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Die Voraussetzungen für das deutsche Rußland - -geschäff im Jahre 1933

Im Dokument MARKT OST-EUROPA­ (Seite 92-98)

Ein deutsch-russischer Meinungsaustausch über grundsätzliche Probleme.

Von Roland.

I.

Deutsche und russische Einstellung zur Frage der Fortsetzung des Geschäfts; Meinungsaustausch über grundsätzliche Probleme.

Die lange erwartete Belebung des deutschen Liefergeschäfts nach Rußland ist auch im abgelaufenen Monat ausgeblieben. Bis Ende vorigen Jahres hatten die Firmen mit der Durchführung der ihnen im Spätsommer und Herbst erteilten Aufträge zu tun. Nach­

dem die bestellten Maschinen, Ausrüstungen und Halbfabrikate in­

z w i s c h e n z u m g r ö ß t e n T e i l a b g e l i e f e r t s i n d u n d n e u e G e s c h ä f t e nicht in entsprechendem Umfange angeboten wurden, ist eine gewisse Nervosität eingetreten, die sich in meist völlig aus der Luft gegriffenen Mutmaßungen über den Stand der deutsch­

russischen Wirtschaftsbeziehungen sowie über die Finanzlage der Sowjetunion auswirkt. Diese Nervosität beschränkt sich übrigens n i c h t n u r a u f d i e d e u t s c h e n I n t e r e s s e n t e n . A u c h a u f r u s s i ­ scher Seite ist eine gewisse Ungeduld festzustellen. Schon seit Wochen warten die Moskauer Importorgane auf das Zeichen zur Herausgabe der ihnen vorliegenden Einkaufslizenzen und müssen ihre Auftraggeber (Kommittenten) immer weiter hinhalten und vertrösten.

Es ist ja begreiflich, daß die Leitungen der russischen Industriewerke Gewißheit darüber haben möchten, ob sie die längst angeforderten Ausrüstungen und Ersatzteile in absehbarer Zeit erhalten werden.

Es handelt sich darum, ob die Bestellungen frühzeitig genug ver­

geben werden, damit die bestellten Teile noch zu Beginn der neuen Bausaison eintreffen. Für viele Industriewerke und Trusts eine le­

benswichtige Frage!

Wenn auf beiden Seiten ein so lebhaftes Inter­

e s s e a n W i e d e r b e 1 e b u n g d e r G e s c h ä f t s t ä t i g k e i t besteht, wenn Kommittenten, Bestellorgane und Lieferfirmen mit g l e i c h e r I n t e n s i t ä t d r ä n g e n , w i e e r k l ä r t s i c h d a n n d a s A n ­ halten der Stagnation? Es besteht nach zuverlässigen In­

formationen kein Grund, anzunehmen, daß die deutsche Regierung ihre bisherige positive Einstellung zum Rußlandgeschäft aufzugeben oder zu modifizieren beabsichtigt. Auch in Zukunft sollen, wie es heißt, die vorhandenen Garantiemittel zur Sicherstellung der Liefe­

rungen und damit zur Erleichterung ihrer Finanzierung verwandt werden. Ebenso sind die Finanzierungsinstitute nach wie vor bereit,

an der ordnungsmäßigen Durchführung der Lieferungen mitzuwirken.

Ihre Einstellung wird zum Teil auch dadurch mitbestimmt, daß durch die Häufung russischer Rückzahlungen im Jahre 1933 größere Mittel frei werden, die zur finanziellen Durchführung neuer Geschäfte her­

a n g e z o g e n w e r d e n k ö n n e n . D i e G e s c h ä f t s s t i l l e e r k l ä r t s i c h d a r a u s , d a ß ü b e r s e h r w e s e n t l i c h e P r o b l e m e d e r g e g e n s e i t i g e n W i r t s c h a f t s b e z i e h u n g e n k e i n e Klarheit bestand und daß die betreffenden Fragen auf dem Wege unmittelbaren Meinungsaustauschs gelöst werden mußten, be­

vor an die Durchführung eines neuen bedeutenden Auftrags­

programms gedacht werden konnte.

IL

Erwägungen über die Zahlungsfrage.

Worum handelt es sich bei diesen Erwägungen? Der Gesamt­

b e t r a g d e r r u s s i s c h e n Z a h l u n g e n a n D e u t s c h l a n d stellte sich im Jahre 1932 auf rund 4 5 0 Mill., während aus der russischenVerkaufstätigkeitinDeutschland etwa 3 00 Mill. eingingen. Dieser Verkaufserlös reichte also zur Ab­

deckung der laufenden Verbindlichkeiten nicht hin. Die Differenz m u ß t e a u s a n d e r e n Q u e l l e n , b e s o n d e r s a u s G o l d v e r k ä u f e n a n die Deutsche Reichsbank, gedeckt werden. Für mehr als 200 Mill. RM ist auf diese Weise russisches Gold nach Deutschland geflossen. Es ist nun damit zu rechnen, daß die Spanne zwischen je­

weiligen Zahlungsverpflichtungen der Russen auf der einen und ihren Exporterlösen auf der andern Seite sich im Jahre 1933 noch erwei­

tert, denn einer gleichbleibenden, durch die Ungunst der Preisver­

hältnisse geschwächten Verkaufstätigkeit steht das Gros der Wech­

selfälligkeiten aus den Pjatakoff-Bestellungen des Jahres 1931 gegen­

über. Zum Ausgleich dieser Differenz werden wieder die Gold­

reserven der russischen Staatsbank herangezogen werden müssen, wahrscheinlich auch erhebliche Teile der laufenden Goldproduktion.

Da der Außenhandel der Sowjetunion schon seit Jahren mit einem Passivsaldo abgeschlossen hat, fragt es sich nun, ob der Rest der noch verbleibenden Zahlungsdifferenz mit Exportvaluten vollständig beseitigt werden kann. Zweifellos sind hier noch nicht alle Möglichkeiten erschöpft. Immerhin muß damit g e r e c h n e t w e r d e n , d a ß d i e B e m ü h u n g e n u m w e i t e r e F o r ­ cierung des Exports und um Erschließung neuer Exportquel­

len auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen werden. Wie dem aber auch sei: Die Instanzen, die sich gerade in letzter Zeit mit der Lösung dieser Frage beschäftigten, scheinen gangbare Wege gefunden z u h a b e n , d i e d a s G e s c h ä f t a u c h i n d e r Z u k u n f t a u f e i n e gesicherte Basis stellen können. Schon seit Jahren hat ja gerade der Rußland-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft dem Zah­

lungsproblem seine besondere Aufmerksamkeit gewidmet und hat in Verbindung mit den zuständigen Reichsbehörden sowie mit den Fi­

nanzkreisen zur Erhaltung des Gleichgewichtes beigetragen. Die russischeHandelsvertretungist ihren Wechselverpflich-t u n g e n b i s h e r n a c h g e k o m m e n . S i e h a Wechselverpflich-t d e n e r n s Wechselverpflich-t e n W i l l e n

erkennen lassen, auch in Zukunft auf Heller und Pfen­

nig zu bezahlen. Es kann infolgedessen damit gerechnet wer­

den, daß die Inhaber russischer Wechsel weiterhin am vorgesehenen Fälligkeitstermin zu ihrem Gelde kommen.

III.

Freigabe von Garantiemitteln; Ausmaße des künftigen Rußland­

geschäfts.

Würde keine einigermaßen sichere Gewähr dafür bestehen, daß die russischen Wechsel zur Einlösung gelangen, könnten Reich und Länder es selbstverständlich nicht verantworten, für neue Lieferun­

gen nach Rußland die 60%ige Garantie zu übernehmen. Seit Ende Oktober-Anfang November 1932 hat die Garantieaktion der öffent­

lichen Hand bekanntlich ausgesetzt. Infolgedessen sammelten sich bei der Deutschen Revisions- und Treuhand A.-G. zahlreiche Anträge an. Die Garantien wurden meist für Geschäfte beantragt, die schon im Herbst 1932 abgeschlossen waren. Durch die Mitteilungen der Garantiestellen und der Industrieverbände waren die ungeduldigen u n d b e s o r g t e n F i r m e n z w a r d a r ü b e r a u f g e k l ä r t , d a ß e s s i c h n u r u m e i n e v o r ü b e r g e h e n d e U n t e r b r e c h u n g d e r B ü r g ­ schaftserteilung handelt, und daß nach Klärung der oben angedeuteten grundsätzlichen Fragen mit einer Wiederaufnahme des Verfahrens zu rechnen sei. Diese Auskunft tröstete die Firmen aber nicht darüber hinweg, daß die Durchführung der noch ungarantier-ten Geschäfte auf Schwierigkeiungarantier-ten stößt, weil die Garantie nun ein­

mal für die Beschaffung von Betriebsmitteln Voraussetzung ist. Da die Garantieerteilung des Interministeriellen Ausschusses immer länger auf sich warten ließ, waren die Firmen, die sich von ihrer Bank keinen Ueberbrückungskredit zu tragbaren Bedingungen be­

schaffen oder die Fabrikation nicht aus eigenen Mitteln finanzieren k o n n t e n , g e z w u n g e n , m i t d e m r u s s i s c h e n B e s t e l l e r e i n e V e r ­ legung der Ablieferungsfristen zu vereinbaren. Gelang dies nicht, so befanden sich die Firmen in einer schwierigen Situa­

tion. Verzögerte sich die Ablieferung, weil die Fabrikation infolge Mangels an Betriebsmitteln aufgehalten wurde, so waren Ueber-schreitungen der Liefertermine mit ihren peinlichen Folgen (Kon­

ventionalstrafen u. ä.) unausbleiblich.

Es kann nun nach befriedigendem Abschluß der im vorhergehen­

den Abschnitt bezeichneten Erwägungen damit gerechnet werden, daß der Interministerielle Ausschuß in allernächster Z e i t w i e d e r z u s a m m e n t r i t t u n d d i e e r w ä h n t e n G a r a n t i e z u s a ­ gen erteilt. Damit würden die betreffenden Lieferfirmen einen wesentlichen Schritt weiterkommen. Nach vorliegenden Nachrich­

ten soll das zur Verfügung stehende Garantiekontingent ausreichen, um alle jetzt unerledigten Anträge voll zu berücksichtigen. Aller­

dings soll, wie amtlicherseits versichert wird, die Erteilung der Ga­

rantie an die Bedingung geknüpft werden, daß die Lieferverträge in allen Punkten den bisher üblichen Richtlinien entsprechen, insbeson­

dere daß die Kreditfristen über die im Rahmenabkommen vom 1 5 , J u n i 1 9 3 2 f e s t g e s e t z t e M a x i m a l g r e n z e n i c h t h i n a u s ­

g e h e n . E s k a n n d a h e r k e i n e F i r m a , d i e u n t e r d e m D r u c k d e s B e ­ stellers längere Ziele zugesteht, auf die Zustimmung des Intermini­

steriellen Ausschusses rechnen.

In der Presse ist nun in letzter Zeit von Verhandlungen mit einer führenden deutschen Industriegruppe über ein Röhrengeschäft g e s p r o c h e n w o r d e n , b e i d e m b e d e u t e n d l ä n g e r e K r e d i t ­ fristen (bis zu 48 Monaten) vereinbart sein sollen. Die Garantie­

frage scheint bei diesem Geschäft noch nicht voll geklärt zu sein.

Wie dem auch sei: Keine Firma kann sich bei etwaiger Ueberschrei-tung der sonst üblichen Fristen auf dieses Sondergeschäft berufen, das infolge seiner Ausmaße und seiner allgemeinen Bedeutung aus dem Rahmen fällt. Auf das Geschäft werden nämlich die Bestimmun­

gen des Ausnahmeparagraphen 3, A, d des Abkommens vom 15. Juni 1932 angewandt. Dieser Paragraph lautet folgendermaßen:

d) Bei besonders großen Objekten können mit Zustimmung der Parteien, die das vorliegende Abkommen unterzeichnet haben, auch von den vorstehenden Kreditkategorien abweichende längere Kreditfristen festgesezt werden.

Auf Grund dieses Paragraphen sind bisher seit Juni 1932 nur sehr wenige Geschäfte mit längeren als den in dem Abkommen vor­

gesehenen längsten Kreditfristen von 23,4 bis 25,6 Monaten (Gruppe c) abgeschlossen worden. Es kann sich dabei nur um Aus­

nahmen handeln. Auch in Zukunft soll so verfahren werden. Wenn, wie mit Sicherheit angenommen wird, das Rahmenabkommen vom 15. Juni 1932 über seinen Ablaufstermin, den 31. Mai 1933 hinaus, bis Ende des Jahres in Kraft bleibt, so wird dies sicher zur Stabili­

sierung des Rußlandgeschäfts wesentlich beitragen.

Auch die Einstellung der deutschen Regierungsstellen zur Frage der Erteilung weiterer Reichsgarantien wird dadurch günstig beein­

flußt werden. Es waren ja Zweifel darüber laut geworden, ob das Russengeschäft in ähnlicher Weise und in gleichen Ausmaßen, wie bisher, fortgesetzt werden kann. Sollten keine unerwarteten Ereig­

nisse eintreten, so wird, wie man aus dem Regierungslager erfährt, an den bewährten Formen der Sicherstellung des Rußlandgeschäfts nichts geändert werden. Die russischen Bestellungen können aller­

dings nicht mehr die Ausmaße erreichen wie im Jahre 1931, als das 1, Pjatakoff-Abkommen sich in einem Auftragssegen von über 900 Mill. RM auswirkte. Immerhin ist schon viel erreicht, wenn man auch im laufenden Jahre an die Bestellziffer von 1932, die etwa bei 400 b i s 4 5 0 M i l l . R M l i e g e n d ü r f t e , h e r a n k o m m t . F ü r G e s c h ä f t e i m G e s a m t b e t r a g e v o n 4 0 0 M i l l . w e r d e n w o h l G a r a n ­ tiemittel zur Verfügung stehen, da die Russen bis Ende Februar mit ihren Bestellungen zurückhalten und den vorgesehenen Monatsdurchschnitt nicht erreicht haben. Es ist nicht ausgeschlos­

sen, daß sich auch in diesem Jahr die Aufträge zeitweilig häufen.

Dabei werden die Russen in ihrem eigenen Interesse dafür Sorge tragen müssen, daß durch zweckmäßige Verteilung der Wechselfäl­

ligkeiten in späteren Zeitabschnitten keine neuen Schwierigkeiten entstehen. Das Jahr 1934 ist zwar nicht so stark, aber doch nicht unerheblich mit Zahlungsverbindlichkeiten belastet. Die Bestellungen

bzw. die Liefertermine würden wohl daher so festgesetzt werden, daß die Masse der Einlösungen in das Jahr 1935 fällt. Dies würde bei einem durchschnittlichen Kreditziel von 19 bis 20 Monaten bedeuten, daß die russischen Bestellungen erst in der zweiten Hälfte des lau­

fenden Jahres größere Intensität gewinnen.

IV.

Ausschnitte aus der Geschäftsabwicklung.

Während so die Erwägungen auf deutscher Seite über grund­

sätzliche Fragen der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen fort­

g e s e t z t w e r d e n , m ü s s e n d i e L i e f e r f i r m e n i n u n m i t t e l ­ b a r e n V e r h a n d l u n g e n m i t d e n r u s s i s c h e n B e s t e l l ­ organisationen, zumal mit der Handelsvertretung Meinungs­

verschiedenheiten ausräumen, die im Geschäftsverkehr der letzten Wochen hervorgetreten sind.

a ) U m d e n M i n d e s t d i s k o n t s a t z .

Nach dem Abkommen vom 17. November 1932 war der Mindest­

diskontsatz von 7 auf 6 % für Zinsabrechnungen aus früher ab­

geschlossenen Geschäften herabzusetzen, soweit sich die Lieferfir­

men damit einverstanden erklärten. Die Handelsvertretung war er­

mächtigt worden, die Zustimmung ihrer Lieferanten einzuholen und konnte zu diesem Zweck in einem besonderen Rundschreiben an die einzelnen Firmen herantreten. Die Verhandlungen darüber verliefen nicht so glatt, wie die Handelsvertretimg vielleicht erwartet hatte.

Anfang Januar hatten kaum 40 % der befragten Firmen ihr Einver­

ständnis gegeben. Von dem Rest wollte ein großer Teil die Herab­

setzung des Zinssatzes davon abhängig machen, daß die Handelsver­

tretung gewisse Gegenleistungen macht, z. B. in Auseinandersetzun­

gen über strittige Konventionalstrafen u. ä. ihren ablehnenden Stand­

punkt aufgibt. Die Lage hatte sich allmählich so stark zugespitzt, daß man nicht glaubte, einen für beide Teile befriedigenden Ausweg finden zu können. Dank der Verhandlungsbereitschaft der Firmen gelang es in der Folgezeit, über die Schwierigkeiten einigermaßen hinwegzukommen, so daß bis Anfang Februar in vielen Fällen eine Einigung erzielt werden konnte. Die Handelsvertretung gab sich dabei mit Teilzugeständnissen zufrieden, wenn die Firma nachweisen konnte, daß sie durch die Herabsetzung des Zinssatzes erhebliche oder gar untragbare Verluste erleiden würde. Dies wäre nicht selten der Fall gewesen, wenn die Zinsen ab IV. Quartal 1932 aus allen zurückliegenden Geschäften auf Grund eines Diskontsatzes von 6 %, anstatt bisher 7 %, errechnet worden wären. Die Ausfälle an Zinsen wären nämlich bei einigen Firmen fast in die Hunderttausende gegan­

gen. Es wurde also bei Gelegenheit dieser Verhandlungen ein gro­

ßes Aufwaschen gemacht: Wurden z. B. von den Firmen erhebliche Konventionalstrafen eingefordert, die nach Lage der Dinge strittig erschienen, so einigte man sich eben dahin, daß die Handelsvertre­

tung auf einen Teil dieser Strafen oder auf den Gesamtbetrag ver­

zichtete und dafür von der Firma ein Zinszugeständnis erhielt, das sich in ähnlichem Rahmen bewegte. In letzter Zeit sind infolgedessen wegen ungelöster Zinsdifferenzen keine erheblichen Klagen mehr laut

geworden. Das Problem scheint also seiner Lösung entgegenzugehen, was an sich begrüßenswert ist, da wichtigere Probleme im Vorder­

grund stehen.

b ) U m d i e N e u f a s s u n g d e r D e p o t b e d i n g u n g e n . Die russische Handelsvertretung gibt bekanntlich seit geraumer Zeit ihre Anzahlungswechsel nur dann heraus, wenn die Lieferfirma bis zur Fertigstellung der Ware besondere Sicherheiten hinterlegt.

Diese Sicherheiten sollen dafür bürgen, daß die Firma die bestellte Ware tatsächlich liefert. Die Formulierung der Bedingungen, unter denen die Sicherheiten bei deutschen Banken in ein Treuhanddepot gegeben werden, ist ein schwer zu lösendes Problem. Bis zum heu­

tigen Tage ist es nicht gelungen, eine Fassung zu vereinbaren, die sämtlichen interessierten Stellen genehm sein würde. Wenn es sich hier auch nur um ein Teilproblem handelt, das für den Gesamtkom­

plex der deutsch-russischen Wirtschaftsbeziehungen nicht von aus­

schlaggebender Bedeutung ist, so hat die Verzögerung der Angele­

genheit doch recht unangenehme Auswirkungen, die zum Teil mit erheblichen Kosten für die betroffenen Lieferfirmen verbunden sind.

Solange die Depotbedingungen nämlich nicht klargestellt sind, neh­

men die Banken die zu hinterlegenden Werte (meist ungarantierte Russenwechsel) nicht ins Depot; solange die Banken die Sicherheiten nicht annehmen, geben die Russen andererseits die Anzahlungswech­

sel nicht heraus. Infolgedessen warten viele Firmen schon seit Wochen vergeblich auf ihre Anzahlungswechsel und drängen mit Recht darauf, daß die Verhandlungen über die Formulierung der Depotbedingungen endlich zum Abschluß kommen.

c ) U m d i e B e r e c h n u n g v o n K o n v e n t i o n a l s t r a f e n . Die russische Handelsvertretung hat lt. § 4 ihrer allgemeinen Lieferungsbedingungen das Recht, bei Ueberschreitung der verein­

barten Liefertermine Konventionalstrafen zu erheben, wenn die Ver­

zögerung von der Lieferfirma zu vertreten ist und die Handelsver­

tretung vorher eine angemessene Nachfrist gestellt hat, die von der Firma gleichfalls nicht eingehalten wird. Unter dem Druck der Bestellorgane, die ihrerseits wieder von den Verbrauchern der Sow­

jetunion gedrängt werden, gestehen die Firmen erfahrungsgemäß oftmals so kurze Lieferzeiten zu, wie sie nicht eingehalten werden können, wenn unerwartete Hemmungen, z. B. durch verspätete An­

lieferung von Rohstoffen, eintreten. Bei solchen Gelegenheiten wird dann die Lieferfrist überschritten. Und wird die Handelsvertretung von der Lieferfirma rechtzeitig darauf hingewiesen, daß der Termin nicht eingehalten werden kann, so ist die Handelsvertretung, wenn sie auf Erhebung der Konventionalstrafe später Anspruch erheben will, verpflichtet, eine angemessene Nachfrist zu stellen. Es ent­

stehen nun häufig Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Nach­

frist gestellt war oder nicht, ob eine Verzögerung auf Verschulden der Lieferfirma oder darauf zurückzuführen ist, daß die Handels­

vertretung die für die Durchführung der Aufträge erforderlichen Spezifikationen und sonstigen Unterlagen nicht rechtzeitig zur Ver­

fügung stellte. Hatte die Handelsvertretung noch vor einiger Zeit

in der Erhebung von Konventionalstrafen zuweilen größeres Ent­

gegenkommen an den Tag gelegt, so werden jetzt, nachdem die Ab­

wicklung fast ganz nach Moskau verlegt worden ist, diese Strafen ziemlich rigoros eingetrieben, selbst wenn die Firma begründeten Widerspruch erhebt. Die Verhandlungen, die zwischen Firmen und Handelsvertretung wegen dieser Schwierigkeiten stattfinden, neh­

men einen ziemlich breiten Raum im gegenseitigen Geschäftsverkehr ein. Es ist daher nicht ausgeschlossen, daß die zuständigen Inter­

essenvertretungen der deutschen Wirtschaft sich der Angelegenheit annehmen müssen.

Abgeschlossen am 27. Februar 1933.

L i t a u e n :

Im Dokument MARKT OST-EUROPA­ (Seite 92-98)