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5. Diskussion

5.6. Schlussfolgerung und Ausblick

Das Modelltier Maus scheint, unter der Voraussetzung man wählt einen für die zu untersuchenden Substanzen sensitiven Stamm, als Modell für die Juckreizforschung gut geeignet zu sein. Die Reproduzierbarkeit des durch verschiedene Stimuli ausgelösten Juckreizes konnte in den an CD-1-Mäusen durchgeführten Versuchen gezeigt werden. Im Kontext mit der vorhandenen Literatur zeigen die Daten, wie wichtig es ist, den für die Fragestellung richtigen Stamm einer Spezies auszuwählen, um widersprüchliche oder fehlleitende Ergebnisse zu vermeiden. Es konnte in Anlehnung an INAGAKI et al. (2001) gezeigt werden, dass von den getesteten Mausstämmen nur CD-1 und C57BL/6 gegenüber dem über den H4R induzierten Juckreiz sensitiv waren. Erste weiterführende Untersuchungen zeigten Unterschiede in der Sensitivität der auf 4-MH und Histamin reagierenden Zellen für TRPV1- und TRPA1-Agonisten in vitro. Dies könnten erste Hinweise auf eine mögliche Co-Expression dieser Kanäle mit den Histaminrezeptoren auf DRG-Neuronen darstellen.

Eventuelle Unterschiede in den Rezeptor-Expressionsmustern bei einzelnen Mausstämmen könnten eine Klärung für die unterschiedlichen Sensitivitäten auf Histamin oder H4R-Agonisten darstellen. Dies könnte in Folgeversuchen mittels quantitativer Echtzeit-PCR (real-time quantitative PCR, qPCR) und mittels immunhistochemischer Färbung untersucht werden.

In der vorliegenden Studie konnten weiterhin einige grundlegende, neue Erkenntnisse zur Übertragung des über den H4R induzierten Juckreizsignals in vivo und in vitro herausgearbeitet werden. Eine Beteiligung des TRPV1-Kanals am über den H1R und H4R induzierten Juckreiz wurde bestätigt. Daneben konnte zum ersten Mal gezeigt werden, dass der TRPA1-Kanal an histamin- und an über den H4R induziertem Juckreiz beteiligt ist.

Hierbei konnten in vivo durch pharmakologische Inhibition gewonnene Daten sowohl an Knockout-Mäusen als auch in vitro an DRG-Neuronen bestätigt werden. Durch gezieltes Gewinnen der H4R-sensitiven Neurone nach erfolgter Ca2+-Influx-Messung könnte in der Zukunft mittels Einzelzell-qPCR (single cell qPCR) ermittelt werden, welche der TRP-Kanäle gleichzeitig mit dem H4R auf den Neuronen exprimiert werden. Diese Untersuchung in

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Verbindung mit den durch die Ca2+-Influx-Messungen gewonnenen Daten erlauben im Weiteren Rückschlüsse auf eine funktionelle Co-Expression mit dem H4R. Ob und inwiefern sich die beiden an der Signalweiterleitung vieler pruritogener Stubstanzen beteiligten Kanäle (TRPV1/TRPA1) zur Therapie von chronisch-pruritischen Erkrankungen eignen, muss in entsprechenden Modellen, z. B. der AD (Ovalbumin-, Nc/Nga-Modell) oder der Psoriasis (Imiquimod-Modell), untersucht werden. Eine sehr aktuelle Studie zeigt, dass die JAK-Inhibitoren Oclacitinib und Tofacitinib neben einer Wirkung auf an Entzündung und Juckreiz beteiligten Zytokinen (z. B. IL-2, IL-4, IL-6, IL-13, IL-31) auch eine direkte Wirkung auf den TRPV1-Kanal haben. In Einklang mit dieser Erkenntnis konnte in der zitierten Studie ebenfalls gezeigt werden, dass die JAK-Inhibitoren histamininduzierten Juckreiz reduzieren können (FUKUYAMA et al. 2017). Diese Daten erscheinen sehr vielversprechend in Hinblick auf eine effiziente Therapie von pruritischen Erkrankungen, da diese Substanzklasse mit ihrer breiten Wirkweise verschiedene Teile der Signalwege diverser Pruritogene abdeckt.

Des Weiteren konnte selbst in einem Versuch mit TRPV1-/-/TRPA1-/--Mäusen kein komplettes Ausbleiben der über den H4R induzierten Juckreizantwort erreicht werden.

Neueste Erkenntnisse zeigen, dass weitere nicht-neuronale Zellen, wie Keratinozyten, eine wichtige Rolle in der initialen Weiterleitung des histamininduzierten Juckreizes über den TRPV4-Kanal spielen (CHEN et al. 2016). Diese sollten ebenfalls in Folgeversuchen Beachtung finden.

Ebenfalls konnte in der vorliegenden Studie herausgearbeitet werden, dass die Effektormoleküle PLA2 und PKA einen stimulierenden Effekt auf den über den H4R induzierten Juckreiz besitzen, wohingegen das Molekül PKC einen inhibierenden Effekt zu haben scheint. Weitere Untersuchungen sind hier notwendig, um die genauen Mechanismen und die verantwortlichen Isotypen zu identifizieren. Eine Methode hierfür könnten z. B.

spezifische Phospholipase und Proteinkinase-Knockout-Mäuse darstellen (HAN et al. 2006;

KIRSCHNER et al. 2009). Weiterhin wäre es möglich, Ca2+-Influx-Messungen mit den bereits in dieser Studie verwendeten Inhibitoren nach H4R-Stimulation an DRG-Neuronen durchzuführen. Aufgrund der mangelnden Spezifizität einiger dieser Substanzen reicht diese Methode allein nicht als Beweis. Eine weitere interessante Herangehensweise wären Versuche mittels Western-Blot vergleichend an H4R-/-- und dazugehörigen Wildtyp-Mäusen. Hier

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könnte nach Stimulation von DRG-Neuronen mit H4R-Agonisten die Aktivität der Effektormoleküle indirekt mit Hilfe spezifischer, enzymgekoppelter Antikörper über Chemilumineszenz bestimmt werden. Dabei lassen sich aktivierte und nicht-aktivierte Formen der Effektoren und ihrer Isotypen differenzieren und Unterschiede zwischen Knockout- und Wildtyp-Mäusen ermitteln. Weiterhin ist es möglich, über cAMP-Bestimmung die Beteiligung dieser sekundären Botenstoffe an der Signalweiterleitung auf den DRG-Neuronen zu überprüfen (KIM et al. 2016). Eine Vorbehandlung mit den in vivo verwendeten Substanzen mit anschließender Stimulation mittels H4R-Agonisten kann weitere Aufschlüsse über die genauen intrazellulären Wirkmechanismen, die zwischen H4R und cAMP vermitteln, geben.

Zum ersten Mal konnte in dieser Studie gezeigt werden, dass auch der H2R möglicherweise am Juckreizgeschehen beteiligt ist. Dies muss an weiteren histaminsensitiven Mausstämmen und mit dem Einsatz weiterer H2R-Agonisten validiert werden. Gegebenenfalls müssen die gewonnenen Daten mit den eingesetzten H1R/H2R- und H2R/H4R-Agonisten darauffolgend neu evaluiert werden.

Zusätzlich zu diesen Erkenntnissen konnte gezeigt werden, dass der über den H4R induzierte Juckreiz einer zentralen Steuerung obliegt. Weitere Untersuchungen zur Absicherung der hier generierten Daten mit anderen ZNS- und nicht-ZNS-gängigen H4R-Antagonisten sind notwendig. Auch bleibt zu prüfen, über welche Multidrug-Transporter die Penetration der Blut-Hirn-Schranke des nicht-ZNS-gängigen H4R-Antagonisten JNJ39495906 verhindert wird. Mit dieser Erkenntnis wären mit entsprechenden Inhibitoren Untersuchungen möglich, bei denen jene nicht-ZNS-gängigen H4R-Antgonisten im ZNS verbleiben und eine antipruritische Wirkung erzielen. Weiterhin könnten Untersuchungen mittels intrathekaler Injektionen zur Umgehung der Blut-Hirn-Schranke durchgeführt werden, um weitere Erkenntnisse zu einer etwaigen Erhöhung der inhibitorischen Aktivität der Antagonisten, im Vergleich zur oralen oder intraperitonealen Gabe, zu gewinnen.

Zusammenfassung

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