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Leitbild des Unternehmens

Im Dokument Innovatives Bankmarketing (Seite 129-134)

III. Erfolgsstrategien im Direct Banking

12. Der Ansatz einer ganzheitlichen Direct Banking Strategie

12.3. Planungs- und Organisationsphase („Designphase”)

12.3.1. Leitbild des Unternehmens

Der grundsätzliche Stellenwert des Direct Banking wird bereits im Leitbild festgelegt. So gibt es Anbieter, deren gesamte Geschäftsstrategie im Wesentlichen auf Online-Medien aufgebaut ist. Ein Beispiel hierfür ist die NetBank, deren Kunden ihre Geldangelegenheiten ausschließ-lich über Internet regeln können. Ebenso haben sich eine Reihe anderer Online-Banken dazu entschlossen, ihren Kunden die Leistungen direkt, ohne Außendienstorganisation und ohne Geschäftsstellen anzubieten.Im Gegensatz dazu haben sich beispielsweise die Genossenschaftsbanken für die nahtlose Integration der neuen elektronischen Medien in das traditionelle Vertriebssystem entschieden. Sie setzen damit nach wie vor auf ein flächen-deckendes Filialnetz mit starker persönlicher Komponente und Serviceorientierung. Bei den Volks- und Raiffeisenbanken zielt die Direct Banking-Strategie primär auf eine Intensivierung der bestehenden Geschäftsbeziehungen und weniger auf die Neukundengewinnung ab. Dem Direct Banking kommt bei dieser Zielsetzung eher eine flankierende und ergänzende Funktion zur Unterstützung der klassischen Vertriebswege zu.

12.3.1.1. Grundphilosophien des Direktbankgeschäfts

Im Direct Banking sind in der gegenwärtigen Praxis die folgenden Leitbilder bzw. Grund-philosophien verbreitet (Abbildung 3-18):465

12.3.1.1.1. Hausbank-Prinzip

Institute, die eine Hausbankphilosophie verfolgen, kombinieren die typischen Vorteile einer Direktbank, wie zum Beispiel günstige Konditionen und technisches Know-how, mit dem Leistungsangebot einer Erstbankverbindung.466 Im Spektrum möglicher Direktbank-Konzepte verstehen sie sich daher nicht nur als erstbankfähige Anbieter, sondern auch als eine echte Alternative zu den klassischen Filialbanken.467 Wo in anderen europäischen Ländern derzeit noch Vorbehalte gegenüber dem Vollbankprinzip bestehen, ist in Deutschland der Trend zur Hausbankphilosophie unverkennbar. Als wichtigster Vorzug der Hausbankphilosophie gegenüber der Nebenbankphilosophie ist die höhere Kundenbindungskraft zu betrachten.

Zudem bietet die interne Quersubventionierung die Möglichkeit, Leistungen kostengünstiger anzubieten. Hinzu kommt, dass Direktbanken, die sich als Vollbank etablieren, dem Kunden einen umfassenden Service aus einer Hand anbieten und aufgrund ihres umfassenden Leistungsspektrums weniger stark dem Zwang ausgesetzt sind, strategische Partnerschaften eingehen zu müssen.

Der Trend zur Hausbankphilosophie im Direktbankgeschäft ist ganz wesentlich darin begründet, dass die Bankkunden auch im Technikzeitalter prinzipiell nicht Teillösungen suchen, sondern Komplettangebote. Deswegen wird es für Direktbanken zunehmend wichtiger, großen Wert auf eine Erstbankbeziehung zu legen. Anbieter, die bereits in der Gründungsphase alle wesentlichen Funktionen einer Hausbank abdecken, erzielen gegenüber Mitwettbewerbern erhebliche Wettbewerbsvorteile. Den Nachweis seiner Leistungsfähigkeit hat die Hausbankphilosophie insbesondere in der Run-up-Phase erbracht. Direktbanken wie die Bank 24 (heute maxblue) und die Advance Bank (heute Dresdner Bank) konnten phasenweise die höchsten Zuwachsraten an neuen Kundenverbindungen erreichen.468 Der Versuch dieser Anbieter, dem Direktvertrieb möglichst viel an individuellem Service hinzuzufügen, fand großen Anklang.469

12.3.1.1.2. Nebenbank-Prinzip

Direktbanken, die eine Nebenbank-Philosophie verfolgen, möchten im Gegensatz zu universellen Anbietern ausschließlich als Zweitbankverbindung fungieren.470 Daher ist es nicht möglich, bei diesen Instituten den kompletten Zahlungsverkehr abzuwickeln und beispielsweise Girokonten zu eröffnen. Die Vertreter der Nebenbank-Philosophie sind überwiegend der Auffassung, dass sie mit der Einrichtung von Girokonten auch die Bargeldversorgung für ihre Kunden sicherstellen müssten. Da die Institute aber häufig nicht, wie etwa die Tochtergesellschaften von großen Bankkonzernen, auf ein bundesweites Geldausgabeautomatennetz zurückgreifen können, wären hierfür enorme Investitionskosten notwendig.471 Es ist heute allgemeine Auffassung, dass eine spezialisierte Direktbank flexibler, kostengünstiger und innovativer arbeiten kann.472 Als Beispiel dafür kann an dieser Stelle die Santander Direkt Bank genannt werden, die sich als Zweitbankverbindung473 versteht und sich bewusst auf spezielle Bank- und Kartendienstleistungen für den anspruchsvollen Kunden konzentriert.474

12.3.1.1.3. Zielgruppen-Prinzip

Zunehmende Verbreitung findet auch die Zielgruppenphilosophie vor allem bei Discount Brokern, wie etwa der DAB bank oder comdirect bank. Diese Direktbanken sprechen als Produktspezialisten spezifische Zielgruppe an. Üblicherweise sind deren Geschäfts-bemühungen auf den Bedarf des gut informierten Anlegers ausgerichtet.475 Um das spezifische Potenzial einer zielgruppengerechten und markenspezifischen Direktbank-ansprache auszuschöpfen, sind Service- und Bedürfnisorientierung neben der Entwicklung innovativer Produkte und der Preisgestaltung wichtige Strategie-Elemente.

12.3.1.1.4. Beratungs-Prinzip

Im Gegensatz dazu basiert die Beratungsphilosophie auf individuellem Expertenwissen. So bieten die Vertreter des Beratungsprinzips ihrer Klientel eine Art von Beistand, der auf das tiefere, implizite Wissen der Kundenbetreuer gestützt ist. Dieses Wissen bereitzustellen kostet mehr Zeit und Geld und vollzieht sich langsam. Auch kann dieser Wissenstransfer kaum systematisiert und dadurch effizienter gestaltet werden.Zudem ist es für diese Direkt-banken schwierig, kurzfristig viele neue Berater anzuheuern, da jeder von ihnen ein intensives persönliches Training benötigt. Direktbanken, die eine Beratungsphilosophie verfolgen, fällt es daher schwer, schnell zu wachsen, ohne ihr kundenspezifisches Vorgehen zu gefährden.

Dafür können sie aufgrund ihrer höchst kundenspezifischen Angebote am Markt höhere Konditionen durchsetzen als Direktbanken, die eher standardisierte Beratungsleistungen anbieten. Als Vertreter der Beratungsphilosophie lässt sich CortalConsors nennen. Diese Direktbank bietet Wertpapierdepots bei Bedarf mit Beratung an und legt das Anlage-Schwergewicht auf Fonds-Picking.

12.3.1.1.5. Multi-Channel-Prinzip

Die Multi-Channel-Philosophie zielt darauf ab, dem Kunden alle Kontakt- und Transakti-onswege zur freien Auswahl anzubieten.476 Charakteristisch für diese Philosophie ist, dass die Kunden unter einem Dach, d.h. bei einem Anbieter und mit einem Konto das Filialangebot,

das Direktbankangebot oder eine Mischung aus beiden nutzen können. Eine wichtige Voraussetzung um auch als Multi-Channel-Anbieter im Direktbankservice wettbewerbsfähig zu sein, ist, dass das Leistungsvermögen im Bereich Internet Banking und im Bereich des Call Centers den Angeboten der eigenständigen Direktbanken entspricht.477 Die Multi-Channel-Philosophie stellt eine neue Dimension in der Vertriebspolitik der Kreditinstitute dar, weil sie den veränderten Ansprüchen des modernen Bankkunden gerecht wird.478 Als problematisch ist jedoch die differenzierte Bepreisung der Zugangswege zu sehen, denn viele Kunden wollen die Multikanalstrategie bei ihrer Bank nutzen, sind aber häufig nicht bereit, den Mehraufwand zu bezahlen.479 Der Trend zum Multi-Channel-Banking stellt somit an die Unternehmenssteuerung von Banken und Sparkassen erhöhte Anforderungen.480 Trotz dieser besonderen Problematik präferieren immer mehr Anbieter diese Gestaltungsvariante, darunter auch Großbanken wie die Deutsche Bank oder die Dresdner Bank.

12.3.1.1.6. Online-Only-Prinzip

Die Online-Philosophie findet bei den Direktbanken zunehmende Verbreitung. Ziel dieser Institute ist es, sich primär auf Online-Medien zu fokussieren, andere Vertriebswege bieten sie ihren Kunden nur in Ausnahmefällen an. Diese Philosophie besticht durch ihren Kosten-vorteil. Als Vertreter dieser Philosophie ist exemplarisch die NetBank zu nennen. Diese Bank wurde 1998 von sieben Sparda-Banken als Internet-Only-Bank bzw. virtuelle Bank gegründet.

Sie will gezielt von den vorhandenen Marktpotenzialen des Online Banking profitieren und Neukunden gewinnen. Um die Vorteile des Online Banking auch in vollem Umfang ausschöpfen zu können betreibt sie ein konsequentes Outsourcing von Randfunktionen.

Durch die Konzentration auf Kernkompetenzen weist die gesamte Bank nur eine vergleichs-weise geringe Betriebsgröße von einigen wenigen Mitarbeitern auf. Ein weiteres wichtiges Unterscheidungsmerkmal ist die Implementierung eines One-to-One-Marketing.481

12.3.1.1.7. Umwelt-Philosophie

Abschließend sei in diesem Zusammenhang noch auf die Umwelt-Philosophie hingewiesen, Die Vertreter der Umwelt-Philosophie konzentrieren sich als filiallose Direktbanken auf die ökologisch motivierte Geldanlage und investieren dabei vornehmlich in steueroptimierte Kapitalanlagen wie Windparks. Obwohl das Produktangebot dieser Direktbanken einen hohen Standardisierungsgrad aufweist, erbringen die Institute in gewissem Umfang Beratungsleistungen. Im Kreditgeschäft finanzieren die verschiedenen Anbieter bundesweit eine Vielzahl von Umweltprojekten. In der Vergangenheit waren diese Direktbanken auch als emissionsbegleitende Institute tätig. So beteiligte sich die Anfang 1997 in Nürnberg gegrün-dete Umweltbank unter anderem an dem erfolgreichen Börsenstart von Umweltkontor.482 12.3.1.2. Die strategische Bedeutung des Unternehmensleitbilds

Die Direktbanken haben sich das Unternehmensleitbild für die tägliche Arbeit geschaffen. Im Allgemeinen wird dadurch die Philosophie der Wertschaffung und der Integration von Kunde, Mitarbeiter und ökonomischer Verantwortlichkeit zum Ausdruck gebracht.

Anhand der vorstehenden Abbildung 3-20 wird deutlich, dass die im Unternehmensleitbild festgelegte strategische Grundausrichtung die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für alle weiteren strategischen Entscheidungen vorgibt.

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