4 Solarzellenanalyse und Optimierung mittels Simulation
4.4 Verlustanalyse inline‐diffundierter Solarzellen mit selektivem Emitter
Es wurden Solarzellen mit selektivem Inline‐Emitter modelliert. Dazu wurde ein Teil der im Selektive‐
Emitter‐Kapitel durchgeführten Versuche nachmodelliert, wobei die mittels ECV gemessenen Profile zum Einsatz kamen. Mit dieser Methode lässt sich eine Verluststromanalyse spezifisch für den Emitterbereich durchführen, sowie die simulierten Ergebnisse mit den tatsächlich erreichten Solarzelldaten vergleichen.
Von vorrangigem Interesse ist in diesem Fall die Veränderung der Sättigungsstromdichte und des Verluststromes im Emitter bei leichterer Dotierung und Reduktion des „dead layers“.
4.4.1 Simulationsparameter
Wie in den Experimenten zuvor wurde eine Einheitszelle mit 2,4 mm Fingerabstand und eine Dicke der Solarzelle von 180 µm gewählt. Der Basiswiderstand wurde auf 3 Ωcm und die SRH‐Lebensdauer auf 300 µs festgesetzt. Es wurden jeweils zwei Diffusionsprofile eingelesen, eines direkt unter dem Finger mit einer Justagetoleranz von 300 µm, ein weiteres auf dem übrigen Bereich der Frontseite.
Passiviert wurden diese jeweils von einer 75 nm dicken SiNx:H‐Schicht, welche eine Flächenladungsdichte von 1012 cm‐2 und eine Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit von 50.000 cm/s auf der stark phosphordotierten Oberfläche zugewiesen bekam.
Tabelle XXX: Übersicht über die Simulationen von Solarzellen mit selektivem Emitter.
Rsh Justage
[Ω/sq.]
Rsh rückgeätzt [Ω/sq.]
Tiefe τ‐Map [nm]
FCA‐Faktor
Homogen 48 WD 48 WD 60 ‐1,0%
SE 53 32 WD 53 RÄ 30 ‐0,9%
SE 88 32 WD 88 RÄ 10 ‐0,5%
SE 120 32 WD 120 RÄ 0 ‐0,3%
Die verwendeten Emitterprofile für die Simulationen, aufgeteilt in „wie diffundiert“ (WD) und
„rückgeätzt“ (RÄ) hatten den in Tabelle XXX angegebenen Schichtwiderstand. Die Lebensdauerrampe wurde für den rückgeätzten Bereich abhängig von ihrer Rückätztiefe angepasst und die verwendete Korrektur der Generation in Hinblick auf FCA im Emitter ist angegeben.
4.4.2 Simulierte Solarzellergebnisse und Verluststromanalyse
Folgende IV‐Ergebnisse wurden bei der Simulation der Solarzellen mit selektivem Emitter ermittelt:
Homogen 36,1 623 78,2 17,6
SE 53 36,7 632 78,6 18,25
SE 88 37,1 634 77,4 18,2
SE 120 37,2 634 77,0 18,15
Diese Resultate decken sich mit den zuvor in Kapitel 2 vorgestellten Ergebnissen an realen Solarzellen, was Strom‐ und Spannungsgewinn angeht. Lediglich die homogenen Referenzen lassen in
der Simulation um 0,9%abs höhere Effizienzen erwarten als auf den tatsächlichen Solarzellen gemessen wurde. Diese Differenz lässt sich mit einem viel stärkeren Einfluss des „dead layers“
innerhalb der ersten Nanometer der Zelle erklären, welcher einen Einfluss auf die Passivierbarkeit des Emitters hat. Diese wurde in der Simulation als konstant angenommen.
Abbildung 85: Verluststromdichte unter jSC‐Bedingungen und Sättigungsstromdichte bei VOC‐ Bedingungen, aufgetrennt nach den Gebieten der Solarzelle. Der Emitteranteil ist numerisch
dargestellt.
Der Ursprung des höheren jSC lässt sich neben der Reduktion der FCA auf die jeweils geringere Verluststromdichte im Emitter zurückführen. Selbiges gilt für VOC, welches mit der Sättigungsstromdichte gekoppelt ist. Bemerkenswert hier ist der geringe Unterschied zwischen dem 88 Ω/sq. Emitter und dem 120 Ω/sq. Emitter. Hier ist SRH‐Rekombination im Emittervolumen nicht mehr die dominante Größe, und auch der Unterschied in der Auger‐Rekombination aufgrund der unterschiedlich starken Dotierung trägt lediglich zu 0,02 mA/cm² bei. Die Limitierung stellen hier die in der Simulation fix gewählten Rekombinationsparameter an der SiNx:H‐passivierten Oberfläche dar, welche eine mögliche weitere Steigerung von VOC und jSC durch einen noch leichter dotierten Emitter nicht berücksichtigt.
Abbildung 86: Serienwiderstand der Solarzellen nach der Double Light Method am MPP ausgewertet.
Der Füllfaktor der simulierten Solarzellen korreliert mit dem Serienwiderstand, welcher durch Anwenden der Double Light Method [84] am MPP ermittelt wurde. In dieser Solarzellenkonfiguration dominiert der Emitterschichtwiderstand den gesamten Widerstand der Solarzelle. Bemerkenswert hier ist der deutliche Effekt der starken Ausgangsdiffusion um den Kontaktbereich, durch den im Betrieb der Solarzelle die größte Stromdichte fließt: Hierbei bewirkt die 150 µm breite 32 Ω/sq.
Schicht neben dem 53 Ω/sq. Emitter ein Absinken des Gesamtwiderstandes der Solarzelle um 50 mΩcm² verglichen mit dem homogenen 48 Ω/sq. Emitter, was in einem 0,4% höheren FF resultiert. Der im Selektive‐Emitter‐Kapitel diskutierte zusätzliche positive Effekt eines niedrigeren Kontaktwiderstandes zu stärker dotierteren Emittern wurde hier außer Acht gelassen, der Kontaktwiderstand zur Vorderseitenmetallisierung wurde als konstant definiert.
4.5 Kapitelzusammenfassung
Im vorliegenden Kapitel wurde die Anwendung der Finite‐Elemente‐Methode mit dem Halbleitersimulationsprogramm Synopsys Sentaurus auf die Solarzellkonzepte mit selektivem Emitter sowie mit dielektrisch passivierter Rückseite diskutiert. Mit Simulationen eröffnet sich eine Methode, die Füllfaktoren von iPERC‐Solarzellen, welche sich aufgrund der komplexeren Geometrie nicht vollständig analytisch beschreiben lassen, numerisch zu berechnen. Es wurde ein überproportionaler Abfall des Füllfaktors mit steigendem lateralen Widerstand innerhalb der Basis der Solarzelle festgestellt. Der simulierte Abfall der Füllfaktorkurve wurde in einem Solarzellexperiment qualitativ bestätigt.
Die Simulation wurde ebenfalls dazu verwendet, experimentell nicht zugängliche Parameter wie die Aufteilung der Rekombination und der Verluststromdichte nach den einzelnen Regionen der Solarzelle für die einzelnen Solarzellenkonzepte zu ermitteln. Es wurde festgestellt, dass bei Solarzellen mit im Rohrofen diffundiertem Emitter die Rekombination im BSF und bei inline‐
diffundierten Solarzellen die Rekombination im Emitter die dominanten Verlustquellen sind. Diese können durch Anwendung einer dielektrisch passivierten Rückseite beziehungsweise eines selektiven Emitters deutlich minimiert werden, so dass sie für die Effizienz der Solarzelle nicht mehr die wesentlichen begrenzenden Faktoren darstellen.
Ein Optimierungskalkül für iPERC‐Solarzellen wurde vorgestellt, welches die FEM‐Simulation in Abhängigkeit der gewünschten Optimierungsparameter beinhaltet. Es wurde für den Basiswiderstand und den Rückkontaktabstand durchgeführt. Das mit konservativen Eingabeparametern abgeschätzte obere Limit für die Zelleffizienz von iPERC‐Solarzellen beträgt 20,5%, welches sich auf 0,7 Ωcm Wafern mit einem Kontaktabstand von 1,2 mm erreichen lässt.
Berücksichtigt man jedoch die bei monokristallinen Cz‐Si‐Wafern auftretende lichtinduzierte Degradation, so sinkt die maximal erreichbare Zelleffizienz nach Degradation auf 19,3%. Die Optimierung auf Zelleffizienz nach Degradation erfordert eine Verschiebung des Optimums hin zu einer Basisdotierung von 3 Ωcm und eine Reduktion des Rückkontaktabstandes auf 600 µm. Für diesen Fall wurde nachgewiesen, dass die Rekombination in der Basis nun den dominanten Verlustmechanismus darstellt, welcher die Zelleffizienz begrenzt.
Auf eine Methode, die lichtinduzierte Degradation zu umgehen, wird im folgenden Kapitel eingegangen.