3 Dielektrische Passivierung der Rückseite
Al 2 O 3 /SiN x :H‐Stapel
3.6 Die Eigenschaften lokaler Kontakte
3.6.3 Vergleich der verwendeten Kontaktgeometrien
Abbildung 55: Übersicht über die verwendeten Rückkontakt‐Geometrien.
Im Vergleich zu Design A hat das Si bei Design B im Al nun nur noch eine Dimension zur Ausdiffusion zur Verfügung, was die Saturation vereinfacht. Bei Design C und D wurde die Dimensionalität auf Null reduziert, während des Feuerns wird alles aufgedruckte Al mit Si gesättigt. Die Größenordnung der Kontaktbreiten wurde so gewählt, um ein ähnliches Metallisierungsverhältnis von 6% ‐ 9% bezogen auf die gesamte Rückseitenfläche abzudecken.
Zur Untersuchung des Kontaktquerschnittes und der BSF‐Dicke wurden die Proben dann entlang der Kristallorientierung aufgebrochen und im Elektronenmikroskop mit dem InLens‐Detektor untersucht, welcher für Dotierungsunterschiede sensibel ist. Eine ausführliche Publikation dieses Experimentes findet sich in [155], die Ergebnisse sind hier zusammen mit den Solarzelldaten in Unterkapitel 3.6.3 aufgeführt.
Kontaktevaluation auf Solarzellenebene
Mit den dabei gewonnenen Erkenntnissen wurde zu jedem Kontaktmuster A bis D jeweils ein Solarzellen‐Herstellungsexperiment durchgeführt. Dieses folgte dem in Tabelle XII beschriebenen Prozessfluss. Auf Cz‐Wafern mit einem Basiswiderstand von 2 Ωcm und 125 mm Kantenlänge wurde ein 30 Ω/sq. Emitter diffundiert, der einseitig nasschemisch mittels CP4 entfernt wurde. Darauf wurden 15 nm Al2O3 abgeschieden, welche mit 75 ‐ 160 nm SiNx:H als Schutzschicht versehen wurden. Die Rückseite wurde gemäß Abbildung 55 strukturiert und ein selektiver Emitter wurde durch Rückätzen erzeugt, bevor die Antireflexschicht aus SiNx:H mittels Direktplasma‐PECVD aufgebracht wurde. Die Solarzellen wurden letztendlich mit Siebdruckpaste metallisiert und gefeuert.
Hierbei ist zu beachten, dass mit Ausnahme von Solarzellcharge A die Referenzen und die rückseitenpassiverten Solarzellen unterschiedliche Aluminiumpasten erhielten, da sich herausstellte, dass Pasten mit einem guten lokalen Legierungsverhalten nicht notwendigerweise die besten Ergebnisse auf einer vollflächigen Rückseite bringen.
3.6.3 Vergleich der verwendeten Kontaktgeometrien
Im Folgenden werden Elektronenmikroskopaufnahmen von Waferquerschnitten mit den entsprechenden IV‐Daten von analog prozessierten Solarzellen korreliert. Ebenfalls wird die mittels Materialkontrast sichtbare Dicke der hochdotierten BSF‐Schicht zur Kontaktpassivierung mit den lokalen EQE‐Werten aus LBIC‐Messungen verglichen.
Design A: Punktkontakte
Bei Solarzellen mit Punktkontakten beobachtet man immer sich unter der Kontaktfläche bildenden Hohlräume, die sogenannten Voids. Diese können entweder hohl wie in Abbildung 56 oder teilweise bis ganz mit rekristallisierter Al‐Si‐Legierung gefüllt sein. Des Weiteren stellt man eine starke Abhängigkeit der Kontaktpassivierung von der Punktgröße und den verwendeten Feuerparametern
fest. Es wurde in mehreren Kontaktexperimenten und auf Solarzellenebene festgestellt, dass eine Mindestkantenlänge von 200 µm notwendig ist, um gefüllte, passivierte Kontakte zu erreichen [158].
Selbst dann sind die Voids jedoch nur bei etwa 70% der untersuchten Kontakte mit Al‐Si‐Legierung gefüllt.
Abbildung 56: Größtenteils ungefüllter Kontakt, der dennoch ein schwachdotiertes BSF aufweist.
Zu unterscheiden sind hier ungefüllte Kontakte, welche kein BSF aufweisen, und ungefüllte Kontakte, welche dennoch ein BSF unterschiedlicher Dicke aufweisen. Erstere traten vor allem bei zu geringen Kontaktbreiten und Abweichungen vom Feueroptimum auf. Bei Zweiterem wurden BSF‐Dicken von 1,5 ‐ 5 µm gemessen. Die resultierenden BSFs vollständig gefüllter Voids weisen eine gleichmäßigere Dicke auf, wie man in Abbildung 57 erkennen kann.
Abbildung 57: Gefüllter Kontakt mit einem gleichmäßigen, umschließenden BSF.
Wie bereits in Kapitel 3.2.4 erörtert, hat das Vorhandensein bzw. das Fehlen einer lokalen Kontaktpassivierung einen Einfluss auf die Effizienz der resultierenden Solarzellen.
Tabelle XVIII: Zellergebnisse mit Punktkontaktmuster A
VOC [mV] jSC [mA/cm²] FF [%] η [%]
Al‐BSF Referenzen 619,1 36,4 79,5 17,9 Unpass. Kontakte 629,5 37,5 77,6 18,3 Pass. Kontakte 638,6 37,8 77,2 18,6
Abbildung 58: EQE bei 980 nm einer Solarzelle mit lokal passivierten Punktkontakten.
Im Allgemeinen kann man sagen, dass sich die Existenz selbst eines dünnen BSFs vorteilhaft auf die IV‐Parameter einer Solarzelle auswirkt, welches sich in den unterschiedlichen Spannungen von Zellen mit passivierten (siehe Abbildung 58, 95% des im Al2O3‐passivierten Bereiches gemessenen EQE‐
Signales) und solchen mit unpassivierten Kontakten niederschlägt. Die Füllfaktoren bleiben mit 77%
jedoch hinter den Erwartungen zurück, was sich mit dem erhöhten Kontaktwiderstand [159] der nicht zuverlässig ausgefüllten Voids erklären lässt.
Design B: Linienkontakte
Verwendet man ein Linienmuster statt einzelner quadratischer Kontaktflächen, beobachtet man, dass das Erreichen einer hohen Füllrate weniger von den Feuerparametern abhängt und die lokalen Kontakte im Schnitt eine höhere BSF‐Dicke aufweisen. Unter dem Elektronenmikroskop wurden Dicken von 4 ‐ 7 µm gemessen, sofern die Grabenweite eine Mindestbreite überschreitet. Diese ist je nach verwendeter Paste und Feuerparameter 60 ‐ 90 µm, schmalere Gräben bleiben in vielen Fällen hohl und unpassiviert.
Abbildung 59: Diagonaler Querschnitt eines Linienkontaktes.
Diese etwas geringere Größenordnung sorgt für ein den Punktkontakten ähnliches Verhältnis zwischen metallisiertem Bereich und passiviertem Bereich auf der Rückseite. Vergleicht man ein Liniendesign mit 1,2 mm Abstand und einer Linienbreite von 90 µm mit einem Punktdesign mit 1 mm Abstand und 270 µm Kantenlänge, so erhält man für beide ein Metallisierungsverhältnis von 7,5%.
Abbildung 60: Kontrastverstärkte Detailaufnahme zur Veranschaulichung des durchgängigen BSF
Die bessere Passivierung der Kontakte schlägt sich ebenfalls in den IV‐Ergebnissen der resultierenden Solarzellen nieder. Mit diesem Design wurden im ersten Experiment VOC‐Werte von 640 mV erreicht.
Tabelle XIX: IV‐Daten der besten Solarzellen mit Linienkontakten.
VOC [mV] jSC[mA/cm²] FF [%] η [%]
Al‐BSF Referenzen 631,9 36,7 78,6 18,2
Linienkontakte 640,0 37,7 78,3 18,9
Ebenfalls lässt sich ein höherer Füllfaktor erreichen. Dies kann man einerseits auf die verglichen mit den Punktkontakten höhere Wahrscheinlichkeit zurückführen, mit der man einen durchgängigen Kontakt der Legierung zu einem vollständig umschließenden BSF hat. Des Weiteren spielen Symmetrieüberlegungen eine Rolle, da die Spannungsverteilung auf der Zelle im Betrieb deutlich gleichmäßiger ist als bei Punktkontakten und die lokale Stromdichte direkt um die Kontakte geringer ist.
Abbildung 61: Relative EQE bei 980 nm von Solarzellen mit linienförmigen Rückkontakten.
Im LBIC‐Bild eines 1 cm² großen Ausschnittes aus der Solarzelle (Abbildung 61) zeigt sich die Passivierqualität des metallisierten Bereiches. Der Kurzschlussstrom fällt lediglich auf 96% des Wertes, den er über dem Al2O3‐passiverten Bereich hat, ab. Die Kontakte zeigen über die ganze Länge eine sehr gleichmäßige Passivierung, was sich in dem homogenen LBIC‐Signal ausdrückt. Man beachte, dass in diesem Design die Hälfte der Rückkontakte hinter den Fingern „verborgen“ ist.
Design C: Punktkontakte auf punktförmigen Öffnungen
Druckt man die Al‐Paste nur lokal auf die vorstrukturierten Öffnungen, so findet keine Si‐Ausdiffusion statt. Bei diesen Proben ließ sich somit auch keine Hohlraumbildung feststellen.
Abbildung 62: Querschnitt eines Punktkontaktes auf einer lokalen Öffnung mit Ausschnitt
Die Querschnitte in Abbildung 62 zeigen ein 6 µm dickes, hochdotiertes BSF (roter Pfeil), wie man es von einer vollständig mit Si gesättigten Al‐Paste erwartet. Dieses ist jedoch unvollständig (gelber Pfeil), was nach der Deutung von [55] an einer zu geringen Al‐Menge liegt. Für die Experimente auf Solarzellenebene wurden daher die Kontaktöffnungen bezüglich der Al‐Punkte verkleinert, um die verfügbare Pastenmenge pro Fläche zu vergrößern.
Tabelle XX: IV‐Daten der Zellen mit Kontaktmuster C.
VOC [mV] jSC [mA/cm²] FF [%] η [%]
Al‐BSF Referenzen 632,2 36,0 78,7 17,9 Punkt‐auf‐Punkt 641,8 36,4 72,1 16,9
Beste Spannung 652,2 37,0 69,7 16,8
Die so metallisierten Solarzellen lassen sich aufgrund ihrer unebenen Oberfläche nicht kontaktieren, da nur wenige Punkte gleichzeitig Kontakt zum Messingchuck des IV‐Messplatzes haben. Dieses Problem wurde durch Abätzen der Paste in HCl und Elektronenstrahlaufdampfen einer ebenen, 2 µm dicken Al‐Schicht gelöst, welche nach 30 Minuten Annealing bei 380°C einen elektrischen Kontakt zum Silizium herstellte. Es wird angenommen, dass beim Elektronenstrahlaufdampfen entstandener Schaden an der Passivierung durch harte Röntgenstrahlung wieder ausgeheilt wurde [160].
Diese Art der Kontaktierung führte dennoch lediglich zu Füllfaktoren bis zu 73%, was die Eignung für einen leicht zu implementierenden Solarzellenprozess in Frage stellt. Bemerkenswert bei diesen
Solarzellen ist die große Schwankung in den erreichten offenen Klemmenspannungen, welche im besten Fall 652 mV erreicht haben. Diese Schwankungen lassen sich auch zwischen benachbarten Kontakten auf einer Solarzelle in Form von stark unterschiedlicher Kontaktpassivierung feststellen.
Abbildung 63: Relative EQE bei 980 nm von Solarzellen mit Rückkontaktdesign C.
Die Existenz von mit 96% sehr gut passivierten Kontakten neben Kontakten, die lediglich 90% des langwelligen LBIC‐Signals des Passivierungshintergrundes aufweisen, deutet darauf hin, dass eine ausreichende Si‐Sättigung der Punktkontakte nicht gleichmäßig gewährleistet ist. Diese ist sehr sensibel gegenüber leichten Öffnungsgrößenvariationen auf der Solarzelle sowie geringen Unterschieden in der beim Siebdruck lokal aufgetragenen Pastenmenge. Im Experiment wurde selbst beim Übergang von einer Kontaktbreite von 180 µm zu 160 µm ein wesentlicher qualitativer Unterschied im Aufschmelzen und epitaktischem Abscheiden von Silizium festgestellt, wie in Abbildung 64 zu sehen ist.
Abbildung 64: Zwei punktuell überdruckte Punktkontakte nach Entfernen der Al‐Paste: Der 180 µm breite Kontakt (links) zeigt unvollständiges Legierungsverhalten, der 160 µm breite Kontakt (rechts)
zeigt jedoch auf der ganzen Fläche Epitaxiespuren
Es ist anzunehmen, dass auch hier der Grad der Überdeckung und die Ausrichtung des Druckschrittes eine ähnliche Rolle spielt, wie in [60] beschrieben wurde.
Design D: Punktkontakte auf ungeöffnetem Dielektrikum
Die Verwendung von Punkten frittenhaltiger Paste auf unstrukturiertem Al2O3 führt zu schwerwiegenden Problemen beim zuverlässigen Kontaktieren der Basis. Auch wenn die Fritte der Paste die Schicht nachweislich durchdringen kann, führt der Durchfeuerprozess zu einem verspäteten Einlegieren, welches außerdem nur punktuell geschieht, wie man in Abbildung 65 und Abbildung 66 erkennen kann.
Abbildung 65: Lichtmikroskopische Aufsicht einer Kontaktfläche nach Entfernen der Al‐Paste.
Hervorgehoben ist die Ausdehnung des ursprünglichen Metallkontaktes und eine Stelle, an der sich ein tatsächlicher Kontakt einlegiert hat.
Startet der Legierungsprozess erst während der Abkühlrampe, so sättigt sich die Paste nicht hinreichend mit Si und eine den metallisierten Bereich vollständig umschließende BSF‐Schicht lässt sich nicht beobachten.
Abbildung 66: Querschnitt eines Punktkontaktes D nach Entfernen der Al‐Paste.
Die Haftung der Paste stellte sich als kritisch dar, da die Fritte die Schicht, auf welcher sie haften soll, auflöst und die Kontakte daher leicht von der Schicht abfallen. Die sehr kleine effektive Kontaktfläche (weiß in Abbildung 65 markiert) und die mangelnde Haftung führten zu stark erhöhten Kontaktwiderständen, die sich in den niedrigen Füllfaktoren niederschlagen.
Tabelle XXI: IV‐Daten der Zellen mit Kontaktmuster D.
VOC [mV] jSC [mA/cm²] FF [%] η [%]
Al‐BSF Referenzen 636,4 35,9 78,6 17,9 Durchfeuerkontakte 638,7 36,6 51,1 11,9
Die nicht vorhandene Passivierung der Kontakte lässt sich in diesem Falle besonders deutlich an dem zugehörigen LBIC‐Bild in Abbildung 67 ablesen, die Kurzschlussstromdichte fällt um 14% und mehr ab, wenn der Laser die Ladungsträger über einem Kontakt generiert.
Abbildung 67: Relative EQE der durchgefeuerten Punktkontakte, Muster D.
Grundsätzlich ist ein direkter Durchfeueransatz jedoch nicht unmöglich [161], [162], sofern man die Siebdruckpaste nach den neuen Anforderungen wählt. Diese sind schnelles und vollständiges Durchfeuern, gleichmäßige Legierung und Kontaktbildung und Haftung auf der eigenen Legierung.
Dabei ist dennoch ein flacheres lokales BSF in Kauf zu nehmen [162].
Auswahl einer geeigneten Geometrie
Als Fazit aus dieser Untersuchung treten lediglich die Kontaktgeometrien A und B mit vollflächig gedruckter Rückseitenelektrode als praktikabel hervor. Von diesen erweist sich die Methode B mit den Linien als die Zuverlässigste in Hinblick auf Erzeugung eines gleichmäßigen, tiefen lokalen BSF bei einer Bandbreite von Feuerparametern. So ließen sich mit Linienkontakten auch bei Standardfeuergeschwindigkeiten relative EQE‐Werte von 96% erreichen, während bei Punktkontakten lediglich 95% unter Verwendung angepasster Bandgeschwindigkeiten erreicht wurden. Linienkontakte resultierten in der besten Effizienz von 18,9% im direkten Vergleich und wurden für die weitere Fertigung von Solarzellen ausschließlich verwendet.
Speziell für Linienkontakte wird daher in Kapitel 0 ein analytisches Modell der BSF‐Bildung entwickelt. Auch liegt den in Kapitel 3.7.5 und den Kapiteln 0 sowie 0 vorgestellten Simulationen von iPERC‐Zellen alle die Liniengeometrie der Rückkontakte zugrunde.