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Effekt von TRP-Kanälen auf den über den H4R induzierten Juckreiz

5. Diskussion

5.3. Effekt von TRP-Kanälen auf den über den H4R induzierten Juckreiz

TRPV1 und TRPA1 sind nicht selektive Ionenkanäle, die vor allem auf sensorischen Neuronen exprimiert sind und eine Rolle im Juckreizgeschehen spielen (NILIUS u.

OWSIANIK 2011; KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Mehrere Autoren demonstrierten, dass der TRPV1-Kanal am histamininduzierten Juckreiz und Ca2+-Influx in DRG-Neuronen beteiligt ist (KIM et al. 2004; SHIM et al. 2007). Weiterhin postulieren JIAN et al. (2016), dass der TRPV1-, aber nicht der TRPA1-Kanal, an über den H4R induziertem Juckreiz beteiligt sei. Hierbei ist zu beachten, dass in der Studie der H3R/H4R-Agonist Immepip mit

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einer stärkeren Affinität zum H3R (pki = 9,3) als zum H4R (pki = 7,7) in einer relativ hohen Dosierung (1 µmol/100 µl) genutzt wurde (LIM et al. 2005). Weiterhin wurde der TRPA1-Antagonist HC-030031 nur bei dem immepipinduzierten Ca2+-Influx in DRG-Neurone, aber nicht bei dem durch Immepip-ausgelösten Juckreiz untersucht. Bisher wurde davon ausgegangen, dass der TRPA1-Kanal nicht am histamininduzierten Juckreiz beteiligt sei (WILSON et al. 2011; KITTAKA u. TOMINAGA 2017). Auffallend ist, dass in keiner der genannten Studien durch Histamin oder über den H4R induzierter Juckreiz komplett mit TRPV1-Inhibitoren geblockt werden konnte (SHIM et al. 2007; JIAN et al. 2016). Ebenso war der histamininduzierte Juckreiz in TRPV1-/- nicht komplett aufgehoben (SHIM et al.

2007). Daher liegt die Vermutung hier nahe, dass noch weitere TRP-Kanäle am histamininduzierten Juckreiz beteiligt sein könnten. ROBERSON et al. (2013) zeigten beispielsweise eine histaminsensitive Population von aus männlichen CD-1-Mäusen isolierten Trigeminalganglienneuronen, von denen ca. 39 % ebenfalls sensitiv auf AITC reagierten.

Diese Angabe deckt sich in etwa mit den in dieser Studie erhobenen Daten der histaminsensitiven DRG-Neurone der CD-1- und C57BL/6-Mäuse. Leider wurde nicht darauf eingegangen, wie viele dieser auf Histamin reagierenden Neurone sowohl AITC- als auch Capsaicin-positiv waren. Weitere Hinweise auf eine Beteiligung vom TRPA1-Kanal an der intrazellulären Weiterleitung des durch Histamin induzierten Signals geben ZHANG et al.

(2015). In den neonatalen DRG-Neuronen von C57BL/6-Mäusen sind in der histaminsensitiven Neuronenpopulation 13 % als AITC, 42 % als Capsaicin und 41 % sowohl als AITC- als auch als Capsaicin-positiv detektiert worden. Diese Daten konnten in der vorliegenden Studie bei C57BL/6-Mäusen (4 - 8 Wochen) ebenfalls bestätigt werden.

Weiterhin konnte sowohl in vivo als auch in vitro bestätigt werden, dass der TRPV1-Kanal sowohl an durch histamin-, über den H1R als auch an über den H4R induziertem Juckreiz beteiligt ist. TRPV1-Inhibitoren (Capsazepin, SB366791) konnten sowohl den Juckreiz als auch den Ca2+-Influx in DRG-Neurone nach Stimulation reduzieren. Zudem konnte sowohl in vivo als auch in vitro zum ersten Mal gezeigt werden, dass der TRPA1-Kanal ebenfalls am durch Histamin und am über den H4R induzierten Juckreiz beteiligt ist. Hier konnte der TRPA1-Kanal-Inhibitor HC-030331 sowohl den Juckreiz als auch den Ca2+-Influx in DRG-Neurone hemmen. Ebenso wie beim TRPV1-Inhibitor konnte aber keine vollständige Reduktion erreicht werden. Weiterhin waren sowohl der durch Histamin als auch der über den

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H4R induzierte Juckreiz in TRPV1-/-- und TRPA1-/-- im Vergleich zu Wildtyp-Mäusen reduziert. Bei den TRPV1-/-/TRPA1-/--Mäusen war im Vergleich zum Wildtyp der über den H4R induzierte Juckreiz ebenfalls verringert. Dennoch kam es bei allen drei Knockout-Stämmen zu keinem vollständigen Ausbleiben des Juckreizes. Eine Erklärung hierfür könnte mit der Arbeit von CHEN et al. (2016) möglich sein. Sie fanden heraus, dass TRPV4-Kanäle auch auf Keratinozyten am histamininduzierten Juckreiz beteiligt sind. Weiterhin zeigten RU et al. (2017), dass auf peripheren histaminsensitiven C-Fasern die TRP-Kanäle nicht an der initialen Weiterleitung des Juckreizsignals beteiligt zu sein scheinen. Diese Arbeiten demonstrieren, dass nicht-neuronale Strukturen an der Entstehung des Juckreizgeschehens beteiligt sind und ihre Rolle weiter evaluiert werden muss. Bei dem Vergleich der Daten mittels pharmakologischer Inhibition bei CD-1- und den Knockout-Mäusen auf C57BL/6-Hintergrund muss beachtet werden, dass es zu geringen Abweichungen in den Ergebnissen kam. Bei den TRPA1-/--Mäusen zeigte sich kein Unterschied in der Juckreizauslösung nach 4-MH-Stimulation im Vergleich zum Wildtyp. Bei den TRPV1-/-- war im Vergleich zu den Wildtyp-Mäusen ein tendenzieller aber nicht signifikanter Unterschied in der Juckreizantwort nach ST-1006-Applikation zu erkennen. Aufgrund der Stammunterschiede war eine 100 %ige Vergleichbarkeit nicht gegeben. Dennoch konnten im Wesentlichen die gewonnenen Daten aus den Versuchen der pharmakologischen Inhibition nachvollzogen werden. Hierbei ist zu beachten, dass in der Studie an den Knockout-Mäusen eine gemischtgeschlechtliche Population untersucht wurde. Bei den Untersuchungen zur pharmakologischen Inhibition wurden dagegen nur weibliche Tiere verwendet, die als sensitiver gegenüber Juckreizstimuli gelten (GREEN et al. 2006; YAMAURA et al. 2014). Eine 100 %ige Vergleichbarkeit war deswegen nicht gegeben. Ob die geschlechtsspezifischen Unterschiede auch für histamininduzierten Juckreiz gelten, ist bisher nicht weiter untersucht worden. Es ist zu bedenken, dass die beiden Teilstudien zwar durch denselben Experimentator, aber in zwei verschiedenen Laboratorien durchgeführt wurden. CHESLER et al. (2002b) zeigten, dass Umweltfaktoren Einfluss auf das Verhalten der Mäuse und somit auf den Ausgang einer Studie haben können.

5.3.1. Wechselseitige Regulation des TRPV1- und TRPA1-Kanals

Zusätzlich zu der Co-Expression des TRPV1- und TRPA1-Kanals auf einigen sensorischen Nerven und nicht-neuronalen Zellen, wie Keratinozyten, wurde von GOUIN et al. (2017) eine

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funktionelle Interaktion zwischen diesen beiden Kanälen entdeckt (Kreuzsensibilisierung/Desensibilisierung). Dieses Wechselspiel zwischen den Kanälen könnte bei der inflammatorischen thermalen Hyperalgesie, kutanen neurogenen Entzündung und Schmerzen eine Rolle spielen (AKOPIAN et al. 2007; PATIL et al. 2010; FISCHER et al.

2014; SPAHN et al. 2014; MASUOKA et al. 2017). Bei dieser wechselseitigen Beeinflussung scheint die Konzentration des zytosolischen Ca2+, welches den TRPV1- und den TRPA1-Kanal sensibilisiert oder desensibilisiert, eine wichtige Rolle zu spielen. Es konnte bereits gezeigt werden, dass sich die durch Capsaicin oder Senföl ausgelösten Ca2+-Einströme durch die Erhöhung des intrazellulären Ca2+ gegenseitig desensibilisierten (AKOPIAN et al. 2007).

PATIL et al. (2010) zeigten die Rolle des Ca2+-Influx über den TRPV1-Kanal als sekundären Mechanismus zur Desensibilisierung des TRPA1-Kanals. Weiterhin wurde aufgedeckt, dass diese beiden Kanäle über physische und funktionelle Interaktionen in der Plasmamembran, z. B. von sensorischen Neuronen, miteinander interagieren (AKOPIAN et al. 2007; FISCHER et al. 2014). MASUOKA et al. (2017) zeigten weiterhin, dass der TRPA1-Kanal auf den DRG-Neuronen die Funktion des TRPV1-Kanals über die Regulation der basalen Ca2+ -Konzentration unterdrückt. Basale Ca2+-Einströme in AITC-sensitiven Neuronen werden durch Antagonisten leicht abgeschwächt. Dies deutet auf einen tonischen TRPA1-abhängigen Ca2+-Einstrom in die sensorischen Neurone hin. So könnte es möglich sein, dass eine spontane Aktivierung des TRPA1-Kanals durch endogene Substanzen die durch nahegelegene TRPV1-Kanäle induzierte Ca2+-Erhöhung inhibiert. Dies könnte erklären, warum in der vorliegenden Studie nach einer Stimulation mit dem TRPA1-Agonisten je nach Mausstamm nur 15 – 24 % der Neurone auf eine Stimulation mit Capsaicin reagierten. In der Literatur werden Werte von 34 – 78 % für Capsaicin-positive Neurone angegeben (HAN et al.

2006; SHIM et al. 2007; ROSSBACH et al. 2011; JIAN et al. 2016; FUKUYAMA et al.

2017). Die vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass der TRPA1-Kanal die nachfolgende Stimulation durch einen TRPV1-Agonisten hemmt und beide Kanäle im Juckreizgeschehen miteinander agieren oder sich gegenseitig beeinflussen.

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5.4. Einfluss verschiedener Effektormoleküle auf den histamininduzierten