1.8 Finite‐Elemente‐Simulation von Solarzellen
1.8.2 Aufsetzen und Eingabe in eine Simulation
Zu Beginn steht die Definition des Simulationsbereiches. Es wird in der Regel nicht die ganze Solarzelle simuliert, sondern lediglich eine irreduzible Einheitszelle in zwei oder drei Dimensionen.
Die Einheitszelle umfasst die Dicke der Solarzelle und die Strecke zwischen einem Kontaktfinger und der Mitte zwischen zwei Kontaktfingern. Durch Translation entlang der Finger und durch Spiegeln an den Fingern und Busbars kann aus dieser Einheitszelle auf die ganze Solarzelle rückgeschlossen werden. Die Breite der irreduziblen Einheitszelle entspricht somit dem halben Fingerabstand.
Als nächstes sind die externen Kontakte zu definieren, also die Bereiche auf Vorder‐ und Rückseite, an denen der elektrische Strom abfließt. Die Kontakte weisen neben ihrer Breite einen spezifischen Widerstand auf und koppeln damit die Simulationsdomäne an eine extern vorgegebene elektrische Spannung. Für die nicht kontaktierten Bereiche wird eine dünne dielektrische Schicht definiert, welche die Vorderseitenpassivierung und gegebenenfalls die Rückseitenpassivierung darstellt. Dieser Schicht wird an der Grenzfläche eine Rekombinationsgeschwindigkeit zugeordnet. Des Weiteren kann diese Schicht eine ortsfeste Ladungsdichte beinhalten, wie dies bei Al2O3 und SiNx:H der Fall ist.
Als Eigenschaften des Silizium‐Absorbers müssen festgelegt werden: Die Basisdotierung, alle weiteren Dotierprofile wie Emitter und BSF und die lokale Elektron‐Loch‐Generationsrate durch die Einstrahlung. Es ist auch möglich, beliebigen Bereichen der Solarzelle eine individuelle SRH‐
Lebensdauer zuzuweisen. Die Dotierprofile müssen entweder in analytischer Form vorliegen, oder es werden mit ECV gemessene, reale Profile eingelesen, deren Dotierung in Abhängigkeit der Tiefe in Tabellenform vorliegt.
Erstellen eines optischen Generationsprofiles
Da die zweidimensionale Simulation die optischen Eigenschaften der Textur nicht reproduzieren kann, wird auf die Implementation von Zufallspyramiden in die Simulationsdomäne verzichtet und die optische Generation mit einem vorberechneten Profil eingebunden. Die verwendeten Generationsprofile wurden mit einem separaten Raytracing‐Programm, SUNRAYS [33], erstellt. Dazu wird die zu simulierende Geometrie, im Falle der Pyramidentextur ein Quader mit einer Pyramidenspitze, in 3 Dimensionen modelliert und die entsprechenden die Optik beeinflussenden Schichtsysteme an den Grenzflächen eingefügt. Nun wird der relevante Wellenlängenbereich in 10 nm ‐ Schritten diskretisiert und es werden jeweils eine Anzahl von bis zu 10 000 Strahlen pro Wellenlänge an zufälliger Position auf die Oberfläche eingestrahlt verfolgt. Die Absorption in einer bestimmten Tiefe wird mit dem AM1.5g‐Spektrum gewichtet und man erhält eine differentielle Größe, die generierte Ladungsträgerpaardichte pro µm Tiefe.
, ⋅ ⋅
Integration über die gesamte Waferdicke W ergibt die photogenerierte Stromdichte jphot, welche mit
jSC über die Rekombinationsstromdichte zusammenhängt.
Abbildung 23: Bis zu gegebener Tiefe integrierte photogenerierte Stromdichte in einem senkrecht beleuchteten 180 µm dicken Wafer mit Antireflexschicht. Die Tiefe, innerhalb derer 80% der
Generation stattfindet, ist grün markiert.
Integriert man die Generationsrate G(z) längs der z‐Achse wie in Abbildung 23, so stellt man einerseits fest, dass ohne Einbeziehen der Textur in der Simulation weniger Strom generiert werden würde. Des Weiteren wird durch die Lichtbrechung der Textur auch der Generationsort näher an den Emitter verschoben, so generiert eine texturierte Solarzelle 80% der Elektron‐Loch‐Paare innerhalb der obersten 20 µm, während ein flacher Wafer der selben Dicke 80% innerhalb 26 µm generiert.
Aus diesem Grund, und um auch kleinere Effekte wie Unterschiede in der Rückseitenreflektion zu berücksichtigen, wurden die Generationsprofile extern erstellt. Das Profil wird beim Erstellen des
Gitters eingelesen und jedem Gitterpunkt abhängig von seiner Tiefe z die Generationsrate G(z) zugewiesen.
Gittererstellung
Steht der gesamte Simulationsbereich mit all seinen Eigenschaften fest, so wird das sogenannte Mesh erstellt. Dabei handelt es sich um das diskrete Gitter, auf dessen Punkten die jeweiligen elektronischen Größen berechnet werden. Die Form ist nicht frei wählbar, sondern wird durch die Randbedingungen des Lösungsalgorithmus vorgegeben. Dazu bietet sich das Verfahren von Müller an [98], welches ein weitestgehend rechteckiges Gitter frei von stumpfen Winkeln erzeugt.
Im Volumen der Basis können die Gitterpunkte einen Abstand von 20 µm aufweisen, es ist jedoch empfehlenswert, an bestimmten Stellen das Gitter deutlich zu verfeinern [92]. Eine Gitterverfeinerung ist in Bereichen geboten, in denen die Eingabegrößen stark schwanken, wie zum Beispiel entlang des Emitters, wo sich die Dotierstoffkonzentration innerhalb einiger 100 nm um mehrere Größenordnungen ändert. Auch findet ein Großteil der Generation innerhalb weniger µm von der Oberfläche statt, so dass eine graduelle Verfeinerung der Gitterbreite in der Tiefenrichtung auf bis zu 20 nm empfehlenswert ist. Ebenfalls ratsam ist eine höhere Auflösung des Gitters im Bereich um Kontakte, da an diesen Stellen die Stromdichte signifikant ansteigt und der Stromfluss somit realistischer modelliert werden kann.
Abbildung 24: Teilansichten der Simulationsdomäne. Links: Generationsprofil über die Breite der Solarzelle. Das Gitter wurde um die lokalen Kontakte herum verfeinert. Rechts: Dotierprofil um die
Raumladungszone. Der Emitterbereich ist deutlich feiner gerastert.
Für die hier vorgestellten Solarzellen werden je nach Anspruch der Simulation 10.000 ‐ 40.000 Gitterpunkte in zwei Dimensionen verwendet, was sich in vertretbarer Rechenzeit lösen lässt. Einer weiteren Verfeinerung des Gitters auf über 100.000 Punkte steht der Speicherbedarf der Simulation von mehr als 4 GByte entgegen, da dieser näherungsweise quadratisch mit der Anzahl der Gitterpunkte ansteigt.
Durchführen der Simulation
Primäres Ziel der Simulation ist die Ermittlung der IV‐Kennlinie: Das Programm fährt die Spannung zwischen den Kontakten von 0 ‐ 680 mV in zum MPP feiner werdenden Schritten durch und berechnet für jeden Spannungswert V den Gleichgewichtszustand, bei dem sich Generation, Rekombination und Abfließen des Stromes über die Kontakte die Waage halten. Die Stromdichte über die Kontakte bildet dann als j(V) einen Datenpunkt in der IV‐Kennlinie. Am Ende der Simulation der Spannungsrampe führt eine weitere Instanz des Programmes die Ermittlung von VOC aus. Dazu wird vom ersten Spannungswert im ersten Quadranten ausgehend die Spannung in immer feineren
Schritten abgesenkt, bis der Stromfluss über die Kontakte einen Abbruchwert unterschreitet. Mit den so ermittelten Daten lässt sich der Füllfaktor und die Effizienz berechnen. Zusätzlich speichert die Simulation auch Informationen über die Lage der Quasi‐Fermi‐Niveaus in den einzelnen Regionen, die Rekombinationsraten, Sättigungsstromdichten und die Ladungsträgerdichten bei gegebenen Spannungen sowie deren Stromflussdichten, so dass sich weitere Informationen aus der Simulation ziehen lassen, welche einem Experiment nicht direkt zugänglich sind.
Ist die Ermittlung des spannungsabhängigen Serienwiderstandes gewünscht, so lässt sich dies mit einer zweiten IV‐Spannungsrampe bei 110% Beleuchtungsintensität erreichen, wobei dann die Double Light Method [84] Anwendung findet.