3 Dielektrische Passivierung der Rückseite
Al 2 O 3 /SiN x :H‐Stapel
3.8 Optimierte Prozessierung von iPERC‐Solarzellen
Aufgrund der in den Variationsexperimenten erlangten Erkenntnisse bietet es sich an, die identifizierten positiven Eigenschaften miteinander zu kombinieren. Hierzu wurde eine Gruppe von Solarzellenexperimenten mit der Prozessführung, welche sich als am zuverlässigsten erwiesen hatte, durchgeführt. Details zu den Optimierungsexperimenten sind in [173] zu finden.
3.8.1 Herstellung von iPERC‐Solarzellen mit Standardemitter
In diesem Experiment wurden iPERC‐Solarzellen mit etabliertem 50 Ω/sq. Emitter ohne Besonderheiten wie Oxidation oder selektivem Emitter auf kommerziell erhältlichem 156x156 mm² Cz‐Si‐Wafern mit einem Basiswiderstand von 1,6 Ωcm durchgeführt. Dessen Lebensdauern von 350 µs nach POCl3‐Gettern ist als hinreichend gut zu bewerten. Der verwendete Prozessfluss ist im Folgenden dargestellt.
Tabelle XXV: Prozessflussdiagramm des Experimentes mit homogenen Standardemittern.
Es wurde zur Rückseitenmetallisierung vollflächig kommerziell erhältliche Paste C aus vorigem Abschnitt verwendet. Die Vorderseite wurde mit einem Feinliniensieb gedruckt.
Tabelle XXVI: IV‐Daten der besten Solarzellen mit Standardemitter.
Voc [mV] jsc [mA/cm²] FF [%] η [%]
Al‐BSF Referenz 633 36,8 78,0 18,2
iPERC 641 38,2 77,5 19,0
Differenz + 8 + 1,4 ‐ 0,5 + 0,8
Wie man an den IV‐Daten sehen kann, lässt sich wie bei allen PERC‐Zellen ein zuverlässiger Stromgewinn von 1,4 mA/cm² realisieren. Auch die Spannung weist mit 641 mV nun weniger Rekombination an der Rückseite auf. Der Füllfaktorverlust war hier mit 0,5% sehr begrenzt, was unter anderem am Einsatz von Si‐Basismaterial mit niedrigem spezifischen Widerstand lag. Bei der Streuung des Füllfaktors aufgrund von aufgetretenen Fingerunterbrechungen ist diese Größe jedoch nur begrenzt aussagekräftig.
Kofeuern
Siebdruckmetallisierung VS und RS Laserablation 90µm Linienkontakte Abscheidung Al2O3(15nm) und SiNx:H (120nm)
PECVD SiNx:H Antireflexbeschichtung Chemisches Entfernen des RS‐Emitters
POCl3Emitterdiffusion 50Ω/sq.
Alkalische Textur
3.9 Kapitelzusammenfassung
In diesem Kapitel wird die Implementierung einer dielektisch passivierten Rückseite mittels Al2O3 motiviert und erstmalig auf mittels Siebdruckverfahren metallisierten Solarzellen demonstriert. Eine deutliche Steigerung der Effizienz um bis zu 0,8%abs wurde festgestellt. Der Ursprung dieser Effizienzsteigerung lässt sich auf einen höheren jSC wegen verringerter Rekombination an der Rückseite und besserer interne Reflektion langwelliger Strahlung zurückführen. Auch eine höhere VOC verglichen mit einem Al‐BSF wird beobachtet, lediglich der FF der Solarzellen sinkt aufgrund zusätzlicher Serienwiderstandsterme ab.
Es wurden die wesentlichen physikalischen Eigenschaften der resultierenden Solarzellen und der Einfluss der Herstellungsparameter untersucht. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse beinhalten:
Die Dicke der Passivierschicht beträgt idealerweise 160 nm auf streuender Oberfläche für optimalen optischen Gewinn.
Die Feuertemperatur ist auf ein Maß zu begrenzen, welches die Frontkontaktbildung zuverlässig ermöglicht, aber dennoch die Oberflächenrekombinationsgeschwindigkeit der Rückseite nicht zu stark anwachsen lässt. Eine geeignete Maßnahme, dies zu erreichen bestehen im Erhöhen der Temperaturstabilität durch Abscheiden des Al2O3 bei höheren Substrattemperaturen. Ebenfalls sinnvoll ist die Verwendung einer leicht kontaktierbaren Ag‐
Paste oder eines selektiven Emitters, um niedrigere Feuertemperaturen zu erreichen.
Als Deckschicht für Al2O3 ist ein per Indirektplasma‐PECVD abgeschiedenes SiNx:H zu bevorzugen, welches kein Blistern des Passivierschichtstapels während des Feuerschrittes aufweist.
Zur Öffnung der lokalen Kontakte eignet sich ein Pikosekunden‐Laser mit einer Wellenlänge von 532 nm, welcher knapp über der Ablationsschwelle betrieben wird, um den resultierenden Laserschaden in der Basis zu minimieren.
Bei der Form der lokalen Kontakte sind Linien gegenüber Punkten zu bevorzugen, um die Ausdiffusion von Si beim Legierungsprozess zu begrenzen. Für eine ausreichende Sättigung der Paste am Kontaktort mit Si ist eine Mindestbreite der Linien von 60 ‐ 100 µm je nach Paste und Feuerbedingungen notwendig.
Unter der Randbedingung der Verwendung eines homogenen 50 Ω/sq. Emitters konnten Solarzellen mit einer Effizienz von 19,0% hergestellt werden.
Des Weiteren wurde ein analytisches Modell der lokalen Kontaktbildung und der damit verbundenen Epitaxie eines lokalen BSF aufgestellt. Die Tiefe dieses BSF ist direkt abhängig von der lokalen Si‐
Konzentration in der Paste über dem jeweiligen Kontakt und wird durch die Diffusivität von Si in der Al‐Paste, den Feuerbedingungen und der Zusammensetzung der Paste beeinflusst. Im Vergleich dreier Pasten konnten drei unterschiedliche Eigenschaften ermittelt werden, welche die lokale BSF‐
Epitaxie fördern:
Eine geringe Diffusivität der Paste, um das Entfernen von Si vom Kontakt zu vermeiden.
Eine hohe Geschwindigkeit, was das Nachlösen von Si in die ausdiffundierende Al‐
Pastenmatrix angeht.
Zusätzliches Si, welches bereits in der Paste vorhanden ist.
Nach Berechnung resultierender Profile für die drei untersuchten Pasten und einer hypothetischen Paste mit allen wünschenswerten Eigenschaften wurden FEM‐Solarzellensimulationen mit variablem lokalen BSF durchgeführt, auf die Simulationstechnik wird im folgenden Kapitel genauer eingegangen. Aus den Simulationen wurde ersichtlich, dass eine Optimierung der Rückseitenpaste auf lokale Kontakte das Potential einer Wirkungsgradsteigerung um 0,3%abs beinhaltet.
3.9.1 Einordnung der Ergebnisse in aktuellen Fortschritt
Seit der Erstveröffentlichung Al2O3‐passivierter großflächiger Siebdrucksolarzellen [69] wurden von zahlreichen Instituten und industriellen Forschungs‐ und Entwicklungseinrichtungen respektable Ergebnisse auf diesem Solarzelltyp mit Al2O3 [70], [174] oder vergleichbarer Passivierung [175]
demonstriert. Die höchste Effizienz einer industriellen PERC‐Solarzelle auf großer Fläche wurde 2012 von der Schott Solar AG vorgestellt. Durch Kombination eines hocheffizienten Rückätzemitters mit einer schmalen, niederohmigen Metallisierung wurde eine Effizienz von 21,0% erreicht [176], nachdem im Jahr zuvor durch Kombination eines selektiven Emitters mit dielektrischer Rückseitenpassivierung eine Effizienz von 20,2% demonstriert werden konnte.
Durch Fortschritte bei der Kontaktbildung gelingt es, immer hochohmigere Emitter mit niedrigem Kontaktwiderstand zu kontaktieren [128]. Dadurch steigt das Spannungs‐ und Stromniveau der beteiligten Solarzellen, vergleichbar der Verwendung eines selektiven Emitters. Es wurden Synergieeffekte zwischen optimiertem Emitter und einer dielektrisch passivierten Rückseite nachgewiesen [175]. Auch werden Verfeinerungen der Druckverfahren, welche schmalere Finger, größere Fingerhöhen und damit eine niedrigere Abschattung bei erhöhter Fingerleitfähigkeit ermöglichen, erfolgreich auf iPERC‐Zellen angewendet [177]. Des Weiteren findet im industriellen Umfeld eine Weiterentwicklung der Pastentechnologie speziell für iPERC‐Anwendungen statt [178].
Die im Vergleich zu den zuvor zitierten Veröffentlichungen niedrigeren Solarzelleffizienzen sind dem niedrigeren Ausgangsniveau des in dieser Arbeit verwendeten Referenzprozesses geschuldet. Der beobachtete Effizienzgewinn verglichen mit vollflächig metallisierten Referenzen ist in den zuvor zitierten Veröffentlichungen jedoch von derselben Größe, so dass sich die in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnisse universell auf iPERC‐Solarzellen übertragen lassen.