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Risiken des Direct Banking

Im Dokument Innovatives Bankmarketing (Seite 58-62)

III. Erfolgsstrategien im Direct Banking

10. Kritische Beurteilung des Direct Banking

10.1. Risiken und Chancen des Direct Banking

10.1.2. Risiken des Direct Banking

Direktbanken sind einer Vielzahl von Risiken ausgesetzt. Die sich immer schneller ändernden Rahmenbedingungen bringen zahlreiche Risiken mit sich. Um mit diesen Risiken kontrolliert umgehen zu können, müssen sie konkret identifiziert werden. Das Verstehen der Risiken ist Voraussetzung, um die richtigen strategischen Entscheidungen treffen zu können. Nur so können die Direktbanken mit Hilfe geeigneter Erfolgsstrategien ihre Zukunft sichern.

10.1.2.1. Branchen- und Unternehmensspezifische Risiken

Als besonderer Risikofaktor der Direktbanken ist deren Branchenzugehörigkeit bzw. Wett-bewerbssituation einzustufen. Die Direktbanken gehören einer Branche an, die relativ neu ist und deren zukünftige Entwicklung sich nur sehr schwer abschätzen lässt. Die Intensität und Entwicklungsdynamik der Wettbewerbskräfte führt zwangsläufig zu einem recht hohen Unternehmensrisiko.

Auch zeichnet sich das Branchenumfeld der Direktbanken überwiegend durch niedrige Markteintrittsbarrieren aus. 169 Diese Tatsache beruht insbesondere darauf, dass sich gerade in der Direktbankbranche die innovativen Technologien überwiegend in einem noch relativ frühen Entwicklungsstadium befinden und sich daher nur wenige Anbieter eine tech-nologische Vormachtstellung herausarbeiten können. So zeigt die Vielzahl neuer Geschäfts-modelle im Direktbankgeschäft, dass viele noch unbearbeitete Marktnischen existieren, in denen Quereinsteiger wie Autobanken und andere Konzern-Finanzdienstleister – zumindest potentiell – Fuß fassen können.

Die Anbieter von Direktbankgeschäften durchlaufen verschiedene Wettbewerbsphasen. Dabei ergeben sich in den einzelnen Phasen unterschiedliche Chancen und Risiken hinsichtlich der Realisierung des Gewinnpotenzials. Schon jetzt ist aber zu beobachten, dass die Wettbewerbs-phasen im Direct Banking einer fortwährenden Verkürzung unterliegen. Dies bringt, sofern die Durchführung von Anpassungsmaßnahmen unterbleibt, die Gefahr des Veraltens der tech-nischen Ausstattung mit sich. Darüber hinaus dürfte sich ein weit sprunghafterer Verlauf als im klassischen Privatkundengeschäft ergeben. Schließlich ist höchst unsicher, ob sich die Produkt- oder Verfahrensinnovationen auf Dauer am Markt überhaupt durchsetzen können, woraus ein weiteres Unternehmensrisiko resultiert.

10.1.2.2. Wirtschaftliche Risiken

Viele Banken haben noch keine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung für ihr Direct Banking-Angebot erstellt. Das ernüchternde Ergebnis der bereits durchgeführten Wirtschaftlichkeits-betrachtung belegt: Direct Banking lässt nur bei gut der Hälfte der Banken eine positive Geschäftsentwicklung erkennen.170 Ein wesentlicher Grund für die wenig zufriedenstellende Ergebnisentwicklung der letzten Jahre ist in der zunehmenden Verbreitung von Direct Banking zu sehen. Der verschärfte Wettbewerb zieht weiter fallende Gebühren und sinkende Margen nach sich.Daraus kann der Schluss gezogen werden, dass auch in Zukunft nicht alle Direktbanken befriedigende Ergebnisse werden erzielen können. In den kommenden Jahren ist daher eine Konsolidierung unter den Wettbewerbern zu erwarten. Danach werden nur wenige selbständige Direktbanken übrigbleiben.171

10.1.2.3. Marktrisiken

Zahlreiche Direktbanken bieten nur einige wenige Produkte an. Die zukünftige Unternehmens-entwicklung hängt nahezu ausschließlich von deren Erfolg ab. Die zunehmende Wettbe-werbsintensität, der technologische Fortschritt oder ein verändertes Nachfrageverhalten

können daher ganz erhebliche Konsequenzen für die weitere Unternehmensentwicklung der Direktbanken haben. Im Vergleich hierzu weisen die klassischen Banken regelmäßig eine deutlich diversifiziertere Produktstruktur auf, so dass spürbar negative Entwicklungen auf Teilmärkten leichter kompensiert werden können.

So hängt beispielsweise das Interesse der Kunden am Online Brokerage ganz entscheidend von der weiteren Entwicklung der Aktienmärkte ab. Dabei können zwei Zukunftsszenarien unterschieden werden: Zum einen eine weiterhin anhaltende Konsolidierungsphase und zum anderen ein beginnender Marktanstieg. Im ersten Szenario dürfte sich die Zahl der Online-Broker stark reduzieren. Steigt dagegen die konjunkturelle Zuversicht, wird sich dies auch in einer steigenden Anbieterzahl niederschlagen.172

10.1.2.4. Investitionsrisiken

Den Direktbanken ist gemeinsam, dass sie sowohl bei ihren Technologieinvestitionen als auch im Rahmen ihrer Marketinganstrengungen auf eine erhebliche Kapitalbasis angewiesen sind. Diesem sehr hohen Kapitalbedarf steht die Unsicherheit des Erfolgs dieser Maßnahmen entgegen. So haben sich bei manchen Direktbanken die Marketingausgaben binnen eines Jahres versechsfacht,173 ohne dass gewährleistet ist, dass sich die damit verbundenen hohen Investitionen unter der Prämisse einer positiven Akzeptanz seitens der Verbraucher mittel-fristig amortisieren.

10.1.2.5. Finanzrisiken

Das existierende Eigenkapital und der betriebliche Cashflow von Direktbanken genügen unter Umständen nicht, um die erwarteten Investitionsausgaben und das erforderliche Betriebskapital für die absehbare Zukunft zu decken. Es besteht die Möglichkeit, dass einzelne Anbieter weitere Finanzmittel aus externen Quellen beschaffen müssen. Die Fähigkeit, diese zusätzlichen Mittel aufzubringen, ist von wirtschaftlichen und anderen Faktoren abhängig, auf die Direktbanken größtenteils keinen Einfluss haben. Bei Bedarf kann es sein, dass den Direktbanken nicht immer ausreichende Mittel zu akzeptablen Bedingungen zur Verfügung stehen. In diesem Fall müssten sie möglicherweise ihre Ausgaben für IT-Projekte oder Marketing reduzieren. Dies könnte wesentliche nachteilige Folgen für die Geschäfts-, Finanz- und Ertragslage sowie die Zukunftsaussichten der betroffenen Unternehmen haben.

Bisher ist es vor allem den börsennotierten Direktbanken gelungen, stets ausreichendes Kapital für die weitere Finanzierung der eigenen Aktivitäten zu finden.Damit die Chancen dafür auch in Zukunft gut sind, betreiben diese Anbieter intensive Investor Relations- und Public Relations-Aktivitäten.

10.1.2.6. Rechtliche Risiken

Wie bei vielen Unternehmen in der Bankbranche wird auch den Direktbanken gegenüber behauptet, dass sie ihre vertragliche Verpflichtung schuldhaft verletzen, Kundenaufträge falsch bearbeiten oder gegen andere rechtliche Gegebenheiten verstoßen. 174 Ungeachtet der

Erfolgsaussichten derartiger Ansprüche, können den Direktbanken im Zusammenhang mit der Abwehr derartiger Ansprüche hohe Kosten entstehen. Die Direktbanken und Discount Broker wehren sich in solchen Angelegenheiten energisch mit Unterstützung interner und externer Experten.

10.1.2.7. Informelle Risiken

Direktbanken unterscheiden sich von den etablierten Filialbanken durch ihre vergleichs-weise kurze wirtschaftliche Existenz. Das heißt, sie befinden sich entweder noch in der Wachstumsphase oder erst am Beginn der Reifephase.175 Viele Anbieter standen bis vor kurzem am Anfang ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit und konnten daher weder am Markt noch in den internen Strukturen eine gefestigte Position erreichen. Neben diesem grundlegenden Charakterzug zeichnen sich Direktbanken durch ihr Leistungsspektrum, die Marktstruktur und das Kundenverhalten aus, die allesamt einer hohen Unsicherheit und permanenten Ver-änderung unterliegen. So sind gerade die internen Organisationsstrukturen und das Control-ling erst im Aufbau begriffen und unterliegen dem Zwang, sich kontinuierlich an veränderte Bedürfnisse anzupassen. 176

Die erst kurze wirtschaftliche Existenz der meisten Direktbanken wirkt sich dabei unmittelbar auf deren Informationsbasis aus. Die Gegenüberstellung wichtiger Kennzahlen aus voran-gegangenen Abrechnungsperioden ist kaum möglich, da diese oftmals durch Sondereinflüsse, wie beispielsweise den eigenen Börsengang oder den Aufbau von Tochtergesellschaften im europäischen Ausland, stark verzerrt sind. Da diese Faktoren nicht regelmäßig, sondern eher vereinzelt auftreten, können sie die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage der Direktbanken erheblich negativ beeinflussen.

10.1.2.8. Operationelle Risiken

Abschließend seien noch die operationellen Risiken kurz skizziert. Unter dem Begriff

„operationelle Risiken“ werden alle Risiken aus betrieblichen Systemen oder Prozessen zusammengefasst, die sich negativ auf die Geschäftsabwicklung der Direktbanken auswirken können. Hierzu zählen beispielsweise menschliches oder technisches Versagen sowie externe Einflüsse, die durch die Unternehmen nicht beherrschbar sind.

Die Direktbanken messen dieser Risikoart eine zentrale Bedeutung zu. Operative Risiken lassen sich grundsätzlich sowohl organisatorisch als auch technisch begrenzen. Dies geschieht einerseits über Organisationsanweisungen, laufende Mitarbeiterschulungen, Notfallprozesse und ein Qualitätsmanagement-System. Andererseits sind Einschränkungen bei den EDV-Zugriffsrechten, Notfallsysteme und permanente Investitionen in die EDV-Infrastruktur genauso entscheidend.

Die nachfolgende Abbildung 3-1 dokumentiert noch einmal, welche Risiken aus Sicht der Kreditinstitute beim Direct Banking gegeben sind.

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