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II. SCHRIFTTUM

2. Knochen und Knochenstoffwechsel

2.3. Wachstum, Modeling und Remodeling

Für das Knochengewebe sind drei Umbaumechanismen beschrieben worden (FROST 1991):

1. Wachstum 2. Modeling 3. Remodeling

Knochen ist ein hochspezialisiertes, dynamisches und stoffwechselaktives Gewebe und als solches ständigen Veränderungen und Anpassungsvorgängen unterworfen. Die Knochenmasse selbst wird dabei durch fortlaufende An- und Abbauprozesse bestimmt, welche ihrerseits durch unterschiedlichste endogene und exogene Faktoren beeinflusst werden (SEIBEL et al. 1993 ROBINS u. NEW 1997). Beim erwachsenen Menschen werden pro Jahr etwa 10 % der Knochenmasse ersetzt (CHRISTENSON 1997, ROBINS u. NEW 1997).

Die Umsatzrate des Knochengewebes wird charakterisiert durch zwei gegenläufige, aber sich ergänzende metabolische Aktivitäten (LEPAGE et al. 2001):

1. Resorption des alten Knochens durch Osteoklasten und

2. Formation bzw. Apposition von neuem Knochen durch Osteoblasten

Das Skelettwachstum junger Tiere ist charakterisiert durch eine hohe Stoffwechselrate und Wachstum und Formation dominieren. Beim gesunden, adulten Tier sind Formation und Resorption konstant zur Erhaltung der Knochenmasse gekoppelt (MÄENPÄÄ et al. 1988, BLACK et al. 1999).

Die Gesamt - Knochenmasse hängt dabei ab vom Maximum, den die Knochenmasse während des Wachstums annimmt, und der altersbedingten Verlustrate im späteren Leben (REID u. NEW 1997).

2.3.1. Wachstum

Während der Wachstumsphase ist die Stoffwechsel - Rate bei Pferden auf einem sehr hohen Niveau, um ein appositionelles Wachstum und eine Verstärkung der langen Röhrenknochen zu gewährleisten. Dabei überschreitet die Formationsrate die Resorptionsrate (BELL et al. 2001).

In der Wachstumsphase wird während der enchondralen Ossifikation das zunächst als Platzhalter fungierende Knorpelgewebe durch Knochengewebe ersetzt. Wachstum entsteht durch eine Zunahme der Zellzahl und der Interzellularsubstanz und wird durch den Schluss der Epiphysenfugen und damit dem Erreichen der Skelettreife gestoppt (FROST 1991). Die Epiphysenfugen der Gliedmaßenknochen wachsen unterschiedlich schnell und beenden das Wachstum durch Verknöcherung (Epiphysenfugenschluss). Eine Übersicht über den Zeitpunkt des Epiphysenfugenschlusses beim Pferd gibt Tabelle 2.3. Beim Pferd sind die Epiphysenfugen mit 2,5 - 3 Jahren geschlossen, die Ausreifung des Skelettes vollzieht sich jedoch noch bis zum 5. - 6.

Lebensjahr (HUSKAMP et al. 1996).

Das schnellste postembryonale Wachstum erfolgt in drei Phasen (HUSKAMP et al. 1996):

1. im ersten Lebensmonat

2. zwischen 6. und 12. Lebensmonat 3. mit Eintritt in die Geschlechtsreife

Tab. 2.3.: Übersicht über den Epiphysenfugenschluss beim Pferd (modifiziert nach HUSKAMP et al. 1996)

Epiphysenfuge Epiphysenfugenschluss (Monate)

Ossa digitorum (manus / pedis) 6 - 9

Ossa metacarpalia III -distal 9 - 12

Radius -proximal 12 - 18

-distal 24 - 30

Humerus -proximal 36

-distal 12 - 18

Tibia -proximal 24 - 30

-distal 12 - 18

Femur 24 - 30

Tuber olecrani 24 - 30

Tuber calcanei 24 - 30

2.3.2. Modeling

Das Modeling bezieht sich auf den noch wachsenden Knochen. Entsprechend der Größenzunahme werden dabei neue Knochengewebsstrukturen gebildet und überflüssig gewordene Strukturen abgebaut. Mit der Umfang- und Längenzunahme des wachsenden Knochens geht ein fortlaufender Umbau der Innenarchitektur, der Spongiosa einher. Diese ist dabei unter gleichzeitiger Anpassung an die mechanische Belastung, die auf den Knochen einwirkt, primär wachstumsorientiert. Als Antwort auf veränderte mechanische Ansprüche wird die Bälkchenstruktur der Spongiosa abgebaut und durch ein funktionell orientiertes System aus Zug- und Druckspannungstrajektoren ersetzt. Die Belastbarkeit des wachsenden Knochens bleibt dabei erhalten. Modeling ist ein Vorgang, bei dem formative Prozesse überwiegen und der die Summe der Knochenmasse verändert. Er dient der Bestimmung der Knochenform und ist der Prozess, durch den das juvenile Skelett wächst und seine adulte Form erhält (NIELSEN et al. 1997).

2.3.3. Remodeling

Auch nach Abschluss des Wachstums, Modelings und der Ausbildung der endgültigen Struktur unterliegt das Skelett zeitlebens Umbauvorgängen, die als Anpassung des Skelettes an die sich ständig ändernden biomechanischen Belastungen zu werten sind und als Remodeling bezeichnet werden.

Remodeling erfüllt verschiedene Aufgaben (NIELSEN et al. 1997):

1. Es spielt eine homöostatische Rolle und kann, wenn benötigt, eine große Menge Calcium aus dem Skelettsystem bereitstellen.

2. Entspricht die Struktur und der Aufbau des primären Knochens nicht den mechanischen Anforderungen, passt Remodeling den Knochen an veränderte Belastungsbedingung an.

3. Mikroläsionen in Knochen, die durch Überbelastungen auftreten, werden durch Remodeling repariert.

Remodeling ist essentiell für die Knochengesundheit. Um die mechanische Integrität des Skelettes zu sichern, untersteht das Knochengewebe daher einer kontinuierlichen, präzise regulierten Erneuerung. Dieser Prozess besteht aus Auflösung des Knochens (Resorption) gefolgt von der Synthese neuer Knochenmatrix mit anschließender Mineralisation (Formation). Beide Ereignisse sind miteinander gekoppelt, aber nicht zwingend ausbalanciert (ERIKSEN u. LANGDAHL 1995, HUSKAMP et al. 1996, WATTS 1999).

Remodelingvorgänge haben das Ziel, die optimale Festigkeit der Knochen zu erhalten, Ersatz von abgebautem Gewebe zu schaffen, Mikroläsionen und Mikrofrakturen zu reparieren sowie die Knochenarchitektur an äußere Einflüsse anzupassen (FROST 1991, ERIKSEN u. LAGDAHL 1995, HUSKAMP et al. 1996). Dabei spielen Osteozyten eine wichtige Rolle in der Erkennung von Mikroläsionen, sie initiieren in diesem Fall das Remodeling (ROBINS u. NEW 1997).

Wird also die Belastungsintensität gesteigert, muss sich der Knochen umbilden, um den veränderten Aufgaben gerecht werden zu können. Dieser Prozess wird als „Wolff´s Gesetz“ bezeichnet. Es besagt, dass sich die interne Struktur des Knochens verändert, um sich an neue Belastungen anzupassen, die auf den Knochen einwirken (NIELSEN et al. 1997).

Fehlt eine geeignete adaptive Antwort des Knochens auf eine veränderte Belastung, führt der mechanische Stress einer physikalischen Aktivität zu Verletzungen. Dies führt vor allem bei Rennpferden zu Problemen, da sie im Alter von 2 Jahren zu einem Zeitpunkt, zu dem das Skelett noch unreif ist, das Training beginnen (JACKSON 2003a).

Ein Unterschied zwischen Modeling und Remodeling ist unter anderem, dass die Gesamt - Knochenmasse während des Modelings entweder ansteigt oder abfällt, während des Remodelings jedoch annähernd gleich bleibt (NIELSEN et al. 1997).

Remodeling tritt nur an der Knochenoberfläche auf. Es beinhaltet Resorption und Anlagerung von Knochen, eingeteilt in 5 Phasen (PARFITT 1984, WATTS 1999):

1. Ruhephase

2. Aktivierung der Osteoklasten und Anlagerung dieser an die Knochenoberfläche

3. Resorption durch Freisetzung von Wasserstoffionen und proteolytischen Enzymen und Bildung einer Knochenlakune, dabei wird vormals im Knochen gebundenes Calcium und anorganisches Phosphat freigesetzt.

4. Umkehrphase

5. Formation von neuer Knochenmatrix durch Osteoblasten, anschließend Mineralisierung der Matrix

Das initiale Ereignis des Remodelings ist der enzymatische Abbau der Knochenoberfläche und des Knochenkollagens durch die Osteoklasten. Reguliert werden die Vorgänge des Remodelings durch

Hormonen (PTH, Östrogene, Androgene, Cortisol, Calcitonin), Wachstumsfaktoren und Cytokinen.

In einem typischen Remodeling - Zyklus nimmt die Resorption 7 - 10 Tage in Anspruch, wohingegen für die Formation 2 - 3 Monate benötigt werden. Ca. 10 % des Knochens werden auf diese Weise pro Jahr ersetzt (WATTS 1999). Die Abbauprodukte des Remodelings können als Knochenmarker für Formation oder Resorption im Blut gemessen werden und dienen der Analyse des Knochenstoffwechsels.