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2. Literaturübersicht

2.5. TRP-Ionenkanäle

2.5.1. Vorkommen, Funktion und Wirkmechanismen

Die TRP-Kanäle sind ubiquitär im Organismus verteilt (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Viele Zellen exprimieren mehrere TRP-Kanalproteine gleichzeitig. Obwohl viele ihrer Funktionen unbekannt sind, lässt ihre weite Verbreitung darauf schließen, dass ihre biologischen Funktionen und Aktivierungsmechanismen sehr vielfältig sind (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Die meisten befinden sich in der Plasmamembran und spielen eine essentielle Rolle bei der Kontrolle/Modulation vom Influx und den transzellulären Transportmechanismen von Ca2+, Mg2+ und Spurenelementen (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Die TRP-Kanäle sind beteiligt an der sensorischen Transduktion, Reaktion auf thermische Reize, nozizeptive Stimuli, Berührung, Osmolarität, Pheromone sowie andere intra- und extrazelluläre Reize (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Sie sind aber auch an motorischen Funktionen, wie der Muskelkontraktion und der vasomotorischen Kontrolle beteiligt (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Einige der TRP-Kanäle findet man hauptsächlich in einer Reihe sensorischer Neurone.

Dies führt zu der Annahme, dass speziell diese an der Erkennung sowohl von nozizepitven als auch von prurizeptiven Reizen beteiligt sind. In sensorischen Neuronen der Spinal- und Trigeminalganglien sind TRPV1, TRPV2, TRPV4, TRPM2, TRPM3, TRPM8 und TRPA1 exprimiert (KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Weiterhin sind der TRPV3 und TRPV4 in Keratinozyten zu finden (PEIER et al. 2002; CHUNG et al. 2004).

Diverse Studien zeigten, dass einige Membranphospholipide eine direkte Wirkung auf die Regulation der TRP-Kanalaktivität haben (KARASHIMA et al. 2008; KIM et al. 2008). Viele sind vor allem sehr sensitiv auf PIP2 (KARASHIMA et al. 2008; NILIUS et al. 2008;

ROHACS 2014; HILLE et al. 2015). Des Weiteren sind einige membranständige Enzyme ebenfalls sensitiv auf PIP2, wodurch sie direkt oder indirekt die TRP-Kanal-Funktion beeinflussen (KIM et al. 2008). Die Phosphorylierung der Kanäle, z. B. durch die Proteinkinase C (PKC), kann einen direkt aktivierenden Mechanismus darstellen, oder den Kanal für andere Stimuli sensitivieren (BHAVE et al. 2003). Weiterhin kann es durch die Aktivität der PKC bei einigen Kanälen, z. B. TRPM8, zu einer Dephosphorylierung und somit zu einer Deaktivierung des Kanals kommen (PREMKUMAR et al. 2005). Die Aktivierung der Proteinkinase A (PKA) und der PLC führen häufig zu einer Potenzierung der TRPV1-abhängigen Antworten (BHAVE et al. 2003; WU et al. 2010).

Literatur

21 2.5.1.1. Beteiligung am Juckreizgeschehen

Viele Signalkaskaden von diversen Juckreizmediatoren sind assoziiert mit denen der TRP-Kanäle. Diese, und im Speziellen die thermosensitiven, sind in primären sensorischen Neuronen und Hautkeratinozyten exprimiert (KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Diese thermosensitiven Ionenkanäle reagieren auf vielfältige Stimuli wie Säuren (CATERINA et al.

1997; DHAKA et al. 2009), Alkalien (FUJITA et al. 2008; DHAKA et al. 2009), Osmolaritätsveränderungen (STROTMANN et al. 2000), künstliche Substanzen (FUJITA et al. 2007) und Phytochemikalien (CATERINA et al. 1997; XU et al. 2006).

TRPV1 und TRPA1 sind, wie anhand von Tabelle 3 zu erkennen ist, die beiden an der Juckreizweiterleitung hauptbeteiligten TRP-Ionenkanäle. Zudem gibt es eine Reihe von Beweisen, dass der TRPV1 eine Schlüsselrolle in der Signaltransduktion von Histamin spielt (KIM et al. 2004; SHIM et al. 2007). Weiterhin ist auch für TRPV3, TRPV4, TRPC3 bekannt, dass sie an der Juckreizweiterleitung einiger Pruritogene beteiligt sind (Tab. 3). Dies macht sie zu einem guten Ziel zur Behandlung sowohl von akutem als auch chronischen Juckreiz. Dies könnte ebenfalls auf ein Zusammenspiel oder zumindest eine enge Verbindung zwischen beiden Kanälen hindeuten. Einige der nicht-histaminergen Pruritogene wie das IL-31 oder Leukotrien B4 (LTB-4) benötigen z. B. sowohl den TRPV1 als auch den TRPA1 zur Weiterleitung des Juckreizsignals (Tab. 3). Bisher wird aufgrund einiger Studien angenommen, dass der histaminerge und der nicht-histaminerge Juckreiz durch komplett unabhängige Signalwege gesteuert werden (ROBERSON et al. 2013). Hierbei wird postuliert, dass TRPV1-exprimierende Neurone hauptsächlich an histaminergem und TRPA1-exprimierende Neurone an nicht-histaminergem Juckreiz beteiligt sind (WILSON et al. 2011;

ROBERSON et al. 2013). Dennoch gibt es in diesen und anderen Studien auch Ungereimtheiten. ROBERSON et al. (2013) beispielsweise zeigten, dass eine Subpopulation (39,2 %) der auf Histamin sensitiven Neurone auf den spezifischen TRPA1-Agonisten AITC reagierten und 69,6 % der positiv auf Histamin reagierenden Neurone auf den spezifischen TRPV1-Agonisten Capsaicin. Leider macht der Autor hier keine Angabe zur möglichen Schnittmenge der gemeinsam auf Histamin, Capsaicin und AITC reagierenden Zellen.

Generell ist bekannt, dass der TRPA1 in einer Subpopulation der TRPV1-exprimierenden Neurone vorhanden ist (STORY et al. 2003; GOUIN et al. 2017). Die Expression von TRPV1 und TRPA1 auf nicht-neuronalen Zellen (Keratinozyten, Mastzellen, DCs, Endothelzellen)

Literatur

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spielt in der Nozizeption ebenfalls eine Rolle und ist weiterhin beteiligt an der Verstärkung inflammatorischer Prozesse (GOUIN et al. 2017). Für einige weitere TRP-Kanäle ist bekannt, dass sie an der Regulation der Mediatorfreisetzung und Hautbarrierefunktionen beteiligt sind und somit eine Rolle bei der Entstehung pruritischer (Haut-)Erkankungen spielen. Der TRPV2-Kanal ist laut einer Studie von ZHANG et al. (2012a) an der Mastzelldegranulation, verursacht durch physikalische Stimuli, beteiligt. Bei einer sogenannten Gain-of-Function-Mutation des TRPV3 (Gly573Ser) verursachte dies in Mäusen neben Haarlosigkeit und Dermatitis zusätzlich starken Juckreiz (ASAKAWA et al. 2006). Beim Menschen kommt es bei dem Olmstedt-Syndrom durch die gleiche Mutation ebenfalls zu ausgeprägtem Juckreiz (LIN et al. 2012). Eine mögliche Rolle wird diesem Kanal auch bei dem durch trockene Haut verursachten Juckreiz zugeschrieben (YAMAMOTO-KASAI et al. 2012). In einem TRPM4-/--Mausmodell konnte gezeigt werden, dass die Migration der Mastzellen dysreguliert ist. Ebenso zeigten diese Tiere eine erhöhte Mastzelldegranulation und Mediatorenfreisetzung (SHIMIZU et al. 2009). Als Zielstruktur zur systemischen Therapie von anaphylaktischen oder lokalen allergischen Reaktionen, ist der TRPM4 jedoch aufgrund seiner weiten Verbreitung und Beteiligung an verschiedenen physiologischen Funktionen (z. B.

Herzschlagentstehung) nicht, oder nur mit starker Limitierung geeignet (TOTH et al. 2015).

Urämische Patienten entwickeln aufgrund einer Hypomagnesiämie Juckreiz. Der TRPM6 und TRPM7 spielen eine Rolle in der Mg2+-Homöostase und könnten demnach hypothetisch bei der Juckreizentstehung durch einen Magnesiummangel beteiligt sein (TOTH et al. 2015).

TRPM8 scheint nicht im Juckreizgeschehen involviert zu sein (TOTH et al. 2015).

Dahingegen macht es den Eindruck, dass dieser Ionenkanal positive Effekte auf die Regeneration der Hautbarriere hat. In einer Studie wurde bei haarlosen Mäusen nach einer Barrierestörung mit einer TRPM8-Agonistenbehandlung die Regeneration potenziert (DENDA et al. 2010). TRPC1 ist bekannt dafür in der Epidermis von Morbus-Darier-Patienten überexprimiert zu sein. Durch Mutationen im SERCA2b-Gen kommt es zu schweren Differenzierungsstörungen der Keratinozyten in Begleitung mit intensivem Juckreiz (PANI et al. 2006). Eine verminderte Expression von TRPC1, TRPC3, TRPC4, TRPC5, TRPC6, und TRPC7 wurde in Keratinozyten von Psoriasis-Patienten gefunden (LEUNER et al. 2011). SUN et al. (2012) brachten zudem eine Dysfunktion des TRPC6 mit der

Literatur

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Pathogenese der AD in Verbindung und postulieren, dass eine verstärkte Aktivierung dieses Ionenkanals eine neue Möglichkeit in der Behandlung der AD darstellen könnte.

Tabelle 3: Pruritogene, ihre Rezeptoren und ihre im nachgeschalteten intrazellulären Signalweg wirksamen TRP-Kanäle auf sensorischen Neuronen, modifiziert nach ZHANG (2015)

Pruritogen Rezeptor Aktivierte Ionenkanäle Referenzen

Histamin H1R, H3R, H4R TRPV1, andere?

TRPV4 *

Chloroquin MrgprA3 TRPV1, TRPA1, TRPC3,

TRPV4**

SLIGRL, BAM8-22 MrgprC11 TRPA1, TRPV1 (WILSON et al. 2011;

ROBERSON et al. 2013;

Gallensäuren TGR5 TRPA1 (ALEMI et al. 2013;

LIEU et al. 2014)

LPA LPA5 TRPV1, TRPA1 (KITTAKA et al. 2017)

H2O2 TRPA1 (LIU u. JI 2012)

Imiquimod TLR7? TRPV1 (indirekt) (LIU et al. 2010;

KIM et al. 2011)

* spielt eine Rolle als Prurizeptor auf epidermalen Keratinozyten

**erhöhte Antwort bei Mäusen im Knockout-Modell

Literatur

24 2.5.2. TRPV1-Kanal

Die TRPV-Subfamilie besteht aus sechs Kanälen (WU et al. 2010), die sich in zwei Gruppen aufteilt: V1/V2/V3/V4 und V5/V6 (CLAPHAM et al. 2005). Die Familie wurde nach dem aus dieser Gruppe zuerst entdeckten und am besten untersuchten Ionenkanal, dem Vanilloid-Rezeptor 1, benannt (CATERINA et al. 1997). Weiterhin ist der TRPV1 auch als Capsaicin-Rezeptor bekannt (CATERINA et al. 1997). Er ist sehr stark auf myelinisierten (Aδ) und unmyelinisierten (C) nozizeptiven Fasern von Spinal-, Trigeminalganglienneuronen und denen des Ganglion Nodosum exprimiert (HELLIWELL et al. 1998; CATERINA 2000). In weitaus geringeren Mengen ist er in menschlicher Haut, einschließlich Keratinozyten, dermalen Mastzellen, DCs, Haarfollikelkeratinozyten und Sebozyten der Talgdrüsen zu finden (TOTH et al. 2015). TRPV1 wird durch diverse externe Reize, z. B. durch erhöhte Temperaturen (> 43 °C) und dem prototypischen Agens Capsaicin (isoliert aus der Chilischote), aktiviert (CATERINA et al. 1997). Er wird aber auch durch andere interne Stimuli wie Veränderungen des pH-Wertes, sowohl bei der Azidose als auch der Alkalose (DHAKA et al. 2009), Bradykinin (CHUANG et al. 2001; SHIN et al. 2002), Adenosintriphosphat (ATP; TOMINAGA et al. 2001), verschiedenen Neuropeptiden, z. B.

Nerve Growth Factor (NGF), Neurotrophin-3 und -4 (LAZAR et al. 2004), proinflammatorischen Zytokinen (NICOL et al. 1997; ZHANG et al. 2005) oder Lipoxygenaseprodukte (HWANG et al. 2000; SHIN et al. 2002) aktiviert. Seine Aktivierung führt seinerseits zusätzlich zur Freisetzung von Zytokinen und anderen Mediatoren (z. B.

Interleukine, Prostaglandine und Wachstumsfaktoren), welche zu einer Juckreizauslösung/-verstärkung führen können (VRIENS et al. 2009; TOTH et al. 2015).

In Tabelle 3 ist erkennbar, dass diverse Pruritogene für ihre Signalübertragung auf den TRPV1 angewiesen sind. Aus diesem Grunde besteht die Möglichkeit, dass es verschiedene Untereinheiten von TRPV1-exprimierenden Neuronen gibt, die darauf spezialisiert sind, die Signale von spezifischen Pruritogengruppen zu verarbeiten. Alternativ ist jedes TRPV1-exprimierende Neuron mit multiplen Mechanismen ausgestattet, um die Signale der verschiedenen Mediatoren zu verarbeiten und eine Juckreizantwort auszulösen (IMAMACHI et al. 2009). Weiterhin kommt dem TRPV1, neben der Juckreizempfindung, eine wichtige Rolle bei der Schmerzempfindung und der Thermosensation zu. Er kann deshalb auch als polymodaler Nozizeptor bezeichnet werden (TOTH et al. 2015).

Literatur

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Einige TRPV1-Antagonisten wurden in Hinblick auf ihre analgetische Wirkung in klinischen Studien der Phase II getestet. Diese wurden aufgrund unvorhergesehener Nebenwirkungen, z. B. Hyperthermie und beeinträchtigter Hitze-Schmerz-Empfindung, nicht weiter verfolgt (TOTH et al. 2015). Pilotstudien mit dem TRPV1-Antagonisten PAC-14028 zeigten positive Effekte auf die Juckreizlinderung in Modellen der AD (YUN et al. 2011; LIM u. PARK 2012). Im durch Dermatophagoides farinae (Hausstaubmilbe) und Oxazolon ausgelösten Maus-Modell für AD konnte die Substanz die Dermatitis-assoziierten Hautbarriereschädigungen verhindern und gleichzeitig die Symptome der AD lindern (YUN et al. 2011; LIM u. PARK 2012). Diese Daten müssen allerdings noch an Patienten mit AD überprüft werden.

Tabelle 4: Ausgewählte TRPV1-Kanal-Liganden

Agonisten Inhibitoren

Capsaicin Capsazepin

Anandamid SB 366791

Olvanil AMG 9810

Capsiat JNJ 17203212

Resinferatoxin (Ruthenium Red)

Piperin

(…) = antagonistisch sowohl am TRPV1- als auch an anderen TRP-Kanälen .

(SZOLCSANYI et al. 1990; AMANN u. MAGGI 1991; CATERINA et al. 1997; KWAK et al. 1998; ROSS et al. 2001; IIDA et al. 2003; GUNTHORPE et al. 2004; GAVVA et al. 2005; MCNAMARA et al. 2005;

BHATTACHARYA et al. 2007; VRIENS et al. 2009)

2.5.3. TRPA1-Kanal

Bis heute findet man in der TRPA-Familie nur einen Kanal, den TRPA1. Dieses Protein enthält mindestens 14 Ankyrin-Wiederholungen, wodurch diese Subfamilie ihren Namen erhielt (griechisch agkyra = Anker; NILIUS u. OWSIANIK 2011). Diese gehören zu den Bindungsproteinen und interagieren mit zytoskelettalen Komponenten. Dieser Ionenkanal wird durch eine Reihe verschiedener Stimuli aktiviert. Hierzu gehören einige Inhaltstoffe von Knoblauch, Zimt, Wasabi und Senföl, aber auch reizende Mittel wie Formaldehyd und das in

Literatur

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Rauch enthaltende Acrolein (BAUTISTA et al. 2006). Weiterhin wird er aktiviert durch endogene Moleküle wie Sauerstoff- oder Stickstoffradikale und 4-Hydroxynonenal (BANDELL et al. 2004; JORDT et al. 2004; PATAPOUTIAN et al. 2009; WILSON et al.

2011). Der TRPA1-Kanal ist, wie in Tabelle 3 ersichtlich, bekannt dafür, an der Juckreizweiterleitung diverser nicht-histaminerger Pruritogene beteiligt zu sein. Weiterhin ist er involviert in der Entzündungsentstehung, der Schmerzweiterleitung und der Kälteempfindung (< 17 °C) (STORY et al. 2003; BANDELL et al. 2004; BAUTISTA et al.

2006; PATAPOUTIAN et al. 2009). Der TRPA1 ist hauptsächlich auf sensorischen Neuronen zu finden. Dennoch wurde er auch auf einigen nicht neuronalen Zellen nachgewiesen, z. B.

Lungenfibroblasten, Melanozyten und epidermalen Keratinozyten (ATOYAN et al. 2009;

NASSINI et al. 2012). In Letzteren scheint er an der Regulation der Hautbarriere beteiligt zu sein. Bei Mäusen, denen mit Hilfe von sogenanntem „tape stripping“ die oberen Hautschichten mit Tesafilm abgetragen und somit die Hautbarriere geschädigt wurde, wurde die Barrierewiederherstellung durch Applikation eines TRPA1-Agonisten verbessert. Bei der Gabe eines TRPA1-Inhibitors wurde dieser Prozess verlangsamt (DENDA et al. 2010). Eine Stimulation von TRPA1 auf Normal Human Keratinocytes (NHEK-Zellen) führte zu einer Synthese der proinflammatorischen Interleukine IL-1α und IL-1ß (ATOYAN et al. 2009). Des Weiteren verursachte eine topische Applikation von Cinnamaldehyd (TRPA1-Agonist) bei Mäusen eine Hautentzündung (SILVA et al. 2011). Zusätzlich wurde die zentrale Rolle des TRPA1 am Entzündungsgeschehen von LIU et al. (2013) gezeigt. Im Kontaktdermatitis-Modell resultierte eine genetische Ablation oder eine pharmakologische Blockade des TRPA1 in einer Verringerung des Hautödems, der Keratinozytenhyperplasie, Leukozyteninfiltration und des Kratzverhaltens von Mäusen nach Oxazolongabe. Zusätzlich waren die inflammatorischen Zytokine und endogenen Pruritogene in der Haut reduziert. Dies wird gestützt durch die Untersuchungen von OH et al. (2013). Sie zeigten, dass die Expression des TRPA1 in den sensorischen Nerven der Haut, den Mastzellen und der Epidermis in Hautstanzen von AD-Patienten im Vergleich zur gesunden Kontrolle stark erhöht war. Die Rolle des TRPA1 bei der AD erscheint nach den bisherigen Daten multifaktoriell und zum Teil sogar widersprüchlich zu sein. Jegliche Therapie, die den TRPA1 inhibiert, hat den Vorteil der Juckreizlinderung, stellt aber gleichzeitig eine Hinderung der Barrierewiederherstellung dar. Der TRPA1 wird u. a. in den nachgeschalteten Signalwegen

Literatur

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von PLC-stimulierenden G-Protein gekoppelten Rezeptoren aktiviert und depolarisiert möglicherweise Nozizeptoren als Reaktion auf proalgetische Agenzien wie Bradykinin, Histamin, Serotonin oder ATP (CLAPHAM et al. 2005).

Tabelle 5: Ausgewählte TRPA1-Kanal-Liganden

Agonisten Inhibitoren

Allylisothiocyanat (AITC) HC-030031

Icilin GRC17536

9-Tetrahydrocannabinol (THC) A-967079

Allicin (Ruthenium Red)

Acrolein Cinnamaldehyd

(…) = antagonistisch sowohl am TRPA1 als auch an anderen TRP Kanälen.

(STORY et al. 2003; BANDELL et al. 2004; JORDT et al. 2004; BAUTISTA et al. 2006; MCNAMARA et al.

2007; CHEN et al. 2011; MUKHOPADHYAY et al. 2014)

2.6. Juckreizmodelle in der Tiermedizin

Das perfekte Tiermodell für künstlich induzierten Juckreiz oder Schmerz wäre eines, bei dem die Antwort des Tieres analog zu der des Menschen ist. Kriterien hierfür sind, dass das Versuchstier in der Lage ist, zwischen Juckreiz und Schmerz zu unterscheiden und dies auch mit unterschiedlichem Verhalten ausdrückt (LAMOTTE et al. 2011). Letzteres ist besonders wichtig, da ein Tier, im Gegensatz zum Menschen, nicht verbal zum Ausdruck bringen kann, welche Empfindungen es hat. Unter den vielen Grundlagenexperimenten, die zur Erforschung der Signalkaskade des Juckreizes durchgeführt werden, ist die einfachste und quantitativste Methode das Auszählen von Kratzattacken, die zur Injektionsstelle bestimmter Substanzen hin gerichtet sind. Diese Methode wird besonders häufig bei kleinen Nagern, wie z. B.

Mäusen, angewendet. Das älteste Modell hierfür ist über 20 Jahre alt. Bei diesem werden chemische Substanzen in den Nacken appliziert („nape injection“-Modell) und nachfolgend werden die Kratzattacken, die auf diese Stelle gerichtet sind, über einen festgelegten Zeitraum gezählt (KURAISHI et al. 1995). Da die Maus diese Stelle nur mit ihrer Hinterpfote erreichen kann, eignet sich dieses Modell nicht zur Unterscheidung pruritogener und nozizeptiver

Literatur

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Stimuli (SHIMADA u. LAMOTTE 2008). Nichtsdestotrotz ist dies das Standardmodell in der Juckreizforschung.

Später kam ein Modell hinzu, bei dem die zu testenden Substanzen in die Wange appliziert werden („cheek injection“-Modell). Bei diesem werden Kratzattacken gezählt, die mit der ipsilateralen Hinterpfote auf die Wange in die die pruritogene Substanz appliziert wurde, gerichtet sind. Dieses Modell erlaubt es, zwischen Schmerz und Juckreiz zu unterscheiden.

Bei einer Schmerzreaktion wischen sich die Mäuse mit der ipsilateralen Vorderpfote über die Wange (Abb. 6; SHIMADA u. LAMOTTE 2008; AKIYAMA et al. 2010). Einer der Nachteile dieses Modells könnte sein, dass sich die Juckreiz- und Schmerzmechanismen von Kopf und Körper unterscheiden (LAMOTTE et al. 2011). Somit ist unsicher, inwiefern sich aus diesem Modell Rückschlüsse auf den Menschen ziehen lassen können.

Eine weitere Körperregion zu der multiple Verhaltensmuster gerichtet sein können, ist bei Mäusen die Hinterpfote (sogenanntes „hind paw injection“-Modell). Hierbei werden die zu untersuchenden Subtanzen in die plantare Fläche der Hinterpfote injiziert (TSUDA et al.

1999). Ein Belecken der Pfote wird nach Applikation nozizeptiver Stimuli (Algogene), wie z. B. Capsaicin und Formalin, gesehen. Beknabbern dagegen gilt als Ausdruck für eine Juckreizempfindung (HAGIWARA et al. 1999). Bei diesem Modell kommt es zu einem erhöhten „Grundrauschen“, da sich die Mäuse zu Reinigungs- und Pflegezwecken die Pfote belecken und beknabbern, nachdem diese zum Bekratzen anderer Körperstellen genutzt wurde (LAMOTTE et al. 2011). Des Weiteren kommt es nach Histaminapplikation nur zu einer sehr schwachen Reaktion - vermutlich, weil der Juckreiz durch die konstante mechanische Stimulation der Pfote durch das Laufen und Stehen auf der Einstreu gelindert wird (IMAMACHI et al. 2009). Weiterhin wurde eine Stelle des Körpers gesucht, an der möglichst keine zufälligen Verhaltensmuster (z. B. Putzen) ausgeübt werden, die zu einer Verfälschung der Ergebnisse führen könnten. Mit der Wade hat man bei der Maus eine Körperregion gefunden, die dieses Kriterium erfüllt („calf injection“-Modell). Bei der Injektion in diese verursachen schmerzhafte Stimuli ein Belecken, während juckreizauslösende Stimuli vorwiegend ein Beknabbern hervorrufen (LAMOTTE et al. 2011). Tatsächlich ist es aber möglich, dass die Tiere sich nicht wirklich beißen, sondern mit ihren Incisivi über die Haut kratzen (LAMOTTE et al. 2011).

Sowohl für das Wangen- als auch für das Hinterpfoten- und Wadeninjektionsmodell ist ein

Literatur

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erhöhter technischer Aufwand notwendig, da man sehr genau beobachten muss, welches Verhalten ausgeübt wird. Vor allem das Belecken und Beknabbern sind mit einer schlechten Bildqualität und bei normaler Geschwindigkeit kaum voneinander zu unterscheiden (LAMOTTE et al. 2011), während für das Nackeninjektionsmodell die technischen Anforderungen nicht erhöht sind.

Abbildung 6: Verhaltensantworten von Mäusen nach Substanzinjektion in die Wange, modifiziert nach SHIMADA u. LAMOTTE (2008)

A. Wischen über die Injektionsstelle mit der ipsilateralen Vorderpfote nach einem schmerzhaften Stimulus B. Kratzen an der Injektionsstelle.

2.6.1. Einflüsse auf die Juckreizantwort im Mausmodell

Beim Menschen ist zu beachten, dass es zu interindividueller Variabilität bei der Juckreizausprägung kommen kann (GREEN et al. 2006). Aber auch bei Tieren kommt es aufgrund diverser Einflussfaktoren zu einer Beeinflussung der Intensität der Juckreizantwort.

Allen voran ist darauf zu achten, dass allein schon die Dosierung des Pruritogens einen Einfluss auf die Stärke der Juckreizantwort hat (GREEN et al. 2006).

2.6.1.1. Mausstämme

Die Auswahl des richtigen Mausstammes ist essentiell für die Etablierung eines guten Juckreizmodells. Unter der Vielzahl an für die Forschung zur Verfügung stehenden Mausstämmen, befinden sich wenige, die für die Juckreizforschung gut geeignet sind.

Vergleichende Untersuchungen haben ergeben, dass nicht alle Stämme gleich empfindlich auf die jeweilig applizierten Stimuli reagierten. INAGAKI et al. (2001) haben in zwölf

A. B.

Literatur

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verschiedenen Mausstämmen gezeigt, dass die Juckreizantwort nach intradermaler Histamingabe (50 nmol/ 20 µl) sehr stark variierte. Sie konnten u. a. zeigen, dass die vielfach verwendeten Mäuse des Stammes BALB/c kaum auf Histamingabe reagierten, während sich die Mäuse des ICR(CD1)-Stammes sehr intensiv kratzten. Weiterhin konnte bei Mäusen der Stämme C57BL/6, WBB6F1-+/+ und WBB6F1W/Wv eine geringe, aber signifikante Juckreizantwort hervorgerufen werden.

Mit Serotonin (50 nmol/20 µl) konnte bei elf von zwölf Stämmen Juckreiz ausgelöst werden.

Hierbei fiel aber erneut auf, dass sich die ICR-Mäuse in dem Beobachtungszeitraum ca.

doppelt so oft kratzten wie die anderen verwendeten Stämme. Eine spätere Studie von GREEN et al. (2006) an elf verschiedenen Inzuchtstämmen zeigte ähnliche Ergebnisse für subkutane Injektionen von Histamin und Chloroquin. In der gleichen Arbeit hat die Arbeitsgruppe die gewonnen Daten mit früheren Daten aus Schmerzversuchen verglichen und konnte eine negative Korrelation zwischen Schmerz und Juckreiz erkennen. Mausstämme, die sehr sensitiv auf Schmerzreize reagierten, waren eher resistent gegen Juckreiz und vice versa.

Es ist also darauf zu achten, dass der ausgewählte Mausstamm maßgeblich die Juckreizantwort auf gewisse applizierte Substanzen beeinflusst. Dieses Phänomen ist nicht nur auf Mäuse beschränkt. Auch für den Menschen wurde herausgefunden, dass es Unterschiede in der Stärke des Juckreizes im Vergleich verschiedener ethnischer Gruppe gibt (HAJDARBEGOVIC u. THIO 2012; LEADER et al. 2015).

2.6.1.2. Geschlecht

Ein weiterer Einflussfaktor auf die Ausprägung der Juckreizantwort ist das Geschlecht.

GREEN et al. (2006) zeigten in ihrer Studie, dass sich weibliche Mäuse nach subkutaner Chloroquininjektion im Durchschnitt häufiger kratzten (+ 23 %) als männliche. Dies konnte jedoch nicht für alle untersuchten Stämme bestätigt werden. Ähnliches konnte für SLIGRL-NH2-induzierten Juckreiz bei Mäusen gezeigt werden (YAMAURA et al. 2014). Obwohl nicht statistisch signifikant, konnten auch bei anderen getesteten Substanzen Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Tieren erkannt werden: bei dem durch Substanz P ausgelösten Juckreiz kratzen sich z. B. die weiblichen Mäuse häufiger (+ 31 %) als die männlichen. In einem chronischen Juckreizmodell konnten YAMAURA et al. (2014) im Unterschied zu einigen Studien beim Mensch keinen Unterschied zwischen den Geschlechtern erkennen. Dies steht im Widerspruch dazu, dass auch in einem Modell für

Literatur

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mögliche, mit Juckreiz einhergehende Autoimmunerkrankungen gezeigt werden konnte, dass sich die dort untersuchten weiblichen Mäuse mehr kratzten als die männlichen (UMEUCHI et al. 2005). Diese Befunde bestätigen die Daten aus mehreren humanen Studien, bei denen gezeigt wurde, dass es bei chronischem Juckreiz einen Geschlechtsunterschied gibt. Auch hier kratzten sich Frauen häufiger als Männer (STAENDER et al. 2013; MARTÍN-BRUFAU et al.

2017).

2.6.1.3. Alter

Obwohl es in der Humanmedizin widersprüchliche Daten zur Assoziation des Auftretens von Juckreiz und dem Alter der Individuen gibt (REA et al. 1976; DALGARD et al. 2007;

Obwohl es in der Humanmedizin widersprüchliche Daten zur Assoziation des Auftretens von Juckreiz und dem Alter der Individuen gibt (REA et al. 1976; DALGARD et al. 2007;