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5.1 Erkrankungshäufigkeiten

5.1.3 Unterschiede der Betriebe

Wie bereits beschrieben war das Ziel dieser Dissertation zu untersuchen, ob anhand von Blutprobenuntersuchungen eine Abschätzung der postpartalen Erkrankungshäufigkeit möglich ist. Im Gegensatz zu vorherigen Arbeiten zu dem Thema (PIECHOTTA et al. 2012, PIECHOTTA et al. 2015) wurde diesmal insbesondere ein Vergleich zwischen Blutprobenuntersuchungen in vier unterschiedlichen Milchviehbetrieben durchgeführt, um die Frage zu klären, ob es einen betriebsspezifischen Unterschied gibt. Es sollte überprüft werden, ob ein unterschiedliches Management in den Betrieben mit den analysierten Parametern assoziiert ist und die Erkrankungshäufigkeit sich unterscheidet. Die für diese Dissertation ausgewählten Milchviehbetriebe wiesen eine vergleichbare Milcheistung der Tiere, Haltung und Fütterung auf. Die Parameter Laktationsnummer und BCS zeigten keinen signifikanten Unterschied zwischen den Betrieben.

Wie bereits beschrieben lag die Erkrankungsinzidenz der vorliegenden Arbeit bei 50 %. Dabei variierten die Inzidenzen der verschiedenen Betriebe zwischen 41,3 % und 57,8 %. Die Ketoseinzidenz aller beprobten Tiere der vorliegenden Arbeit lag bei 18,8 % und variierte zwischen den Betrieben von 10,6 % bis 27,7 %. Signifikante Unterschiede zwischen den Betrieben in Bezug auf die Erkrankungsinzidenzen konnten nicht nachgewiesen werden.

Numerisch lag Betrieb D aber mit einer Erkrankungsinzidenz von 57,8 % über den Betrieben A (41,3 %), B (50,0 %) und C (44,7 %). Auch die Ketoseinzidenz von Betrieb D von 27,7 % lag numerisch über der Ketoseinzidenz von Betrieb A (17,4 %), Betrieb B (12,5 %) und Betrieb C (10,6 %).

Die Betriebe A bis D unterschieden sich statistisch auch nicht in den untersuchten Parametern BCS, Laktationsnummer oder Erkrankungshäufigkeit. Die numerischen Unterschiede der Erkrankungsinzidenzen zwischen Betrieb D und den anderen Betrieben sind demnach am ehesten auf das unterschiedliche betriebliche Management zurückzuführen. Betrieb D

unterschied sich im Management deutlich von den anderen Betrieben. Zwar waren die Haltungsbedingungen dieses Betriebes gut (automatische Selektion, großer Abkalbestall, genügend Personal), aber die Nutzung dieser Voraussetzungen und die Umsetzung der Managementziele war jedoch in Betrieb D häufig mangelhaft, wie am, für die vorliegende Arbeit definierten Management-Score (3.1.1.5) ersichtlich ist. Im Management-Score wurden die Kriterien pünktliches und richtiges Trockenstellen, pünktliche Anfütterung, Abkalbestall, Geburtsüberwachung und –Hilfe, (Prophylaxe-) Behandlung der frischabgekalbten Tiere, die Entlassung der Tiere in den Boxenlaufstall und Umsetzung der Managementziele des Landwirts beurteilt. Der Management-Score setzte sich dabei final aus dem Mittelwert der Benotung der einzelnen Kriterien (1 (sehr gut) bis 6 (ungenügend)) zusammen. Dabei schnitt Betrieb B mit einem Management-Score von 2,1 am besten ab, gefolgt von Betrieb C (2,4) und Betrieb A (2,7). Am schlechtesten wurde Betrieb D mit einem Management-Score von 3,9 bewertet. Dies lag vor allem an dem verspäteten Trockenstellen, dem zu späten Anfütterung, der unzureichenden Geburtsüberwachung- und Hilfe, einer zu frühen Entlassung der Tiere in den Boxenlaufstall und einer schlechten Umsetzung des Landwirts der Managementziele. Alle vier Betriebe stellten ihre Kühe planmäßig 6 – 8 Wochen a.p. trocken. Einzig Betrieb D schaffte es im Untersuchungszeitraum nicht immer, dies einzuhalten. 4 Tiere verließen die Studie vorzeitig, da sie eine Trockenstehzeit von unter 4 Wochen hatten und somit nicht am geplanten UZP1 28 ± 4 Tage a.p beprobt werden konnten. Mehrere Tiere standen deutlich unter 6 Wochen trocken. Andrée O'Hara et al. (2019) untersuchten den Effekt von unterschiedlich langen Trockenstehperioden auf den metabolischen Status, die Fertilität und die Eutergesundheit der Milchkühe. Dabei wurden 43 Tiere nur 4 Wochen trockengestellt, 34 Tiere wurden 8 Wochen trockengestellt. Es wurden regelmäßig Blutprobenuntersuchungen und Allgemeinuntersuchungen der Tiere zwischen 8 Wochen a.p. bis 12 Wochen p.p.

durchgeführt. Dabei konnte allerdings kein signifikanter Einfluss der Trockenstehlänge auf die Konzentrationen von Insulin, Glucose oder BHB gezeigt werden. Demnach kann die unterschiedliche Ketoseinzidenz der Tiere aus der vorliegenden Studie nicht ausschließlich mit einer unterschiedlichen Trockenstehlänge erklärt werden. Tiere in der Studie von Andrée O'Hara et al. (2019) mit einer kurzen Trockenstehlänge zeigten p.p. einen besseren

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metabolischen Status, den die Autoren in einer p.p. niedrigeren Plasma-NEFA-Konzentration der kurz-trockengestellten Tiere im Gegensatz zu den lang-trockengestellten Tieren sahen (ANDRÉE O'HARA et al. 2019). Postpartal deutlich niedrigere NEFA-Konzentrationen bei kurz-trockengestellten Tieren im Gegensatz zu den lang-kurz-trockengestellten Tieren konnte auch in einer ähnlichen Studie von Shoshani et al. (2014) nachgewiesen werden, die 772 Tiere untersuchten und dabei Trockenstehlängen von 40 Tagen versus 60 Tagen untersuchten.

Demnach hätten die Tiere der vorliegenden Arbeit aus Betrieb D mit der kürzeren Trockenstehperiode einen metabolischen Vorteil im Vergleich zu den Tieren aus den anderen Betrieben, dessen Verifizierung allerdings aufgrund der fehlenden Untersuchung von NEFA in der vorliegenden Arbeit nicht möglich ist. Allerdings konnten Andrée O'Hara et al. (2019) bei den Tieren der kurzen Trockenstehlänge eine tendenziell höhere Mastitisinzidenz in den ersten 12 Laktationswochen zeigen. Dies könnte also die höhere Erkrankungsinzidenz von Betrieb D im Vergleich zu den anderen Betrieben zeigen, allerdings war die Mastitisinzidenz in Betrieb D nicht höher als in den anderen Betrieben. Auch Santschi et al. (2011) untersuchten Tiere mit kurzer Trockenstehzeit (n=422, 35 Tage trocken) im Vergleich zu Tieren mit langer Trockenstehzeit (n=428, 60 Tage trocken). Dabei konnten die Autoren keinen Effekt der Länge der Trockenperiode auf die Inzidenzen von klinischer Ketose, Milchfieber oder Mastitis zeigen (SANTSCHI et al. 2011). Einzig die Inzidenz der subklinischen Ketose (mittels Milchketontest diagnostiziert) war bei Tieren mit kurzer Trockenstehzeit niedriger als bei Tieren mit langer Trockenstehzeit (SANTSCHI et al. 2011), sodass auch in diesem Fall die höhere Ketoseinzidenz der beprobten Tiere der vorliegenden Arbeit in Betrieb D nicht mit einer im Vergleich zu den anderen Betrieben kürzerer Trockenstehzeit erklärt werden kann. Wie auch Andrée O'Hara et al. (2019) sprechen auch Santschi et al. (2011) von einer besseren Energiebilanz der Tiere mit kurzer Trockenstehlänge. Der Hauptgrund für diese bessere Energiebilanz und den besseren metabolischen Status einer kürzeren Trockenstehperiode sehen die Autoren in einer niedrigeren postpartalen Milchproduktion bei unbeeinträchtigter Trockenmasseaufnahme (ANDRÉE O'HARA et al. 2019, SANTSCHI et al. 2011, KOK et al. 2017, SHOSCHANI 2017).

Demnach hätten die Tiere in der vorliegenden Arbeit aus Betrieb D besserer postpartale Energiebilanzen als die Tiere der anderen Betriebe. Allerdings war die Trockenstehzeit nicht bei allen Tieren aus Betrieb D kürzer als die Trockenstehzeit der Tiere aus den anderen

Betrieben, sodass ein Vergleich zu den genannten Studien in diesem Fall nicht unbedingt zu ziehen ist.

Neben der Trockenstehlänge unterschied sich Betrieb D von den anderen Betrieben in seinem Fütterungsmanagement. Die Futterzusammensetzung war in allen vier Betrieben vergleichbar. In Betrieb A, B und C erfolgte eine ad libitum Fütterung. In Betrieb D war ebenfalls eine ad libitum Fütterung vorgesehen, allerdings wurde dies im Untersuchungszeitpunkt nur für die Tiere eingehalten, die in den beiden Laktationsgruppen (hoch- und niederlaktierend) im Boxenlaufstall gehalten wurden. Die Fütterung der trockenstehenden und frischabgekalbten Kühe erfolgte im Betrieb D aufgrund der räumlichen Entfernung zum Boxenlaufstall zeitlich deutlich später als die Fütterung im Boxenlaufstall, sodass die Fütterung der trockenstehenden und frischabgekalbten Kühe als restriktive Fütterung bezeichnet werden kann. Ferraretto et al. (2014) untersuchten den Effekt der Fütterungsart (ad libitum vs. restriktive Fütterung) auf die Trockenmasseaufnahme von Milchkühen. Dabei wurden 8 Kühe in 4 x 14 Tage-Perioden mit unterschiedlichen Fütterungsarten konfrontiert. Dabei erfolgte die TMR-Fütterung an den ersten 8 Tagen jeder Periode ad libitum und wurde ab Tag 9 jeweils ersetzt durch eine 25 %-restriktive Fütterung (25FR), 50 %-restriktive Fütterung (50FR) oder die TMR wurde durch 50 % Stroh (50ST) ersetzt (FERRARETTO et al. 2014). Die restriktive Fütterung resultierte in einer erniedrigten Trockenmasseaufnahme und einer erniedrigten Energieaufnahme (Netto-Energie-Laktation) (FERRARETTO et al. 2014). Die Trockenmasseaufnahme war bei der ad libitum Fütterung 6.7, 12.7 und 11.3 kg/Tag höher als bei Tieren mit 25FR, 50FR oder 50ST. Die Energieaufnahme der drei Gruppen betrug 80,7 % (25FR), 59,4 % (50FR) bzw. 57,0 % (50ST) im Vergleich zu der ad libitum Fütterung (100 %). Wie bereits beschrieben geraten die Milchkühe durch eine in Bezug auf die rasch steigende und energieverbrauchende Milchleistung zu niedrige Trockenmasseaufnahme zu Beginn der Laktation in eine NEB, die die Kuh vor die Herausforderung der Anpassung an eine veränderte Stoffwechselsituation stellt (GRUMMER 1995, HAYIRLI 2006, STÖBER 2006), sodass dies in der Literatur als Grund für die meisten metabolischen und infektiösen Erkrankungen angenommen wird (GOFF et HORST 1997, MALLARD et al. 1998, ALERI 2016). Wie die Studie von Ferraretto et al. (2014) zeigt, so wirkt sich bereits eine 25-prozentige Restriktion der Fütterung nachteilig auf die

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Trockenmasseaufnahme und die Energieaufnahme aus, weshalb in Betrieb D die restriktive Fütterung der trockenstehenden und frischlaktierenden Tiere im Vergleich zu den ad libitum gefütterten Tiere der anderen Betriebe als Grund für die, im Vergleich zu den anderen beprobten Betrieben, höhere Erkrankungsinzidenz in Frage kommen kann. Allerdings sei an dieser Stelle erwähnt, dass Ferraretto et al. (2014) Tiere untersuchten die ca. 114 Tage tragend waren und die Fallzahl in der Studie mit 8 Tieren relativ gering erscheint. Darüber hinaus konnte in der vorliegenden Studie aufgrund der Feldbedingungen keine Untersuchung bzw.

Kontrolle der Trockenmasseaufnahme durchgeführt werden, sodass die restriktive Fütterung in Betrieb D nur spekulativ als Grund für die höhere Erkrankungsinzidenz im Vergleich zu den anderen Betrieben angenommen werden kann.

Die in Betrieb D nicht oder nur spät geleistete Geburtshilfe ist ein weiteres Kriterium das Betrieb D von den anderen Betrieben unterschied. Dabei kam es in mehreren Fällen durch verspätete Geburtshilfe zu Totgeburten. López-Helguera et al. (2016) gaben an, dass Kühe mit Totgeburten in ihrer Studie ein 2,23mal höheres Risiko hatten an Tag 20 p.p. intrauterine Flüssigkeit aufzuweisen und eine Metritis oder Endometritis zu entwickeln. Demnach kann auch die schlechte Geburtshilfe in Betrieb D als Grund gesehen werden, weshalb die Erkrankungsinzidenz in Betrieb D höher ist als in den anderen Betrieben. Allerdings gab es auch in den anderen Betrieben trotz guter Geburtsüberwachung vereinzelt Totgeburten, sodass dies als alleiniger Grund für die höhere Erkrankungsinzidenz in Betrieb D nicht in Frage kommt. Zusammenfassend kann man sagen, dass Betrieb D trotz guter betrieblicher Voraussetzung im Management deutliche Mängel im Vergleich zu den anderen beprobten Betrieben aufwies. Dabei ist bei Betrieb D am ehesten ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren wie Fütterungsmanagement, Geburtsmanagement und Gesunderhaltungsmanagement, wie fehlende Krankheitsprophylaxe oder verspätetes Behandeln erkrankter Tiere, der Grund für eine höhere Erkrankungsinzidenz im Vergleich zu den anderen Betrieben anzuführen.

In der vorliegenden Arbeit konnte kein signifikanter Unterschied der Betriebe bei den untersuchten Parametern Laktationsnummer, BCS oder Erkrankungshäufigkeiten nachgewiesen werden, weshalb die Auswertung der Blutuntersuchungen mit den Parametern IGF-1, T3, GH und TSH sowie die Auswertung des BCS betriebsübergreifend vorgenommen wurde.