in Fettgewebe erheblich zu erhöhen. Demzufolge gehen die Autoren davon aus, dass Insulin die GH-Wirkung über eine Regulation der GHR in Leber und Fettgewebe modulieren kann (RHOADS et al. 2004).

Im Brunstzyklus der Milchkuh unterliegt die Expression von GHR in der Leber auch den Serum-Konzentrationen von Östradiol (PIECHOTTA et al. 2015). Dabei führen erhöhte Östradiolwerte vor der Ovulation zu erhöhter hepatischen GHR mRNA Expression.

2.3.1.4 Wirkungen von GH

Die am meisten erforschten Aufgaben von GH betreffen das Längenwachstum und den Stoffwechsel. In jüngerer Zeit konnten jedoch auch neuromodulatorische Funktionen wie die Vitalität von Neuronen und Beteiligung an Erinnerungsvermögen und Wahrnehmung aufgezeigt werden (FRAGO et CHOWEN 2005). Die Effekte von GH auf Wachstum und

Literatur

__________________________________________________________________

Metabolismus, wie Proteinsynthese, Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsel, treten in vielen Geweben auf. Gluckman et al. (1987) fanden heraus, dass einige Wirkungen von GH, vor allem seine anabolen Wirkungen, über IGF-1 vermittelt werden. Folglich kann man GH charakterisieren als anabol, lipolytisch und diabetogen. Die insulin-ähnlichen Effekte von GH umfassen eine vorübergehende Erhöhung von Glucose- und Aminosäuretransport, Lipogenese und Proteinsynthese. Die Verminderung von Körperfett durch GH ist durch eine Verminderung der Lipogenese und gleichzeitiger Erhöhung der Lipolyse bedingt.

In einem Versuch, in dem GH exogen appliziert wurde, konnten McDowell et al. (1987) nachweisen, dass GH die Milchleistung, den Milchfettgehalt, den Milcheiweißgehalt und den Laktosegehalt in der Milch bei Kühen erhöht. Darüber hinaus konnte ein erhöhter Blutfluss Richtung Milchdrüsengewebe, erhöhte Glukosegehalte im Blut und eine Verminderung der Glukose-Aufnahme vom Muskelgewebe nachgewiesen werden. McDowell et al. (1987) schlossen daraus, dass GH den Nährstoffzufluss und die Nährstoffaufnahme in unterschiedlichen Geweben beeinflussen kann. Im Endeffekt werden also die begrenzten Energie- und Aminosäurereserven für die Milchsynthese genutzt und Fettreserven bevorzugt als Energiequelle genutzt (BEIER et al. 1991; MCDOWELL et al. 1987). Darüber hinaus führen fortgesetzte GH-Gaben über zwei bis drei Wochen zu einer erhöhten Futteraufnahme, was wiederum eine Aufrechterhaltung der erhöhten Milchleistung ermöglicht (MCDOWELL 1991).

Vicini et al. (1991) konnten feststellen, dass die Wirkung von GH auf IGF- und Insulin-Konzentrationen abhängig ist vom Laktationsstadium, und zwar vor allem deshalb, weil die Verfügbarkeit von Glucose und anderen Nährstoffen bei einer positiven Energie- und Nährstoffbilanz, wie sie in der Trockenstehphase und der Spätlaktation anzutreffen ist, am höchsten ist. Demzufolge waren die Konzentrationen von IGF-1 und Insulin in der Phase der Frühlaktation am niedrigsten, obwohl GH-Konzentrationen gerade in dieser Phase am höchsten waren.

Erhöhte GH-Plasmakonzentrationen fördern die Lipidmobilisation aus dem Fettgewebe, gehen aber bei der Milchkuh paradoxerweise mit erniedrigten Konzentrationen von IGF-1 einher. Eine Studie von Rhoads et al. (2004) konnte zeigen, dass Insulin (mittels Infusion verabreicht) in der Lage ist, die Plasmakonzentrationen von IGF-1, die hepatischen Level von IGF-1 mRNA und die GHR-Expression in Leber und in Fettgewebe erheblich zu erhöhen.

Demzufolge kann man davon ausgehen, dass Insulin wahrscheinlich in der Lage ist, die Effizienz der GH-Wirkung über eine Regulation der GHR in Leber und Fettgewebe zu steuern (RHOADS et al. 2004).