3 Dielektrische Passivierung der Rückseite
Al 2 O 3 /SiN x :H‐Stapel
3.7 Analytisches Verständnis der lokalen BSF‐Bildung
3.7.3 Experimentelle Bestimmung der Diffusivität von Aluminiumpasten
Abbildung 70: Kontaktquerschnitt mit Taschen (orange) an den Rändern. Sie entstehen in Phase II, wenn die Si‐Konzentration in den Randbereichen durch Diffusion verarmt und mehr Si gelöst wird.
Ein weiterer Effekt kann in realen Pasten auftreten, der die Si‐Konzentration von den Modellbedingungen abweichen lässt: Die Paste enthält bereits eine geringe, vom Hersteller absichtlich beigemischte Menge an Si. Dies wird getan, um mehr Si bei der BSF‐Bildung zur Verfügung zu stellen, wie von [157] vorgeschlagen. Damit fällt die Verteilungsfunktion bei großen Distanzen zum Kontakt nicht auf null, sondern auf das Niveau des zugefügten Si‐Anteiles ab.
3.7.3 Experimentelle Bestimmung der Diffusivität von Aluminiumpasten
Zur Bestimmung der Diffusivität D von Si in Al‐Pasten wurden Kontakttestproben aus Cz‐Wafern einer Kantenlänge von 125 mm und einer Dicke von 180 µm mit einer Basisdotierung von 2 Ωcm hergestellt. 80 nm SiNx:H wurde im Direktplasma‐PECVD‐Verfahren auf die Wafer abgeschieden und anschließend von einem Pikosekundenlaser mit 532 nm Wellenlänge strukturiert. Jeder Wafer erhielt ein identisches Muster bestehend aus freistehenden Linien variabler Breite von 60 ‐ 150 µm und Feldern mit 60 µm Linien und variablem Linienabstand von 200 ‐ 500 µm. Die Wafer wurden in drei
Gruppen eingeteilt, welche mit drei kommerziellen Aluminiumpasten von unterschiedlichen Herstellern bedruckt wurden. Jede Gruppe wurde in vier Untergruppen aufgeteilt, welche mit derselben Spitzentemperatur von 840°C, auf dem Wafer gemessen, bei unterschiedlichen Bandgeschwindigkeiten von 2, 4, 6 und 7 m/min durch den Ofen gefahren wurden. Damit wurden vier Verweildauern in der Peakzone erreicht, nämlich 6, 3, 2 und 1,7 s. Die Wafertemperatur zu halten erforderte eine Steigerung der Ofentemperatur bei höheren Bandgeschwindigkeiten.
Die Si‐Ausbreitung in der Paste wurde mittels optischer Mikroskopie vermessen. Sie ist anhand der dunkleren Färbung der Paste sichtbar, was durch die Lamellenbildung bei der Rekristallisation [55]
herrührt. Die Grenze kann über die bekannte Festkörperlöslichkeit von Si in Al von 1,5% [57] als Fixpunkt in der Ausbreitungsuntersuchung herangezogen werden. Danach wurden die Wafer entlang der Kristallorientierung in 1 cm² große Elektronenmikroskop‐Proben gebrochen, um die gebildete BSF‐Dicke im Querschnitt zu ermitteln. Die Siliziumverteilung wurde mittels in das Elektronenmikroskop integrierte energiedispersiver Röntgenspektroskopie (EDX) bestimmt, welche im folgenden Abschnitt erklärt wird. Die Längenskala σ und damit auch ein Wert für die Diffusivität D bei 840°C kann nun auf zwei Arten bestimmt werden. Einerseits durch Anpassen der Parameter des Modelles an die Ausbreitungsweiten bei einer Vielzahl von Kontaktbreiten und Feuerzeiten, andererseits durch direktes Fitten der Verteilungsfunktion an die gemessene Si‐Verteilung in der Paste. Die gemessene Dicke der gebildeten lokalen BSF‐Schichten kann zur Verifikation der angenommenen Si‐Konzentration über dem Kontakt in Phase III herangezogen werden.
Energiedispersive Röntgenspektroskopie
Eine detaillierte Beschreibung der Messmethode befindet sich in [171]. Bei EDX wird mit einem mit mindestens 5 kV beschleunigten Elektronenstrahl der Messbereich abgerastert. Die hochenergetischen Elektronen lösen Sekundärelektronen in der K‐ und L‐Schale der zu untersuchenden Atome heraus. Diese werden daraufhin zur Emission charakteristischer Röntgenstrahlung angeregt, wenn Elektronen aus den äußeren Schalen auf die freigewordene Position in der inneren Schale zurückfallen. Nimmt man nun das Energiespektrum der Röntgenstrahlen auf, so beobachtet man neben der Bremsstrahlung scharfe Peaks bei bestimmten Energien, die sich über die Energiedifferenz zweier Schalen einem Element zuordnen lassen.
Abbildung 71: EDX‐Prinzip. Hochenergetische Elektronen schlagen Hüllenelektronen aus den inneren Schalen, diese werden unter Emission charakteristischer Strahlung aus den äußeren Schalen ersetzt. Das Energiespektrum gibt Aufschluss über die Spezies und Anzahl der Atome.
Eicht man die Zählraten der einzelnen Peaks mittels stöchiometrisch genauer Proben, so lässt sich die atomare Konzentration der beteiligten Elemente im Anregungsbereich, üblicherweise einige µm³ groß, bestimmen.
In dieser Anwendung wurden für jeden Rasterpunkt die Zählrate für Aluminium und für Silizium erfasst, über die Höhe der Paste integriert und dann das Elementverhältnis ermittelt, welches sich dann in Massen‐% umrechnen lässt. Die Konzentrationen für drei beispielhafte Kontakte sind in Abbildung 72 zusammen mit den REM‐Bildern des jeweiligen Kontaktquerschnittes aufgeführt.
Abbildung 72: Gemessene Siliziumkonzentration in der Nachbarschaft der Kontaktstellen.
Ergebnisse und Diskussion
Die Ergebnisse und die daraus ermittelten Werte für Diffusivität und Si‐Grundgehalt sind in folgender Tabelle aufgeführt. Der Effekt der zusätzlichen Si‐Auflösung in Phase II ist durch Einführen einer Weitenkorrektur (w‐Korr.) ebenfalls berücksichtigt. Das zusätzliche Silizium verschiebt die Diffusionskurve weiter nach außen, das heißt, der Kontakt verhält sich während fortgeschrittenem Feuerns so, als wäre er um einen entsprechenden Betrag breiter. Es wird beobachtet, dass dieser Effekt in erster Näherung linear mit der Feuerdauer ansteigt und damit die Annahme einer pastenabhängigen Si‐Lösegeschwindigkeit rechtfertigt. Der Si‐Basisgehalt ist ebenfalls angegeben, soweit sich dieser im Rahmen der Genauigkeit der EDX‐Messung erfassen lässt.
Aus den Daten lassen sich unterschiedliche Strategien zur Pastenoptimierung ablesen. Während Paste A kaum zusätzliches Si aufweist, wurde eine hohe Diffusionsgeschwindigkeit und ein starkes Vermögen, mehr Si aus den Kontaktstellen herauszulösen, festgestellt. Damit reichert sich die Paste bis zu 300 µm weit von den Kontakten entfernt selbst mit Si an, was für Zelldesigns mit kleinem
Kontaktpitch und hohem Metallisierungsanteil vorteilhaft ist. So können benachbarte Kontakte von der Si‐Verteilung profitieren. Paste B dagegen zeichnet sich durch eine deutlich reduzierte Diffusivität aus, sie beträgt nur ein Drittel von Paste A und ist geeignet, das gelöste Si im Bereich um die lokalen Kontakte zu halten. Dies ist in Zelldesigns mit weiten Kontaktabständen hilfreich, da sich hier die Kontakte gegenseitig nicht beeinflussen können. Das geringere Bestreben Si nachzulösen führt zu einem flacheren Kontakt und weniger Void‐Bildung. Der Ursprung der geringeren Diffusivität ist dem Autor unbekannt, da es sich um ein Betriebsgeheimnis der Pastenhersteller handelt. Man kann jedoch argumentieren, dass kleinere Partikel mit weniger Verbindungen den Transport der Schmelze, der hauptsächlich innerhalb der Oxidschalen stattfindet, begrenzt. Paste C weist Diffusivitäten und Löseraten auf, welche zwischen A und B liegen, die Si‐Sättigung über den Kontakten verbessert sich aber im Vergleich zu Paste A durch einen erhöhten Anteil von Si, das der Paste vor dem Prozess zugefügt wurde.