• Keine Ergebnisse gefunden

V. DISKUSSION

2. Diskussion der Ergebnisse

2.1. Beurteilung des Versuchsmodels sowie des Trainingsprogramms

Für die Beurteilung eines potentiellen Effekts der Gelatine - Hydrolysat - Supplementierung müssen vor allem Modifikationen des Knorpel- und Knochenstoffwechsels provoziert werden.

Veränderungen im Knorpel- und Knochenstoffwechsel werden, wie vielfach in der Literatur beschrieben, am ehesten durch Trainingsbelastungen hervorgerufen. Für die Einordnung der eigenen Ergebnisse ist eine Reflektion der in anderen Studien durchgeführten Trainingsprogramme nötig.

FLETCHER et al. (2000) beobachteten in einer Gruppe trainierter Jährlinge wie in der eigenen Studie einen signifikanten Abfall der OC - Konzentration über 12 Wochen, jedoch beschreiben die Autoren das Trainingsprogramm nicht ausführlich, sondern belegen lediglich 1 - stündige Trainingseinheiten 3 x/Woche, daher ist die Intensität des Trainings nur bedingt mit dem in der eigenen Studie durchgeführten Training vergleichbar. Das Trainingsprogramm in der Studie von BUCKINGHAM und JEFFCOTT (1991) war ähnlich der eigenen gestaltet, von der Intensität jedoch nur submaximal angelegt, dennoch erhalten die Autoren, ausgelöst durch ein weniger intensives Trainingsprogramm wie das eigene, einen signifikanten OC - Abfall in der Gruppe der trainierten Pferde. Auch FENTON et al. (1999) fanden nach täglichem, 20 - minütigen Longieren im Trab und Galopp und nach einem täglich durchgeführten 2 - stündigen Schrittprogramm einen signifikanten Abfall der OC - Werte über 56 Tage, nach Aussage der Autoren spiegeln diese Entwicklungen jedoch vermutlich eher einen Alterseffekt wider. Die Trainingsintensität war sehr gering und erscheint nicht ausreichend, um belastungsbedingte Veränderungen am Knochen auszulösen.

JACKSON et al. (2003a) trainierten 2 - jährige Vollblüter 3x/Woche auf einem Laufband und fanden einen deutlichen OC - Abfall über 20 Wochen. Das Trainingsdesign bei WEDEMEYER (2000) entsprach, abgesehen von der Versuchsdauer und von unterschiedlichen v - Zahlen für die Belastungen, sehr genau dem der eigenen Untersuchung, auch in dieser Untersuchung konnten nach 6 Wochen bereits signifikant niedrigere OC - Konzentrationen, jedoch keine Veränderungen der ICTP - Werte, dargestellt werden. PRICE et al. (1995b) trainierten Pferde 3 x wöchentlich auf einem Laufband in relativ kurzen, intensiven Einheiten und erhielten nach 2 Monaten deutlich höhere ICTP - Konzentrationen als in einer untrainierten Gruppe. Auch für die Konzentration von Keratansulfat sind in der Literatur Effekte eines täglichen Renntrainings beschrieben worden

(OKUMURA et al. 2002), wobei die KS - Konzentration einen Abfall aufwies, jedoch machen die Autoren keine genauen Angaben zur Intensität des Trainingsprogramms.

Das Trainingsprogramm der eigenen Studie ist demnach bezüglich der Intensität vergleichbar mit denen von JACKSON et al. (2003a) und WEDEMEYER (2000) und scheint intensiver gewesen zu sein als das Training in den Studien von BUCKINGHAM und JEFFCOTT (1991), PRICE et al.

(1995a), FENTON et al. (1999) oder FLETCHER et al. (2000). Da in diesen Studien Effekte auf den Knochenstoffwechsel, und bei OKUMURA et al. (2002) auch auf den Knorpelstoffwechsel, erzielt werden konnten, obwohl in einigen Untersuchungen eine wesentlich geringere Belastungsintensität auf den Bewegungsapparat einwirkte, kann davon ausgegangen werden, dass das Trainingspensum der eigenen Studie intensiv genug war, um Veränderungen am Knochen- und Knorpelstoffwechsel zu provozieren.

Dies wird bestätigt, betrachtet man in der eigenen Untersuchung die Entwicklungen der Laktatkonzentrationen (Tabelle 4.31. und Abbildung 4.22.) und der Herzfrequenzen (NIEMEYER, Diss. in Vorbereitung) über die Versuchsdauer. Da innerhalb der 1. Trainingsperiode eine um 2 - 4 mmol/l geringere Laktatkonzentration dargestellt werden konnte, kann von einem sehr effektiven Training ausgegangen werden. Bedingt durch diesen Trainingseffekt hätten die Versuchspferde in der 2. Trainingsperiode, basierend auf einer erneuten individuellen laktatgesteuerten Anpassung des Trainings, Geschwindigkeiten absolvieren müssen, die zu hohe Trainingsanforderungen dargestellt hätten, wodurch mit Lahmheiten und Ausfällen zu rechnen gewesen wäre. Stattdessen wurden alle Trainingsgeschwindigkeiten um 0,5 m/s angehoben. Diese Steigerung war frei gewählt, und versucht, einen Kompromiss zu schließen zwischen dem Anspruch, die Belastung weit genug zu erhöhen, um erneut einen Trainingsreiz zu setzen, und der Vermeidung von Überbelastungen und Ausfällen durch eine zu große Steigerung der Belastung. In Tabelle 5.1. werden stichprobenartig die auf der Grundlage der Laktatwerte des 2. Stufentests rechnerisch ermittelten Geschwindigkeiten einiger Pferde, sowie die tatsächlich gelaufenen Geschwindigkeit und deren Differenz dargestellt.

Tab. 5.1.: Beispiele der errechneten und tatsächlich absolvierten Geschwindigkeiten (v2 undv10, m/s), sowie deren Differenzen in der 2. Trainingsperiode

Pferd v2 errechnet v2 gelaufen Differenz v10 errechnet v 10 gelaufen Differenz

6 6,9 6,3 -0,6 9,3 8,8 -0,5

7 5,3 6,0 0,7 8,9 8,6 -0,3

8 5,8 6,1 0,3 8,5 8,4 -0,1

9 5,5 5,7 0,2 9,5 9,4 -0,1

10 5,9 5,8 -0,1 8,9 9,3 0,4

12 7,3 6,5 -0,8 10,5 9,3 -1,2

Aus Tabelle 5.1. wird deutlich, dass Pferde in der 2. Trainingsperiode niedrigere Geschwindigkeiten absolvierten, als mit den im 2. Stufentest ermittelten Laktatwerten errechnet wurden. Diese Reduzierung der Trainingsintensität schien nötig, um einer Überbelastung der Pferde vorzubeugen.

Aus den Werten wird jedoch auch der große Trainingseffekt ersichtlich, der in der 1.

Trainingsperiode erzielt wurde.

Für die 2. Trainingsperiode konnte dagegen anhand der Laktat - Konzentrationen, die abschließend im 3. Stufentests ermittelt wurden, kein Trainingseffekt dargestellt werden. Maßgeblich können dafür 2 Ursachen verantwortlich gemacht werden:

Aus der Literatur ist bekannt, dass nach Beginn eines Trainingsprogramms die deutlichsten Effekte bereits in den ersten 4 - 6 Wochen auftreten (LINDNER 1997). Die ausbleibende Verbesserung des Leistungsstandes der Pferde dieser Studie in der 2. Trainingsperiode ist daher erklärbar. Zudem basierte die Trainingsanpassung in der 2. Trainingsperiode wie oben erwähnt nicht auf die im 2.

Stufentest erreichten Laktatwerte. Der ausbleibende Trainingseffekt in der 2. Trainingsperiode kann also auch durch eine zu gering gewählte Trainingssteigerung zustande gekommen sein.

Neben der Einschätzung der Intensität des in der eigenen Studie durchgeführten Trainingsprogramms mithilfe der Ergebnisse des Knorpel- und Knochenstoffwechsels und der Laktat - Konzentrationen können auch die Veränderungen der Herzfrequenzen beurteilt werden.

Dieser Parameter ist jedoch um ein Vielfaches mehr von Außenfaktoren abhängig als die Konzentrationen von Laktat oder der Knochen- und Knorpelmarker. NIEMEYER (Diss. in Vorbereitung) stellte im 1. Stufentest eine maximale Herzfrequenz in der letzten Stufe (9 m/s) von 204 ± 21 Schlägen/min fest, im 2. bzw. 3. Stufentest, in denen eine weitere Stufe absolviert wurde,

beträchtlichen Herzfrequenzen lassen ebenfalls auf eine hohe Trainingsbelastung schließen. Auch das Auftreten von temporären Lahmheiten einiger Pferde, auf die im Kontext des Knorpel- und Knochenstoffwechsels detaillierter eingegangen wird, könnte für eine hohe Trainingsintensität sprechen.

Nach Einbeziehung aller Faktoren kann das durchgeführte Trainingsprogramm der eigenen Untersuchung als eine sehr intensive Belastung eingestuft werden, ausreichend, um Veränderungen am Knorpel- und Knochenstoffwechsel auszulösen.

Die Wirkung von oral verabreichten chondroprotektiven Substanzen ist beim Pferd bereits von einigen Autoren überprüft worden (JAESCHKE u. STEINBACH 1982, HANSON et al. 1997, BERGMANN u. HERTSCH 2000). Dabei wurden Effekte dieser Substanzen an einem Tiermodel untersucht, das eine Verbesserung von meist subjektiven Lahmheitsparametern wie Schrittlänge, Beugefähigkeit und Lahmheitsgrad bei Tieren mit degenerativen Gelenkerkrankungen beurteilen sollte. Oftmals fehlte dabei eine Kontrollgruppe, die die erzielten Ergebnisse objektiviert hätte. In der eigenen Untersuchung wurde die Wirksamkeit von Gelatine - Hydrolysat auf den Knorpel- und Knochenstoffwechsel anhand von Blutparametern bei gesunden Probanden bewertet, die z.T. aber auch in bezug zu auftretenden Lahmheiten gesetzt werden können. Durch die Verwendung von Blutparametern werden die Ergebnisse vom Untersucher unabhängig, als objektive Parameter bieten sie zusätzlich eine bessere Vergleichbarkeit mit anderen Studien.