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2 Strukturierung zur Erzeugung selektiver Emitterstrukturen

2.3 Integration in einen Solarzellen‐Herstellungsprozess

2.3.6 Optimierung des Fingerabstandes auf multikristallinen Substraten

Abbildung 36: Abhängigkeit von jSC, VOC und FF von Ziel‐ und Ausgangswiderstand. 

Für VOC hingegen lässt sich in Abbildung 36 in der Mitte die gegenläufige Tendenz feststellen. Bei  gleichem Zielschichtwiderstand resultiert eine niederohmigere Ausgangsdiffusion in höherem VOC, da  diese Emitter nach dem Zurückätzen eine geringere Oberflächenkonzentration aufweisen. Von  34 Ω/sq. zurückgeätzte Emitter weisen im Schnitt 3 mV mehr auf als von 39 oder 45 Ω/sq. auf den  gleichen  Schichtwiderstand  zurückgeätzte  Emitter.  Aber  auch  hierbei  gilt:  Bei  steigendem  Zielschichtwiderstand steigt die erreichbare VOC bei gleichem Ausgangsemitter an. 

Beim Füllfaktor sind in Abbildung 36 rechts zwei Effekte zu beobachten, welche mit Ausgangs‐ und  Zielschichtwiderständen negativ korrelieren: Erstens, bei steigendem Zielschichtwiderstand steigt der  laterale  Widerstand  im  Emitter,  welcher  den  Füllfaktor  absenkt.  Bei  Erhöhung  des  Zielschichtwiderstandes von 50 Ω/sq. auf 90 Ω/sq. fällt der Füllfaktor um 0,7%abs. Zweitens, bei  steigendem  Ausgangsschichtwiderstand  steigt  der  Kontaktwiderstand  der  Silberfinger  im  hochdotierten Bereich, da die Tunnelbarriere aufgrund der geringeren Dotierkonzentration breiter  wird und die Anzahl der kontaktierenden Silberkristallite mit der Phosphorkonzentration korreliert  [123]. Dies ist besonders relevant für Inline‐Emitter, die aufgrund ihrer Flachheit empfindlich auf  Überfeuern reagieren. So ließen sich die 45 Ω/sq.  Inline‐Emitter  mit dem  zum Zeitpunkt des  Experimentes zur Verfügung stehenden Pasten lediglich mit einem gegenüber den 34 Ω/sq. Emittern  um 2%abs verminderten Füllfaktor kontaktieren. 

2.3.6 Optimierung des Fingerabstandes auf multikristallinen Substraten

Die Eignung des Prozesses auch für multikristallines Material wurde bereits in [124] gezeigt, sowie  eine  experimentelle  Analyse  des  Parameterraumes  der  Ausgangs‐  und  Zielschichtwiderstände  durchgeführt [125]. In einem weiteren Experiment ging es nun darum, das Zusammenwirken von  variablem Schichtwiderstand und variablem Fingerabstand zu untersuchen, da selektive Emitter eine  geringere Querleitfähigkeit als homogene Emitter aufweisen und sich daher das Optimum des  Fingerabstandes zu kleineren Werten verschieben sollte. 

Abhängigkeit des optimalen Fingerabstandes vom Emitterschichtwiderstand

Der optimale  Fingerabstand  eines gegebenen Solarzellendesigns  ist ein  Kompromiss  zwischen  minimaler Abschattung durch eine möglichst geringe Anzahl von Fingern einerseits und einem  möglichst geringen Widerstandsbeitrag des lateralen Stromflusses im Emitter, welcher von der im  Emitter zurückgelegten Strecke abhängt.  

Eine durch den Siebdruck begrenzte effektive Breite der Finger von 120 µm bei einem Abstand von  2 mm sorgt für eine Abschattung von 8%, wenn man noch einen Anteil von etwa 2% durch die  Busbars mit berücksichtigt. Die Abschattung verringert sich entsprechend auf 7% bei Erhöhung des  Fingerabstandes  auf  2,4 mm,  was  einer  Steigerung  des  photogenerierten  Stromes  um  etwa  0,4 mA/cm² entspricht. Gleichzeitig wächst der Emitteranteil des Serienwiderstandes quadratisch mit  dem Fingerabstand an, so dass eine Erhöhung des Fingerabstandes von 2 mm auf 2,4 mm den  Serienwiderstandsanteil eines 50 Ω/sq.‐Emitters von 0,165 Ωcm² auf 0,24 Ωcm² ansteigen lässt. 

Gleichzeitig steigt linear zum Abstand auch der Widerstandsverlust von den Fingern zum Busbar, da  die Stromdichte nun von einer geringeren Anzahl an Fingern abgeführt werden muss. In unserem  Beispiel ist dies ein Anstieg von 0,25 Ωcm² auf 0,3  Ωcm². Zur Optimierung ist es nun geboten, die  damit verbundene Reduktion des FF mit dem steigenden jSC zu vergleichen, um den optimalen  Fingerabstand zu ermitteln. 

Mit der Methode von Braun [34], welche auf der numerischen Berechnung der Effizienz nach dem  Zweidiodenmodell  basiert,  lässt  sich  der  optimale  Fingerabstand  bei  gegebenem  Emitterschichtwiderstand Rsh bestimmen. Hierzu sind in Abbildung 37 die Effizienzen von Solarzellen  mit variablem Fingerabstand geplottet unter folgenden Annahmen: Homogener Emitter, konstante  Sättigungsstromdichten  j01 = 600 fA/cm², j02 = 40 nA/cm²,  unabhängig  vom  Zielschichtwiderstand,  Photogeneration  jphot = 40 mA/cm²  und  Parallelwiderstand  Rp = 4000 Ωcm².  Die  übrigen  Komponenten des Serienwiderstandes schlagen noch mit zusätzlichen 0,18 Ωcm² zu Buche. 

  Abbildung 37: Effizienz von Siebdrucksolarzellen in Abhängigkeit des Fingerabstandes und des 

Emitterschichtwiderstandes. Das jeweilige Maximum ist hervorgehoben. 

Die absolute Höhe der Effizienz der Kurven untereinander ist hierbei nicht repräsentativ, da diese  auch über VOC vom Schichtwiderstand abhängen, welcher in der rein elektrischen Betrachtung als  konstant  angenommen  wird.  Es  lässt  sich  jedoch  zu  jedem  Schichtwiderstand  ein  optimaler  Fingerabstand ermitteln, welcher mit steigendem Schichtwiderstand abnimmt. Befindet man sich in 

diesem Optimum, hat eine weitere Verringerung des Fingerabstandes den Effekt, dass die zusätzliche  Abschattung  den  Füllfaktorgewinn  durch  geringeren  Serienwiderstand  gerade  wieder  überkompensiert. 

Solarzellenherstellung und Ergebnisse

100 multikristalline Wafer mit einer Kantenlänge von 125 mm und 2 Ωcm Basisdotierung wurden  sauer texturiert  und einer Inline‐Diffusion mit  einem Ausgangsschichtwiderstand von 40 Ω/sq. 

unterzogen. Die Wafer wurden in einem Plasmaätzer kantenisoliert und in 3 Gruppen aufgeteilt,  welche sich in dem vorgesehenen Fingerabstand unterscheiden. Nach Maskierung mittels Inkjetdruck  wurden jeweils 20 Wafer aus jeder Gruppe variabel zurückgeätzt, so dass sich innerhalb jeder Gruppe  eine Bandbreite von 50 ‐ 120 Ω/sq. ergab. 

Tabelle VIII: Gruppenübersicht des Fingerabstandsexperimentes auf multikristallinen Substraten. 

Gruppe  Fingerabstand [mm]  Ausgangs‐Rsh [Ω/sq.]  Ziel‐Rsh [Ω/sq.] 

M 2  2  40  50 ‐ 120 

M 22  2,2  40  50 ‐ 120 

M 235  2,35  40  50 ‐ 120 

 

Nach Erzeugen des selektiven Emitters wurde der Zielschichtwiderstand der Solarzellen mittels  Vierpunktmessung auf der Rückseite bestimmt. Danach wurde die Antireflexschicht abgeschieden  und die Solarzellen mittels Siebdruck und Kofeuern metallisiert. Der Prozessfluss ist in Tabelle IX  veranschaulicht: 

Tabelle IX: Prozessflussdiagramm des Experimentes mit multikristallinen Solarzellen. 

 

Die resultierenden Solarzellen waren jedoch in ihrer Effizienz durch niedrige Materialqualität und  Prozessprobleme beim Texturierungsschritt stark eingeschränkt, wie man aus den in Tabelle X  aufgeführten IV‐Daten schließen kann.   Abgesehen von der zu erwartenden Tatsache, dass jSC mit  steigendem  Fingerabstand  aufgrund  der  geringer  werdenden  Abschattung  durch  die  Vorderseitenelektrode ansteigt, lässt sich anhand der besten Zellen noch kein genereller Trend  bezüglich des Fingerabstandes ablesen. Dennoch lässt sich aus der Verteilung der einzelnen IV‐

Parameter in Abbildung 38 der Einfluss von Zielschichtwiderstand und Fingerabstand auf Füllfaktor  und Kurzschlussstromdichte ermitteln. 

Siebdruck VS und RS, Kofeuern PECVD SiNx:H Antireflexbeschichtung

Ätzresistmaske strippen

Tabelle X: Zellergebnisse des Fingerabstandsexperimentes. 

Gruppe  Ziel‐Rsh[Ω/sq.]  Voc [mV]  jsc [mA/cm²]  FF [%]  η [%] 

Beste M2  58  596  32,9  75,3  14,8 

Beste M22  91  597  33,4  72,4  14,5 

Beste M235  62  597  34,1  73,1  14,9 

 

Hilfreicher ist es hierbei, die gesamte statistische Verteilung einer jeden Gruppe in Abhängigkeit des   erreichten Zielschichtwiderstandes zu ermitteln. 

   

Abbildung 38: jSC, FF und Effizienz der Solarzellen über variablen Zielschichtwiderstand für drei  Gruppen mit unterschiedlichem Fingerabstand. 

Zwei Effekte beeinflussen jSC: Die Kurzschlussstromdichte steigt mit steigendem Schichtwiderstand  wie in den Experimenten auf monokristallinen Substraten. Außerdem wies die Gruppe mit 2,35 mm  Fingerabstand gegenüber der Gruppe mit 2 mm Fingerabstand im Schnitt eine um 0,3 mA/cm²  erhöhte Kurzschlussstromdichte auf. Dies beruht auf der verringerten Abschattung aufgrund der  geringeren Fingeranzahl. 

Der Füllfaktor sinkt mit steigendem Zielschichtwiderstand. Dieser Effekt wird auf den zusätzlichen  Serienwiderstandsbeitrag  im  Emitter  zurückgeführt.  Es  ist  zu  beobachten,  dass  bei  engerer  Fingeranordnung  wie  in  Abbildung  37  die  Differenzen  zwischen  den  unterschiedlichen  Zielschichtwiderständen geringer ausfallen als bei 2,35 mm Fingerabstand zueinander. 

Da die Verteilung der VOC‐Werte aufgrund der schwankenden Materialqualität sehr zufällig gestreut  ist, können hierüber und über die resultierende Effizienzverteilung keine eindeutigen Aussagen  getroffen werden. 

Fazit

Die erwarteten  Tendenzen konnten bei  diesem Experiment  bestätigt werden. Eine belastbare  quantitative  Auswertung  dieser  Tendenzen  für  ein  Optimierungskalkül  konnte  jedoch  nicht  durchgeführt werden. Das ist dem sehr niedrigen Niveau der Solarzellenergebnisse und der großen  Streuung innerhalb der einzelnen Gruppen geschuldet. Diese lässt sich nicht nur der unzureichenden 

Materialqualität  und  der  bei  multikristallinen  Solarzellen  größeren  Schwankungen  bei  den  Zellergebnissen  zuschreiben. Während  des  Herstellungsprozesses traten beim Zurückätzen des  Emitters außerdem Homogenitätsprobleme auf. Desweiteren führten Unregelmäßigkeiten  beim   sauren Texturierungsprozess zu einer erhöhten Reflexion der Textur, was sich in einem niedrigen  Niveau  der  gemessenen  jSC‐Werte  widerspegelte.  Aus  diesen  Gründen  wurde  von  der  Prozessentwicklung auf multikristallinen Wafern in zukünftigen Experimenten abgesehen. 

 

2.4 Kapitelzusammenfassung

Es wurden die Verlustquellen im Emitter von inline‐diffundierten, siebdruckkontaktierten Solarzellen  diskutiert. Diese rühren von der freien Ladungsträgerabsorption und der erhöhten Rekombination  bei Phosphorkonzentrationen im Bereich > 3 ∙ 1020 cm‐3 her, welche notwendig sind, um einen  zuverlässigen Kontakt mittels Ag‐Siebdruck zu gewährleisten. 

Ein Konzept zur Herstellung eines selektiven Emitters mittels Zurückätzen wurde auf Inline‐Emitter  angewendet. Dabei wurde mittels Inkjetdruck eine Ätzresistmaske aus funktionellem Wachs auf  einem stark dotierten Emitter aufgebracht. Der so maskierte Bereich fungierte als Zielfläche zum  Etablieren des Ag‐Frontkontaktes mittels Siebdruck.   Der freiliegende Bereich wurde nasschemisch  kontrolliert auf den gewünschten Zielschichtwiderstand zurückgeätzt. Auf den durch Rückätzen  entstandenen  Emitter  wurden  nach  Passivierung  mittels  SiNx:H  deutlich  geringere  Sättigungsstromdichten,  verglichen  mit  diffundierten  Emittern  gleichen  Schichtwiderstandes,  gemessen. So wies bereits ein von 48 Ω/sq. auf 65 Ω/sq. zurückgeätzter Inline‐Emitter eine Reduktion  der Sättigungsstromdichte um mehr als die Hälfte auf 90 fA/cm² auf. Dieser Effekt wurde auf  Entfernen der obersten, hochdotierten und stark gestörten Schicht des Emitters zurückgeführt. 

Auf mit dieser Methode hergestellten Solarzellen wurde ein jSC‐Gewinn von 1,1 mA/cm² gemessen,  welcher wesentlich durch die höhere Quanteneffizienz im kurzwelligen Teil des Spektrums herrührt. 

Der VOC‐Gewinn betrug bis zu 18 mV. Dieser entspricht der geringeren Rekombination im Emitter,  welcher die gesamte Sättigungsstromdichte der Solarzelle auf 460 fA/cm² mehr als halbiert. Durch  die Verwendung einer höherdotierten Ausgangsdiffusion konnte ebenfalls  eine Steigerung  des  Füllfaktors um 0,6%abs erreicht werden. 

In den Solarzellexperimenten auf mono‐ und multikristallinen Wafern wurde eine systematische  Variation der beteiligten Parameter durchgeführt. Darauf aufbauend lassen sich in Übereinstimmung  mit der Theorie Aussagen über die optimierten Parameter, unter denen die Effizienz der Solarzelle  maximal wird, treffen: 

 Es ist eine starke Ausgangsdiffusion von 34 Ω/sq. zu wählen, welche sich mit hohem  Füllfaktor kontaktieren lässt. 

 Die Breite der Maskierungen sollte im Fingerbereich 350 µm betragen, um eine ausreichende  Justagetoleranz für den folgenden Siebdruckschritt zu besitzen. 

 Die Rückätztiefe sollte 70 nm nicht überschreiten. Der optimale Zielschichtwiderstand liegt  mit 80 ‐ 90 Ω/sq. knapp unterhalb dieser Tiefe. 

 Es ist sinnvoll, den Fingerabstand bei einem hochohmigen Rückätzemitter auf 2 mm zu  verringern, um Verluste durch den Serienwiderstand im Emitter zu minimieren.