2 Strukturierung zur Erzeugung selektiver Emitterstrukturen
2.2 Erzeugung eines hochohmigen Emitters durch Zurückätzen
In diesem Abschnitt wird ein Verfahren beschrieben, aus einem stark diffundierten, niederohmigen Emitter durch nasschemisches Entfernen der obersten, phosphorreichen Schicht einen hochohmigen Emitter zu erzeugen. Dieser Emitter enthält dennoch den Tail des Ausgangsemitters und damit einen Teil seiner Leitfähigkeit.
Eine wesentliche Anforderung an einen Emitter ist seine Homogenität. Der verwendete Rückätzprozess muss möglichst gleichmäßig stattfinden. Außerdem muss er gut kontrollierbar sein, da das Emitterprofil auf wenigen Nanometern steil abfällt. Diese Anforderungen erfüllt ein Ätzprozess, welcher auf Porosifizierung mittels saurer Oxidation und gleichzeitigem Abätzen des Oxides in Flusssäure beruht. Dieser hat gegenüber alkalischem Ätzen von Silizium den wesentlichen Vorteil, dass die Ätztiefe sehr genau und homogen eingestellt werden kann, da sich der Porosifizierungsprozess durch den bei wachsender Dicke erschwerten Transport selbst begrenzt und die Ätzrate mit wachsender Dicke somit sinkt.
2.2.1 Der Ätzprozess
Das von Haverkamp für den Einsatz in der Photovoltaik entwickelte Ätzverfahren [119] enthält einen in der Tiefe kontrollierbaren Porosifizierungsschritt der dotierten Siliziumoberfläche. Poröses Silizium bildet sich beim sauren Ätzen, wenn das Verhältnis zwischen Oxidationsmittel und Säure zum Entfernen des Oxides stark asymmetrisch ist [120], also das Verhältnis der verwendeten Chemikalien HF und HNO3 weit vom stöchiometrischen Optimum entfernt ist. Das dabei entstehende poröse Silizium wird im Folgenden in einer organisch verdünnten KOH‐Lösung entfernt.
Die Porosifizierung beginnt nach der Entfernung des PSG in HF, indem das Si an der Waferoberfläche oxidiert wird. Die reaktiven Moleküle sind hierbei Stickoxidanionen, welche in einem Gleichgewicht zwischen HNO3 und dem sich durch Reduktion bildendem HNO2 vorliegen. Das dabei entstehende SiO2 wird dann durch HF in H2SiF6, Kieselsäure in wässriger Lösung, umgesetzt. Vereinfacht dargestellt finden dabei folgende Teilreaktionen statt [119]:
3 4 → 3 4 2
6 → 2
Die eigentliche Ätzreaktion ist jedoch um einiges komplexer, da zahlreiche Stickoxid‐
Zwischenprodukte, sowie die als Endprodukt entstehende Kieselsäure für die Reaktionskinetik eine wesentliche Rolle spielen. Die Details hierzu sind unter [121] zu finden.
Bemerkenswert hierbei ist, dass die Ätzreaktion bei einer starken Dotierung beschleunigt abläuft. Im Gegensatz dazu behindert das Vorhandensein einer porösen Schicht durch den begrenzten Austausch der Reaktanten mit steigender Ätztiefe eine weitere Porosifizierung, so dass sich die Ätzreaktion selbst homogenisiert. Das Ergebnis ist eine gleichmäßig geätzte Schicht porösen Siliziums, deren Dicke, üblicherweise im Bereich von 20 ‐ 100 nm, durch den kleineren Brechungsindex anhand ihrer Farbe abgeschätzt werden kann.
Das poröse Silizium kann nun in 0,3%iger KOH aufgrund seiner großen Oberfläche schnell aufgelöst werden. Es resultiert ein Emitter, der sich von seinem Ausgangsemitter durch das Fehlen der obersten 20 ‐ 100 nm mit einer hohen elektrisch inaktiven Phosphorkonzentration auszeichnet.
2.2.2 Elektronische Eigenschaften rückgeätzter Inline‐Emitter
Eine Inline‐Diffusion besteht aus zwei Schritten: Dem Aufbringen des Dotierstoffes, in unserem Fall Phosphorsäure (H3PO4) in flüssiger Form, durch eine Ultraschallvernebelungsanlage, welche die Vorderseite der Solarzelle mit einem gleichmäßigen, dünnen Film aus Säure überzieht. Im Anschluss daran wird der Wafer unter Atmosphärendruck durch einen Durchlaufofen gefahren, welcher die zu diffundierenden Wafer auf über 900°C erhitzt und im Inneren abhängig von der Position Stickstoff und Sauerstoff zuführt. Somit erreicht man im ersten Schritt ein Aufwachsen einer Phosphorsilikatglasschicht auf dem Wafer, welche im folgenden Teil des Ofens als Quelle von Phosphoratomen dient. Diese diffundieren während des etwa 10 min dauernden Durchlaufes thermisch in das Silizium ein und bilden den hochdotierten Emitter. Am Ende des Prozesses wird das PSG nasschemisch entfernt.
Zur Ermittlung der Qualität von Inline‐Emittern im diffundierten und im zurückgeätzten Zustand wurden acht B‐dotierte Floatzone‐Wafer (0,5 Ωcm Basiswiderstand) mit Schichtwiderständen von 32 Ω/sq. bis 48 Ω/sq. beidseitig diffundiert. Dies wurde erreicht, indem sie vor dem thermischen Prozess im Durchlaufofen auf einem Carrierwafer zweimal durch die Dotierstoffvernebelungsanlage gefahren wurden und so von vorne und hinten mit H3PO4 beschichtet wurden, um eine symmetrische Diffusion zu gewährleisten. Die stärkeren Diffusionen wurden mit einer Kombination aus Erhöhung der Diffusionstemperatur und einer Verlängerung der Diffusionszeit erzielt.
Abbildung 27: Profile unterschiedlich stark diffundierter Emitter im Vergleich zueinander.
Wie man in Abbildung 27 erkennen kann, unterscheiden sich die daraus resultierenden Emitter vor allem in der Tiefe der hochdotierten Schicht und der Konzentration innerhalb des Tails, sowie dessen Tiefe. Die Proben wurden anschließend geviertelt, gereinigt und auf einen Zielschichtwiderstand von 40 ‐ 120 Ω/sq. zurückgeätzt. Das dabei entstandene poröse Silizium wurde durch einen kurzen Dip in 0,3%iger KOH entfernt.
Abbildung 28: Profil eines Emitters, welcher unterschiedlich stark zurückgeätzt wurde. Um die Rückätztiefe zu illustrieren, wurden die Profile um 32, 51 und 63 nm verschoben.
In Abbildung 28 erkennt man, dass sich das Profil selbst durch das Zurückätzen nicht ändert, sondern lediglich wie zu erwarten war um 32, 51 und 63 nm von der Oberfläche her verkürzt.
Sättigungsströme rückgeätzter Inline‐Emitter
Die Proben wurden beidseitig symmetrisch mit PECVD‐SiNx:H aus einer Direktplasmaanlage (Centrotherm, 40 kHz Anregungsfrequenz) passiviert und dessen Passivierwirkung wurde durch einen Feuerschritt bei 850°C aktiviert. Daraufhin wurde mittels QSSPC die Emittersättigungsstromdichte ermittelt [89]. Es wurde eine intrinsische Ladungsträgerdichte von ni = 8,9 ∙ 109 cm‐3 vorausgesetzt, ausgewertet wurde im Bereich > 1016 cm‐3. Die Ergebnisse dieses Experiments sind in Abbildung 29 dargestellt.
Abbildung 29: Emittersättigungsstromdichte über dem durch Zurückätzen von 32 Ω/sq. (gelb), 41 Ω/sq. (grün) und 48 Ω/sq. (blau) erreichten Schichtwiderstand. Die Werte der unbehandelten
Ausgangsdiffusionen sind rot hervorgehoben.
Man erkennt für alle drei verwendeten Ausgangsemitter, dass sich bei sukzessivem Entfernen der obersten hochdotierten Nanometer des Emitters, was sich in einem erhöhten Schichtwiderstand niederschlägt, eine kontinuierliche Reduktion der Emittersättigungsstromdichte ergibt, bis diese auf einem Niveau von etwa 65 fA/cm² sättigt. Diese Untergrenze ist durch die Qualität der Vorderseitenpassivierung gegeben, welche bei Inline‐Emittern aufgrund ihrer geringeren Tiefe eine stärkere Begrenzung darstellt, da ihr Feldeffekt hier nicht so ausgeprägt wie bei POCl3‐Emittern ist.
Die für effizientere Industriesolarzellen wünschenswerte Absenkung von j0e auf Werte von
< 100 fA/cm² wird bereits durch Zurückätzen auf Schichtwiderstände oberhalb von 60 Ω/sq. erreicht.
Es ist außerdem ersichtlich, dass rückgeätzte Emitter deutlich geringere Werte für j0e aufweisen als unbehandelte Emitter gleichen Schichtwiderstandes. Als Beispiel seien hier die mit 48 Ω/sq.
diffundierten Probe genannt, auf welchen im Schnitt 200 fA/cm² gemessen wurde, verglichen mit den auf 48 Ω/sq. zurückgeätzten 32 Ω/sq. Proben, auf welchen durchschnittlich 125 fA/cm² gemessen wurde. Dies lässt sich einerseits auf die Entfernung des dead layer mit elektronisch inaktivem Phosphor schon bei geringen Ätztiefen zurückführen. Andererseits weist ein stärker diffundierter und dann zurückgeätzter Emitter bei gleichem Schichtwiderstand ein vorteilhafteres Profil mit einer geringeren Oberflächenkonzentration und einen tiefer in den Wafer hineinreichenden Tail auf, wie aus Abbildung 30 ersichtlich ist. Eine detaillierte Diskussion dieses Effektes findet sich in [122].
Abbildung 30: Vergleich eines auf 48 Ω/sq. diffundierten und eines von 32 Ω/sq. auf 53 Ω/sq.
rückgeätzten Emitterprofiles. Das rückgeätzte Profil ist flacher und hat einen geringeren hochkonzentrierten Bereich.
Der Eintreibeeffekt einer stärkeren Diffusion führt beim Vergleich rückgeätzter Proben dazu, dass bei vielen Proben mit identischem j0e die Proben mit dem geringeren Ausgangswiderstand auch den geringeren Zielwiderstand aufweisen. Dies kann man mit dem tiefer in das Material hineinreichenden Phosphorprofil der starken Ausgangsdiffusion erklären. Bei gegebener Oberflächenkonzentration weisen die tieferen Profile mehr elektrisch aktive Donatoren auf, was zu einem niedrigeren Schichtwiderstand führt. Dies ist auch im Hinblick auf die bessere Querleitfähigkeit des Emitters wünschenswert, da sich somit die Widerstandsverluste bei gegebenem Fingerabstand verringern lassen.