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5.1 Erkrankungshäufigkeiten

5.1.1 Ketoseerkrankung

Eine Ketose entsteht, wenn die physiologischen Mechanismen für die Adaptation des Stoffwechsels an die NEB zu Beginn der Laktation nicht adäquat verlaufen (HERDT 2000). Dies liegt einerseits an einer nicht ausreichenden hepatischen Glukoneogeneseleistung und andererseits an einer nicht adäquaten Nutzung der durch Lipolyse freigesetzten NEFA in der Leber (HERDT 2000). Dabei kommt es durch überschießende Depotfettmobilisierung und einer hohen laktationsbedingten Belastung der Leber zur Bildung von Ketonkörpern, die auch mit Leberverfettung einhergehen kann (STÖBER 2006). In dieser Dissertation wurde die Ketoseerkrankung mittels Bestimmung der BHB-Konzentration im Serum an Tag 7 ± 4 p.p. und Tag 14 ± 4 p.p. diagnostiziert. Die Diagnose einer Ketose mittels BHB ist eine anerkannte und häufig genutzte Methode der Identifizierung von Ketose-kranken Tieren (OETZEL 2004). Die Literatur zeigt, dass sich BHB im Vergleich zu den anderen Ketonkörpern am besten zur Ketosediagnostik eignet, da zum einen Aceton eine extrem flüchtige Verbindung ist (KANEKO 1989) und Acetoacetat instabil ist und spontan zu Aceton gespalten wird und daher beide Ketonkörper schlecht messbar sind (BERGMANN 1971, BRUSS 1989). BHB unterliegt

Diskussion

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außerdem keinen täglichen Schwankungen, z.B. durch wechselhafte Futteraufnahme (NIELSEN et al. 2003).

Als Ketosekrank wurden die Tiere für diese Dissertation definiert, wenn eine BHB-Serum-konzentration bei ≥1,2 mmol/l vorlag. Viele Studien nutzen für die Diagnose der subklinischen Ketose BHB-Konzentrationen zwischen ≥1,2 mmol/l bis <3,0 mmol/l (GARZÓN-AUDOR et al.

2019, GEISHAUSER et al. 2000, SUTHAR et al. 2013, DUFFIELD et al. 1998). BHB-Konzentrationen ≥3,0 mmol/l werden hingegen häufig für die Diagnose der klinischen Ketose genutzt (OETZEL 2004, MCART et al. 2011, GARZÓN-AUDOR et al. 2019). Auf eine Trennung von subklinischer und klinischer Ketose wurde in der vorliegenden Arbeit verzichtet, da nur 2 von 224 Tiere eine klinische Ketose hatten und eine BHB-Konzentration von ≥3,0 mmol/l aufwiesen. Damit lag die Inzidenz der klinischen Ketose in der vorliegenden Arbeit bei unter 1,0 %. Darüber hinaus war nur bei einem der beiden klinisch ketotischen Tiere die BHB-Konzentrationen an beiden UZP ≥ 3,0 mmol/l, das andere Tier lag an einem der beiden UZP im Grenzbereich für die subklinische Ketose (1,2 mmol/l bis 3,0 mmol/l). Deshalb wurden aufgrund der wenigen Fälle der klinischen Ketose (n=2) alle Tiere mit einer BHB-Konzentration von ≥1,2 mmol/l zusammengefasst als Ketose kranke Tiere definiert. Dieses Vorgehen ist in Übereinstimmung mit Garzón-Audor et al. (2019), welche ebenfalls aufgrund des geringen Auftretens der klinischen Ketose (n=5 aus 150 Tieren) für ihre Auswertung alle Tiere als Ketosekrank zusammenfassten, die eine BHB-Konzentration von ≥1,2 mmol/l aufwiesen.

Dabei wurden in der Studie von Garzón-Audor et al. (2019) insgesamt 150 Tiere aus 10 kommerziellen kolumbianischen Mlichviehbetrieben beprobt und es wurde eine Inzidenz der subklinischen Ketose von 25,3 % und der klinischen Ketose von 3,33 % aufgezeigt. Demnach ist das Verhältnis der Inzidenzen der vorliegenden Arbeit mit 17,8 % (subklinische Ketose) bzw.

0,9 % (klinische Ketose) vergleichbar mit der Arbeit von Garzón-Audor et al. (2019) und eine Auswertung der erkrankten Tiere zusammengefasst als ketotisch bei einer BHB Konzentration

≥1,2 mmol/l erscheint in beiden Fällen sinnvoll.

Die Ketoseinzidenz lag mit 42 erkrankten von 224 beprobten Tieren in dieser Studie bei 18,8

%. Dabei war die Ketoseinzidenz in Betrieb D mit 27,7 % am höchsten, gefolgt von Betrieb A

(17,4 %) und Betrieb B (12,5 %). In Betrieb C erkrankten die wenigsten Kühe an einer Ketose (10,6 %). Veröffentliche Studien zeigen Ketoseinzidenzen zwischen 40 und 60 % (DUFFIELD et al. 1998, SIEMENSEN et al. 1990, EMERY et al. 1964), die Ketoseinzidenz der beprobten Tiere ist im Literaturvergleich mit 18,8 % als relativ niedrig zu betrachten. Dies könnte allerdings nicht nur daran liegen, dass Ketosen selten auftraten, sondern auch daran, dass die Tiere nur einmal wöchentlich beprobt wurden. Nach Oetzel et al. (2013) ist die Diagnoserate der Ketoseerkrankung nämlich höher, je kleiner der Abstand zwischen den Blutprobenuntersuchungen ist. Die Blutprobenuntersuchung müsste laut den Autoren mindestens zwei- oder mehrmals wöchentlich durchgeführt werden, da laut Oetzel et al.

(2013) eine subklinische Ketose in etwa 5 Tagen ausheilen kann (OETZEL et al. 2013). Demnach würden einige Kühe bei einer wöchentlichen Blutprobenuntersuchung möglicherweise zwischen den Blutprobenuntersuchungen eine Ketose entwickeln, die sich zum Zeitpunkt der nächsten Blutprobenuntersuchung nicht mehr messbar wäre (OETZEL et al. 2013). McArt et al. (2011) zeigten eine Ketoseinzidenz von 43,2 % bei 1717 untersuchten Kühen aus 4 kommerziellen Milchviehherden. Dabei lag die betriebsspezifische Inzidenz zwischen 26,4 bis 55,7 %, womit einzig die Ketoseinzidenz von Betrieb D der vorliegenden Arbeit mit 27,7 % vergleichbar ist mit der von McArt et al. (2011) publizierten Studie. McArt et al (2011) beprobten aber im Gegensatz zur vorliegenden Arbeit ihre Tiere 3mal wöchentlich, sodass die höhere Ketoseinzidenz in diesem Fall mit einer höher frequentierten Untersuchungshäufigkeit erklärt werden könnte. Außerdem konnte in der Studie von McArt et al. (2011) zum Beispiel an Tag 5 p.p. die höchste Ketoseinzidenz aufgezeigt werden. Da die Betriebe der vorliegenden Dissertation jedoch nur einmal wöchentlich beprobt wurden, variierten die Probennahmen zwischen 7 ± 4 Tage p.p. und 14 ± 4 Tage p.p.. Eine mehrfach wöchentliche Blutprobenentnahme war in der hier beschriebenen Arbeit aus organisatorischen Gründen nicht umsetzbar. An jedem Werktag wurden in einem anderen Betrieb von einer Person die Blutprobenentnahmen sowie die allgemeine Untersuchung der Tiere durchgeführt.

In der Studie von Garzón-Audor et al. (2019) wurden die Tiere wie in der vorliegenden Studie auch nur einmal wöchentlich beprobt, wobei bei 150 beprobten Tieren aus 10 kolumbianischen Milchviehbetrieben eine Ketoseinzidenz von 26 % gezeigt werden konnte,

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die also ebenfalls über der Inzidenz der vorliegenden Arbeit (18 %) liegt. Duffield et al. (1998) untersuchte 1010 Tiere aus 25 Betrieben und konnte bei wöchentlicher Beprobung eine Ketoseinzidenz von 59 % aufzeigen, Simensen et al. (1990) zeigte bei ebenfalls wöchentlicher Beprobung der Tiere in seiner Studie eine Ketoseinzidenz von 46 % in Ketose-Problem-Betrieben. Demnach würde eine mehrmals wöchentliche Blutprobenuntersuchung wie von Oetzel et al. 2013) vorgeschlagen, möglicherweise zu einer höheren Diagnoserate der Ketoseerkrankung führen. Der Studienaufbau, speziell die wöchentliche Probenahme ist aber mit anderen Arbeiten im Hinblick vergleichbar (DUFFIELD et al. 1998, SIMENSEN et al. 1990, GARZÓN-AUDOR et al. 2019), sodass dies als Grund für die im Vergleich zu den erwähnten Arbeiten niedrigere Ketoseinzidenz in der vorliegenden Arbeit nicht haltbar ist.

Anders als in der vorliegenden Arbeit wurden jedoch in der Studie von Garzón-Audor et al.

(2019) und bei Simensen et al. (1990) die Tiere bis zur 6. Woche postpartum beprobt. Der Untersuchungszeitraum von Duffield et al. (1998) reichte von 3 Wochen a.p. bis 9 Wochen p.p.. Demnach könnte auch die Wahl der UZP für die Bestimmung der BHB-Konzentration an Tag 7 ± 4 und Tag 14 ± 4 Tage p.p. in dieser Arbeit ein Faktor sein, der die Unterschiede in der Ketoseinzidenz zwischen den Studien beeinflusst. Die UZP wurden in der vorliegenden Arbeit deshalb so gewählt, da die Prävalenz der subklinischen Ketose in den ersten beiden Laktationswochen am höchsten ist (GEISHAUSER et al. 2000) und die klinische Ketose meist im ersten Laktationsmonat diagnostiziert wird (NIELSEN 2006).

Hierbei ist allerdings die Literaturlage auch widersprüchlich. Garzón-Audor et al. (2019) zeigten beispielswiese die höchste Ketoseinzidenz in der 4. Woche p.p.. In der hier beschriebenen Arbeit wurden die Tiere, die nach dem Tag 14 ± 4 Tage p.p. erkrankten, nicht berücksichtigt, da es in der hier beschriebenen Arbeit vornehmlich um die frühen primären Ketosen ging. Samiei et al. (2013) konnten die höchste Ketoseprävalenz in der zweiten Laktationswoche (42,2 %) gefolgt von der dritten Laktationswoche (24,8 %) aufzeigen, wobei in der Studie von Samiei et al. (2013) 1002 Tiere aus 57 Betrieben im Untersuchungszeitraum von 5 bis 50 Tage p.p. beprobt wurden. Duffield et al. (1998) zeigten die höchste Ketoseprävalenz in der ersten und zweiten Woche p.p. und bei der Studie von Simensen et al.

(1990) konnte die höchst Erkrankungsrate zwischen Tag 7 und Tag 16 p.p. diagnostiziert

werden, sodass nach Literaturlage davon auszugehen ist (SAMIEI et al. 2013, DUFFIELD et al.

1998, SIMENSEN et al. 1990), dass der Großteil der primär an Ketose erkrankten Tiere in der vorliegenden Arbeit bis zum Tag 14 ± 4 Tage p.p. identifiziert wurde.