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Stellungnahme

Im Dokument Innovatives Bankmarketing (Seite 89-92)

III. Erfolgsstrategien im Direct Banking

10. Kritische Beurteilung des Direct Banking

10.4. Problemfelder im Direct Banking

10.4.1. Erschwerte Kundenbindung 1. Kritik

10.4.1.2. Stellungnahme

Mit ihren Bemühungen um die Gewinnung von Neukunden sind Direktbanken zwar äußerst erfolgreich, die Kundenbindung stellt sich dagegen tatsächlich bei nahezu allen untersuchten Direktbanken als verbesserungswürdig heraus. 319 Die Ursache hierfür dürfte vor allem in den fehlenden Geschäftsstellen zu suchen sein, die die Möglichkeit der personalisierten Kontaktaufnahme mit den Kunden erschwert. Nachfolgend wird deshalb die Kundenbindungswirkung im Direktbankgeschäft anhand der Zufriedenheitswerte sowie der Wechselbereitschaft analysiert. Marktforschungsergebnisse zeigen, dass die deutschen Privatkunden als sehr treue Kunden eingestuft werden können. So bleiben mehr als 60 Prozent der Privatkunden ihrem Kreditinstitut länger als zehn Jahre treu. Aus einer Befragung geht zudem hervor, dass sich über 80 Prozent der deutschen Privatkunden mit der Wahl ihrer Hauptbankverbindung zufrieden oder sehr zufrieden zeigen. Nur sechs Prozent sind unzufrieden oder sehr unzufrieden. Im europäischen Vergleich erzielen die deutschen Kreditinstitute damit relativ hohe Kundenzufriedenheitswerte, die sich in einer sehr geringen Wechselbereitschaft widerspiegeln.320 Allerdings ist ebenso nachgewiesen, dass der Anteil derjenigen Personen, die ohne Einschränkungen mit der eigenen Bank zufrieden sind, seit Jahren rückläufig ist und bereits jeder fünfte Kunde höhere Ansprüche an die Dienstleistungsqualität im Finanzsektor stellt als noch vor wenigen Jahren.321 Außerdem ist erkennbar, dass die in den vergangenen Jahren festzustellende Kundenfluktuation vor allem mit zunehmenden monatlichen Haushaltsnettoeinkommen, der Ausbildungsqualität und mit der wachsenden Internetaffinität signifikant ansteigt.322

Für die Direktbanken ist somit der stetig steigende Anteil der Online-Kunden im Direct Banking nur bedingt ein Grund zur Freude:323 Denn Online-Kunden wechseln ihre Bank-verbindung wesentlich häufiger als Kunden mit einer Filiale vor Ort. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Marktforschungsinstituts Infratest Burke GmbH & Co., München.

Während nur fünf Prozent aller konventionellen Bankkunden ihr Konto wechseln oder die

Geschäfte zwischen Erst- und Zweitbank verlagern, sind es bei den Online-Kunden mehr als doppelt so viele. Am wechselfreudigsten sind finanziell bessergestellte Bankkunden zwischen 40 und 45 Jahren. Besonders gering ist die Kundenbindung im Brokerage-Bereich.

Gründe für einen Bankwechsel sind hier in erster Linie enttäuschte Renditeerwartungen, aber auch mangelnder Service, der bei 20 Prozent der Kündigungen ausschlaggebend war.324 So ist auch die Zahl derjenigen, die überlegen, ihren Online-Broker kurzfristig wieder zu wechseln, im Laufe der Zeit kontinuierlich gestiegen. Mittlerweile zieht bereits jeder Vierte einen Bank-wechsel in Erwägung, so das Ergebnis einer im September/Oktober 2000 durchgeführten Umfrage der Infratest Burke GmbH & Co., München.325 Allerdings ist den Direktbanken vorzuwerfen, dass sie die Aufgabe, ihre Kunden zu binden, nicht allzu gut gelöst haben. Die sinkende Kundenbindungskraft ist somit vor allem eine Folge strategischen Fehlverhaltens.

Viele Online-Banken setzen seit Jahren auf die falsche Kundenbindungsstrategie und laufen so Gefahr die mühsam gewonnenen Marktanteile wieder einzubüßen. So bleiben vor allem Autobanken nach einer Studie der Mummert Consulting Unternehmensberatung bei der Kundenbindung via Internet deutlich hinter ihren Möglichkeiten zurück.326

Wie lassen sich diese doch ernüchternden Feststellungen entkräften? Zunächst ist zu bemerken, dass weder die Kundenzufriedenheit noch die wirtschaftlich relevantere Kunden-loyalität aussagekräftige Indikatoren für das zukünftige Kundenverhalten sind. Eine hohe Kundenzufriedenheit und -loyalität327 verhindert nämlich keineswegs die Abwanderung von Kunden zu den Mitwettbewerbern. Seit einiger Zeit richtet sich deshalb das Interesse der Finanzdienstleister auf die Kundenbindung. Denn die Kundenbindung misst die emotionale Ebene des Beziehungsgeflechts. Entscheidend ist also nicht, was die Kunden sagen, sondern wie sie sich tatsächlich gegenüber den Direktbanken verhalten. Als objektive Messgröße hierfür kommt die Kundenbindungsrate in Betracht. Durch sie wird ermittelt, wie viel Prozent der Kunden zu Beginn eines Jahres am Jahresende immer noch Kunden des Unternehmen sind. Bei der Kundenbindungsrate wiederum bleibt jedoch unberücksichtigt, dass die bestehenden Geschäftsbeziehungen auch aus einem selektiven Nutzungsverhalten der Kunden resultieren, dass beispielsweise nur ein einziges Produkt genutzt wird.328

Auf das Direktbankgeschäft bezogen kann gesagt werden, dass es besonderer Anstrengungen bedarf, um den modernen Kunde mit seiner Bereitschaft, zu mehreren Kreditinstituten Geschäftsbeziehungen aufzubauen oder regelmäßig die gesamte Bankverbindung zu wechseln, erfolgversprechend zu binden. Aber gerade in der optimalen Lösung für spezifische Problemfelder liegt die Stärke der Direktbanken. Außerdem ist nicht jede Direktbank von der schwachen Kundenbindung gleichermaßen betroffen. So liegen insbesondere bei Discount Brokern durch die hohe Spezialisierung bereits langjährige Bankverbindungen vor, die zu einer sehr persönlichen Kundenbeziehung geführt haben. Die Direktbank-Mitarbeiter können auf ein ausgefeiltes Reportingsystem zurückgreifen, mit dem sie die komplette Kunden-historie verfolgen können. Infolgedessen kennen sie häufig das gesamte Nachfrageverhalten ihrer Kundschaft. Es liegen damit wesentlich mehr Informationen vor als bei einer meist anonymeren Kundenverbindung zu einer Großbank. Ein Teil dieser Informationen kann berücksichtigt werden, um den Kunden gezielt anzusprechen und ihm seinen individuellen

Bedürfnissen entsprechende, maßgeschneiderte Leistungen und Services zu unterbreiten.

Daraus entsteht ein Vertrauensverhältnis zwischen Direktbank und Kunde, welches beweist, dass sich auch im Direct Banking Loyalitäten aufbauen lassen. 329

Im Direktbankgeschäft besteht die Chance, völlig neue Wege der Kundenbindung beschreiten zu können, die darüber hinaus noch den Vorteil haben, dass sie von Wettbewer-bern nur schwer zu kopieren sind (siehe Abbildung 3-8). Die optimale Kundenbeziehung im Direct Banking beginnt bei der ersten Kontaktaufnahme des Interessenten, geht über die leichte und bedürfnisgerechte Information und Kommunikation, die wunschgemäße Abwicklung aller Bankgeschäfte, die Nachbetreuung und führt zu einer dauerhaften Bindung des Kunden an seine Direktbank. Marketingexperten sprechen in diesem Zusammenhang von „Total Customer Care“ (TCC). Unter TCC ist die bedarfsgerechte, prozessorientierte Gestaltung der Kundenbeziehung in jedem Abschnitt des Customer Buying Cycles mit Unter-stützung umfangreicher Informationstechnik zu verstehen. Die Zielsetzung muss lauten, die Kundengewinnung und Kundenbindung nachhaltig zu verbessern.

Durch die weiter zunehmende Wechselbereitschaft werden Kundenbindungsstrategien zu einem wesentlichen Erfolgsfaktor im Direktbankgeschäft. Dies um so mehr, da die Vertiefung bestehender Kundenbeziehungen höhere Ertragspotenziale bietet als kosten-intensive Neuakquisitionen, die sich häufig nur über zusätzliche Preiszugeständnisse erreichen lassen.330 So zeigen einschlägige Untersuchungen der jüngsten Vergangenheit, dass eine enge Korrelation zwischen der Dauer der Kundenverbindung und dem betriebswirtschaftlichen Ergebnis pro Kunde besteht.331 Ein weiterer Grund liegt in der Tatsache, dass die Gewinnung von Neukunden im Bereich des Direct Banking sich als zunehmend schwieriger darstellt.

Somit wird es für Direktbanken wichtiger, bereits vorhandene Kunden zu binden.

Im Dokument Innovatives Bankmarketing (Seite 89-92)