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2.4 Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse - Thyreotrope Achse

2.4.3 Schilddrüsenhormone

2.4.3.1 Bindungsproteine der Schilddrüsenhormone

Das von der Follikelzelle produzierte T3 und T4 gelangt durch Diffusion ins Blut, wobei die freigesetzten Hormonmengen etwa zu 90 % aus T4 und zu 10 % aus T3 bestehen (HÄMMERLING et al. 2009). Die fettlöslichen/hydrophoben Hormone werden im Blut sofort an die Plasma-/Bindungsproteine Thyroxin-bindendes Globulin (TGB), Transthyretin (TTR) und Albumin gebunden. Über 99 % des T4 im Plasma ist gebunden, nur 0,03 % liegt als freies T4 vor. T4 kann man als Reservepool für T3 bezeichnen, wobei die Deiodierung hauptsächlich peripher in der Zielzelle erfolgt. Da T3 eine etwas niedrige Affinität zum Transportprotein hat, liegt etwa 0,3 % des T3 frei vor. Die gebundenen Hormone dienen als Reservoir für die freien Hormone, wobei die freien Hormone für die Gewebezellen zur Verfügung stehen und zusammen mit dem deiodierten T3 die Rückkopplungsmechanismen zu TSH und TRH

Literatur

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regulieren (HÄMMERLING et al. 2009). Die Menge der Bindungsproteine ist ein entscheidender Faktor für die Bioverfügbarkeit von aktivem Schilddrüsenhormon (HUBER 2015). Die Bindungsproteine TTR, TGB und Albumin bewirken, dass sich die hydrophoben Hormone nicht unspezifisch in Lipidmembranen einlagern, sondern gerichtet an Zielzellen verteilt werden können. Freie Schilddrüsenhormone werden an der Niere glomerulär fiiltriert und ausgeschieden. Durch die Protein-Hormon-Assoziation wird die glomeruläre Filtration und somit ein unkontrollierter Verlust der Schilddrüsenhormone über die Nieren verhindert (KÖHRLE et al. 2014).

Um stoffwechselaktiv zu sein muss T4 zu T3 konvertiert werden. Dies geschieht durch zwei unterschiedlich regulierte selenabhängige Enzyme: Typ-1- und Typ-2-Deiodase in den peripheren Geweben (HUBER 2015, KÖHRLE et al. 2014). Die gewebe- und entwicklungsspezifische Expression dieser beiden Selenoprotein-Gene ermöglicht die feinregulierte lokale T3-Bildung aus dem Prohormon T4 in verschiedenen Zielzellen (KÖHRLE et al. 2014). Die Selendeiodase 1 (DIO1) ist in Leber, Niere und Schilddrüse aktiv und vor allem für die Bereitstellung von im Serum zirkulierendem T3 zuständig (HUBER 2015, HÄMMERLING et al. 2009). Die Selendeiodase 2 (DIO2) bildet vorwiegend T3 aus T4 für autokrine und parakrine Wirkung, ist in Skelettmuskel, Herz, Plazenta, ZNS, Hypophyse und Schilddrüse anzutreffen und ist für die Bereitstellung des intrazellulären T3 in spezifischen Geweben zuständig. Somit ist die Selendeiodase 2 ein Teil des intrahypophysären Regelmechanismus, der die negative Rückkopplungsreaktion von T4 auf die TSH-Freisetzung bewirkt.

Ein weiteres Selenoenzym ist die Deiodase 3 (DIO3). Durch die DIO3 wird das inaktive rT3 aus T4 deiodiert (HUBER 2015, HÄMMERLING et al. 2009, KÖHRLE et al. 2014). Möglicherweise ist die Bildung von rT3 als Schutzmechanismus vor überschüssigem T4 in Gehirn und Fetus zu verstehen, die genaue Wirkung von rT3 ist aber noch weitestgehend unklar (HÄMMERLING et al. 2009). Eine neuere Studie bezeichnet rT3 als neuroprotektiven Wirkstoff, da bei rT3-Verabreichung bei Ratten mit ischämischem Insult die Marker für neuronale Schädigung, die Infarktgröße und das neurologische Defizit signifikant reduziert waren (RASTOGI et al. 2018).

In der Literatur konnte jedoch keine aktuelle Studie zum rT3 im Rind gefunden werden.

Das biologisch aktive T3 diffundiert in die Zielzelle. Für die Aufnahme der stark polaren T3- und T4-Moleküle besitzen Körpergewebszellen verschiedene spezifische Transporter (HUBER 2015). Schilddrüsenhormone wirken über Kernrezeptoren, sodass durch Änderung der Genexpression langfristige Änderungen der Gewebefunktionen im Rahmen des Wachstums und der Koordination des Stoffwechselt erzielt wird (HUBER 2015). Demnach wird das T3 in der Zielzelle an spezifische nukleäre Rezeptoren gebunden, der Hormon-Rezeptor-Komplex bindet dann an die spezifische DNA-Sequenzen, die sogenannten „Thyroid Hormone Response Elements“ und über Stimulation der Transkription wird schließlich die Hormonwirkung vermittelt (HÄMMERLING et al. 2009).

2.4.3.2 Wirkungen von T3 und T4

Die Schilddrüsenhormone sind an vielen Stoffwechselvorgängen beteiligt und beeinflussen Synthese, Abbau und Wirksamkeit von Enzymen und Hormonen und sind absolut lebensnotwendig (HÄMMERLING et al. 2009). Schilddrüsenhormone steuern Entwicklung, Wachstum, Zelldifferenzierung, die meisten anabolen und katabolen Stoffwechselwege und viele Reaktionen des Struktur- und Funktionsstoffwechsels (KÖHRLE et al. 2014). Zudem regulieren T4 bzw. T4 über direkte und permissive Mechanismen die Gehirnentwicklung (IQ), Wachstum, Körpergeweicht, (Energie-) Stoffwechsel und die Körpertemperatur, weshalb diesen Hormonen auch beim Rind in der Transitperiode eine besondere Bedeutung zukommen.

Die metabolischen Wirkungen von T3 dienen generell der Regulation des Energieverbrauchs und damit der Kontrolle des Körpergewichts beim erwachsenen Organismus. Auch die Futteraufnahme wird über T3 zentral mitreguliert (Huber 2015). Die Grundumsatzrate in Ruhe wird durch T3 bestimmt, wobei besonders bei Kälte oder bei Nährstoffüberversorgung der Energieumsatz und die adaptive Thermogenese über T3 stimuliert wird. Dabei wird über den oxidativen Abbau von Körpersubstanzen (v.a. Fett) Wärme produziert zum Erhalt der Körperkerntemperatur oder zur Entsorgung von überflüssiger chemischer Energie in Form von Wärme. Bei Hungerzuständen wird die Aktivität der Schilddrüsenachse reduziert und die Stoffwechselrate sinkt, um Energie zu sparen (HUBER 2015).

Literatur

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T3 aktiviert die Glukoneogenese und Glukogenolyse und verringert die Glukoseverwertung.

Der Lipidumsatz wird gesteigert, wobei sowohl Liponeogenese als auch Lipolyse stimuliert wird, der lipolytische Effekt überwiegt allerdings (KÖHRLE et al. 2014). Über eine Stimulierung der Wachstumshormonbildung in der Hypophyse und über Effekte auf die Differenzierung von Chondrozyten im Knochen fördert T3 das Wachstum.

Auf zellulärer Ebene stimuliert T3 die Proteinsynthese v.a. im Muskel, die Glykogensynthese v.a. in der Leber, und die Neubildung von Mitochondrien. Die Stoffwechselintensität wird durch die Steigerung der oxidativen Kapazität der Gewebe erhöht und der Sauerstoffverbrauch steigt an.

2.4.4 Schilddrüsenstoffwechsel des Rindes

Neben der somatotropen Achse spielt die thyreotrope Achse mit ihren Schilddrüsenhormonen eine wichtige Rolle bei der Umstellung des Metabolismus von einer anabolen zu einer katabolen Stoffwechsellage (PIECHOTTA et al. 2014). Es gibt Studien im Bereich der Buiatrik zu Einflüssen von Laktations-, Reproduktions- und Gesundheitsstatus auf die Schilddrüsenhormon-konzentrationen die ich im Folgenden näher erläutern möchte.

Wie bereits erwähnt unterliegen die Schilddrüsenhormone einer circadianen Rhythmik. Diese ist auch beim Rind beschrieben. Bitman et al. (1994) untersuchte über Blutproben die Konzentrationen von T3 und T4 in laktierenden Milchkühen die im 15-minütigen Abstand über 48 Stunden gezogen wurden. Es konnte ein vergleichbarer circadianer Rhythmus mit Minimalkonzentrationen (T4: 42 ± 2 ng/ml; T3: 0,94 ± 0.17 ng/ml) zwischen 5.00 Uhr und 13.00 Uhr und Maximalkonzentrationen (T4: 50 ± 2 ng/ml; T3: 1.58 ± 0,17 ng/ml) zwischen 17.00 Uhr und 02.00 Uhr festgestellt werden. Dabei erreichte T3 zwei Stunden vor T4 die Höchstkonzentration im Blut (BITMAN et al. 1994). Darüber hinaus konnte auch eine ultradiane Rhythmik mit einem Intervall von 90 Minuten beobachtet werden, bei der die durchschnittliche Schilddrüsenhormonkonzentration um 15-20 % überschritten wurde.

Bei zyklus-synchronisierten Färsen in mehreren Studien von Stewart et al. 1994 konnte eine circadiane Rhythmik von TSH dargestellt werden, bei der die gemessenen TSH-Konzentrationen nachmittags höher waren als morgens.

2.4.4.1 Einfluss von Laktationsstadium und Milchleistung auf die Schilddrüsenhormone Abgesehen von der circadianen Rhythmik bei dem die Schilddrüsenhormone morgens niedriger sind als abends, fand Bitman et al. 1984 auch einen Zusammenhang von Milchleistung und Hormonkonzentration. Dabei wurden 100-Tage-tragende Färsen untersucht und festgestellt, dass die T4-Konzentrationen signifikant höher waren bei Tieren mit einer niedrigen Milchleistung. Die T3 Konzentration variierte dagegen nicht in Abhängigkeit von der Milchleistung. Bitman et al (1984) schloss auf eine negative Korrelation von T4-Konzentration und Milchleistungspotential.

Auch Refsal et al. (1984) fanden signifikant niedrigere Werte von T4 und T3 bei hoher Milchleistung, konnten dies jedoch nur in der Frühlaktation bestätigen. Tiirats (1997) konnte dagegen bei allen untersuchten Schilddrüsenhormonen (T4, T3, rT3) eine negative Korrelation zur Milchleistung belegen.

Darüber hinaus steigen die T4- und T3 Konzentrationen mit der Anzahl an Laktationstagen (REFSAL et al. 1984). Nixon et al (1988) beschreibt ebenfalls ein Anstieg von T4 und T3 von Frühlaktation zur Laktationsmitte, wobei die Autoren diese Beobachtung von der höheren Milchleistung in der Frühlaktation abhängig machen. Die T4 Level sind in der Frühlaktation signifikant niedriger als in späteren Laktationsstadien, steigen jedoch bei fortschreitender Laktationsdauer an und sind in der Trockenstehphase am höchsten (TIIRATS 1997, PEZZI 2003, NOWROOZI 2016). Auch T3-Konzentrationen sind in der Spätlaktation signifikant höher als in der Frühlaktation, wobei die Werte von T3 in der Trockensteherphase denen der Frühlaktation gleichen bzw. am niedrigsten sind (TIIRATS 1997, PEZZI 2003). Die Konzentrationen von rT3 entsprechen weitestgehend denen von T4, nämlich niedrigste Konzentrationen in Frühlaktation, höhere Werte in der Spätlaktation und Höchstkonzentrationen bei den trockenstehenden Kühen. Bei tragenden, trockenstehenden Kühen konnte eine antiproportionale Entwicklung von T4 und T3 im Vergleich zur Trächtigkeitsdauer erkannt werden (REFSAL et al. 1984).

Literatur

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Zusammenfassend kann man sagen, dass metabolische bedeutsame Ereignisse wie Kalbung, Eintritt in die Laktation oder negative Energiebilanz zu einer Reduktion von T4 und T3 führen (REFSAL et al. 1984). Tiirats (1997) sieht diese Erniedrigung der Schilddrüsenhormone in der Frühlaktation als einen Schutzmechanismus der Kuh zur Reduktion des metabolischen Bedarfs im peripartalen Zeitraum während der katabolen Stoffwechsellage. Darüber hinaus wird die Schilddrüsenhormonkonzentration von Energie- und Proteinaufnahme beeinflusst (TIIRATS 1997).

Aceves et al. (1987) spricht im Zusammenhang mit dem metabolischen Zustand der Frühlaktation auch vom „Euthyroid sick-like syndrome/non-thyroidal Illness“, bei der es bei normaler Schilddrüsenfunktion zu sekundären Abfall der Schilddrüsenhormonkonzentration kommt. Dabei werden niedrige Werte an systemischen T3 bei hohen rT3-Konzentrationen und normalen oder erniedrigten T4- und TSH-Werten angetroffen (ECONOMIDOU et al. 2011).

Aceves et al. (1987) konnte im Zusammenhang mit Anpassungen an unterschiedliche Umweltbedingungen in der Frühlaktation Veränderungen im Verhältnis von T3/T4 und rT3 aufzeigen. Pezzi et al. (2003) zeigten einen Zusammenhang zwischen der scheinbar hypothyreoten Stoffwechselsituation in der Frühlaktation und der Expression und Aktivität von 5’-Deoidase in Leber und Eutergewebe. Dabei kommt es in der Frühlaktation zu einer Abnahme der 5’-Deiodase in der Leber und eine Zunahme in der Milchdrüse (und somit zu verminderter Bildung von zirkulierendem T3 aus T4 und einer lokal vermehrten T3 Bildung im Euter) (PEZZI et al. 2003, CAPUCO et al. 2008). Capuco et al. (2008) bezeichnen die Schilddrüsenhormone als galaktopoetisch und sehen die Veränderungen in der Expression von 5’Deiodinase als Mechanismus der metabolischen Priorisierung der Milchdrüse. In der Studie von Capuco et al. (2008) wurde die Expression der DIO1, DIO2 und DIO3 in Euter und Leber analysiert. DIO1 und DIO2 generieren die aktiven Hormone T3 und T4, durch die DIO3 wird das inaktive rT3 aus T4 deiodiert (siehe auch 2.4.4.3). Die Genexpression für die DIO1 findet überwiegend in der Leber statt und verhält sich weitestgehend konstant mit einer Tendenz zur Aktivitätsabnahme in der Laktation. Die DIO2 dagegen dominiert in der Milchdrüse und ihre Aktivität steigt mit Einsetzen der Laktation stark an (CAPUCO et al. 2008).

DIO3-Transkripte sind in Leber und Eutergewebe zu findet und werden in der frühen Laktation und der Trockenstehphase wenig exprimiert.