Moderne Solarzellen auf Basis von kristallinem Silizium werden in industriellem Maßstab bis auf wenige Ausnahmen auf quadratischen monokristallinen oder multikristallinen Wafern mit einer Kantenlänge von 156 mm hergestellt. Diese sind mit Bor in der Größenordnung 1016 cm‐³ vordotiert und sind daher p‐leitend mit spezifischen Widerständen von 1 ‐ 6 Ωcm. Dabei wird der im Folgenden beschriebene sogenannte Siebdruckprozess verwendet, welcher schematisch in Abbildung 7 illustriert ist, sowie ausführlich in [16] beschrieben ist:
1. Die gesägten Wafer werden nasschemisch gereinigt und einer Oberflächentextur unterzogen.
a. Monokristalline Wafer werden dazu in eine mit organischen Additiven versetzte, stark alkalische KOH‐ oder NaOH‐Lösung gebracht, welche Silizium anisotrop in Abhängigkeit der Kristallorientierung ätzen und auf einer 100‐Oberfläche feine Pyramidenstrukturen aus 111‐Flächen in der Größenordnung 5 µm erzeugen. Diese verbessern die Lichteinkopplung und verringern somit die Reflektion.
b. Aufgrund der zufälligen Kristallorientierung multikristalliner Substrate greift man bei diesen zu einer sauren Textur bestehend aus Flusssäure (HF) und einem Oxidationsmittel, (z.B. HNO3), welche präferentiell an der Rauhigkeit des Sägeschadens angreift.
Hierbei entsteht eine schwammartige Struktur, welche ebenfalls in der Lage ist, die Reflektion zu vermindern.
2. Die Wafer werden gereiningt und in der sogenannten Emitterdiffusion wird ein flächiger pn‐
Übergang erzeugt, indem man ein Phosphorsilikatglas (PSG) auf der Waferoberfläche aufwachsen lässt. Aus diesem diffundiert bei Temperaturen zwischen 800°C und 900°C Phosphor in den Wafer ein und bildet an der Oberfläche eine 200 ‐ 500 nm dicke n‐leitende Region. Je nach Art der PSG‐Erzeugung spricht man von POCl3‐Diffusion, wenn in einem Rohrofen das Phosphor aus der Gasphase abgeschieden wird, oder einer Inline‐
Diffusion, wenn das PSG aus einem flüssigen Phosphorsäure‐Film in einem Durchlaufofen bei Atmosphärendruck erzeugt wird.
Abbildung 7: Prozessfluss des Standardprozesses im schematischen Querschnitt.
3. Nach der Diffusion wird das PSG durch HF entfernt und der parasitäre Emitter auf der Rückseite des Wafers entweder isoliert oder ganz entfernt. Dies kann man durch nasschemisches Ätzen mit einer HF/HNO3‐Mischung oder mittels Plasmaätzen erreichen.
Auch möglich, aber weniger verbreitet ist das Isolieren der Kanten mittels Laserschneiden.
4. Auf die Vorderseite wird eine Antireflexschicht aus Siliziumnitrid mittels PECVD aufgebracht, wie bereits in Kapitel 1.4.3 beschrieben wurde. Die Prozessdauer und Gaszusammensetzung wird so eingestellt, dass eine Dicke von 70 ‐ 80 nm und ein Brechungsindex von 1,9 ‐ 2,05 erzielt wird.
5. Siebdruck der Metallisierung.
a. Auf die Vorderseite wird mit einer Paste bestehend aus mikrometergroßen Silberkugeln, organischen Bindemitteln und Glasfritte ein Muster bestehend aus etwa 60 bis zu 100 µm breiten Fingern und üblicherweise 3 Busbars gedruckt
b. Die Rückseite wird vollflächig mit Paste bestehend aus mit Oxid umhüllten Aluminiumkugeln und Bindemittel bedruckt
6. Die Zellen werden auf einem Förderband durch einen mittels Infrarotlampen beheizten Ofen gefahren. Dieser Arbeitsschritt wird Feuern genannt. Bei Wafertemperaturen oberhalb von 800°C bildet sich der Frontkontakt, indem die Glasfritte das SiNx:H lokal auflöst und kleine Silberkristallite über eine sehr dünne Glasschicht einen Tunnelkontakt zum hochdotierten Emitterbereich herstellen [61]. Gleichzeitig wird eine dünne Schicht Silizium auf der Rückseite durch das geschmolzene Aluminium aufgelöst. Si und Al bilden eine flüssige Legierung, aus der sich beim Abkühlen eine stark aluminiumdotierte Siliziumschicht, das zuvor erwähnte BSF, bildet. Die beim Feuern entstandene Si‐Al‐Legierung auf der Rückseite bildet zu diesem BSF einen ohmschen Metall‐Halbleiter‐Kontakt.
Mit diesen Fertigungsmethoden hergestellte Solarzellen erreichten mit dem Stand der Technik von 2006 in der industriellen Fertigung Effizienzen um 15% für multikristalline Substrate und 16,5% für monokristalline Substrate [16]. 2009 wurden zu Beginn dieser Arbeit an der Universität Konstanz mit diesem Referenzprozess bereits Solarzellen mit Effizienzen von 16% ‐ 17% auf multikristallinen Substraten und 17% ‐ 18,5% auf monokristallinen Substraten hergestellt.
1.5.2 Hocheffiziente Laborsolarzellen
Im Labor lassen sich deutlich höhere Effizienzen von bis zu 25% erreichen [62], [63]. Die dazu verwendeten Zelldesigns, die „passivated emitter and rear solar cell“ (PERC) [64] und „passivated emitter and rear locally diffused solar cell“ (PERL) [65] wurden bereits Anfang der Neunziger Jahre an der University of New South Wales (UNSW) entwickelt und sind durch einen komplizierten Prozessfluss mit mindestens 5 Photolithographieschritten charakterisiert. Die hocheffizienten Zellen wurden als 1 cm² große Fenster auf größeren hochreinen p‐typ Floatzone‐Wafern mit einer Mindestdicke von 400 µm mittels der folgenden Prozessschritte hergestellt [64]:
1. Oxidation des Wafers, photolithographisches Öffnen eines Texturmusters auf der Vorderseite, anisotropes Ätzen einer invertierten Pyramidenstruktur mit KOH.
2. Erneute Oxidation, photolithographisches Öffnen der Rückkontaktflächen (ca. 1% der Rückseite) für eine Bordiffusion.
3. Erneute Oxidation, photolithographisches Öffnen des späteren Frontkontaktbereiches, starke Phosphphordiffusion (ca. 25 Ω/sq.).
4. Photolithographisches Öffnen des Diffusionsfensters für die leichte Emitterdiffusion (ebenfalls Phosphor, ca. 250 Ω/sq.) auf der gesamten Vorderseite der aktiven Solarzellfläche.
5. Reinigung, trockene Oxidation beider Seiten zum Erzeugen des passivierenden SiO2 auf Vorder‐ und Rückseite, Abscheiden von zusätzlichem SiO2 als Antireflexschicht.
6. Photolithographisches Öffnen der Front‐ und Rückkontaktbereiche, Aufdampfen und Strukturieren des Frontseitenkontaktes aus Ti/Pd/Ag.
7. Ganzflächiges Aufdampfen des Rückkontaktes aus Al und Sintern.
8. Abscheiden einer Doppelantireflexschicht aus MgF2.
9. Plattieren zum Verdicken der Frontkontakte
Ein Querschnitt einer PERL‐Zelle ist in Abbildung 8 abgebildet. Am benötigten Aufwand bei der Herstellung wird ersichtlich, dass ein solcher Prozess zu komplex für eine wirtschaftliche, großindustrielle Produktion ist. Dennoch ist es hilfreich, die wesentlichen Unterschiede einer Hocheffizienz‐Zelle verglichen mit der Standard‐Siebdrucksolarzelle aufzuzeigen. Damit können Prozesse identifiziert werden, mit denen sich die Vorteile von Hocheffizienzzellen serienfertigungstauglich auf Industriesolarzellen realisieren lassen.
Abbildung 8: Schematischer Querschnitt einer PERL‐Zelle, welche zwei Phosphordiffusionen (orange, gelb) und eine Bordiffusion (blaugrün) aufweist.
Diese Vorteile sind im Einzelnen, wie in Abbildung 8 beschriftet:
1. Ein schmaler Frontkontakt zu stark n‐dotiertem Silizium an der Kontaktstelle.
2. Ein sehr leicht n‐dotierter Emitter im nicht kontaktierten Bereich.
3. Der größte Flächenanteil der Rückseite ist dielektrisch passiviert.
4. Die rekombinationsaktiven Basiskontaktbereiche machen nur etwa 1% der Rückseitenfläche aus und sind mit einem lokalen BSF passiviert.
Man erkennt, dass ein wesentlicher Beitrag zur höheren Effizienz daher rührt, die Kontaktbereiche zu minimieren und diese in ihren Eigenschaften unabhängig vom Rest der Zelle zu optimieren.
Strukturiert man die Oberflächen von Industriesolarzellen mittels geeigneter Methoden, so lassen sich die Gewinne einer getrennten Optimierung auch auf diese übertragen.
1.5.3 Industrielle PERC‐Zellen und selektive Emitter mittels einer Diffusion
Die Verwendung einer dielektrischen Rückseitenpassivierung und lokaler Kontakte auf industrierelevanten Zellgrößen und mit Siebdruckmetallisierung wurden zuerst 2005 am IMEC realisiert [66] und mit unterschiedlichen Verfahren von weiteren Instituten aufgegriffen [67–70]. Bei diesen Arbeiten wird für die Öffnung der dielektrischen Schicht auf der Rückseite entweder ein Laser, Ätzpasten oder Inkjetverfahren verwendet, oder die Kontakte werden im sogenannten Laser Fired Contacts‐Verfahren [71] mit einem Laserstrahl durch die Passivierschicht hindurch getrieben. Allen Verfahren ist jedoch gemein, dass sie durch Ausnutzen von Synergieeffekten die Anzahl der benötigten Prozessschritte verglichen mit dem Laborprozess reduzieren. So ersetzt das Feuern von Aluminiumpaste auf einer geöffneten Rückseite die Bor‐Diffusion, die zugehörigen Diffusionsmaskierungsschritte und die Kontaktbildung zur Basis, während im gleichen Hochtemperaturschritt der Frontkontakt hergestellt wird.
Die Aufteilung des Emitters auf der Vorderseite in einen hochdotierten Kontaktbereich und einen leicht dotierten, möglichst transparenten und rekombinationsarmen Bereich zwischen den Fingern wird selektiver Emitter genannt. Im industriellen Umfeld wird ein Prozess, welcher zwei kostenintensive Diffusionsschritte beinhaltet, jedoch als zu aufwändig angesehen. Daher wurden Wege gesucht, einen in hoch‐ und niedrigdotierte Bereiche aufgeteilten Emitter innerhalb eines Ofenprozesses zu erzeugen. Dazu bietet sich an, einen stark dotierten Emitter chemisch oder mittels reaktivem Ionenätzen im nicht metallisierten Bereich auf einen höheren Schichtwiderstand zurückzuätzen, was erstmals 1991 vorgeschlagen wurde [72] und in mehreren Varianten [73–75]
Ende der 2000er Jahre in industrienahen Prozessen umgesetzt wurde. Dies stellt die verbreitetste Methode dar, in industriellem Umfeld einen selektiven Emitter zu erzeugen, sowohl was die in Produktion erreichten Zellergebnisse von über 19% angeht [76] als auch die implementierte Zellproduktionskapazität von mehr als 1 GW jährlich. Ebenfalls industriell umgesetzt wird die Methode, einen selektiven Emitter mittels lokalem Laserdotieren aus dem Phosphorsilikatglas (PSG) einer schwachen Diffusion zu erzeugen [77] oder in den Kontaktbereichen eine zusätzliche Dotierstoffquelle vor der Diffusion aufzubringen [78]. Erwähnenswert an dieser Stelle ist auch der zunehmende Einsatz von Ionenimplantation, um lokale Dotierunterschiede mittels unterschiedlicher Ionendosen zu erreichen [79].