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Intrazellulärer Signalweg des histamininduzierten Juckreizes in sensorischen Neuronen

2. Literaturübersicht

2.3. Histaminrezeptoren

2.3.1. Intrazellulärer Signalweg des histamininduzierten Juckreizes in sensorischen Neuronen

Ein möglicher Signalweg des über den H1R induzierten Juckreizes wurde von KREMER et al. (2014) beschrieben. Der an ein G-Protein gekoppelte H1R wird durch Histamin oder andere H1R-Agonisten stimuliert. Dadurch aktiviert er das membranassoziierte Enzym Phospholipase Cß3 (PLCß3), welches über drei G-Proteinuntereinheiten mit dem H1R verbunden ist (Gαq, G11, Gßγ; KREMER et al. 2014). Dieses Enzym katalysiert die Hydrolysierung des Membranphospholipids Phosphatidylinositol-4,5-Bisphosphat (PIP2) in die second messenger Diacylglycerol (DAG) und Inositoltriphosphat (IP3) (HAN et al. 2006).

DAG aktiviert die Proteinkinase Cε (PKCε), welche den TRPV1-Kanal phosphoryliert und somit aktiviert (PRESCOTT u. JULIUS 2003). Die Aktivierung des TRPV1-Kanals führt zu dessen Öffnung und macht das Durchtreten von positiv geladenen Ionen wie Natrium, Kalium und Calcium möglich. Dies wiederum führt zu einer Depolarisation, wodurch spannungsabhängige Natriumkanäle aktiviert werden, die ein Aktionspotential entlang der Nervenfaser generieren und so zur Juckreizempfindung führen (KIM et al. 2004; PAUS et al.

2006; SHIM et al. 2007). Es wurde zudem gezeigt, dass die Entfernung des oben genannten PIP2 den TRPV1 disinhibiert (PRESCOTT et al. 2003). Für die PIP2-abhängige Aktivierung des TRPV1 wird das Membranprotein phosphoinositide-interacting regulator of transient receptor potential channels (PIRT) benötigt (KIM et al. 2008; PATEL et al. 2011). Ein weiterer Weg zur Aktivierung des TRPV1-Kanals nach Aktivierung des H1R führt über die direkte Aktivierung des Enzyms Phospholipase A2 (PLA2). Diese führt zu einem Ca2+

-Abbildung 3: Strukturformel Histamin

https://chem.nlm.nih.gov/chemidplus/name/histamine (abgerufen: 22.08.2017)

Literatur

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Anstieg und zur Freisetzung von Arachidonsäure. Welche wiederum durch das Enzym Lipoxygenase (LO), zu diversen Produkten metabolisiert wird, darunter z. B. zur 12-Hydroperoxyeicosatetraenoischen Säure (12-HPETE). 12-HPETE selbst aktiviert nun den TRPV1-Kanal (KIM et al. 2004; SHIM et al. 2007). Histamininduzierter Juckreiz kann neben H1R-Antagonisten auch durch andere Inhibitoren an jeder Stufe dieses Signalweges inhibiert werden (Abb. 4). SHIM et al. (2007) zeigten z. B., dass der intradermal durch Histamin induzierte Juckreiz bei CD-1-Mäusen auch durch PLA2-, 12-LO- und TRPV1-Inhibitoren reduziert werden kann. Zu beachten ist hierbei, dass trotz allem einige der Neurone, die auf Histamin mit einer Erhöhung des intrazellulären Calciums reagieren, nicht auf Capsaicin reagieren (11,4 %) und somit TRPV1 nicht exprimieren (KIM et al. 2004; SHIM et al. 2007).

Dies lässt vermuten, dass noch andere Mechanismen beteiligt sind. Des Weiteren sind die Signalweiterleitungsmechanismen für den H4R, der auch von Histamin aktiviert wird, noch weitestgehend unbekannt. Es ist jedoch bekannt, dass selektives Aktivieren dieses Rezeptors sowohl zu einer Erhöhung des intrazellulären Calciums in sensorischen Neuronen, als auch zu einer Juckreizantwort bei Tieren führt (BELL et al. 2004; ROSSBACH et al. 2011). Die Arbeit von JIAN et al. (2016) zeigte, dass auch beim H4R der TRPV1-Kanal und die Phospholipase C (PLC) eine Rolle spielen. Weitere Mechanismen der nachgeschalteten Signalkaskade wurden noch nicht untersucht.

Abbildung 4: Putativer Signalweg des über den H1R induzierten Juckreizes, modifiziert nach KREMER et al. (2014)

H1-Rezeptor

Histamin

Depolarisation Aktionspotentiale spannungs-

abhängige Na+-Kanäle

Literatur

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Tabelle 1: Übersicht über die Histaminrezeptoren und ihre Funktionen, modifiziert nach BÄUMER u.

ROSSBACH (2010)

DC = dendritische Zelle; HTMT = Histamin-Trifluoromethyl-Toluidin-Dimaleat

Literatur

16 2.4. Histamin-4-Rezeptor

Der H4R wurde von NAKAMURA et al. (2000) aus humaner Leukozyten-DNA kloniert und ist ein 44-kDa Protein mit 390 Aminosäuren. Auch er gehört zu den G-Protein-gekoppelten Rezeptoren. Die Aminosäuresequenz des H4Rs stimmt mit der des H3Rs zu 35 - 43 % überein (NAKAMURA et al. 2000; ODA et al. 2000; LIU et al. 2001a; MORSE et al. 2001;

NGUYEN et al. 2001; ZHU et al. 2001). NGUYEN et al. (2001) zeigten zudem eine 58 %ige Homologie der Transmembranedomänen des H3Rs und des H4Rs.

Kurz nach der ersten Klonierung beim Menschen folgte die Klonierung des H4R in anderen Spezies wie Ratte, Maus, Meerschweinchen, Schwein, Affe und Hund (LIU et al. 2001b;

ODA et al. 2002; ODA et al. 2005; JIANG et al. 2008). Dabei stellte man fest, dass es zwischen den einzelnen Spezies große Unterschiede in der Homologie dieser Rezeptoren gibt.

Dies spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Wirkungspotenz/Bindungsaffinität der einzelnen Agonisten und Antagonisten bei den Spezies wider (LIU et al. 2001b).

2.4.1. Vorkommen und Funktion

Im Zuge der Entdeckung wurde der H4R in einer Vielzahl von Geweben detektiert, u. a. in Herz, Niere, Leber, Lunge, Pankreas, Skelettmuskulatur, Leukozyten, Prostata, Dünndarm, Milz, Hoden, Knochenmark und Lymphknoten (NAKAMURA et al. 2000). Später wurde der H4R auch auf humanen Hautmastzellen (LIPPERT et al. 2004) oder auf Nervenzellen der Spinalganglien und im Rückenmark nachgewiesen (STRAKHOVA et al. 2009). Die Angaben zur Expression im Gehirn variieren je nach Autor. STRAKHOVA et al. (2009) zeigten eine Expression des H4R in Cortex, Cerebellum, Hirnstamm, Amygdala, Thalamus und Striatum.

LIU et al. (2001b) konnten eine Expression im Gehirn dagegen nicht bestätigen.

Neben dem H1R spielt auch der H4R eine große Rolle bei der Juckreizentstehung. Da Antihistaminika (H1R-Antagonisten) zwar wirksam in der Reduktion von Urtikaria und allergischer Rhinitis sind, aber keine Wirkung bei anderen pruritischen Erkrankungen wie der AD zeigen, stellte sich mit der Entdeckung des H4R die Frage, ob dieser für den nicht über den H1R mediierten Juckreiz verantwortlich sei. Mit H4R-Agonisten konnte in verschiedenen Studien im Mausmodell Juckreiz ausgelöst (BELL et al. 2004; DUNFORD et al. 2007;

ROSSBACH et al. 2011) und mit dem spezifischen Antagonisten JNJ7777120 geblockt

Literatur

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werden (DUNFORD et al. 2007; YAMAURA et al. 2009). Auch für H4R-Antagonisten mit anderer chemischer Struktur konnte dies gezeigt werden (BELL et al. 2004; COWART et al.

2008; LIU et al. 2008; KOENIG et al. 2010; SHIN et al. 2012; SAVALL et al. 2014). Ebenso konnte bei H4R-defizienten Mäusen im Vergleich zu Wildtypmäusen kein oder nur wenig Juckreiz durch Histamin oder H4R-Agonisten ausgelöst werden (DUNFORD et al. 2007; YU et al. 2010). Weiterhin hemmten H4R-Antagonisten bei Mäusen den Juckreiz ausgelöst durch Substanz P (YAMAURA et al. 2009), Haptene (ROSSBACH et al. 2009; SUWA et al. 2011) und auch in verschiedenen Dermatitis-Modellen (COWDEN et al. 2010a; OHSAWA u.

HIRASAWA 2012). Diese und weitere präklinische dermatologische Studien zeigten, dass H4R-Antagonisten gegen pruritische Erkrankungen wie die AD wirksam sein könnten. Des Weiteren konnte der H4R Agonist 4-Methylhistamin ebenso wie Histamin eine Degranulation der Mastzellen auslösen. Dieser Effekt konnte durch JNJ7777120 geblockt werden (JEMIMA et al. 2014). Weiterhin kam es wie bei den eosinophilen Granulozyten zu einem intrazellulären Ca2+-Anstieg und zu einer histamininduzierten Chemotaxis (REHER et al.

2012), welche in H4R-defizienten Mäusen nicht vorhanden war (HOFSTRA et al. 2003) . Die Effekte auf Mastzellen und Eosinophile deuten ebenfalls auf eine Beteiligung an Erkrankungen wie der AD und Asthma hin. Dies wurde durch verschiedene Arbeiten belegt.

Die Blockade des H4R bewirkte eine Reduktion der Entzündungsreaktion in verschiedenen Asthma- und AD-Modellen (COWDEN et al. 2010a; SEIKE et al. 2010; SUWA et al. 2011;

MATSUSHITA et al. 2012; OHSAWA u. HIRASAWA 2012; THURMOND et al. 2014;

ROSSBACH et al. 2016).

Es gab bereits erste klinische Studien am Menschen, in denen die antipruritische Wirkung von H4R-Antagonisten getestet wurden. Der potente und selektive H4R-Antagonist JNJ39758979 hat hier gezeigt, dass er die histamininduzierte Juckreizantwort beim gesunden Probanden im Vergleich zu der Placebo-Gruppe reduzieren konnte (KOLLMEIER et al. 2014). In einer Phase 2a Studie an Patienten mit moderater AD, konnte mit dieser Substanz ebenfalls eine Verbesserung im Pruritus-Score erzielt werden. Leider musste diese Studie aufgrund zweier Fälle von Agranulozytose abgebrochen werden. Diese Nebenwirkung wurde vermutlich durch reaktive Metaboliten des Antagonisten ausgelöst und nicht durch den Antagonismus am H4R selbst (MURATA et al. 2015). In einer aktuellen Phase-IIa-Studie reduzierte der H4R-Antagonist ZPL-389 die klinischen Symptome, inklusive des Juckreizes, von Patienten mit

Literatur

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milder oder moderater AD (WERFEL et al. 2016). Weitere H4R-Antagonisten wurden in klinischen Studien getestet. Ihre Ergebnisse wurden bis zum heutigen Zeitpunkt aber nicht publiziert (THURMOND 2015). Weitere präklinische Daten lassen vermuten, dass eine Kombination aus H1R- und H4R-Antagonisten bessere Wirkungen in der Therapie pruritischer Erkrankungen erzielen kann, als die Hemmung des H1R oder H4R alleine (DUNFORD et al. 2007; ROSSBACH et al. 2009; OHSAWA u. HIRASAWA 2012;

KÖCHLING et al. 2017). Neben der Linderung des Juckreizes wurden weitere Parameter dieser Erkrankungen verbessert. Tabelle 2 zeigt eine Übersicht über einige H4R-Liganden.

Aufgrund der großen Homologie des H4R zum H3R sind einige für den H3R entwickelte Substanzen auch am H4R wirksam und werden deshalb ebenfalls in Tabelle 2 aufgeführt.

Tabelle 2: Ausgewählte Histamin-4-Rezeptor-Liganden

H4R-Agonisten H3R/H4R-Agonisten H4R-Antagonisten H3R/H4R-Antagonisten

OUP-16 Immepip JNJ7777120 Thioperamid

4-Methylhistamin Imetit JNJ10191584 (VUF6002)

VUF-8430 (R)-α-Methylhistamin JNJ28307474

Dimaprit VUF5222 JNJ40279486

ST-1006 (Compound32) JNJ39758979

Clobenpropit Clozapin Burimamid

(LIU et al. 2001a; HASHIMOTO et al. 2003; JABLONOWSKI et al. 2003; THURMOND et al. 2004; LIM et al.

2005; VENABLE et al. 2005; LIM et al. 2006; SANDER et al. 2009; COWDEN et al. 2010b; ISTYASTONO et al. 2011; ROSETHORNE u. CHARLTON 2011; SAVALL et al. 2011; THURMOND et al. 2014)

2.5. TRP-Ionenkanäle

In den letzten drei Jahrzehnten haben sich die TRP-Kanäle in der biomedizinischen Forschung immer mehr in den Vordergrund gedrängt. Die TRP-Kanäle sind wenig spannungssensitive und nicht-selektive Calcium-durchlässige Kanäle. Sie bilden die TRP-Ionenkanal Superfamilie und wurden zuerst in Drosophila beschrieben (COSENS u.

MANNING 1969; MONTELL u. RUBIN 1989). In verschiedenen Spezies wurden über 100

Literatur

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Gene identifiziert (NILIUS u. OWSIANIK 2011). In Säugetieren besteht die TRP-Kanal-Familie aus sechs Subfamilien (TRPC [canonical], TRPV [vanilloid], TRPM [melastin], TRPA [ankyrin], TRPML [mucolipin], TRPP [polycystic]; MINKE 2010). In Invertebraten und Fischen findet man eine siebte Unterfamilie, die der TRPN(NO-mechano-potential-/NOMP-C)-Familie (MINKE 2010). Je nach Spezies variiert die Anzahl der Kanäle in den einzelnen Subfamilien (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Generell bestehen die TRP-Kanäle aus sechs Transmembrandomänen (S1-S6) mit einer Pore zwischen S5 und S6 (WU et al. 2010).

Abbildung 5: Phylogenetischer Stamm humaner TRP-Kanäle, modifiziert nach NILIUS u. OWSIANIK (2011)

Sequenzhomologieanalysen zeigen, dass alle TRP-Kanäle in sieben Gruppen mit verschiedenen Eigenschaften eingeteilt werden können. Es wurde der TRPC2 von der Maus und der TRPN1 vom Fisch für die Analyse verwendet, da TRPC2 beim Menschen nur ein Pseudogen darstellt und TRPN beim Säugetier nicht vorhanden ist. Hiermit sollen die Relationen zwischen den einzelnen Subfamilien gezeigt werden

Literatur

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2.5.1. Vorkommen, Funktion und Wirkmechanismen

Die TRP-Kanäle sind ubiquitär im Organismus verteilt (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Viele Zellen exprimieren mehrere TRP-Kanalproteine gleichzeitig. Obwohl viele ihrer Funktionen unbekannt sind, lässt ihre weite Verbreitung darauf schließen, dass ihre biologischen Funktionen und Aktivierungsmechanismen sehr vielfältig sind (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Die meisten befinden sich in der Plasmamembran und spielen eine essentielle Rolle bei der Kontrolle/Modulation vom Influx und den transzellulären Transportmechanismen von Ca2+, Mg2+ und Spurenelementen (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Die TRP-Kanäle sind beteiligt an der sensorischen Transduktion, Reaktion auf thermische Reize, nozizeptive Stimuli, Berührung, Osmolarität, Pheromone sowie andere intra- und extrazelluläre Reize (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Sie sind aber auch an motorischen Funktionen, wie der Muskelkontraktion und der vasomotorischen Kontrolle beteiligt (NILIUS u. OWSIANIK 2011). Einige der TRP-Kanäle findet man hauptsächlich in einer Reihe sensorischer Neurone.

Dies führt zu der Annahme, dass speziell diese an der Erkennung sowohl von nozizepitven als auch von prurizeptiven Reizen beteiligt sind. In sensorischen Neuronen der Spinal- und Trigeminalganglien sind TRPV1, TRPV2, TRPV4, TRPM2, TRPM3, TRPM8 und TRPA1 exprimiert (KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Weiterhin sind der TRPV3 und TRPV4 in Keratinozyten zu finden (PEIER et al. 2002; CHUNG et al. 2004).

Diverse Studien zeigten, dass einige Membranphospholipide eine direkte Wirkung auf die Regulation der TRP-Kanalaktivität haben (KARASHIMA et al. 2008; KIM et al. 2008). Viele sind vor allem sehr sensitiv auf PIP2 (KARASHIMA et al. 2008; NILIUS et al. 2008;

ROHACS 2014; HILLE et al. 2015). Des Weiteren sind einige membranständige Enzyme ebenfalls sensitiv auf PIP2, wodurch sie direkt oder indirekt die TRP-Kanal-Funktion beeinflussen (KIM et al. 2008). Die Phosphorylierung der Kanäle, z. B. durch die Proteinkinase C (PKC), kann einen direkt aktivierenden Mechanismus darstellen, oder den Kanal für andere Stimuli sensitivieren (BHAVE et al. 2003). Weiterhin kann es durch die Aktivität der PKC bei einigen Kanälen, z. B. TRPM8, zu einer Dephosphorylierung und somit zu einer Deaktivierung des Kanals kommen (PREMKUMAR et al. 2005). Die Aktivierung der Proteinkinase A (PKA) und der PLC führen häufig zu einer Potenzierung der TRPV1-abhängigen Antworten (BHAVE et al. 2003; WU et al. 2010).

Literatur

21 2.5.1.1. Beteiligung am Juckreizgeschehen

Viele Signalkaskaden von diversen Juckreizmediatoren sind assoziiert mit denen der TRP-Kanäle. Diese, und im Speziellen die thermosensitiven, sind in primären sensorischen Neuronen und Hautkeratinozyten exprimiert (KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Diese thermosensitiven Ionenkanäle reagieren auf vielfältige Stimuli wie Säuren (CATERINA et al.

1997; DHAKA et al. 2009), Alkalien (FUJITA et al. 2008; DHAKA et al. 2009), Osmolaritätsveränderungen (STROTMANN et al. 2000), künstliche Substanzen (FUJITA et al. 2007) und Phytochemikalien (CATERINA et al. 1997; XU et al. 2006).

TRPV1 und TRPA1 sind, wie anhand von Tabelle 3 zu erkennen ist, die beiden an der Juckreizweiterleitung hauptbeteiligten TRP-Ionenkanäle. Zudem gibt es eine Reihe von Beweisen, dass der TRPV1 eine Schlüsselrolle in der Signaltransduktion von Histamin spielt (KIM et al. 2004; SHIM et al. 2007). Weiterhin ist auch für TRPV3, TRPV4, TRPC3 bekannt, dass sie an der Juckreizweiterleitung einiger Pruritogene beteiligt sind (Tab. 3). Dies macht sie zu einem guten Ziel zur Behandlung sowohl von akutem als auch chronischen Juckreiz. Dies könnte ebenfalls auf ein Zusammenspiel oder zumindest eine enge Verbindung zwischen beiden Kanälen hindeuten. Einige der nicht-histaminergen Pruritogene wie das IL-31 oder Leukotrien B4 (LTB-4) benötigen z. B. sowohl den TRPV1 als auch den TRPA1 zur Weiterleitung des Juckreizsignals (Tab. 3). Bisher wird aufgrund einiger Studien angenommen, dass der histaminerge und der nicht-histaminerge Juckreiz durch komplett unabhängige Signalwege gesteuert werden (ROBERSON et al. 2013). Hierbei wird postuliert, dass TRPV1-exprimierende Neurone hauptsächlich an histaminergem und TRPA1-exprimierende Neurone an nicht-histaminergem Juckreiz beteiligt sind (WILSON et al. 2011;

ROBERSON et al. 2013). Dennoch gibt es in diesen und anderen Studien auch Ungereimtheiten. ROBERSON et al. (2013) beispielsweise zeigten, dass eine Subpopulation (39,2 %) der auf Histamin sensitiven Neurone auf den spezifischen TRPA1-Agonisten AITC reagierten und 69,6 % der positiv auf Histamin reagierenden Neurone auf den spezifischen TRPV1-Agonisten Capsaicin. Leider macht der Autor hier keine Angabe zur möglichen Schnittmenge der gemeinsam auf Histamin, Capsaicin und AITC reagierenden Zellen.

Generell ist bekannt, dass der TRPA1 in einer Subpopulation der TRPV1-exprimierenden Neurone vorhanden ist (STORY et al. 2003; GOUIN et al. 2017). Die Expression von TRPV1 und TRPA1 auf nicht-neuronalen Zellen (Keratinozyten, Mastzellen, DCs, Endothelzellen)

Literatur

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spielt in der Nozizeption ebenfalls eine Rolle und ist weiterhin beteiligt an der Verstärkung inflammatorischer Prozesse (GOUIN et al. 2017). Für einige weitere TRP-Kanäle ist bekannt, dass sie an der Regulation der Mediatorfreisetzung und Hautbarrierefunktionen beteiligt sind und somit eine Rolle bei der Entstehung pruritischer (Haut-)Erkankungen spielen. Der TRPV2-Kanal ist laut einer Studie von ZHANG et al. (2012a) an der Mastzelldegranulation, verursacht durch physikalische Stimuli, beteiligt. Bei einer sogenannten Gain-of-Function-Mutation des TRPV3 (Gly573Ser) verursachte dies in Mäusen neben Haarlosigkeit und Dermatitis zusätzlich starken Juckreiz (ASAKAWA et al. 2006). Beim Menschen kommt es bei dem Olmstedt-Syndrom durch die gleiche Mutation ebenfalls zu ausgeprägtem Juckreiz (LIN et al. 2012). Eine mögliche Rolle wird diesem Kanal auch bei dem durch trockene Haut verursachten Juckreiz zugeschrieben (YAMAMOTO-KASAI et al. 2012). In einem TRPM4-/--Mausmodell konnte gezeigt werden, dass die Migration der Mastzellen dysreguliert ist. Ebenso zeigten diese Tiere eine erhöhte Mastzelldegranulation und Mediatorenfreisetzung (SHIMIZU et al. 2009). Als Zielstruktur zur systemischen Therapie von anaphylaktischen oder lokalen allergischen Reaktionen, ist der TRPM4 jedoch aufgrund seiner weiten Verbreitung und Beteiligung an verschiedenen physiologischen Funktionen (z. B.

Herzschlagentstehung) nicht, oder nur mit starker Limitierung geeignet (TOTH et al. 2015).

Urämische Patienten entwickeln aufgrund einer Hypomagnesiämie Juckreiz. Der TRPM6 und TRPM7 spielen eine Rolle in der Mg2+-Homöostase und könnten demnach hypothetisch bei der Juckreizentstehung durch einen Magnesiummangel beteiligt sein (TOTH et al. 2015).

TRPM8 scheint nicht im Juckreizgeschehen involviert zu sein (TOTH et al. 2015).

Dahingegen macht es den Eindruck, dass dieser Ionenkanal positive Effekte auf die Regeneration der Hautbarriere hat. In einer Studie wurde bei haarlosen Mäusen nach einer Barrierestörung mit einer TRPM8-Agonistenbehandlung die Regeneration potenziert (DENDA et al. 2010). TRPC1 ist bekannt dafür in der Epidermis von Morbus-Darier-Patienten überexprimiert zu sein. Durch Mutationen im SERCA2b-Gen kommt es zu schweren Differenzierungsstörungen der Keratinozyten in Begleitung mit intensivem Juckreiz (PANI et al. 2006). Eine verminderte Expression von TRPC1, TRPC3, TRPC4, TRPC5, TRPC6, und TRPC7 wurde in Keratinozyten von Psoriasis-Patienten gefunden (LEUNER et al. 2011). SUN et al. (2012) brachten zudem eine Dysfunktion des TRPC6 mit der

Literatur

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Pathogenese der AD in Verbindung und postulieren, dass eine verstärkte Aktivierung dieses Ionenkanals eine neue Möglichkeit in der Behandlung der AD darstellen könnte.

Tabelle 3: Pruritogene, ihre Rezeptoren und ihre im nachgeschalteten intrazellulären Signalweg wirksamen TRP-Kanäle auf sensorischen Neuronen, modifiziert nach ZHANG (2015)

Pruritogen Rezeptor Aktivierte Ionenkanäle Referenzen

Histamin H1R, H3R, H4R TRPV1, andere?

TRPV4 *

Chloroquin MrgprA3 TRPV1, TRPA1, TRPC3,

TRPV4**

SLIGRL, BAM8-22 MrgprC11 TRPA1, TRPV1 (WILSON et al. 2011;

ROBERSON et al. 2013;

Gallensäuren TGR5 TRPA1 (ALEMI et al. 2013;

LIEU et al. 2014)

LPA LPA5 TRPV1, TRPA1 (KITTAKA et al. 2017)

H2O2 TRPA1 (LIU u. JI 2012)

Imiquimod TLR7? TRPV1 (indirekt) (LIU et al. 2010;

KIM et al. 2011)

* spielt eine Rolle als Prurizeptor auf epidermalen Keratinozyten

**erhöhte Antwort bei Mäusen im Knockout-Modell

Literatur

24 2.5.2. TRPV1-Kanal

Die TRPV-Subfamilie besteht aus sechs Kanälen (WU et al. 2010), die sich in zwei Gruppen aufteilt: V1/V2/V3/V4 und V5/V6 (CLAPHAM et al. 2005). Die Familie wurde nach dem aus dieser Gruppe zuerst entdeckten und am besten untersuchten Ionenkanal, dem Vanilloid-Rezeptor 1, benannt (CATERINA et al. 1997). Weiterhin ist der TRPV1 auch als Capsaicin-Rezeptor bekannt (CATERINA et al. 1997). Er ist sehr stark auf myelinisierten (Aδ) und unmyelinisierten (C) nozizeptiven Fasern von Spinal-, Trigeminalganglienneuronen und denen des Ganglion Nodosum exprimiert (HELLIWELL et al. 1998; CATERINA 2000). In weitaus geringeren Mengen ist er in menschlicher Haut, einschließlich Keratinozyten, dermalen Mastzellen, DCs, Haarfollikelkeratinozyten und Sebozyten der Talgdrüsen zu finden (TOTH et al. 2015). TRPV1 wird durch diverse externe Reize, z. B. durch erhöhte Temperaturen (> 43 °C) und dem prototypischen Agens Capsaicin (isoliert aus der Chilischote), aktiviert (CATERINA et al. 1997). Er wird aber auch durch andere interne Stimuli wie Veränderungen des pH-Wertes, sowohl bei der Azidose als auch der Alkalose (DHAKA et al. 2009), Bradykinin (CHUANG et al. 2001; SHIN et al. 2002), Adenosintriphosphat (ATP; TOMINAGA et al. 2001), verschiedenen Neuropeptiden, z. B.

Nerve Growth Factor (NGF), Neurotrophin-3 und -4 (LAZAR et al. 2004), proinflammatorischen Zytokinen (NICOL et al. 1997; ZHANG et al. 2005) oder Lipoxygenaseprodukte (HWANG et al. 2000; SHIN et al. 2002) aktiviert. Seine Aktivierung führt seinerseits zusätzlich zur Freisetzung von Zytokinen und anderen Mediatoren (z. B.

Interleukine, Prostaglandine und Wachstumsfaktoren), welche zu einer Juckreizauslösung/-verstärkung führen können (VRIENS et al. 2009; TOTH et al. 2015).

In Tabelle 3 ist erkennbar, dass diverse Pruritogene für ihre Signalübertragung auf den TRPV1 angewiesen sind. Aus diesem Grunde besteht die Möglichkeit, dass es verschiedene Untereinheiten von TRPV1-exprimierenden Neuronen gibt, die darauf spezialisiert sind, die Signale von spezifischen Pruritogengruppen zu verarbeiten. Alternativ ist jedes TRPV1-exprimierende Neuron mit multiplen Mechanismen ausgestattet, um die Signale der verschiedenen Mediatoren zu verarbeiten und eine Juckreizantwort auszulösen (IMAMACHI et al. 2009). Weiterhin kommt dem TRPV1, neben der Juckreizempfindung, eine wichtige Rolle bei der Schmerzempfindung und der Thermosensation zu. Er kann deshalb auch als polymodaler Nozizeptor bezeichnet werden (TOTH et al. 2015).

Literatur

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Einige TRPV1-Antagonisten wurden in Hinblick auf ihre analgetische Wirkung in klinischen Studien der Phase II getestet. Diese wurden aufgrund unvorhergesehener Nebenwirkungen, z. B. Hyperthermie und beeinträchtigter Hitze-Schmerz-Empfindung, nicht weiter verfolgt (TOTH et al. 2015). Pilotstudien mit dem TRPV1-Antagonisten PAC-14028 zeigten positive Effekte auf die Juckreizlinderung in Modellen der AD (YUN et al. 2011; LIM u. PARK 2012). Im durch Dermatophagoides farinae (Hausstaubmilbe) und Oxazolon ausgelösten Maus-Modell für AD konnte die Substanz die Dermatitis-assoziierten Hautbarriereschädigungen verhindern und gleichzeitig die Symptome der AD lindern (YUN et al. 2011; LIM u. PARK 2012). Diese Daten müssen allerdings noch an Patienten mit AD überprüft werden.

Tabelle 4: Ausgewählte TRPV1-Kanal-Liganden

Agonisten Inhibitoren

Capsaicin Capsazepin

Anandamid SB 366791

Olvanil AMG 9810

Capsiat JNJ 17203212

Resinferatoxin (Ruthenium Red)

Piperin

(…) = antagonistisch sowohl am TRPV1- als auch an anderen TRP-Kanälen .

(SZOLCSANYI et al. 1990; AMANN u. MAGGI 1991; CATERINA et al. 1997; KWAK et al. 1998; ROSS et al. 2001; IIDA et al. 2003; GUNTHORPE et al. 2004; GAVVA et al. 2005; MCNAMARA et al. 2005;

BHATTACHARYA et al. 2007; VRIENS et al. 2009)

2.5.3. TRPA1-Kanal

Bis heute findet man in der TRPA-Familie nur einen Kanal, den TRPA1. Dieses Protein enthält mindestens 14 Ankyrin-Wiederholungen, wodurch diese Subfamilie ihren Namen erhielt (griechisch agkyra = Anker; NILIUS u. OWSIANIK 2011). Diese gehören zu den Bindungsproteinen und interagieren mit zytoskelettalen Komponenten. Dieser Ionenkanal wird durch eine Reihe verschiedener Stimuli aktiviert. Hierzu gehören einige Inhaltstoffe von Knoblauch, Zimt, Wasabi und Senföl, aber auch reizende Mittel wie Formaldehyd und das in

Literatur

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Rauch enthaltende Acrolein (BAUTISTA et al. 2006). Weiterhin wird er aktiviert durch endogene Moleküle wie Sauerstoff- oder Stickstoffradikale und 4-Hydroxynonenal (BANDELL et al. 2004; JORDT et al. 2004; PATAPOUTIAN et al. 2009; WILSON et al.

2011). Der TRPA1-Kanal ist, wie in Tabelle 3 ersichtlich, bekannt dafür, an der Juckreizweiterleitung diverser nicht-histaminerger Pruritogene beteiligt zu sein. Weiterhin ist er involviert in der Entzündungsentstehung, der Schmerzweiterleitung und der Kälteempfindung (< 17 °C) (STORY et al. 2003; BANDELL et al. 2004; BAUTISTA et al.

2006; PATAPOUTIAN et al. 2009). Der TRPA1 ist hauptsächlich auf sensorischen Neuronen zu finden. Dennoch wurde er auch auf einigen nicht neuronalen Zellen nachgewiesen, z. B.

2006; PATAPOUTIAN et al. 2009). Der TRPA1 ist hauptsächlich auf sensorischen Neuronen zu finden. Dennoch wurde er auch auf einigen nicht neuronalen Zellen nachgewiesen, z. B.