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Vorbehalte gegenüber dem Direct Banking

Im Dokument Innovatives Bankmarketing (Seite 83-88)

III. Erfolgsstrategien im Direct Banking

10. Kritische Beurteilung des Direct Banking

10.3. Vorbehalte gegenüber dem Direct Banking

Trotz der soeben dargestellten strategischen Erfolgsfaktoren gibt es in nahezu allen Bevölkerungsschichten starke Vorbehalte gegen das Direct Banking. Die Einstellung gegenüber dieser modernen Vertriebsform ist häufig durch negative Vorstellungen, wie z.B.

mangelnde Einhaltung von Datenschutzstandards, geprägt. Die Kritik der Verbraucher zielt in erster Linie auf den im Direktbankgeschäft typischerweise fehlenden persönlich-visuellen Kontakt zwischen Verbraucher und Bankmitarbeiter ab. Darüber hinaus misstrauen Kunden vor allem der Sicherheit im Direct Banking. Zudem werden sowohl Stimmen laut, die aus Furcht, nicht persönlich beraten zu werden, einen Wechsel zu einer Direktbank für bedenklich halten, als auch solche, die im Direct Banking den Kontakt zu einem fest zugeordneten Ansprechpartner vermissen. Neben diesen Kritikpunkten wird des öfteren auf die Umständlichkeit des Direct Banking hingewiesen sowie die Seriosität der Anbieter in

Frage gestellt. Nicht zuletzt ist aber auch die unzureichende Transparenz des Preisgefüges – gerade im Wertpapiersektor – für einen Großteil der gegenüber Direktbanken gehegten Vorbehalte verantwortlich.

10.3.1. Sicherheitsbedenken

Ein großes Thema stellen Sicherheitsaspekte im Internet dar. Eine Umfrage des BdB zeigt zwar, dass sich der Anteil der Deutschen, der Online Banking als „sicher“ einschätzt, seit 1998 fast verdoppelt hat. So stieg die Zahl von ehemals 21 auf 41 Prozent an. Jedoch ist andererseits eine Gegenbewegung, wenngleich in geringerem Maße, bei den Befragten zu verzeichnen, die das Internet als „überhaupt nicht sicher“ begreifen.279 So ist die Zahl von 12 im Jahr 2001 auf 15 Prozent angestiegen (siehe Abbildung 3-6).

Die geäußerten Sicherheitsbedenken bilden damit einen Ansatzpunkt, die Nutzung des Direct Banking zu steigern.280 Denn trotz der Vorteilhaftigkeit von Direktgeschäften schrecken zahl-reiche Kunden wegen befürchteter Sicherheitsprobleme noch immer davor zurück, ihr Konto von der klassischen Filialbank zur Direktbank zu verlegen.281 Viele Internet-Teilnehmer nutzen zwar Informationsangebote oder den Abruf von Kontoständen und Umsätzen. Zu Online-Transaktionen konnten sie sich aber bislang noch nicht durchringen.282

Diesen Ansatz greift auch die „W3B-Studie Online-Finanzdienstleistungen“ von Fittkau &

Maaß auf. Hier lautet die Erkenntnis, dass eine direkte Abwicklung von Bankgeschäften – etwa von Online Banking oder Internet Broking – für 90 Prozent der Befragten nur in Frage käme, wenn die Sicherheit persönlicher Daten garantiert wäre. Vor allem der Online-Übertragung von Kreditkartennummern stehen die Auskunftspersonen kritisch gegenüber;

rund 87 Prozent sehen hierin ein erhebliches Sicherheitsrisiko.283 Laut einer im Oktober 2002 durchgeführten Umfrage des Marktforschungsinstitutes United Research würden

deshalb 17 Prozent der Interviewten niemals die Dienste eines Online-Anbieters in Anspruch nehmen.284

10.3.2. Fehlende Seriosität und Vertrauenswürdigkeit

Glaubt man einer Studie NFO Infratest GmbH & Co. KG, München, so kann sich knapp die Hälfte aller Bankkunden die Abwicklung von Bankgeschäften über reine Direktbanken nicht vorstellen. Als Grund dafür führt jeder Vierte der Befragten die fehlende Seriosität und Vertrauenswürdigkeit der Unternehmen an.285 Zu den aus Kundensicht zentralen Nachteilen der Direktbanken gegenüber den Filialbanken zählt somit ein emotionales Akzeptanzproblem. Denn im Hinblick auf Vertrauenswürdigkeit werden die Direktbanken im Allgemeinen und die Discount Broker im Besonderen deutlich schlechter bewertet als die Filialbanken.286 Bereits im Jahr 1997 – einem noch sehr frühen Stadium im deutschen Direkt-bankgeschäft - konnte in Erfahrung gebracht werden, dass Direct Banking mit Anonymität und fehlender Zuverlässigkeit assoziiert wurde. Gleichzeitig wurden Zweifel an der Serio-sität der Direktbanken gehegt.287

10.3.3. Fehlender persönlich visueller Kontakt

Aufgrund des fehlenden Geschäftsstellennetzes lassen sich im Direktbankgeschäft persönliche Kontaktsituationen zwischen Kunde und Bankmitarbeiter nur schwerlich herstellen.288 Dem Transport von „soft facts“ der zwischenmenschlichen Kommunikation sind damit enge Grenzen gesetzt. Die Möglichkeiten beschränken sich hierbei oftmals auf das Verhalten der Service-Mitarbeiter am Telefon.289 Viele potentielle Kunden müssen aber von den Vorteilen des Direct Banking wie Informationsverfügbarkeit, Analyse-Tools und Echtzeittransaktion, durch Auftreten, Mimik und Gesten der Bankmitarbeiter überzeugt werden. Der im Direkt-bankgeschäft typischerweise fehlende persönlich-visuelle Kontakt erschwert somit nicht nur den Aufbau einer zwischenmenschlich-sozialen Vertrauensbasis, die die Grundlage für eine dauerhafte Geschäftsbeziehung bildet, er trägt mitunter sogar zur Ablehnung des Direct Banking bei. So ergab eine Infratest-Studie, dass 72 Prozent der Verbraucher grundsätzliche Bedenken gegen Direktbankangebote haben, weil sie ihren Gesprächspartner nicht sehen können.290

10.3.4. Fehlender Ansprechpartner

Der Kunde bekommt im Direktbankgeschäft grundsätzlich keinen festen Ansprechpartner zugeordnet. Eingehende Kundenanrufe werden vom IT-System stets auf den nächsten freien Mitarbeiterplatz weitergeschaltet. Die Verteilung der Anrufe nach dem Zufallsprinzip wird allerdings von vielen Kunden und Interessenten bedauert, da sich so keine persönlich-telekommunikative Beziehung zu einem speziellen Service-Mitarbeiter aufbauen lässt und die Verbindung zur Direktbank weitestgehend anonym bleibt.291 Dieses Problem verschärft sich noch dadurch, dass in den Call Centern der Direktbanken die Mitarbeiterfluktuation vergleichsweise hoch ist. Die negativen Folgen durch geringere persönliche Beziehungen sind nicht nur eine schwächere Kundenloyalität, sondern auch eine daraus resultierende größere Wechselbereitschaft der Kunden.292

10.3.5. Umständlichkeit der Geschäftsanbahnung

Eine andere Gruppe, die das Direct Banking ablehnt, sind diejenigen, denen das Verfahren zu umständlich oder zu kompliziert ist. Eben hieraus könnte sich ein Hemmnis für die weitere Verbreitung des Direct Banking ergeben.293 Für viele potentielle Kunden stellt bereits die Kontoeröffnung bei einer Direktbank eine unüberwindliche Hürde dar. Für die Teilnahme am Direct Banking ist der Abschluss eines schriftlichen Kontoeröffnungsvertrags notwendig.

Der Vertragsschluss erfolgt im Direct Banking grundsätzlich auf dem Postweg.294 Hierbei muss der Kunde zunächst die Kontoeröffnungsunterlagen anfordern, sie dann ausfüllen und zurückschicken und sich schließlich durch eine beglaubigte Kopie des Personalausweis oder durch eine Unterschrift, zum Beispiel in einem Postamt, der gesetzlich vorgeschrieben Legitimationsprüfung unterziehen.295 Die Direktbank übersendet dem Kunden daraufhin die ec-Karte, persönliche Geheimzahl und für das Internet Banking gegebenenfalls noch eine Liste mit Transaktionsnummern (TAN)per Einschreiben mit Rückschein und fordert ihn auf, deren Empfang zu bestätigen. Der Zugang über elektronische Medien wird erst freigegeben, nachdem der Kunde die Empfangsbestätigung mit seiner Unterschrift zurückgesandt und die Direktbank die Ordnungsmäßigkeit der Unterschrift festgestellt hat. So kann es vorkommen, dass die Kontoeröffnung bis zu vier Wochen in Anspruch nimmt.296

Nicht zu vernachlässigen ist auch der nötige Einarbeitungsaufwand des Kunden in neue Techniken.297 Zwar wird die Bedienung der technischen Endgeräte, Computerprogramme und Medien immer einfacher und benutzerfreundlicher,298 doch gibt es noch immer Kunden, die massive Probleme bei der Nutzung neuer Technologien haben.299 Laut einer Untersuchung von Datamonitor fühlt sich jeder zweite Verbraucher von modernen Technologien wie dem Internet überfordert und ist beim Umgang damit auf Hilfe angewiesen. Erschwert wird das Direktbankgeschäft darüber hinaus noch durch die komplizierten Vertragswerke zwischen Kunden und Direktbank. Die Unterlagen sind nicht nur sehr umfangreich, sondern zum Teil auch erheblich erklärungsbedürftig.300 Außerdem muss sich der Kunde bei jeder Kontakt-aufnahme zur Direktbank autorisieren. Das Autorisierungsprocedere weist dabei – je nach Abwicklungsform – gewisse technische Unterschiede auf.301

Ferner wird das Argument einer umständlichen Parallelbeziehung302 angeführt. Viele Verbraucher kritisieren, dass das Leistungsprogramm der Direktbanken zwar den Grundbedarf an Bankdienstleistungen abdeckt, jedoch i.d.R. keine vollständige Bankverbindung ersetzt. Deshalb muss sich jeder potentielle Direktbank-Kunde zunächst entscheiden, ob er auf eine Vollbankbeziehung verzichten möchte oder ob er, zusätzlich zu seiner bestehenden Hausbankverbindung, eine Direktbank-Beziehung mit eigenen Kontonummern und eigenen Karten unterhalten möchte.303 Insbesondere ein Wechsel der Kontoverbindung wird in diesem Zusammenhang als mühsam und aufwendig angesehen. Denn es ist ein umfangreicher und zeitintensiver Prozess, sämtliche Daueraufträge zu ändern und Ämter, Arbeitgeber oder Rentenrechnungsstelle von der neuen Kontoverbindung in Kenntnis zu setzen. Besondere Schwierigkeiten ergeben sich auch, wenn der Kunde zusätzlich einen Dispositionskredit beansprucht oder noch ein Wertpapierdepot bei seiner Hausbank unterhält.

10.3.6. Komplizierte Preismodelle

Ein weiterer Kritikpunkt ist das Pricing im Direct Banking. Immer mehr Direktbanken entwickeln komplizierte Preismodelle, die für den Verbraucher kaum nachvollziehbar sind.

In Paket- und Pauschalangeboten ist nicht nur der Giroservice enthalten, sondern auch Kreditkarten, Versicherungen und andere Zusatzleistungen. Selbst für Experten ist es deshalb ausgesprochen schwierig, die Angebote der verschiedenen Institute einem Preisvergleich zu unterziehen.304 Ohne einen tieferen Einblick ist kaum zu erkennen, welche Direktbank den jeweiligen Anlegermentalitäten und -gewohnheiten am ehesten gerecht wird. Oft wird deshalb die Meinung vertreten, dass Interessenten allein schon durch die komplexen Gebührenmodelle der Direktanbieter abgeschreckt werden.305

10.3.7. Versperrte Zugangswege

Ein weiteres Problemfeld im Direktbankgeschäft liegt darin, dass sich die Servicebereitschaft bzw. die Erreichbarkeit für Kunden und Interessenten nicht immer einwandfrei gewährleisten lässt. In stark frequentierten Zeiten, etwa nach Werbekampagnen in Printmedien oder TV-Spots, kann es beschwerlich sein, in das Call Center zu gelangen, weil die telefonischen Leitungen völlig überlastet sind.306 Lange Wartezeiten sind daher im Direktbankgeschäft keine Seltenheit.307 Diese Schwachstelle bleibt jedoch nicht ohne Konsequenzen für den Kunde. In hektischen Börsenzeiten können sich beachtliche Verlustpositionen aufbauen, wenn Wertpapierorders nicht rechtzeitig – mangels Erreichbarkeit des Kundenbetreuers – platziert werden können.308 Auch blockierte Internetzugänge geben immer wieder Anlass für Beschwerden.309

10.3.8. Fehlender Beratungsanspruch

Im Direktbankgeschäft fehlt es häufig an einer intensiven Betreuung der Kunden, wie sie beispielsweise in den Zweigstellen von Großbanken erfolgt.310 Das bedeutet, dass die Direkt-banken üblicherweise auf Beratungsleistungen, Empfehlungen, Abwägungen oder sonstige persönliche Wertungen des Marktes oder gar einzelner Anlagemöglichkeiten durch die Bankmitarbeiter verzichten. Insofern sieht sich der Direktbankkunde mit dem Problem kon-frontiert, notwendige Aufgaben für die Erstellung von Bankdienstleistungen selbst überneh-men zu müssen. Dies kann zum Beispiel die Informationssammlung und -bewertung beim Discount Brokerage betreffen.311 Marktforschungsergebnisse zeigen aber, dass zumindest ein Teil der Direktbankkunden grundsätzlich Beratung in Anspruch nehmen möchte.312

10.3.9. Vermeintliche Unseriosität

In der Bankwirtschaft ist die Auffassung weit verbreitet, dass Bankkunden als Geschäfts-partner Institute präferieren, von deren Seriosität sie überzeugt sind, weil sie von ihnen größere Zuverlässigkeit in der Behandlung ihrer Vermögenssphäre betreffenden Angelegenheiten erwarten. Größe und Alter eines Kreditinstituts, ein großer Kundenkreis oder ein hoher Bekanntheitsgrad gelten allgemein als Kennzeichen solcher Seriosität. Marktforschungs-ergebnisse haben aber gezeigt, dass Direktbanken im Wettbewerbsvergleich niedrige Werte in

den Kriterien „Bekanntheitsgrad“, „Sympathie“ und „Vertrauenswürdigkeit“ erreichen. Ihre Kompetenz hinsichtlich von Finanzdienstleistungen wird allgemein angezweifelt. Gerade die ältere Generation hat lediglich unterdurchschnittliches Zutrauen in die Leistungsfähigkeit der Direktbanken. Aus diesen Gründen halten manche Verbraucher das Direktbankgeschäft für generell unseriös. Gemäß einer 1992 durchgeführten Untersuchung von Infratest meinten zur damaligen Zeit vier Prozent der Verbraucher, Direktbanken seien unseriöse Institute.313 Im Jahr 1995 gaben dagegen bereits 30 Prozent der potentiellen Kunden zu verstehen, dass sie Zweifel an der Seriosität der Direktbanken hegen.314

10.3.10. Datenschutzgesichtspunkte

Ein weiteres Argument gegen Direct Banking aus Sicht der Verbraucher dreht sich um den Themenbereich Datenschutz. Für einen Großteil potentieller Kunden ist es inakzeptabel, dass Daten über ihren Lebensstil (Interessen, usw.) für Marketingzwecke abgespeichert werden.

Es wird befürchtet, die im Direct Banking übliche Erhebung und Speicherung von personen-bezogenen Daten führe zur Erstellung von kompletten Kundenprofilen und deren letztendlich unkontrollierbaren Verwertung durch die Direktbanken.

Im Jahr 1998 befragte das Institut für praxisorientierte Sozialforschung (ipos), Mannheim, 1.020 Bundesbürger in ganz Deutschland nach ihrer Meinung zum Datenschutz. Als Ergebnis der repräsentativen Umfrage lässt sich feststellen, dass beinahe die Hälfte aller Verbraucher der Meinung ist, die Informationen über ihre finanziellen Verhältnisse würden bei Kredit-instituten zuverlässig geheim gehalten. Negativ gewendet bedeutet dies aber, dass jeder zweite Kunde den Banken und Sparkassen wenig Vertrauen beim Umgang mit seinen per-sönlichen Daten entgegenbringt.315

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